Montag, 12. Januar 2015
Deus
Wenn man der Meinung ist, dass ein gutes Spiel interaktiv sein muss, keine starken Glückselemente enthalten darf und kein Spieler chancenlos zurückfallen sollte, dann ist DEUS kein gutes Spiel.
Im Widerspruch dazu steht, dass mir DEUS viel Spaß macht. Also ist es vielleicht doch ein gutes Spiel? (Oder mir machen schlechte Spiele Spaß.)
Wie geht DEUS? Wir bauen Gebäude, von denen es in den Spielerfarben fünf Typen gibt. Um ein Gebäude zu bauen, benötigt man 1. eine dem Typ entsprechende Karte, 2. einen passenden Gebäudespielstein sowie zur Bezahlung 3. die auf der Karten angegebenen Baustoffe und eventuell Geld. Gebaut wird entweder in Gebiete, die man bereits besitzt, oder angrenzend auf freie Felder. Armeen sind quasi mobile Gebäude und können über den Spielplan marschieren und schnell neues Land erschließen.
Die Baukarte wird in die eigene Auslage gelegt. Ihr Effekt wird nun ausgelöst sowie zusätzlich die Effekte sämtlicher Karten desselben Typs, die bereits in der Auslage liegen. Baue ich beispielsweise mein viertes Schiff, kommen die Effekte der ersten drei Schiffe erneut zur Geltung. Der Effekt des erstgebauten Schiffes wird somit zum vierten Mal ausgelöst. Überwiegend bringen die Gebäude Einkommen: Karten, Baustoffe, Geld, Spielsteine oder Punkte.
Der sechste Gebäudetyp sind die Tempel. Sie bringen Punkte bei Spielende, beispielsweise vier Punkte pro besetztes Ackerland oder zwei Punkte für jedes eigene Gebiet mit mindestens zwei Bauwerken.
Neue Karten erhält man üblicherweise, indem man andere abwirft. Die Hand wird zunächst wieder auf fünf aufgefüllt. Anschließend erhält man einen Gebäudestein des Typs der obersten abgeworfenen Karte sowie (abhängig von der Menge der abgeworfenen Karten) Einkommen, also entweder Baustoffe, Geld, Spielsteine, Punkte oder noch mehr Karten. – Eine sehr elegante Regelung, die das Abzuwerfen von Karten vom traurigen Notbehelf zur taktischen Option aufwertet.
Was passiert? Final will ich gewinnen, also will ich Punkte. Unterwegs brauche ich Rohstoffe und Geld und vielleicht auch mehr Karten wegen der besseren Auswahl. Optimalerweise ist die erste gebaute Karte eines Typs eine besonders lukrative, denn sie wird im Lauf der Partie potenziell mehrfach ausgelöst. Attraktiv hört sich zum Beispiel an: Erhalte einen Punkt für jede Schiffskarte in deiner Auslage. Oder: Gewinne vier Geld für jedes Barbarendorf, neben dem eine deiner Armeen steht.
Solche Karten spiele ich natürlich erst, nachdem ich zuvor Schiffe gebaut bzw. Armeen neben Barbarendörfern platziert habe. Tja, und dann fehlt für ein weiteres Schiff vielleicht genau ein Rohstoff, und um ihn zu bekommen, muss ich doch noch mal abwerfen und ziehe plötzlich eine Karte nach, die ebenfalls reizvoll erscheint und zu Gedankenspielen veranlasst, den gesamten Plan wieder umzuwerfen...
Dieser Teil des Spiels ist solitär. Jeder bastelt an seiner perfekten Maschine. Welcher Spieler welche Fähigkeiten erworben hat, überblickt man bald nicht mehr. Dass andere mit am Tisch sitzen, fällt erst dann auf, wenn sie mit ihren Gebäuden den Weg versperren oder genau das Gebiet okkupieren, das man selber kolonisieren wollte. Wer langsam in Gang kommt, kann überdies abgeschnitten werden, und muss entweder mit der Raumbeschränkung leben oder drei Punkte für einen zweiten Startort opfern. Beides nicht schön.
Und so sozialverträglich das Abwerfen von Karten auch abgefedert ist: Die optimalen Karten sofort zu ziehen, ist immer noch die beste Option. Insbesondere gilt dies für die Tempelkarten. Je fortgeschrittener die Partie ist, desto weniger kann man noch dafür tun, dass ein gebauter Tempel viele Punkte zählt, und umso mehr ist man darauf angewiesen, einfach einen passenden zu ergattern.
