Darf man im Jahr 2023 eigentlich noch Spiele aus dem Jahr 2021 rezensieren? Ich frage für einen Freund.
Wie geht SHAMANS? Es ist ein Stichspiel mit Verräter:innen-Element, man sagt auch „Social Deduction“ dazu. Im Spiel zu fünft beispielsweise gibt es drei Schaman:innen (die „Guten“) und zwei Schatten (die „Bösen“). Sie bilden jeweils ein Team, wissen aber nicht voneinander, denn die Rollen wurden geheim zugelost.
Wir spielen ein Stichspiel, bei dem nicht bedient werden muss. Nicht zu bedienen, ist im Interesse der Schatten, denn jedes Mal, wenn eine falsche Farbe in einen Stich gelegt wird, rückt die „Schattenfigur“ ein Feld vorwärts. Erreicht sie das Zielfeld, gewinnen die Bösen Punkte. Ansonsten die Guten. Man spielt mehrere Runden, meistens drei oder vier, bis jemand die für den Gesamtsieg erforderlichen acht Punkte beisammenhat.
Spiele ich die höchste Karte einer geforderten Farbe, gewinne ich den Stich und eröffne den nächsten. Spiele ich die kleinste passende Karte, gewinne ich einen Chip, beispielsweise ein „Portal“, mit dem ich die Schattenfigur versetzen darf. Oder einen „Mondsplitter“, der mir, wenn ich zwei davon besitze, Punkte einbringt. Oder einen „Dolch“, den ich später vielleicht einsetzen kann, um jemanden zu eliminieren.
Alle gespielten Karten werden nach Farbe sortiert und offen ausgelegt. Sobald alle einer Farbe gespielt sind, löst dies ein „Ritual“ aus, das je nach Farbe unterschiedliche Folgen hat. Gleich vier der sieben Farben bewirken, dass ich jemanden eliminieren muss, falls ich einen Dolch besitze. Eine der Farben bewirkt, dass ich meine Rollenkarte mit einer anderen Person tauschen muss.
Was passiert? Jedes Nichtbedienen löst natürlich sofort Geraune aus. Wer die falsche Farbe legt, macht sich verdächtig und beteuert postwendend die Unschuld. Dumm, wenn sich später herausstellt, dass man hätte bedienen können. Meistens stellt es sich aber nicht heraus.
Wichtig ist das Anspiel. Für die Schatten wäre es eine gute Idee, mit einer Farbe zu eröffnen, die möglichst wenige bedienen können. Aber auch dies sollte nicht zu offensichtlich geschehen.
Und noch wichtiger sind die Rituale. Möglicherweise gelingt es mir, kurz vor Schluss meine Identität zu tauschen und in das Team zu wechseln, das sicher gewinnen wird, ohne dass ich je zu diesem Erfolg beigetragen habe. Und jemand aus diesem Team wird dazu verdonnert, ins Loser-Team zu wechseln.
Auch die Wirkung der Dolche ist gravierend. Optimalerweise hätte ich, sobald ich einen einsetzen muss, auch einen handfesten Verdacht, wer zu welchem Team gehört, und meuchle gezielt. Mit wachsender Spielerfahrung kommt dieser Bestfall aber immer seltener vor, und man meuchelt auf gut Glück. Im Zweifelsfall trifft es dann die Spieler:in mit den meisten Punkten.
Was taugt es? SHAMANS gehört zu den Spielen, die mir im Laufe der Zeit schlechter gefielen als noch am Anfang. SHAMANS suggeriert, dass es als Schatten darauf ankäme, höchst subtil nicht zu bedienen, um so der Schattenfigur die entscheidenden Schritte zu ermöglichen. Nach meiner Erfahrung ist dies aber nur ein untergeordneter Aspekt.
Viel trägt allein schon die Kartenverteilung dazu bei, ob das Ende der Laufskala erreicht wird oder nicht. Und ganz unabhängig davon beeinflussen vor allem die Rituale massiv die Punkteverteilung. Wer eliminiert wird, gewinnt am Ende der Runde keine Punkte. Deswegen rückt immer mehr in den Fokus, wie die letzten Karten einer Farbe fallen und wer die mächtigen Rituale ausführen darf.
Da kann man nun argumentieren, genau dies (und nicht die Bedienfrage) sei eben der Kern des Spiels und mache SHAMANS bis zum Finale spannend. Ich sehe es anders. Eine für meine Begriffe gelungene Spannungskurve baut sich schon in den ersten Stichen spürbar auf. Und bricht nicht so schicksalhaft kurz vor Schluss über die Gruppe herein. Obwohl ich lustige und emotionale Partien erlebt habe, wenn jemand hereingelegt wurde, hat mich SHAMANS am Ende dann doch enttäuscht.
*** mäßig
SHAMANS von Cédrick Chaboussit für drei bis fünf Spieler:innen, Corax Games.
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