Eine ganze Weile habe ich mich um die Rezension von JUICY FRUITS herumgedrückt. Eigentlich finde ich das Spiel toll. Und eigentlich auch wieder nicht. Das genauer zu benennen, ist mir lange nicht gelungen. Und vielleicht gelingt es mir auch jetzt nicht. Aber als ich vor vier Tagen über FIRST RAT geschrieben habe, fielen mir Ähnlichkeiten zu JUICY FRUITS auf. Und deshalb versuche ich’s jetzt mal.
Wie geht JUICY FRUITS? Jede:r hat sein eigenes Schiebepuzzle. In Gestalt einer Insel. Einige der Felder sind zunächst durch Schiffe blockiert. Indem ich Kombinationen von Früchten zahle, kann diese Felder freikaufen.
Ich sammle Früchte, indem ich eines meiner (zunächst) fünf Schiebeplättchen (in Gestalt von Obstkörben) gradlinig über freie Felder meiner Insel bewege. Pro Feld, das ich zurücklege, bekomme ich eine Frucht, die der Korb anzeigt. Drei Schritte mit dem Orangen-Korb bringen also drei Orangen.
Pro Zug führe ich eine solche Korbbewegung aus, kassiere die Früchte und investiere sie vielleicht auch gleich. Entweder in das Verscheuchen eines Schiffes oder in mobile oder immobile Plättchen, die auf eins oder mehrere meiner Inselfelder gelegt werden und meine Bewegungsfreiheit einschränken.
Diese Plättchen zählen entweder besonders viele Punkte oder aber sie helfen mir, um fortan noch schneller an Früchte oder Punkte zu gelangen. Aber: Sie verstopfen die Insel. Dieser Widerspruch ist der extrem gute Clou des Spiels: Einerseits will ich viel Platz schaffen, damit meine Körbe freie Bahn haben. Andererseits darf ich nicht zu lange warten, um meine Früchte in Punkte umzusetzen, also zerstöre ich den gerade geschaffenen Raum.
Was passiert? JUICY FRUITS hat einen ausgeprägten Wettlauf-Charakter. Wenn eine bestimmte Menge Punkte-Projekte abgeschlossen ist, endet die Partie. Über weite Strecken des Spiels wünscht man sich, eine aufgeräumte Insel zu besitzen. Wie sie am Schluss aussieht, ist aber egal. Es geht um die richtige Balance, dass man stets handlungsfähig bleibt, und um das richtige Timing, dass man beim Punktesammeln nicht zu spät kommt.
Was die anderen Spieler:innen machen, welche Ausbauten sie sich holen, ob sie auf Tempo gehen oder nicht, ist zwar einerseits wichtig für mich. Andererseits kriegt man es angesichts der engen Taktung der Spielzüge und der hohen Konzentration, die nötig ist, um sich in seinem eigenen Schiebepuzzle nicht zu verirren, nur in groben Zügen mit.
Aber nicht das ist es, was mich hindert, JUICY FRUITS richtig toll zu finden. Sondern wie bei FIRST RAT ist es das Gefühl, ab einem bestimmten Zeitpunkt ein Programm zu durchlaufen. Anhand der zu Beginn ausliegenden Projekte wähle ich meine Strategie. Und die verfolge ich dann möglichst präzise. Während der Partie zwischen verschiedenen Ideen hin- und herzuspringen, führt ganz sicher nicht zum Erfolg.
Was taugt es? JUICY FRUITS kreiert ein spannendes Dilemma. Alles, was Punkte bringt, schadet meinem Fortkommen. Aber um Punkte geht es nun mal. Diesen Widerspruch mag ich schon seit DOMINION.
JUICY FRUITS ist beeindruckend ausgestattet und schön gestaltet. Die Schiebepuzzle-Mechanik finde ich originell. Und doch: Am Ende fehlt mir das Spielerische, das Überraschende. Alles ist Berechnung, nichts ist dem Zufall überlassen. Die Züge sind gleichförmig, und viele ergeben sich einfach durch das konsequente Abverwalten dessen, was ich mir aufgebaut habe. So strategisch das ist: Auf den Spannungsverlauf während des Spiels wirkt es sich ungünstig aus.
**** solide
JUICY FRUITS von Christian Stöhr für eine:n bis vier Spieler:innen, Deep Print Games.
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