Es wäre natürlich cool gewesen, diese Rezension am 28. zu veröffentlichen. Aber wie hätte ich das technisch lösen sollen?
Wie geht 28? Wir steuern Straßenbahnen in Lissabon, sammeln an Haltestellen bunte Fahrgäste ein, um sie in geforderten Farbkombinationen an bestimmten Sehenswürdigkeiten abzusetzen. Dann ist ein Auftrag erfüllt und zählt Punkte. Bis zu vier Aufträge liegen öffentlich aus. Man kann sie sich also gegenseitig wegschnappen.
Pro Zug hat man zwei Aktionen, die mit Handkarten bezahlt werden müssen. Will ich mit meiner Straßenbahn fahren, kostet das pro Feld eine Karte. Alle gespielten Karten müssen außerdem gleichfarbig sein. Will ich Fahrgäste einladen, muss ich pro Figur eine Karte der entsprechenden Farbe blechen. Und: Ich muss an einer Station alle Gäste aufnehmen. Anders als etwa Straßenbahnen in Hannover darf ich niemanden zurücklassen, der beispielsweise noch mit dem umständlichen Fahrkartenautomaten beschäftigt ist oder mir nicht in den Kram passt.
Am Ende des Zuges ziehe ich vier Karten nach. Weil es kein Handkartenlimit gibt, kann ich ordentlich was ansammeln. Das muss ich auch immer wieder, weshalb manche Züge einfach nur aus Kartenziehen bestehen.
Was passiert? Man macht Pläne: Am Castelo werden zwei rote, zwei gelbe und ein grüner Fahrgast erwartet. Zwei davon habe ich schon an Bord, die anderen drei kann ich auflesen, wenn ich eine kleine Schleife drehe. Also los.
Dieser Plan kann nun aufgehen, weil ich unterwegs hoffentlich noch die fehlenden Farben ziehe, um alle Passagiere auch einsteigen zu lassen. Oder der Plan kann scheitern, weil jemand, mit dem ich gar nicht gerechnet habe, die Figuren einsammelt und woanders hinfährt oder weil meine Schleife dann doch zu lange dauert und wer anders den Castelo-Auftrag schneller erledigt. Dann habe ich Passagiere an Bord, für die ich erst mal ein neues Ziel suchen muss. Möglicherweise irrt meine Bahn ein paar Züge lang durch Lissabon.
Wir sollen aber nicht nur effizient Aufträge erfüllen. Die Aufträge sollen auch noch zueinander passen. Mit meinen erledigten Auftragskarten bilde ich eine Reihe. An den Kartenseiten befinden sich Farbmarkierungen. Für alle Markierungen, die ich beim Nebeneinanderlegen passend miteinander verbinden kann, gewinne ich Extrapunkte. Mit Glück kann das lukrativer sein als der Grundwert des Auftrags.
Und, ja, ich schreibe absichtlich „mit Glück“. In 28 agiere ich rein taktisch und situativ. Weite Strecken zu fahren, dauert sehr lange. Bis ich den Zielort erreiche, ist die Spielsituation eine ganz andere. Zum Beispiel könnte der Zielort längst abgefrühstückt und somit gar kein Zielort mehr sein. Deshalb hat es wenig Erfolgsaussicht, sich irgendetwas Kompliziertes vorzunehmen, weil es mehr Punkte verspricht. 28 ist ein Wettlauf. Nach gar nicht allzu vielen und von wem auch immer erledigten Aufträgen ist die Partie nämlich auch schon vorbei.
Was taugt es? So spielt sich 28 recht oberflächlich. Und vermutlich ist das Spiel auch genau so gemeint, denn Straßenbahnen dürfen sich hier gegenseitig wegschubsen (was ich von Straßenbahnen so bislang gar nicht kannte), und wenn man das tut, darf man mit der eigens dafür enthaltenen Klingel bimmeln. Wir sehen: Alles nur Spaß!
Im Widerspruch dazu steht dann allerdings die Anspruch verheißende Ticketwertung mit den Farbcodes. Sie suggeriert, sich langfristig etwas aufbauen zu können. Auf dem Brett habe ich das aber nie so erlebt. Im Gegenteil wirkte sich die Wertung als zusätzlicher (und unnötiger) Glücksfaktor aus. Weil es zufällig passt oder zufällig nicht passt.
Auch die Sondereigenschaften, die man für seine Straßenbahn gegen Abgabe von Karten an vorgegebenen Orten kaufen kann, haben sich nicht als reizsteigernd erwiesen. Manche davon sind so stark, dass jede:r sie haben will. Sie freizuschalten ist somit weniger eine Option, über die man nachdenkt. Sondern eher schon eine Pflichtübung, die man mit Kartenglück hoffentlich schneller erledigt als die Konkurrenz.
Ich habe den Eindruck, dass 28 sowohl spaßig-einfach als auch etwas anspruchsvoll sein soll – was am Ende beides nicht gelingt. Eine Partie unterhält durchaus, doch die vielen Informationen und die schnellen Veränderungen auf dem Brett und die mitunter großen Kartenhände sind dann gar nicht so einfach. Tiefe entsteht daraus aber auch nicht.
*** mäßig
28 von Pedro Santos Silva für zwei bis vier Spieler:innen, Mebo.
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