Prolog:
Vor einigen Jahren, als ich bereits Spieler war, belegte ich beim Doppelkopfturnier in einem Jugendkulturzentrum mit großem Abstand den letzten Platz. - Was war geschehen?
Weil es ein Spaßturnier war, galten Spaß-Regeln. Beispielsweise die, dass man an jedem Tisch ein Pflichtsolo spielen musste. Fand ich ursprünglich eigentlich gar nicht so spaßig, aber dann bekam ich das Superblatt schlechthin: fünf Damen, Asse, Zehnen. Rundherum idiotensicher... sollte man meinen.
Ich spielte mein Pflichtdamensolo und freute mich schon auf den utopischen Punktesegen, insbesondere nachdem im ersten Stich auf meine Pik- von den Gegnern ebenfalls die Pik- und zweimal die Kreuzdame fielen. Besser ging es gar nicht. Alle weiteren Stiche würden jetzt zwangsläufig an mich fallen. Ich sagte „keine 90“ an und kurz darauf auch „keine 60“. Einen Stich später sagte ich „keine 30“. Und schließlich sagte ich „schwarz“.
Oh, und damit war leider alles verloren, denn die anderen hatten ja bereits einen Stich. Den hatte ich im Rausch des Triumphes großzügig schon wieder vergessen. Das unbedeutende Versäumnis zählte dreistellig Minuspunkte. Die begehrte Urkunde mit Plüschpuscheln dran war in unerreichbare Ferne gerückt.
Arno Schmidt schrieb einmal über sich, er sei ein Schriftsteller zweiten Ranges; besser zu werden hinderten ihn die biografischen Umstände. Und ganz verblüffend ähnlich ist es bei mir: Ich bin ein zweitklassiger Kartenspieler. Besser zu werden hinderten mich ebenfalls die biografischen Umstände...
Als ich sechs oder sieben Jahre alt war, traf sich meine Mutter regelmäßig mit zwei meiner Tanten zum ROMMÉ. Ich musste dann ins Bett. Was hart am Rande der Menschenrechtsverletzung war: Ausgerechnet als sich das mit Abstand spannendste Ereignis des Tages anbahnte, schloss man mich davon aus!
Ebenfalls nicht mitspielen durfte ich, wenn die Männer auf Familienfeiern SKAT droschen. Ein faszinierendes Spiel voller Emotionen. Mit rrrollenden Rrrrrs flogen Wörter wie „Trrrumpf!“, „Grrrand!“, „Contrrra!“ und „Rrre!“ durch die Stube, die Karten wurden mit Schmackes auf die Tischplatte gehauen, und rumms und bumms und hinterher gingen lautstarke Debatten los, wer wann welche Karte, und sag mal, warum haste denn nicht, und du hast doch keine Ahnung...!
Ich durfte immerhin die Punkte notieren. Ein bisschen was an Regeln schnappte man da auf und hin und wieder erklärten die Erwachsenen auch was, aber letztendlich kriegte ich SKAT und DOPPELKOPF von Gleichaltrigen beigebracht. Mal so nebenbei, während wir in der großen Pause auf unserem betonierten Schulhof standen.
„Street Doko“ würde man das heute vielleicht nennen. Ein guter Spieler war da bereits, wer die Farben korrekt bediente. Wer beim DOPPELKOPF sogar noch verstand, mit wem er zusammen spielte, galt als Profi.
Samstag, 26. Juni 2010
Als ich noch kein Spieler war (4): Doppelkopf
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3 Kommentare:
Udo, vielleicht kann ich Dir helfen? Ein kleines Tichu beim nächsten Treffen? Mit geduldigen Regelerklärungen? Würde ich machen! Ein generöses Angebot von Nicola ;)
Danke für das nette Angebot. Aber ich muss dich warnen. Tichu ist eine Ausnahme. Hier bin ich nahezu unbesiegbar.
Warnung von einem Unbekannten:
Wenn Nicola zusammen mit Birgit spielt, dann sollte der nahezu Unbesiegbare sich warm anziehen ;-)
Der Unbekannte (der jedes Jahr im Sauerland seine Tichu-Lehrstunde von den beiden erhält)
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