Prost, Leute, ihr werdet es nicht glauben, ich war gerade dabei, die beste Einleitung seit Langem zu schreiben, und dann wurde mir mittendr
Wie geht FABULA RASA? Wir müssen uns Begriffe merken und erfinden Geschichten dabei. Im Falle von FABULA RASA – SEEMANNSGARN drehen sich die Geschichten unweigerlich um Piraterie und Seefahrt. Alternativ gibt es noch die Editionen CRIME und HORROR.
Warum unweigerlich? Weil Karten bestimmen, was wir uns merken müssen. Und die SEEMANNSGARN-Karten zeigen Motive wie: eine einsame Insel, einen Enterhaken, einen Kompass, einen Strick und so weiter. Nachdem wir die sechs Startkarten einmal gesehen und von irgendwem die erste Geschichte dazu gehört haben, muss, wer an die Reihe kommt, eine Geschichte zu denselben Motiven in der richtigen Reihenfolge erzählen. Zum Beweis wird an der entsprechenden Stelle eine Karte nach der anderen umgedreht. War alles korrekt, zieht man zwei weitere Karten, bastelt daraus eine Fortsetzung, und wer nun an die Reihe kommt, muss eine noch längere Geschichte mit noch mehr Begriffen aufsagen.
Es ist also wie „Kofferpacken“. Aber dann doch ein wenig anders. Denn …
Was passiert? Vor dem Erzählen wird eine der ersten sechs Karten ausgewürfelt und aufgedeckt. Sie soll nun nicht mehr in der Geschichte vorkommen. Die unscheinbare Änderung zeigt Wirkung. Prompt gerät so manche:r ins Schwimmen und bringt die Reihenfolge der übrigen Begriffe durcheinander.
Und überhaupt: Geschichten. Beim „Kofferpacken“ zählen wir Begriffe auf. In FABULA RASA wird SEEMANNSGARN gesponnen. Das macht den eigentlich anstrengenden Ablauf plötzlich viel lockerer. Denn meistens ergeben die zufällig aufeinander folgenden Karten keinen fortlaufenden Sinn. Was wiederum zu ziemlich absurden Verknüpfungen führt. FABULA RASA gewinnt einer Gedächtnisübung amüsante Seiten ab.
Was taugt es? Die Geschichten bringen die Würze ins Spiel. Vor allem, wenn die Spieler:innen nicht einfach nacherzählen, was gerade schon referiert worden ist, sondern aus denselben Kartenmotiven etwas anderes zusammenstricken. Statt der Tätowierung geht es dann plötzlich um den muskulösen Arm, der ebenfalls auf dem Bild zu erkennen ist. Statt des Sarges um den Tod im Allgemeinen. In solchen Momenten freut man sich über die Kreativität der anderen, deren Ideen unterhaltsame Geschenke für die ganze Runde sind.
Allerdings: FABULA RASA kann auch ganz anders gespielt werden. Aufzählend, langweilig. Das Spiel bittet um unsere Kreativität, aber in der Punktwertung oder der Mechanik steckt nichts, was Kreativität direkt erfordert. Es sind immer die Spielenden, die das Spiel durch ihr Engagement wachsen lassen – oder weniger engagiert als langweilige Konzentrationsübung abarbeiten. Gutes Erzählen wird durch das Gelächter der Mitspieler:innen belohnt, aber nicht zwangsläufig durch den Spielsieg.
Vermutlich soll es um den Sieg auch gar nicht so verschärft gehen. Nur so kann ich mir die Regel erklären, dass man sich von anderen helfen lassen darf, wenn man nicht mehr weiterweiß. Die Wahl, von wem man sich helfen lässt, war in meinen Partien oft ein Königsmacher. Dass man mit hilfswilligen Spieler:innen wiederum um die Punkteverteilung feilschen soll, passt für mich zum Spielcharakter überhaupt nicht mehr. Und natürlich ist FABULA RASA schon deswegen ungerecht, weil man viel leichter Punkte gewinnt, wenn man hinter der Person sitzt, die die meisten Fehler macht.
Kurzum: Was Mechanik und Punktwertung angeht, wirkt FABULA RASA für mich unrund. Trotzdem hat das Spiel verschiedenen Runden schöne Momente beschert, weil es die Inspiration gegeben hat, um auf eine für das Gedächtnis anspruchsvolle Weise kreativ zu sein. Die Partien haben Spaß gemacht. Und das zählt letztendlich am meisten.
**** solide
FABULA RASA - SEEMANNSGARN von Nicko Böhnke für zwei bis fünf Spieler:innen, Huch!
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