Sonntag, 9. November 2014
Blood Bound
An der Uni spiele ich regelmäßig mit jüngeren Menschen. Zwei in anderen Gruppen nicht ganz so umjubelte Spiele waren hier in der Vorsaison der Renner: CONCEPT und BLOOD BOUND.
Als Rückmeldung lasse ich meine Mitspieler ihre gespielten Spiele benoten, und BLOOD BOUND schaffte es durch den Uni-Support im Gesamtranking aller Gruppen zeitweilig sogar auf Platz drei... bis sich das herumsprach, immer mehr Leute neugierig wurden – und teilweise nicht mit dem Spiel zurecht kamen. Das artverwandte DIE WERWÖLFE VOM DÜSTERWALD ist definitiv zugänglicher.
Wie geht BLOOD BOUND? BLOOD BOUND ist ein Teamspiel mit zwei gleich starken Fraktionen. Aus je neun Charakteren zieht jeder Spieler eine geheime Identität und ist nun beispielsweise Todeshändler, die Nummer 2 der Roten. Zu Beginn kennt er weder seine roten Kollegen, noch weiß er, ob er als Nummer 2 der Ranghöchste seines Clans ist. Das wäre er, wenn die Nummer 1 nicht vergeben wurde.
Das Ziel lautet, den Boss der Gegenseite zu eliminieren. Sobald ein Spieler stirbt, endet die Partie, und man überprüft: War es der Ranghöchste oder war er es nicht? Falls nein, gewinnt sein Clan. Falls ja, gewinnen die anderen.
Jeder Charakter hat außer seinem Rang zwei Farb-Eigenschaften. Im roten Clan sind drei Charaktere rot / rot, drei sind rot / neutral, drei neutral / neutral. Wer am Zug ist, attackiert einen Spieler seiner Wahl. Er reicht diesem den blutigen Pappdolch, und der andere muss nun entweder seinen Rang oder eine seiner Farben bekennen. Deckt er einen roten Chip auf, wissen ab sofort alle am Tisch, er gehört zu den Roten und kann nur noch einer der sechs Charaktere mit rot / rot oder rot / neutral sein. Deckt er einen neutralen und später noch einen neutralen Chip auf, muss man sich die Fraktionszugehörigkeit aus dem Spielverhalten zusammenreimen.
Wer den Dolch hat, ist am Zug. Wird jemand zum vierten Mal attackiert, endet das Spiel.
Was passiert? Zu Beginn ist die Informationslage dünn. Bevor es losgeht, offenbart jeder seinem linken Nachbarn ein kleines Farbfeld auf seiner Charakterkarte. In acht von neun Fällen zeigt es die Farbe des Clans. Nur beim Harlekin (Rang 3) ist es genau andersherum, was oft für schönste Verwirrungen sorgt. Insbesondere wenn der Harlekin sich clever anstellt und die andere Seite möglichst lange im Glauben lässt, er gehöre zu ihnen. Irgendwann stellt sich beim Durchzählen vielleicht heraus: Heh, wir sind fünf, die sind drei. Anscheinend plappert hier jemand mit, der nur so tut, als ob. Überhaupt darf jeder offen über alles reden und behaupten, was er will. Um das wirklich zelebrieren zu können, muss man aber regelsicher sein.
Doch BLOOD BOUND funktioniert zum Glück auch ohne Schauspieleinlagen. Irgendwann erlaubt der allgemeine Informationsstand logische Schlüsse: Wen sollte man als nächstes angreifen, wen tunlichst nicht? An dieser Stelle greifen zwei entscheidende taktische Kniffe: Erstens besitzt jeder Charakter eine Sondereigenschaft. Die darf in dem Moment angewendet werden, wenn der Spieler seinen Rang offenbart. Instinktiv hält man seinen Rang möglichst lange geheim. Das ist aber nicht immer das Beste.
Zweitens darf sich jeder für einen anderen opfern. Wenn der eigentlich Attackierte einverstanden ist, schluckt ein Freiwilliger den Treffer. Dazu muss er seinen Rang aufdecken, was er aber wahrscheinlich sogar bezweckt (oder er will seinen Boss schützen) (oder Nebelkerzen werfen). Außerdem erhält er den Dolch, was ebenfalls seine Absicht gewesen könnte.
Was taugt es? In einer geübten Runde eröffnet BLOOD BOUND einige Möglichkeiten für cleveres Spielen. Es wird munter gemutmaßt und debattiert, der Spieler am Zug wird mit Tipps überschüttet. Ich habe mehrere gute Partien erlebt. Restlos überzeugt hat mich BLOOD BOUND dennoch nicht. Möglicherweise habe ich die Subtilität nicht vollständig durchschaut.
Für mein Empfinden werden die Weichen oft früh gestellt, einfach weil eine Seite in der Abtastungsphase mehr Treffer kassiert als die andere. Wenn zu einem späteren Zeitpunkt Mutmaßungen zunehmend zu Fakten werden, ist es Aufgabe der überlegenen Partei, den glücklich zustande gekommenen Vorteil fehlerlos nach Hause zu schaukeln – was man natürlich auch erst mal schaffen muss.
Unterhaltsam und erfrischend anders ist BLOOD BOUND allemal. Redaktionell ist das Spiel zudem gut umgesetzt. Jeder Spieler bekommt eine Kurzübersicht, deren Aussparung außerdem ermöglicht, den Charakter zu verdecken, während man zu Spielbeginn seinem Nachbarn die Farbinformation zeigen muss. Dank gelungener Sonderregel klappt BLOOD BOUND auch bei ungerader Spielerzahl. Nur als Mindestbesetzung würde ich eher acht als sechs Mitspieler empfehlen.