Was taugt es? Der Versuch, Karten perfekt aufeinander abzustimmen, die Freude am Ausprobieren und Entdecken neuer Kombinationen, das Hoffen auf Glück beim Nachziehen sowie das spannende Ausbreitungs-Wettrennen auf dem Spielplan sind Elemente, die auf mich einen großen Reiz ausüben. Ich glaube zwar nicht, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis aller Karten perfekt stimmt. Und zweifellos gibt es interaktivere Spiele. DEUS punktet aber durch schlanke und stimmige Strukturen. Alles greift sinnvoll ineinander, kein Element ist zu viel. Hinzu kommt der reizvolle Konflikt, sich entweder zu spezialisieren oder (das ist die Voraussetzung, um mehr als einen Tempel bauen zu dürfen) eine Mischstrategie mit sämtlichen Gebäudetypen zu spielen.
Kein Pearl Game hat es mir bisher so sehr angetan wie dieses.
DEUS von Sébastien Dujardin für zwei bis vier Spieler, Pearl Games.
Im Widerspruch dazu steht, dass mir DEUS viel Spaß macht. Also ist es vielleicht doch ein gutes Spiel? (Oder mir machen schlechte Spiele Spaß.)
Wie geht DEUS? Wir bauen Gebäude, von denen es in den Spielerfarben fünf Typen gibt. Um ein Gebäude zu bauen, benötigt man 1. eine dem Typ entsprechende Karte, 2. einen passenden Gebäudespielstein sowie zur Bezahlung 3. die auf der Karten angegebenen Baustoffe und eventuell Geld. Gebaut wird entweder in Gebiete, die man bereits besitzt, oder angrenzend auf freie Felder. Armeen sind quasi mobile Gebäude und können über den Spielplan marschieren und schnell neues Land erschließen.
Die Baukarte wird in die eigene Auslage gelegt. Ihr Effekt wird nun ausgelöst sowie zusätzlich die Effekte sämtlicher Karten desselben Typs, die bereits in der Auslage liegen. Baue ich beispielsweise mein viertes Schiff, kommen die Effekte der ersten drei Schiffe erneut zur Geltung. Der Effekt des erstgebauten Schiffes wird somit zum vierten Mal ausgelöst. Überwiegend bringen die Gebäude Einkommen: Karten, Baustoffe, Geld, Spielsteine oder Punkte.
Der sechste Gebäudetyp sind die Tempel. Sie bringen Punkte bei Spielende, beispielsweise vier Punkte pro besetztes Ackerland oder zwei Punkte für jedes eigene Gebiet mit mindestens zwei Bauwerken.
Neue Karten erhält man üblicherweise, indem man andere abwirft. Die Hand wird zunächst wieder auf fünf aufgefüllt. Anschließend erhält man einen Gebäudestein des Typs der obersten abgeworfenen Karte sowie (abhängig von der Menge der abgeworfenen Karten) Einkommen, also entweder Baustoffe, Geld, Spielsteine, Punkte oder noch mehr Karten. – Eine sehr elegante Regelung, die das Abzuwerfen von Karten vom traurigen Notbehelf zur taktischen Option aufwertet.
Was passiert? Final will ich gewinnen, also will ich Punkte. Unterwegs brauche ich Rohstoffe und Geld und vielleicht auch mehr Karten wegen der besseren Auswahl. Optimalerweise ist die erste gebaute Karte eines Typs eine besonders lukrative, denn sie wird im Lauf der Partie potenziell mehrfach ausgelöst. Attraktiv hört sich zum Beispiel an: Erhalte einen Punkt für jede Schiffskarte in deiner Auslage. Oder: Gewinne vier Geld für jedes Barbarendorf, neben dem eine deiner Armeen steht.
Solche Karten spiele ich natürlich erst, nachdem ich zuvor Schiffe gebaut bzw. Armeen neben Barbarendörfern platziert habe. Tja, und dann fehlt für ein weiteres Schiff vielleicht genau ein Rohstoff, und um ihn zu bekommen, muss ich doch noch mal abwerfen und ziehe plötzlich eine Karte nach, die ebenfalls reizvoll erscheint und zu Gedankenspielen veranlasst, den gesamten Plan wieder umzuwerfen...
