Die Regierung sagt, wir müssen Energie sparen! Ich gehe stolz voran, indem ich keine Einleitung schreibe.
Wie geht OLD LONDON BRIDGE? Ich bebaue meine Brücke mit Häusern. Es gibt zwölf Grundstücke und ein Problem: Ich muss strikt von links nach rechts bauen, mit absteigenden Hausnummern. Weil das nicht immer klappt, werde ich gelegentlich Häuser abreißen und überbauen müssen. Oder einen Park anlegen. Parks bringen kein Einkommen; das macht sie unbeliebt. Aber hinter jedem Park darf die Ziffernfolge neu starten. Das macht Parks hin und wieder notwendig.
Apropos Einkommen: Genau darum geht es. Wer das meiste Geld besitzt, gewinnt. Eine Häusersorte schüttet direkt Bargeld aus, zwei Häusersorten bringen Fortschritte auf Skalen, die einerseits ebenfalls zu Geld führen, andererseits noch Spielvorteile schaffen. Wie viel Bargeld oder wie viele Schritte ich bekomme, hängt wiederum von der Wappenfarbe des Hauses ab, das ich baue. Angenommen, es ist ein Geldhaus (offizielle Bezeichnung: „Krämerladen“), angenommen, es hat ein grünes Wappen, und angenommen, dies ist das vierte grüne Wappen auf meiner Brücke: Dann bekomme ich vier Geld.
Ich will also gleichzeitig: eine Haussorte, die mir gefällt, eine Hausnummer, die den Regeln entspricht, und eine Wappenfarbe, von der ich schon mehrere besitze. Das wird selten gleichzeitig klappen. Hinzu kommt: ein Drehrad bestimmt unvorhersehbar, welche Haussorte in der aktuellen Runde nicht im Angebot ist und welche Sorten diesmal mehr oder weniger Extrageld bringen. Und hinzu kommt ebenfalls: Wir bieten verdeckt mit Karten darum, in welcher Reihenfolge wir die Häuser wählen dürfen.
Was passiert? OLD LONDON BRIDGE hat eine Menge Unwägbarkeiten. Nur in seltenen Fällen kann ich sicher planen, meistens muss ich hoffen. Allerdings hilft es, zu schauen, was die Konkurrenz so treibt und bei welchen Hausnummern sie angelangt ist. Vielleicht muss ich für das angepeilte 38er-Haus gar nicht viel bieten, weil niemand außer mir eine 38 unterbringen kann?
Auch die Zwischen- und Schlusswertungen wirken sich auf Taktik und Strategie aus. Für jede Partie kann man andere Wertungen auswählen oder auslosen, und sie verändern die Prioritäten mitunter merklich. Ein Spiel, das man von vorne bis hinten durchplant, wird OLD LONDON BRIDGE deswegen trotzdem nicht. Aber gut so!
Was taugt es? OLD LONDON BRIDGE macht Spaß, es unterhält. Allerdings hat es in keiner meiner Runden so sehr überzeugt, dass eine Art Fanbasis entstanden wäre und man es immer wieder hätte spielen wollen.
Warum es Spaß macht, lässt sich relativ leicht sagen: OLD LONDON BRIDGE ist konstruktiv. Wir bauen etwas auf. Wir treffen Entscheidungen, es gibt Überraschungen, wir machen Pläne – und nicht immer gehen sie auf. Jede Partie stellt uns vor die Knobelaufgabe, den besten Kompromiss aus Hausnummern und Wappen zu finden. Eine Patentlösung gibt es nicht.
Nun zur schwereren Frage. Häuser auf Brücken zu bauen, um viel Geld einzunehmen, ist als Plot nicht so überaus faszinierend. Die Welt rund um OLD LONDON BRIDGE ist ziemlich egal. Klar, denn das Spiel kommt vom Mechanismus her. Und der ist in Ordnung, aber wiederum auch nicht einzigartig.
Ich glaube auch, dass man sich in Spielen dann besonders wohlfühlt, wenn man sehr viel Zeit wirklich „spielt“, wie auch immer man das definieren will. Mit dem thematisch zentralen Bauen verbringe ich in OLD LONDON BRIDGE relativ wenig Zeit. Länger dauert es, Karten auszuwerten, auf Skalen zu marschieren, Geld auszubezahlen und so weiter. Ich habe nichts gegen Karten, Skalen und erst recht nichts gegen Geld. Aber solche Dinge erzeugen keinen Flow. Und deshalb fühlt sich OLD LONDON BRIDGE eben doch nur solide an.
**** solide
OLD LONDON BRIDGE von Gabriele Bubola und Leo Colovini für zwei bis vier Spieler:innen, Queen Games.
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