Vielleicht würde ich „Ouvertüre“ schreiben. Oder „Textanfang“. Oder „Beginn“. Oder „verzweifelt“ …
Man ahnt es – hoffentlich: Es geht um die Einleitung. Anders als letztes Mal angekündigt, darf ich diesmal doch nicht einfach „Einleitung“ schreiben, jedenfalls nicht, wenn ich mich an die Regeln von JUST ONE halten möchte. Die lauten: Nur ein Wort. Und natürlich nicht das gesuchte Wort oder dessen Wortstamm.
Hoppla, ich bin ja schon gar nicht mehr in der … räusper, räusper, räusper … , sondern voll im Haupttext …
Wie geht JUST ONE? Wir erraten kooperativ Wörter. Reihum wechselnd ist einer der Rater. Die anderen schreiben, ohne sich zu verständigen, je ein Hinweiswort auf ihre Tafel. Bevor der Rater sich die Hinweise anschauen darf, werden die Tafeln verglichen. Identische Hinweise oder Hinweise mit demselben Wortstamm scheiden aus und werden nicht gezeigt. Im Extremfall erhält der Rater überhaupt keinen Hinweis.
Was passiert? Notiert man etwas zu Offensichtliches, besteht die Gefahr, dass wer anders dasselbe hat. Notiert man etwas Abwegigeres, besteht die Gefahr, dass der Rater verwirrt wird und die Lösung nicht findet. Oder dass gar irgendein Hirni ausgerechnet denselben Geistesblitz hatte und die beiden Hinweise trotzdem ausscheiden.
Die Hinweisgeber suchen nach einer Art Wort-Wollmilchsau: nicht zu offensichtlich, abseits aller anderen Hinweise und trotzdem alles erklärend. Das Offenbaren der Hinweise ist deshalb der erste große Spannungs- und Spaßmoment in JUST ONE: Bei „Ritter“ haben tatsächlich drei Leute „Rost“ geschrieben? Kann doch nicht wahr sein! Und bei „Poker“ hat niemand „Kartenspiel“?
Der zweite große Moment ist die Reaktion des Raters, wenn er sieht, mit welchen Begriffen er arbeiten muss. Sind nur ein oder zwei Hinweise übrig, darf die Lage als verzwickt gelten. Die Spielregel von JUST ONE besagt – leider: Der Rater darf aufgeben. Und tut er das, wirkt sich dies auf das Gruppenergebnis weniger schädlich aus als ein falscher Rateversuch.
So lastet besondere Verantwortung auf diesem Spieler, und viele passen lieber, bevor sie einen Fehler machen. Raten zu müssen, wird als unangenehm erlebt. Das ist doppelt schade, weil gerade ein glücklicher Treffer in aussichtsloser Situation dem Spiel einen nochmaligen Höhepunkt verleiht. Nimmt man es mit der Punktwertung ernst, sind solche Treffer selten.
Was taugt es? JUST ONE ist in meinen öffentlichen Spielegruppen das beliebteste Spiel der Saison. Allerdings beobachte ich, dass überwiegend nicht streng nach den Regeln gespielt wird. Relativ automatisch erschaffen sich die Spieler ihr eigenes, verbessertes JUST ONE, und ich frage mich, warum der Verlag die schlechtere Version bevorzugt.
Das Material ist ein weiterer Schwachpunkt. Die Karten sind durchscheinend, von den beiliegenden Stiften funktioniert in meinem Spiel kein einziger mehr. Auch die redaktionelle Bearbeitung finde ich nicht optimal. Fast ausschließlich geht es um Substantive, in ganz wenigen Fällen (und verwirrend für den Rater) aber plötzlich doch nicht. Trotzdem sind alle Wörter konsequent großgeschrieben, was wiederum die Hinweisgeber verwirrt: Meint „Boxen“ nun die Tätigkeit oder die Lautsprecher?
Ich behaupte: JUST ONE könnte noch ein Stück besser sein. Auch so ist es schon ziemlich gut und fast keine Gruppe kann sich dem Reiz und der Komik entziehen. JUST ONE erreicht genau das, was es soll: ein bisschen nachdenken, mitfiebern, lachen. Kurz: prima Unterhaltung.
***** reizvoll
JUST ONE von Ludovic Roudy und Bruno Sautter für drei bis sieben Spieler, Repos Production.
5 Kommentare:
Was ist denn eine 'verbesserte' Version? Also welche Regelabwandlung gefällt besser?
Spielregel: Man zählt zu Beginn der Partie 13 Karten ab. Jede richtig erratene zählt einen Punkt. Rät man nicht, wird die Karte einfach weggelegt. Rät man falsch, wird die Karte samt einer zusätzlichen Karte weggelegt.
Ich beobachte aber, dass viele Runden im gemeinsamen Einverständnis diese zusätzliche Strafe weglassen und einfach so spielen: richtig geraten = Punkt, falsch gera
ten = kein Punkt.
Die Doppeldeutigkeit von z. B. Boxen könnte auch gewollt sein - das macht es für die Hinweisgeber wie für den Rater noch etwas reizvoller.
Und die Lösung lautet einfach "Boxen" - ob der Rater dabei an Musik oder an Kampfsport gedacht hat, muss er nicht kundtun.
Gruß,
Gary
Ich finde diese Alternativregel gar nicht schlecht. Ist simpler und sorgt für mehr Spaß und weniger Frustmomente...
Bitte nicht diese bestenfalls "nette" Belanglosigkeit als "S.d.J."! Erst recht nicht angesichts der beiden für den Preis viel besser geeigneten anderen beiden Nominierten. Übrigens kann man mit der "Werwörter"-App und ein paar Zetteln aus dem Papierkorb ruckzuck eine verbesserte (!) Version von "Just One" improvisieren.....
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