Dieser Teil des Spiels ist solitär. Jeder bastelt an seiner perfekten Maschine. Welcher Spieler welche Fähigkeiten erworben hat, überblickt man bald nicht mehr. Dass andere mit am Tisch sitzen, fällt erst dann auf, wenn sie mit ihren Gebäuden den Weg versperren oder genau das Gebiet okkupieren, das man selber kolonisieren wollte. Wer langsam in Gang kommt, kann überdies abgeschnitten werden, und muss entweder mit der Raumbeschränkung leben oder drei Punkte für einen zweiten Startort opfern. Beides nicht schön.
Und so sozialverträglich das Abwerfen von Karten auch abgefedert ist: Die optimalen Karten sofort zu ziehen, ist immer noch die beste Option. Insbesondere gilt dies für die Tempelkarten. Je fortgeschrittener die Partie ist, desto weniger kann man noch dafür tun, dass ein gebauter Tempel viele Punkte zählt, und umso mehr ist man darauf angewiesen, einfach einen passenden zu ergattern.
Was taugt es? Der Versuch, Karten perfekt aufeinander abzustimmen, die Freude am Ausprobieren und Entdecken neuer Kombinationen, das Hoffen auf Glück beim Nachziehen sowie das spannende Ausbreitungs-Wettrennen auf dem Spielplan sind Elemente, die auf mich einen großen Reiz ausüben. Ich glaube zwar nicht, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis aller Karten perfekt stimmt. Und zweifellos gibt es interaktivere Spiele. DEUS punktet aber durch schlanke und stimmige Strukturen. Alles greift sinnvoll ineinander, kein Element ist zu viel. Hinzu kommt der reizvolle Konflikt, sich entweder zu spezialisieren oder (das ist die Voraussetzung, um mehr als einen Tempel bauen zu dürfen) eine Mischstrategie mit sämtlichen Gebäudetypen zu spielen.
Kein Pearl Game hat es mir bisher so sehr angetan wie dieses.
DEUS von Sébastien Dujardin für zwei bis vier Spieler, Pearl Games.
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***** reizvoll
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11 Kommentare:
Leider ist der Spielplan ausnehmen hässlich geworden. Deswegen konnte ich mich bisher noch nicht dazu durchringen, es käuflich zu erwerben.
Jaja, ich weiß: die Ansprüche sind mächtig hoch geworden. Aber die Konkurrenz ist ja nun mal auch verdammt stark...
= ; - )
Eine persönliche Meinung zum Thema der Einleitung:
Glück vertragen finde ich viele Spiele - es sollte sich bloß spannend anfühlen und auch den Rest des Spiels nicht allzu beliebig werden lassen, wenn es ein längeres Spiel ist, sodass es etwa nicht nur darauf ankommt, am Ende Glück zu haben oder wenn frühes Glück einen allzu großen Schneeballeffekt entwickelt.
Ein kurzes Spiel verträgt starke, entscheidende Glückselemente besser als ein langes.
Wie interaktiv ein Spiel sein sollte ist dagegen finde ich eher Geschmackssache - für manch einen ist die Schwelle des "nur nebeneinander Herspielens" früh erreicht, bei mir persönlich liegt die Grenze etwa an dem Punkt, dass ich gerne halbwegs den Überblick behalten können möchte, was meine Mitspieler gerade tun und wie groß ihr Spielfortschritt im Vergleich zu meinem ist und zudem möchte ich irgendeine Form an Interaktion/Einschränkung durch die Mitspieler sehen (und sei es nur das Wegschnappen von Aktionen, Spezialwertungen,...). Zudem spiele ich eher solitäre Spiele lieber mit eher wenigen Spielern, da sie mit zu vielen Spielern irgendwann nur noch Wartezeit dazugewinnen. Mit direkter aggressiver Interaktion halte ich es in Spielen mit mehr als zwei Parteien dagegen ähnlich wie wie mit dem Glück - zu entscheidend sollte der Einfluss hier gerade bei längeren Spielen nicht sein - sonst machen die üblichen Königsmacher- oder Alle-gegen-einen-Probleme das Spiel wieder zu beliebig.
Ob Deus mir jetzt gefallen würde? Spannend klingt es schon. Was mir aber (im Gegensatz zu den Karten) irgendwie garnicht gefällt, ist der knallbunte modulare Spielplan.
SpaceTrucker
@SpaceTrucker:
Momentan bin ich gerade auf der Suche nach einem Spiel, das ziemlich genau Deinen Anforderungen entspricht:
1. Kein zu großer Glücksfaktor
2. Überblick über Fortschritt der Mitspieler
3. Keine ENTSCHEIDENDE direkte aggressive Interaktion,
aber zusätzlich:
4. Familien-tauglich
Hast Du hier einen guten Tipp für mich, was da gut passt?
