Freitag, 29. November 2013
Love Letter
Quizfrage: Wie mag sich jemand wohl fühlen, wenn er Woche für Woche Verehrerinnenpost für Huhni aus dem Briefkasten ziehen muss, selber aber bestenfalls Flyer vom Pizza-Bringdienst bekommt oder Mitteilungen der Versicherung über eine anstehende Gebührenerhöhung? Ich verrate es: Er fühlt sich ungerecht behandelt und möchte die Menschheit anschreien: Hey, wacht auf, das mit Huhni ist doch nur Hype...!
Apropos: Da gibt es so ein Spiel mit nur 16 Karten, in dem es ums Überbringen von Liebesbotschaften geht, und wenn man dem verliebten Gesäusel im Internet lauscht, scheinen alle voll darauf abzufahren.
Oh, wie heißt das Spiel und wie geht es? Das Spiel heißt LOVE LETTER. Und es hat nur 16 Karten mit Werten von eins bis acht. Das Ziel lautet zunächst, nicht vorzeitig auszuscheiden. Rundengewinner ist dann, wer die höchste Karte besitzt, nachdem der Kartenstapel aufgebraucht ist. Er bekommt als Gunstbezeugung der Prinzessin ein rotes Herz, und wer (abhängig von der Spielerzahl) drei, vier oder fünf Herzen hat, gewinnt.
Jeder hat eine Karte, eine wird zu Rundenbeginn ungesehen beiseite gelegt. Wer dran ist, zieht eine weitere Karte und spielt eine aus. Fast immer hat das einen Effekt. Der schlechteste betrifft die Prinzessin (Wert 8). Wer sie spielt, scheidet aus. Weshalb das Fachmagazin REZENSIONEN FÜR MILLIONEN seinen Lesern exklusiv empfiehlt: Spielt sie nicht! Der blöde Prinz (5) allerdings kann ein Ausspiel erzwingen.
Zum Eliminieren von Mitspielern eignet sich ebenso die Wächterin (1). Sie versucht, die Handkarte eines Gegners zu erraten. Falls Treffer, dann versenkt. Der Baron (3) veranlasst einen Handkartenvergleich. Die höhere schlägt die niedrigere. Weil die Verliererkarte offen abgeworfen wird, verrät der Gewinner den Verbleibenden dummerweise etwas über sein Blatt. Zweischneidigkeit hat in LOVE LETTER System: Niedrige Karten eignen sich zur Attacke, hohe sind angreifbar, also eigentlich gar nicht so toll – aber am Schluss will man sie eben übrig behalten. Aus diesem Widerspruch entspringt der Spielreiz.
Was passiert? Das hängt von der Mitspielerzahl ab. Wird im Spiel zu viert niemand eliminiert, ist jeder Spieler nur zwei bis drei Mal an der Reihe. Einfluss hat man da nicht wirklich. Im Spiel zu dritt habe ich mehr das Gefühl, ein bisschen was zu steuern. Natürlich ist das Kartenglück weiterhin wesentlich, aber jetzt erhalten die Spielrunden eine kleine Dramaturgie. Mit wachsender Erfahrung rät man mit der Wächterin nicht bloß blind herum, sondern kann aus dem Verhalten der Mitspieler bestimmte Dinge erahnen. Es entsteht auch ein besseres Gespür für den richtigen Zeitpunkt, um eine Karte auszuspielen.
... falls man die Wahl hat. Denn oft genug diktiert aber die Situation, was zu tun ist. Habe ich die Prinzessin, spiele ich ohne große Strategie die andere Karte. Habe ich zwei gleiche Karten, muss ich (außer aus Gründen des Bluffs) wohl auch nicht lange überlegen. Mitunter ist man sogar zu Dingen gezwungen, die klar zum eigenen Nachteil sind.
Was taugt es? Mit seinen nur 16 Karten ist LOVE LETTER zweifellos originell. Der Minimalismus macht LOVE LETTER zu etwas Besonderem – allerdings sollte man auch nicht zu viel erwarten. LOVE LETTER ist ein Auftakt-, Absacker- oder Füllerspiel. Es ist Fun. Jenseits des Offensichtlichen (Karten mitzählen, nicht die Prinzessin spielen etc.) sind die Einflussmöglichkeiten eher klein und subtil.
Die Mischung aus Zufall, Überraschung und Steuerbarkeit gefällt mir im Dreierspiel am besten. Zu viert ist es mir oft zu sehr reine Fingerübung. Zu zweit vermisse ich zwar das Korrektiv eines weiteren Mitspielers, das Spielgefühl ähnelt aber dem Spiel zu dritt.
Weil auf jeder Karte ihr Effekt aufgedruckt ist, kann ohne lange Erklärung losgespielt werden. Die tolle Aufmachung mit den sehr dicken, extragroßen Karten und den roten Herzen aus Holz holt das Maximum an Spielkomfort heraus.
LOVE LETTER von Seiji Kanai für zwei bis vier Spieler, Pegasus Spiele.
Apropos: Da gibt es so ein Spiel mit nur 16 Karten, in dem es ums Überbringen von Liebesbotschaften geht, und wenn man dem verliebten Gesäusel im Internet lauscht, scheinen alle voll darauf abzufahren.
