Bei einem Mandala-Spiel verbietet sich als Einleitung langes Gelaber. Wir meditieren. Alle! Jetzt!
Wie geht MANDALA? Wir spielen abwechselnd Karten. Entweder als Preis in den Pott. Oder als Gebot, um einen Pott zu gewinnen. Karten gibt es in sechs Farben. Jede Farbe darf immer nur an einem der drei möglichen Orte liegen: im Pott oder als Gebot auf der Seite meiner Kontrahentin oder als Gebot auf meiner Seite. Bedeutet: Habe ich Rot als Gebot benutzt, darf meine Mitspielerin dies nicht mehr tun und in den Pott darf Rot auch nicht.
Zwei dieser Bietwettbewerbe vollführen wir parallel. Spiele ich in einen der beiden Pötte, darf ich Karten nachziehen. Spiele ich auf meine eigene Seite, darf ich es nicht. In den Pott darf ich pro Spielzug nur eine Karte legen, als Gebot aber beliebig viele von derselben Farbe.
Sobald in und um einen Pott alle sechs Farben vertreten sind, erfolgt die Ausschüttung: Habe ich mehr Karten als Gebot liegen als meine Gegnerin, gewinne ich und darf aus dem Pott alle Karten einer Farbe nehmen. Dann nimmt meine Mitspielerin eine Farbe, dann wieder ich und so weiter.
Die Wertung der genommenen Karten ist der Clou: Karten zählen bis zu sechs Punkte. Wie viele genau, hängt davon ab, wann ich die Farbe erstmals erobert habe. Ist meine erste gewonnene Farbe beispielsweise Schwarz, zählen alle weiteren eroberten schwarzen Karten für mich einen Punkt. Und gewinne ich dann Grün, zählen alle weiteren Grünen für mich zwei Punkte. Bei meiner Gegnerin mag das wiederum ganz anders aussehen.
Was passiert? Damit ich Karten nachziehen darf, muss ich ab und zu in den Pott spielen. Das trägt zwar nicht dazu bei, meine Gebote zu erhöhen, kann aber trotzdem konstruktiv sein: Bin ich bei einem Pott der Führende, ist es durchaus in meinem Interesse, die Beute aufzustocken. Und zugleich den Pott mit einer ungeraden Zahl von Farben zu füllen. Farben, für die sich bereits herausgestellt hat, dass sie meiner Gegnerin nur einen oder zwei Punkte bringen, kann ich ohnehin großzügig dem Pott anvertrauen.
Spiele ich irgendwo die fünfte Farbe, kann ab jetzt jeder Zug die Verteilung auslösen. Dumm ist dann natürlich, wenn ich den Bietwettbewerb verliere, weil meine Mitspielerin eine unerwartet lange Serie gleichfarbiger Karten raushaut. Andererseits engt die fünfte Farbe meine Mitspielerin auch ein: Um aufzulösen, bleibt jetzt nur noch eine Farbe: die sechste. Vielleicht hat sie die gar nicht. Oder nicht in der benötigten Menge.
Bei der Verteilung lässt sich eigentlich alles leicht ausrechnen („Wenn ich zuerst Rot nehme, gewinne ich 13 Punkte und du acht. Nehme ich zuerst Gelb, wird es ein neun zu fünf.“). Weil aber jede*r von Beginn an zwei geheime Beutekarten besitzt, gibt es dann doch unbekannte Faktoren. Außerdem bringen Verteilungen das Spielende näher, und ob das eher gut oder eher schlecht ist, ist oft nicht so offensichtlich.
Was taugt es? In MANDALA belauern wir uns gegenseitig. Wir füttern den Pott an, wir legen lange Serien als Drohung aus, wir halten Karten als böse Überraschung zurück. MANDALA spielt sich ungewöhnlich und stellt interessante taktische Fragen. Zwischen schnellem Schlagabtausch und langem Ringen können die Partien recht unterschiedlich verlaufen.
Glück spielt eine merkliche Rolle: einerseits beim Nachziehen (Ergattere ich viele Karten derselben Farbe? Ziehe ich die entscheidende sechste Farbe?), andererseits bei jedem Neustart eines Potts. Die ersten zwei Karten des Angebots stiftet der Kartenstapel, und sind es zwei für mich uninteressante Farben, ist das definitiv nachteilig.
Hat mir MANDALA anfangs durch seine Ungewöhnlichkeit noch imponiert, wuchsen schließlich Zweifel an dem Spiel. Wer ist die Zielgruppe dieses Kartenlegens? Ich wüsste nicht, mit wem ich MANDALA auf Dauer spielen wollte. MANDALA ist reines Konstrukt und durch und durch mechanisch, auch wenn es sich ein schönes buntes Kleid angezogen hat. Das vermeintliche Thema „Mandalas“ hilft beim Verständnis des Spiels überhaupt nicht. Die Abläufe werden durch das Thema nicht unterstützt und nicht erklärt. Ich halte die Themenwahl für missglückt.
**** solide
MANDALA von Trevor Benjamin und Brett J. Gilbert für zwei Spieler*innen, Lookout Spiele.
5 Kommentare:
Die "Themenwahl" würde ich hier zu allerletzt kritisieren. Die gibt zwar genau so wenig Sinn wie etwa bei "Patchwork", dennoch sind beide tolle (abstrakte) Spiele, deren "Thema" lediglich eine Vorgabe für das Grafikdesign darstellt, um das Ganze hübscher zu machen. Für meinen Geschmack ist das bei "Mandala" allerdings nicht ganz gelungen. Abgesehen davon, dass man das "Küchenhandtuch" bügeln und dann außerhalb der Schachtel wird aufbewahren müssen, finde ich seine Gestaltung unruhig und funktional misslungen. Insbesondere die Flächen ("Felder"), wohin man seine eigenen Karten legen soll, sind zu eng geraten und sehen auch überhaupt nicht so aus, als ob da etwas hingelegt gehörte. Das hat mich so genervt, dass ich mir eine eigene Version dieses - ansonsten m.E. grandiosen - Spiels gebastelt habe.
Jetzt wird es noch wilder auf dem Indoor-Genderspielplatz: Darf Mandala nur mit mindestens einer Teilnehmerin gespielt werden? Dann doch lieber die Sternchen-Konstruktion aus den vorigen Rezensionen, oder zur Abwechslung mal wieder korrektes Deutsch...
Nichtsdestotrotz bieten Sie uns hier natürlich weiterhin eine tolle Seite mit sehr lesenswerten Rezensionen!
Ich habe die meisten Partien mit meiner Freundin gespielt, deshalb schreibe ich im Text "Mitspielerin" und nicht "Mitspieler*in".
Wie seltsam und auch ein bisschen schade, dass die Formulierungen hier teilweise für Unmut sorgen - ich bin davon ausgegangen, dass sich alle männlichen Leser bei "Mitspielerin" automatisch mitgemeint fühlen.
Kommt Leute, lasst es gut sein mit den *
Man weiß doch, dass hier nichts mit Absicht vergessen oder bewusst falsch dargestellt wird.
Klasse Rezension.
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