Magst Du Dein Lieblingsspiel verraten?
Momentan fällt mir zu 1.-3. als erstes Puerto Rico ein, aber das ist schon am oberen Ende für Punkt 4, die Familien-Tauglichkeit.
Für mich persönlich sollte ein Spiel eher Planungs- als Glücks-lastig sein.
Konrad D.
Hallo Konrad, hast Du mal über Magister Navis nachgedacht?
@Konrad D.:
Meine aktuellen Lieblingsspiele helfen dir fürchte ich mit diesem Anforderungsprofil nicht so sehr weiter (Terra Mystica, Robinson Crusoe, Galaxy Trucker, Dungeon Lords, Funkenschlag - sind alles ziemliche Schwergewichte).
Wenn Puerto Rico noch zu komplex ist, könnte man vielleicht über ein späteres Spiel des gleichen Autors nachdenken - 'Thurn und Taxis' fand ich ganz nett, schönes Material, softe Grübelei, wenig Aggression. Dem Vielspieler vielleicht etwas zu banal.
Was in meinen Spielerunden immer sehr gut angekommen ist, noch immer gern gespielt wird und damit meine erste Empfehlung wäre: 7 WONDERS (gibt eine schöne Rezension hier). Eine Portion Glück ist hier schon vorhanden, die ich der Spieldauer aber locker als angemessen empfinde.
Bei den Familienspielen sehr beliebt ist auch 'Zug um Zug'.
Space Trucker
Thurn und Taxis trifft die genannten Kriterien doch wirklich gut. Fresko vllt. noch?
Alex
Hallo zusammen,
herzlichen Dank für die vielen wertvollen Hinweise!
"Magister Navis" und "Thurn und Taxis" kenne ich schon, ist aber leider nicht ganz so mein Ding.
"Funkenschlag" (sollte man wirklich mal spielen!), "7 Wonders", "Zug um Zug" und "Fresko" sind aber sicher einen Test im Kreis der Familie wert - mal schauen, wie das ankommt.
Wenn es gut ankommt, dann kann man ja auch mal mit "Puerto Rico" das Niveau langsam steigen lassen.
In diesem Sinne: Nochmals herzlichen Dank für die vielen guten Hinweise!
Grüße, Konrad D.
@Konrad:
'Funkenschlag' würde ich nicht als einfacher sehen als 'Puerto Rico'.
Eine gute Inspiration sollte eigentlich auch die Topliste der 'Family Games' bei bgg sein: http://www.boardgamegeek.com/familygames/browse/boardgame?sort=rank&rankobjecttype=family
Da würde mich jetzt spontan Stone Age als familientaugliches Workerplacementspiel anspringen.
Denke hier sollte die Diskussion letztliuch auch wieder in Richtung Deus gehen. :)
SpaceTrucker
Hallo Herr Bartsch,
stimme mit Ihrer Rezi zu DEUS prinzipiell überein.
Ich fand aber, daß das Spiel im Hinblick auf Massentauglichkeit mit den Standardspielregeln sein Potential nicht entfalten konnte. So habe ich in über 60 Partien Spielerverhalten und Abläufe protokolliert und eine etwas veränderte Regel geschrieben.
Hallo Konrad,
als Familienspiele kann ich Nauticus und Die Paläste von Carrara empfehlen. Auf meinem Blog findest Du auch ausführliche Rezensionen zu diesen beiden Spielen. Vielleicht reizen sie Dich ja.
Ich bin eher der extreme Strategiebrettspieler und liebe Schwergewichte wie Imperial 2030 oder Terra Mystica und nicht zu vergessen Zeitalter der Renaissance oder Rise of Empires.
Imperial 2030 ist so denke ich in der Grundvariante ein Versuch auch in der Familie wert - wobei es durchaus auf das Alter der Kinder ankommt. Aber wenn es sich um Jugendliche handelt, dürfte der Kapitalismus in Reinkultur mit einer gewissen militärischen Komponente durchaus reizvoll sein.
Beste Grüße
Rodja
Hallo! Kommentare, die in irgendeiner Weise Werbung enthalten, veröffentliche ich nicht so gern. Einen entsprechenden Hinweis habe ich nun im Kommentarfenster ergänzt.
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