Samstag, 1. Mai 2021

Alma Mater

Einfach nur Zufall, dass ich ausgerechnet dieses Spiel am Tag der Arbeit rezensiere.

Wie geht ALMA MATER? Wir optimieren akademisch. Wir wollen auf einer Forschungsskala nach oben, was Schritt für Schritt schreckliche Abgaben kostet. Wir wollen Student:innen anwerben, was viel Bücher kostet. Und wir wollen Professor:innen anwerben, was noch mehr Bücher und bisweilen auch Geld kostet.
All diese Errungenschaften zählen Punkte. Studies bringen uns außerdem ein Einkommen oder die Aufwertung bestimmter Aktionen oder zusätzliche Einsatzfelder (der Hauptmechanismus ist nämlich Personaleinsatz). Profs bescheren Extraaktionen, die auszulösen allerdings jedes Mal wieder ein Buch kostet. Und das Ranking auf der Forschungsskala schließlich bestimmt über den Wert der eigenen Bücherfarbe.
Den Großteil der Bücher kauft man nicht von der Bank, sondern von anderen Unis. Student:innen wollen überwiegend mit Büchern der besten Unis bezahlt werden. Gehöre ich zu den besten, müssen Mitspieler:innen also Bücher bei mir kaufen, was mir Einnahmen bringt. Außerdem komme ich leichter an neue Student:innen, denn eigene Bücher sind leicht und preiswert zu bekommen.


Was passiert? Zunächst: Auch ALMA MATER konnte ich nur zu zweit spielen – und vermutlich ist das die schlechteste Konstellation, da der Wettbewerb um Reputation nur behelfsmäßig in Gang kommt und einiges Geld aus dem Spiel fließt, weil wir Bücher einer neutralen dritten Farbe kaufen müssen.
Aber auch wenn es tatsächlich die schlechteste Konstellation ist, bleiben zwei Dinge festzuhalten: 1. „Ab 2“ steht nun mal auf der Schachtel. 2. Die Zweier-Partien haben kein Interesse geweckt, es irgendwann mal zu mehreren zu probieren. – Warum eigentlich nicht? Normalerweise mag ich Optimierspiele. Und dass man erst Figuren einsetzt, um sich hier und da Ressourcen zu beschaffen, um später mit diesen Ressourcen einen Spielfortschritt zu erreichen, ist ein bewährtes Konzept, das mir anderswo auch schon viel Spaß bereitet hat.
Doch ALMA MATER spielt sich mühsam und höhepunktarm. Vor allem in den ersten Runden ist man wieder und wieder damit beschäftigt, Geld zu holen und Bücher zu kaufen. Selbst kleine Errungenschaften benötigen umfangreiche Vorbereitungen. Und danach geht die Geld- und Buchbeschaffung von vorne los.
Diese Beschaffungszüge sind spielerisch nicht interessant, sie sind pure Notwendigkeit, um irgendwann später auch mal einen Zug ausführen zu können, der sich belohnender anfühlt. Zudem muss man ätzend genau vorausrechnen. Alles ist auf knappste Kante genährt. Kaufe ich ein Buch zu viel und stelle hinterher fest, dass mir deswegen irgendwo eine olle Münze fehlt, kostet mich das viel Tempo. Und das in einem ohnehin schon tempoarmen Spiel.
Irgendwann gegen Ende kommt die Uni doch noch ein bisschen in Schwung (bei clevereren Spieler:innen als mir möglicherweise auch etwas früher) und man hat jetzt mehr das Gefühl von Gestaltungsspielraum. Doch bis dahin eben nicht. Die Spannungskurve in ALMA MATER verläuft für mein Empfinden zu flach.


Was taugt es? Das Thema von ALMA MATER dringt nur ansatzweise durch. Am Ende belohnt einmal mehr ein Punktesalat alle möglichen Spielfortschritte. Der Reiz, ganz viel davon schaffen zu wollen, stellt sich bei mir nicht ein. Als neuartigen Dreh sehe ich den Wettlauf um Reputation und damit den Wert der Bücher. Aber in dieser Form ist das kein Mechanismus, der das ganze Spiel trägt und so den aufwendigen, herkömmlichen Rest rechtfertigt.


*** mäßig

ALMA MATER von Virginio Gigli, Flaminia Brasini, Antonio Tinto, Stefano Luperto für zwei bis vier Spieler:innen, Eggertspiele.

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