Sonntag, 27. September 2020

Cerberus

Wer gelegentlich joggt, wird sich in die Grundproblematik des Spiels rasch hineinfinden. Ungewohnt ist lediglich der Teil, dass man ins Team Hund überwechseln kann.

Wie geht CERBERUS? Der Cerberus verfolgt uns. Alle, die er erwischt, spielen fortan auf seiner Seite mit. Wer es ins rettende Boot schafft, gewinnt – aber nur, wenn sämtliche Bootsplätze besetzt werden. Gelingt das nicht, gewinnen Cerberus & Co.
Wird der Cerberus anfangs nur von der Spielmechanik gesteuert, agieren nach und nach auch die Konvertierten für ihn. Unabhängig von unserer Parteizugehörigkeit sind wir reihum an der Reihe und legen eine unserer Karten. Gehöre ich zu Cerberus, hilft meine Karte Cerberus. Ansonsten hilft die Karte wahlweise entweder mir oder meinen Mitmenschen, üblicherweise indem wir Richtung Boot laufen oder Spezialkarten ziehen dürfen.
Cerberus ist ein ziemlich gestresstes Tier. Deshalb erhöhen zu unseren Gunsten gespielte Karten seinen Wutpegel oder lassen den Cerberus-Marker auf der Zornes-Skala voranschreiten. Erreicht er deren Ende, flitzt Cerberus los hinter uns her und läuft dabei so viele Felder, wie seine Wut groß ist. Oft erwischt er nun jemanden, aber nicht immer.

Was passiert? CERBERUS ist ein Spiel mit einer interessanten psychologischen Dynamik. Anfangs hält man es intuitiv für geboten, Cerberus zu entkommen. Wie sich herausstellt, ist die Erfolgsquote aber eher mies. Außerdem können sowieso nicht mehr Menschen gewinnen, als das Boot Plätze hat. Wie viele es sind, stellt sich erst im Laufe der Partie heraus; durchschnittlich sind es zwei.
Andererseits können im Team Cerberus zwar niemals alle, aber bis zu fünf Personen gewinnen. Und so keimt bald die Idee, sich absichtlich gefangen nehmen zu lassen, um dem Hund und Meister möglichst früh mit Karten dienen zu können. Der Trick spricht sich natürlich herum und daraufhin wird die Gruppe bald so agieren, dass niemand vorzeitig von der Fahne geht. An dieser Stelle zeigt sich gutes Spiel-Design: Karten wirken sich im Durchschnitt stärker aus, wenn man sie nicht für sich selbst, sondern zugunsten von Teammitgliedern spielt.
So ergibt sich also ein munteres Hin und Her. Man will zu Cerberus – aber die anderen lassen einen nicht. Na gut, dann will man eben ins Boot – aber das verhindern die anderen auch wieder, denn sie wollen ja selber hinein.

Was taugt es? CERBERUS ist ein originelles Spiel mit interessanter Meta-Ebene. Um zu erfassen, was das Spiel von uns will und was es bieten kann, muss eine Gruppe CERBERUS Zeit geben. Das tun meiner Erfahrung nach jedoch die wenigsten. Und dafür gibt es Gründe, die in CERBERUS selbst liegen. Neben der schwachen Anleitung behindert auch die Grafik das Spiel. Zur Symbolik gibt es etliche Nachfragen.
Und so interessant und spannend die Wettrennen sein können: Das alles entfaltet sich sehr langsam. In hohem Maße sind alle Beteiligten davon abhängig, was andere mit ihnen anstellen. Man wird vor- oder zurückgesetzt und kann (außer jammern, argumentieren, belabern) gar nichts dagegen tun. Man kennt am Anfang auch sein Spielziel nicht, denn das kann sich ja im Laufe der Partie noch ändern.
Und so bleibt vieles lange unentschieden und fühlt sich dadurch ebenso lange bedeutungslos an. Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem den restlichen Überlebenden klar wird, dass ihre größeren Chancen nun doch beim Boot liegen und nicht mehr bei Cerberus. Aber diese Wende kommt arg spät. CERBERUS bleibt bei „interessant“ hängen, ohne „noch mal!“ zu erreichen.

*** mäßig

CERBERUS von Pierre Buty für drei bis sieben Spieler*innen, Mirakulus.

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