Dienstag, 23. Mai 2017

Vor 20 Jahren (41): Galopp Royal

Oh, mir ist aufgefallen, dass ich in dieser, meiner Serie recht wenig über die damaligen Spiele schreibe. Und nehme mir vor, das nun zu ändern. Wenn ich meinen Vorsatz nicht wieder breche, folgen in den kommenden Monaten ein paar Rückblicke auf Spiele aus den Jahren 1995 und 1996.
Aha. Und warum nicht auf Spiele von vor wirklich 20 Jahren, also aus dem Jahr 1997? Gemach, gemach! Die sollen auch noch an die Reihe kommen. Weil ich 2015/16 allerdings unbeabsichtigt 13 Folgen dieser, meiner Serie auslassen musste, gibt es einen gewissen Rückstau.

1995: Wir erinnern uns – ähm, na gut, wir Älteren erinnern uns, die Jüngeren haben vielleicht schon mal davon gehört: Während sich Mitte der 90er-Jahre im Bereich des anspruchsvolleren Familienspiels oder gar Kennerspiels oder gar Expertenspiels in Deutschland wenig tat, preschte urplötzlich die ambitionierte Marke Goldsieber mit gleich vier schön gestalteten Spielen vor. Als Spitzentitel wurden damals allgemein LINIE 1 und STERNENHIMMEL angesehen. Mein persönlicher Favorit aber war GALOPP ROYAL; ein, wie ich zugeben muss, ziemlich beklopptes Spaßspiel. Doch trotz oder wegen der Beklopptheit spielten wir es in Göttingen regelmäßig mit – na was wohl? Mit Spaß!


GALOPP ROYAL ist ein Wettrennen der Sänftenträger. Wir laufen durch den Barockgarten, und die drei Schnellsten erhalten Geldprämien. Nach sechs Rennen gewinnt der Reichste. Allerdings hat man auch Ausgaben, denn man muss seine Mannschaft kaufen: Gleich zu Spielbeginn und auch zwischen den Rennen, falls man mit seiner Truppe nicht mehr zufrieden ist. Für die nötige Unzufriedenheit sorgt folgende Regel: Nach dem Rennen entfernt der Letzte aus jedem Team einen Träger. Bei sich selbst vermutlich den Schwächsten, bei den anderen den Besten.

Wir spielten GALOPP ROYAL mit einer Hausregel, die das Spiel aus unserer Sicht noch einen Tick besser machte. Neue Mannschaften werden bei GALOPP ROYAL versteigert wie die Katze im Sack. Jeder Spieler zieht eine Träger-Karte des zu versteigernden Teams, kennt also genau eins von vier Teammitgliedern. Dies und das Bietverhalten der anderen Spieler sind schon sämtliche Informationen. Wer das Gebot nicht erhöhen will, steigt aus und legt seine Karte verdeckt beiseite. Die anderen bieten weiter.
Wir dagegen haben es so gespielt: Wer passt, legt seine Karte offen ab! Die anderen Spieler bekommen so neue Informationen. Klar, ist es eine Luschen-Karte, animiert das alle sofort zum Passen. Aber das ist dann durchaus lustig. Und ist die offenbarte Träger-Karte gar nicht so übel, konnen die Gebote durchaus noch mal anziehen. Je länger man mitbietet, desto besser die Informationslage. Unsere Regel, fanden wir, erweitert das Spektrum der Möglichkeiten.


Ach, und jetzt fällt mir wieder ein, warum ich bislang so selten über die Spiele von vor 20 Jahren geschrieben habe: Weil Spielbeschreibungen oft die Pointe fehlt. Diese hier hat eigentlich auch keine. Aber ich will wenigstens von einer Partie berichten, die mir bis heute als DIE Partie im Gedächtnis geblieben ist.

Wir spielten GALOPP ROYAL immer sehr extrovertiert. Es wurde laut geboten, es wurde laut gejubelt, es wurde laut geflucht, es wurde laut der Würfel angefeuert. Ein besonders lauter Mitspieler namens Billie hatte ein gutes Trägerteam beisammen und eröffnete – warum auch immer – die Versteigerung mit dem Gebot: „Fünf!“ Ein Gebot, das normalerweise überboten wird, doch der folgende Spieler sagte „passe“ und deckte eine Lusche auf. Der nächste Spieler passte ebenfalls und deckte die nächste Lusche auf. Und auch der letzte Spieler zog sich postwendend aus dem Bieterwettbewerb zurück, und auch er hatte eine Lusche. Diese Krücken waren also Billies neues Team – Gratulation! Wir grölten.

Und Billy deckte nun auch seine Karte auf, übrigens eine Lusche, und wir grölten noch lauter, und auch Billy grölte, und er johlte mehr amüsiert als beschämt: „OH, DA HABE ICH WOHL EINEN KLEINEN FEHLER GEMACHT!“ Billie musste sein schönes Team entlassen, seine Sänfte Betrunkenen und Durchgeknallten anvertrauen und durfte sogar noch dafür blechen. Man kann wirklich sagen, dieses Gebot war ein kleiner Fehler gewesen.


2 Kommentare:

Udo hat gesagt…

Ha, da haben wir doch außer dem Vornamen eine weitere Gemeinsamkeit gefunden. Auch in unseren Runden war Galopp Royal damals der HIT. Wir haben immer viel gelacht und die Gebote hatten etwas extrem Reizvolles. Da kam Sternenhimmel nicht mit.
Linie 1 haben wir allerdings nicht viel weniger gespielt und das Spiel hat auch heute noch seine Berechtigung.
LUdo ergo sum.

Anonym hat gesagt…

Galopp Royal - damals schon als "so naja" empfunden...
Aber - Linie 1: zuletzt gestern wieder gespielt. Immer wieder bzw. imner noch nett im positiven Sinne!

Micha A.

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