BLOOD BOUND von Kalle Krenzer für sechs bis zwölf Spieler, Heidelberger Spieleverlag.
Als Rückmeldung lasse ich meine Mitspieler ihre gespielten Spiele benoten, und BLOOD BOUND schaffte es durch den Uni-Support im Gesamtranking aller Gruppen zeitweilig sogar auf Platz drei... bis sich das herumsprach, immer mehr Leute neugierig wurden – und teilweise nicht mit dem Spiel zurecht kamen. Das artverwandte DIE WERWÖLFE VOM DÜSTERWALD ist definitiv zugänglicher.
Wie geht BLOOD BOUND? BLOOD BOUND ist ein Teamspiel mit zwei gleich starken Fraktionen. Aus je neun Charakteren zieht jeder Spieler eine geheime Identität und ist nun beispielsweise Todeshändler, die Nummer 2 der Roten. Zu Beginn kennt er weder seine roten Kollegen, noch weiß er, ob er als Nummer 2 der Ranghöchste seines Clans ist. Das wäre er, wenn die Nummer 1 nicht vergeben wurde.
Das Ziel lautet, den Boss der Gegenseite zu eliminieren. Sobald ein Spieler stirbt, endet die Partie, und man überprüft: War es der Ranghöchste oder war er es nicht? Falls nein, gewinnt sein Clan. Falls ja, gewinnen die anderen.
Jeder Charakter hat außer seinem Rang zwei Farb-Eigenschaften. Im roten Clan sind drei Charaktere rot / rot, drei sind rot / neutral, drei neutral / neutral. Wer am Zug ist, attackiert einen Spieler seiner Wahl. Er reicht diesem den blutigen Pappdolch, und der andere muss nun entweder seinen Rang oder eine seiner Farben bekennen. Deckt er einen roten Chip auf, wissen ab sofort alle am Tisch, er gehört zu den Roten und kann nur noch einer der sechs Charaktere mit rot / rot oder rot / neutral sein. Deckt er einen neutralen und später noch einen neutralen Chip auf, muss man sich die Fraktionszugehörigkeit aus dem Spielverhalten zusammenreimen.
Wer den Dolch hat, ist am Zug. Wird jemand zum vierten Mal attackiert, endet das Spiel.
Was passiert? Zu Beginn ist die Informationslage dünn. Bevor es losgeht, offenbart jeder seinem linken Nachbarn ein kleines Farbfeld auf seiner Charakterkarte. In acht von neun Fällen zeigt es die Farbe des Clans. Nur beim Harlekin (Rang 3) ist es genau andersherum, was oft für schönste Verwirrungen sorgt. Insbesondere wenn der Harlekin sich clever anstellt und die andere Seite möglichst lange im Glauben lässt, er gehöre zu ihnen. Irgendwann stellt sich beim Durchzählen vielleicht heraus: Heh, wir sind fünf, die sind drei. Anscheinend plappert hier jemand mit, der nur so tut, als ob. Überhaupt darf jeder offen über alles reden und behaupten, was er will. Um das wirklich zelebrieren zu können, muss man aber regelsicher sein.
Doch BLOOD BOUND funktioniert zum Glück auch ohne Schauspieleinlagen. Irgendwann erlaubt der allgemeine Informationsstand logische Schlüsse: Wen sollte man als nächstes angreifen, wen tunlichst nicht? An dieser Stelle greifen zwei entscheidende taktische Kniffe: Erstens besitzt jeder Charakter eine Sondereigenschaft. Die darf in dem Moment angewendet werden, wenn der Spieler seinen Rang offenbart. Instinktiv hält man seinen Rang möglichst lange geheim. Das ist aber nicht immer das Beste.
Zweitens darf sich jeder für einen anderen opfern. Wenn der eigentlich Attackierte einverstanden ist, schluckt ein Freiwilliger den Treffer. Dazu muss er seinen Rang aufdecken, was er aber wahrscheinlich sogar bezweckt (oder er will seinen Boss schützen) (oder Nebelkerzen werfen). Außerdem erhält er den Dolch, was ebenfalls seine Absicht gewesen könnte.
Was taugt es? In einer geübten Runde eröffnet BLOOD BOUND einige Möglichkeiten für cleveres Spielen. Es wird munter gemutmaßt und debattiert, der Spieler am Zug wird mit Tipps überschüttet. Ich habe mehrere gute Partien erlebt. Restlos überzeugt hat mich BLOOD BOUND dennoch nicht. Möglicherweise habe ich die Subtilität nicht vollständig durchschaut.
Für mein Empfinden werden die Weichen oft früh gestellt, einfach weil eine Seite in der Abtastungsphase mehr Treffer kassiert als die andere. Wenn zu einem späteren Zeitpunkt Mutmaßungen zunehmend zu Fakten werden, ist es Aufgabe der überlegenen Partei, den glücklich zustande gekommenen Vorteil fehlerlos nach Hause zu schaukeln – was man natürlich auch erst mal schaffen muss.
Unterhaltsam und erfrischend anders ist BLOOD BOUND allemal. Redaktionell ist das Spiel zudem gut umgesetzt. Jeder Spieler bekommt eine Kurzübersicht, deren Aussparung außerdem ermöglicht, den Charakter zu verdecken, während man zu Spielbeginn seinem Nachbarn die Farbinformation zeigen muss. Dank gelungener Sonderregel klappt BLOOD BOUND auch bei ungerader Spielerzahl. Nur als Mindestbesetzung würde ich eher acht als sechs Mitspieler empfehlen.
BLOOD BOUND von Kalle Krenzer für sechs bis zwölf Spieler, Heidelberger Spieleverlag.
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