Magisches Spiel in magischer Verpackung. Dass es eine Schiebeschachtel ist, erkennen viele erst auf den zweiten oder dritten Blick und zerren an der vermeintlichen Deckelklappe herum. Ich sag mal so: Wer länger als zehn Sekunden benötigt, kann dieses Spiel eigentlich auch gleich eingepackt lassen.
Wie geht MAGIC RABBIT? Neun Kaninchenplättchen mit Zahlen von eins bis neun werden gemischt und verdeckt in eine Reihe gelegt. Neun Zylinder, ebenfalls gemischt und ebenfalls von eins bis neun, werden offen auf diese Plättchen gelegt. Unsere kooperative Aufgabe, während die Sanduhr etwa 2,5 Minuten lang läuft: Die Reihe ordnen. Die Hüte sollen aufsteigend von eins bis neun sortiert sein, darunter genauso die Hasen.
Wer am Zug ist, darf entweder: unter einen Stapel schauen, um die Nummer des Kaninchens zu erfahren (Tipp: merken!), zwei Hüte vertauschen oder zwei komplette Stapel vertauschen. Man darf nur eine dieser Aktionen ausführen, dann ist die oder der Nächste am Zug. Und: Wir dürfen uns während der 2,5 Minuten nicht absprechen.
Was passiert? Hüstel. Die erste Runde in einer neuen Gruppe geht fast immer verloren. Spielerin A folgt ihrer Methode, Spieler B einer anderen, und C tauscht zurück, was ich gerade erfolgreich geordnet hatte.
Und dann diese blöden Tauben! Abhängig von der Zahl der Mitspieler:innen sind bis zu fünf dabei. Jede hockt auf einem Stapel. Mit diesem Stapel darf nicht agiert werden. Am Ende meines Zuges darf ich eine Taube versetzen. Und natürlich: Irgendwer jault auf, trotz Kommunikationsverbot, weil die Taube jetzt genau den Stapel blockiert, der benutzt werden sollte. Sorry, wusste ich ja nicht. In der Hektik habe ich mich nur um mich selbst und meinen nächsten Zug gekümmert ...
Die Gruppe muss schon einigermaßen an einem Strang ziehen und sich bei bestimmten Dingen einig sein, beispielsweise ob die Position der Hasen oder der Hüte Priorität haben soll und wohin man Tauben versetzt oder nicht versetzt. Sonst wird es nicht klappen. Auch im zweiten und auch im dritten Anlauf nicht.
Manche Gruppen schaffen es bestenfalls einmal – und dann wird die Schachtel schnell wieder eingepackt. Andere entwickeln Routine und könnten sich bald langweilen – gäbe es nicht geheime Umschläge mit erschwerenden Zusatzaufgaben. Und da ist wirklich krasses Zeug dabei. MAGIC RABBIT zieht immer und immer noch ein neues Kaninchen aus dem Hut.
Was taugt es? Schön finde ich, welch einfache Mittel und wie wenig Materialaufwand hier genügen, um ein Erlebnis zu kreieren. Spaß empfindet man jedoch nur, wenn man sich auch über Chaos, Scheitern und eigene Unzulänglichkeiten freuen kann. Für viele, mit denen ich MAGIC RABBIT gespielt habe, war es einfach nur Stress. Und zwar mehr Stress als MAGIC MAZE, das mit kooperativem Zugmanagement, Zeitdruck und Redeverbot ein ganz ähnliches Spielgefühl hervorruft.
In MAGIC MAZE liegen alle Informationen offen, wir haben dasselbe Wissen. Was trotzdem nicht heißt, dass wir klarkommen. Aber die Anschaulichkeit ist größer, und wenn es hakt, ahnt die Gruppe schneller, wo es hakt. Bei MAGIC RABBIT tappen wir die ganze Zeit im Dunklen, wodurch es weniger klar und auch weniger witzig ist.
Das Unwissen bringt aber auch eine ungewöhnliche Dimension ins Spiel: die Notwendigkeit, anderen zu vertrauen. Ich kann nicht alles nachkontrollieren, was meine Mitspieler:innen so anstellen. Wenn jemand zwei Stapel vertauscht und ich nicht weiß, was drunter ist, muss ich einfach annehmen, dass der Tausch schon seinen Grund haben wird. (Was nicht immer der Fall ist, aber darüber möchte ich jetzt nicht reden.)
Bei aller Sympathie für die schöne Aufmachung, die Reduziertheit und die einprägsamen Erlebnisse mit diesem Spiel: Eine Gruppe, die das dauerhaft spielen wollte, habe ich nicht gefunden. Das Spiel macht das, was es will, gut. Aber es hat den Charakter von Arbeit und Belastungstest, und das ist nicht das, was die meisten im Spiel suchen. Bei einem leistungsorientierten Paar oder einer leistungsorientierten Familie, die gemeinsam den Ehrgeiz besitzen, immer besser zu werden, wird MAGIC RABBIT am längsten wiedergespielt werden.
**** solide
MAGIC RABBIT von Julie Dutois, Romaric Galonnier, Ludovic Simonet und Cécile Ziégler für eine:n bis vier Spieler:innen, Funbot.
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