Oh, wie heißt das Spiel und wie geht es? Das Spiel heißt LOVE LETTER. Und es hat nur 16 Karten mit Werten von eins bis acht. Das Ziel lautet zunächst, nicht vorzeitig auszuscheiden. Rundengewinner ist dann, wer die höchste Karte besitzt, nachdem der Kartenstapel aufgebraucht ist. Er bekommt als Gunstbezeugung der Prinzessin ein rotes Herz, und wer (abhängig von der Spielerzahl) drei, vier oder fünf Herzen hat, gewinnt.
Jeder hat eine Karte, eine wird zu Rundenbeginn ungesehen beiseite gelegt. Wer dran ist, zieht eine weitere Karte und spielt eine aus. Fast immer hat das einen Effekt. Der schlechteste betrifft die Prinzessin (Wert 8). Wer sie spielt, scheidet aus. Weshalb das Fachmagazin REZENSIONEN FÜR MILLIONEN seinen Lesern exklusiv empfiehlt: Spielt sie nicht! Der blöde Prinz (5) allerdings kann ein Ausspiel erzwingen.
Zum Eliminieren von Mitspielern eignet sich ebenso die Wächterin (1). Sie versucht, die Handkarte eines Gegners zu erraten. Falls Treffer, dann versenkt. Der Baron (3) veranlasst einen Handkartenvergleich. Die höhere schlägt die niedrigere. Weil die Verliererkarte offen abgeworfen wird, verrät der Gewinner den Verbleibenden dummerweise etwas über sein Blatt. Zweischneidigkeit hat in LOVE LETTER System: Niedrige Karten eignen sich zur Attacke, hohe sind angreifbar, also eigentlich gar nicht so toll – aber am Schluss will man sie eben übrig behalten. Aus diesem Widerspruch entspringt der Spielreiz.
Was passiert? Das hängt von der Mitspielerzahl ab. Wird im Spiel zu viert niemand eliminiert, ist jeder Spieler nur zwei bis drei Mal an der Reihe. Einfluss hat man da nicht wirklich. Im Spiel zu dritt habe ich mehr das Gefühl, ein bisschen was zu steuern. Natürlich ist das Kartenglück weiterhin wesentlich, aber jetzt erhalten die Spielrunden eine kleine Dramaturgie. Mit wachsender Erfahrung rät man mit der Wächterin nicht bloß blind herum, sondern kann aus dem Verhalten der Mitspieler bestimmte Dinge erahnen. Es entsteht auch ein besseres Gespür für den richtigen Zeitpunkt, um eine Karte auszuspielen.
... falls man die Wahl hat. Denn oft genug diktiert aber die Situation, was zu tun ist. Habe ich die Prinzessin, spiele ich ohne große Strategie die andere Karte. Habe ich zwei gleiche Karten, muss ich (außer aus Gründen des Bluffs) wohl auch nicht lange überlegen. Mitunter ist man sogar zu Dingen gezwungen, die klar zum eigenen Nachteil sind.
Was taugt es? Mit seinen nur 16 Karten ist LOVE LETTER zweifellos originell. Der Minimalismus macht LOVE LETTER zu etwas Besonderem – allerdings sollte man auch nicht zu viel erwarten. LOVE LETTER ist ein Auftakt-, Absacker- oder Füllerspiel. Es ist Fun. Jenseits des Offensichtlichen (Karten mitzählen, nicht die Prinzessin spielen etc.) sind die Einflussmöglichkeiten eher klein und subtil.
Die Mischung aus Zufall, Überraschung und Steuerbarkeit gefällt mir im Dreierspiel am besten. Zu viert ist es mir oft zu sehr reine Fingerübung. Zu zweit vermisse ich zwar das Korrektiv eines weiteren Mitspielers, das Spielgefühl ähnelt aber dem Spiel zu dritt.
Weil auf jeder Karte ihr Effekt aufgedruckt ist, kann ohne lange Erklärung losgespielt werden. Die tolle Aufmachung mit den sehr dicken, extragroßen Karten und den roten Herzen aus Holz holt das Maximum an Spielkomfort heraus.
LOVE LETTER von Seiji Kanai für zwei bis vier Spieler, Pegasus Spiele.
Label:
***** reizvoll
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2 Kommentare:
Wirklich ein nettes Spiel, das in null-komma-nix erklärt ist und gut nochmal als letztes Spiel eines Spieleabends gespielt werden kann, wenn ein umgangreicheres Spiel zu lang dauern würde, zu anstregend wäre,...
Sicher auch ein Spiel, gegen das sich ein Spieleneuling weniger wehrt, als gegen ein Brettspiel, das länger erklärt als Love Letters gespielt wird.
Dass es nach 1-2 Runden dann aber auch wieder gut ist, sollte klar sein.
Love Letter ist ein Spiel, dass mich Anfangs gar nicht begeistern konnte. Aber irgendwas musste ja an diesem Spiel dran sein, wenn es so viel Wirbel verursachte!
Nach einigen Partien stieg der Spielreiz rasant an!
Jetzt Spiele ich Love Letter total gerne und der Reiz ist noch lange nicht verflogen!
Der Einfluss hät sich zwar in Grenzen, aber man lernt die vielen verschiedenen Spielsituationen schätzen und ist erstaunt, was alles mit 16 Karten so möglich ist!
Meine Meinung: Außergewöhnliches Spiel!
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