Mittwoch, 14. Dezember 2022

Endless Winter

Ein Spiel über eine sehr kühle Periode. Von Frosted Games. Das ich bei Minustemperaturen rezensiere. Während meine Heizung eine Störung hat ... Mehr Atmo geht nicht!

Wie geht ENDLESS WINTER? In einem Eiszeit-Szenario sammeln wir Siegpunkte. Der Hauptmechanismus ist Personaleinsatz. Wir haben aber nur drei Figuren und setzen sie nur viermal ein. Pro Person umfasst die Partie also zwölf Züge; die allerdings sind mehrteilig.
Auch Deckbau und Handmanagement sind Elemente in ENDLESS WINTER. Nachdem ich meine Figur auf dem Spielplan eingesetzt habe, unterstütze ich die ausgelöste Aktion mit passenden Handkarten. Beispielsweise gibt es die Aktion „Jagen“, wofür ich Werkzeug und Arbeitskraft benötige. Ein von meiner Hand gespielter „Jäger“ bringt mir für die Jagd besonders viel Arbeitskraft. Ich könnte den Jäger auch bei anderen Aktionen einsetzen; dann wäre er aber weniger stark.

Außer Jagen gibt es auf dem Spielplan noch drei weitere Aktionen: Beim „Einweihen“ erwerbe ich weitere Stammeskarten und entsorge ungeliebte. Beim „Entwickeln“ erwerbe ich Fortschrittskarten mit attraktiven Effekten. Fortschrittskarten darf ich unabhängig von der gewählten Aktion in meinem Zug zusätzlich ausspielen. Und mit „Weiterziehen“ bewege ich meine Einheiten auf dem Geländespielfeld und gründe dort Siedlungen. Jeweils gilt: Wer eine Aktion in einer Runde zuerst wählt, gewinnt einen Bonus. Und eine der drei Figuren ist der „Häuptling“, der für bestimmte Aktionen ebenfalls einen Bonus erhält, selbst wenn er nicht zuerst kommt.
Karten, die ich nicht spiele, nehme ich mit in die nächste Runde. Da ich jetzt auch mindestens fünf nachziehe, kann sich ein recht großes Blatt ansammeln. Zwischen den Runden findet noch eine „Sonnenfinsternis“-Phase statt. Auch hierfür dürfen wir Karten spielen, die erstens über die Zugreihenfolge entscheiden und zweitens ihre jeweiligen Sonnenfinsternis-Fähigkeiten aktivieren. Jede „Handwerkerin“ bringt bei Sonnenfinsternis beispielsweise zwei Werkzeuge, jede „Stammesälteste“ bringt eine weitere Stammeskarte. Und so weiter.
Außerdem beziehe ich nun mein Einkommen: Jedes Feld des Geländespielplans, auf dem meine Siedlungen und Lager die Mehrheit bilden, gewährt mir irgendeine Gabe. Auch auf meinem Spieltableau kann ich Einkommen-Symbole freigeschaltet haben, beispielsweise weil ich schon zwei, sechs oder alle zehn meiner Megalithen auf dem „Bauplatz“ eingesetzt habe.


Was passiert? ENDLESS WINTER eröffnet viele Schauplätze: Auf dem Geländespielfeld breiten wir uns aus und bilden Mehrheiten. Auf dem Bauplatz liefern wir uns ein Legespiel-Wettrennen um wertvolle Plätze für die Megalithen. Auf der Götzentafel steigen wir auf, um gute Schlusswertungen abzugreifen. Auf der Tiertableau jagen wir Tiere, um Sets gleicher Arten zu sammeln. All diese Spielstationen auf dem Tisch überhaupt unterzubringen, erfordert sehr viel Platz. Sie für alle gut erreichbar unterzubringen, ist fast unmöglich.
ENDLESS WINTER erfordert eine strikte Optimierung der wenigen Aktionen, die ich habe. Es gibt Glücksfaktoren, etwa beim Nachziehen der Karten oder auch bei der Bestückung der Jagdtier-Auslage, aber im Wesentlichen kommt es darauf an, einen eingeschlagenen Weg konsequent zu verfolgen und dabei Gelegenheiten zu erkennen, das richtige Timing zu haben und die Ressourcen gut einzusetzen.

Was taugt es? Mitspieler:innen bei ihren langen Kettenzügen zuzusehen, ist wenig spannend, zumal auch nichts passiert, was mir besonders sehenswert vorkommt. Aber Denkpausen lassen sich hier schwer vermeiden, weil man perfekt haushalten und vieles gleichzeitig unter einen Hut bringen muss. Die vielen Elemente sind passabel miteinander verzahnt, nur erschließt sich mir nicht, wozu das Spiel all das braucht. Ich sehe weder einen thematischen noch einen spielerischen Mehrwert, sondern nur das materielle Mehr.
ENDLESS WINTER wirkt, als sei genau dieses „Mehr“ die Devise bei der Spielentwicklung gewesen. Für jeden Mechanismen-Geschmack ist etwas dabei, viel Zeug, viel Grafik, riesige Schachtel. Und natürlich Miniaturen. Nur: Was ist jenseits der Opulenz der Leitgedanke? Was ist das Besondere? Das Einzigartige?

Deckbau bedeutet in ENDLESS WINTER überwiegend, Karten anzuhäufen. Die Karten interagieren nicht miteinander, sie summieren sich nur. Beim Personaleinsatz stehen während des gesamten Spiels immer dieselben vier Spielplanfelder zur Verfügung, was keine Dramatik, Knappheit oder Torschlusspanik entstehen lässt. Die vielen Mechanismen in ENDLESS WINTER werden für mein Empfinden nur miteinander verkettet, aber nicht raffiniert vertieft oder zugespitzt. Gewiss, ENDLESS WINTER liefert eine komplexe Tüftelaufgabe; man kann seinen Highscore in zunächst ungeahnte Höhen treiben – doch Charakter hat das Spiel nicht.


*** mäßig

ENDLESS WINTER von Stan Kordonskiy für eine:n bis vier Spieler:innen, Frosted Games / Pegasus Spiele.

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Aufklärung über den Datenschutz
Wenn Sie einen Kommentar abgeben, werden Ihre eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie beispielsweise Ihre IP-Adresse) an den Google-Server übermittelt. Mit dem Absenden Ihres Kommentars erklären Sie sich mit der Aufzeichnung Ihrer angegebenen Daten einverstanden. Auf Wunsch können Sie Ihre Kommentare wieder löschen lassen. Bitte beachten Sie unsere darüber hinaus geltenden Datenschutzbestimmungen sowie die Datenschutzerklärung von Google.