Dienstag, 16. August 2022

First Rat

Ratten handeln. Sie verlassen das sinkende Schiff Erde und fliegen zum Käsemond. Menschen … warten ab. Deswegen sitze ich hier und schreibe in aller Seelenruhe einen Artikel darüber.

Wie geht FIRST RAT? FIRST RAT ist ein Laufspiel. Bin ich am Zug, setze ich entweder eine meiner Ratten bis zu fünf Felder voran oder mehrere jeweils bis zu drei. Weil alle Ratten dabei auf dieselbe Feldfarbe ziehen müssen, klappt es nicht immer, mehrere zu bewegen.
Auf jeden Fall will ich Strecke machen, denn Ratten, die ins Ziel laufen, zählen ordentlich Punkte. Und ich will Raketenbauteile einsammeln. Am Raumschiff mitzubauen, zählt ebenfalls Punkte. Käse brauche ich ebenso. Erstens um fremde Ratten auszuzahlen, falls ich auf von ihnen besetzte Felder laufe. Und zweitens zählen auch Käsespenden Punkte.
In FIRST RAT betreibe ich außerdem Enginebuilding. Meinem Rattenclan kann ich verschiedene Eigenschaften verpassen: dass ich beispielsweise auf Bauteilfeldern mehr Bauteile bekomme oder im Trupp bis zu vier Felder gehen oder Abkürzungen kostenlos nutzen darf. Und so weiter.


Was passiert? Ein Zug geht sehr schnell. Ziehen, Ertrag einsammeln und eventuell gleich wieder ausgeben und irgendeine Zielvorgabe erfüllen, was dann Punkte zählt. Beim Einsammeln musste ich in meinen Partien jedoch oft helfen, weil Spieler:innen irgendwelche Effekte übersahen. Da denkt man, Ratte A holt drei Käse und die anderen beiden zwei und einen, in Summe also sechs. Und dann kommt Schlaumeier U.B. und errechnet neun, weil eins der Käsefelder mittels Beleuchtung aufgewertet wurde und der erworbene Käserucksack einen weiteren Bonus bringt.
Dass FIRST RAT ein Kennerspiel ist, zeigt sich auch anderswo: Bevor es losgeht, gibt es recht viel zu erklären. Und die Informationsflut, ausgelöst durch Materialberge und detailreichen Spielplan, muss man auch erst mal verdauen. Wer planlos drauflos rennt, wird gegen erfahrene Mondreisende, die sich eine Strategie zurechtgelegt haben, keine Sonne sehen. Denn Glücksfaktoren gibt es hier nicht. Man kann gut und man kann schlecht spielen und wird dementsprechend erfolgreich und erfolglos sein. Welches die erfolgversprechenden Wege sind, ist Wissen, das man sich nach und nach aneignet.
Glück ist also kein beeinflussender Faktor, die Mitspieler:innen aber sind es. Meine Strategie richte ich auch danach aus, was die anderen machen und welche Boni sie sich holen. Taktisch beeinflusst mich, auf welchen Feldern fremde Ratten herumlungern. Denn natürlich möchte ich nicht unnötig viel Käse bezahlen, sondern lieber eine zur Konkurrenz antizyklische Schrittfolge finden.


Was taugt es? In FIRST RAT steckt mehr Tiefe, als es die Aufmachung und die schnelle Taktung des Spiels vermuten lassen. Das Spielgefühl ist konstruktiv, das Thema unverbraucht, die Illustrationen sind sehr gelungen. Und damit sich nicht bestimmte Lieblings-Wege einschleichen, ermöglicht die Spielplanrückseite eine variable Feldanordnung.
Alles gut soweit. Trotzdem fühle ich mich nicht verlockt, das Spiel immer wieder auszupacken. In den Partien passiert wenig Überraschendes. Im Gegenteil fühlt es sich, auch wegen der Gleichartigkeit der Züge, zeitweise an, als würde man ein festes Programm durchlaufen. In der Anfangsphase des Spiels lege ich mir meine Strategie zurecht, und dieser werde ich dann so konsequent wie möglich folgen. Ich bleibe in meinem Muster.
Die Spannung, die ich hier erlebe, ist eher eine langfristige: Von Partie zu Partie kann ich ganz andere Dinge ausprobieren, werde erfahren, was funktioniert und was nicht, und werde vielleicht auch mal überrascht werden, indem mir jemand einen neuen Gewinnweg demonstriert. In den Partien selbst schlägt die Spannungskurve für mein Empfinden nicht hoch aus; in der zweiten Spielhälfte, die in ein gewisses Abspulen mündet, sogar noch niedriger.


**** solide

FIRST RAT von Gabriele Ausiello und Virginio Gigli für eine:n bis fünf Spieler:innen, Pegasus Spiele.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

"Und dann kommt Schaumeier U.B. und errechnet neun, …"

Und dann kommt der wahre Schlauberger als anonymer Kommentar und weist auf den Schreibfehler hin. ;-)

Udo Bartsch hat gesagt…

Willst du damit sagen, "Schlaumeier" schreibt man mit "l"? Na schön, dann ändere ich das mal.

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