Donnerstag, 4. Mai 2017

Yamatai

Wenn man es auf einen sehr einfachen Nenner bringen will (will ich): YAMATAI ist wie FIVE TRIBES, bloß ohne Sklaven. Wen in FIVE TRIBES nur die Sklaven gestört haben, der findet YAMATAI vielleicht ganz toll. Wem allerdings das Spielgefühl nicht gefallen hatte, der … na, ich will nicht vorgreifen; das ist jetzt gerade so spannend.

Wie geht YAMATAI? Das Spielfeld zeigt viele Inseln. Auf fast allen Inseln liegen „Kultur-Plättchen“. Die müssen weg, bevor wir Häuser auf die Inseln bauen können.
Wer am Zug ist, wählt ein „Flotten-Plättchen“. Dieses besagt, welche und wie viele Schiffe der Spieler erhält, zweitens bringt es eine Spezialfähigkeit, drittens definiert es, wann der Spieler in der nächsten Runde an die Reihe kommt. (Umso später, je besser das Flottenplättchen ist.)

Nun darf der Spieler ein Schiff kaufen oder verkaufen, anschließend Schiffe platzieren. Sie alle müssen eine Kette bilden, und das erste Schiff muss entweder auf einem der fünf Startpunkte oder benachbart zu einem gleichfarbigen Schiff eingesetzt werden. Angrenzend zu den platzierten Schiffen darf man anschließend entweder Plättchen von den Inseln nehmen oder man darf ein Haus bauen.
Für das Haus müssen an den Ufern der Bauplatz-Insel Schiffe liegen, die der Farbkombination eines der verfügbaren Bauaufträge entsprechen. Wenn Häuser neben Prestigegebäuden oder im Gebirge gebaut werden, bringt das Extra-Siegpunkte. Bilden eigene Häuser eine Kette, bringt das Geld.
Abgeräumte Kultur-Plättchen haben noch einen wichtigen Zweck: Man kauft damit „Spezialisten“. Sie sind ungefähr das, was die Dschinn in FIVE TRIBES waren. Spezialisten bringen dauerhafte Vorteile, die teilweise so mächtig sind, dass es sich lohnt, die komplette Strategie darauf auszurichten. Spezialisten, Geld und Häuser zählen am Schluss Punkte.


Was passiert? Nachdem die ersten eins, zwei Züge noch einigermaßen spontan abgewickelt werden können, steigt rasch der Anspruch. Man tüftelt sich mühevoll zusammen, welche Schiffsfarben man benötigt und welches Schiff man dazukauft, wo man den Ausgangspunkt seiner Kette wählt und welche Sonderfähigkeit eingesetzt werden muss, um eines der fünf zur Wahl stehenden Gebäude zu errichten – und dann nimmt leider ein anderer Spieler genau das Flotten-Plättchen, auf dem der schöne Plan beruhte, und die Berechnungen beginnen von vorn.
YAMATAI wird mit zunehmendes Spieldauer immer zäher. Viele meiner Mitspieler verloren die Geduld oder haderten sogar wegen ihrer langen Denkpausen mit sich selbst. Weil etliche Faktoren und Details in die Spielzugberechnung einfließen, geht es aber kaum schneller. Und auch weil YAMATAI so durch und durch abstrakt ist. Bei einem thematischen Spiel könnte man zur Abkürzung des Rechenprozesses der Intuition oder der Themenlogik folgen. Hier nicht.


Was taugt es? Zu FIVE TRIBES schrieb ich, es sei „künstlich komplex und konstruiert“. Genau dasselbe empfinde ich bei YAMATAI. Dass FIVE TRIBES im Ranking bei boardgamegeek auf Platz 46 geführt wird, zeigt mir allerdings, dass viele Spieler solche Konstrukte mögen.
Nun ist ein Spiel nicht zwangsläufig schlecht, nur weil es Denkpausen gibt. Genauso wenig wie ein Spiel zwangsläufig gut ist, nur weil es – wie YAMATAI – eine gewisse Tiefe hat und bei der Wahl und Kombination verschiedener Spezialisten viel Futter bietet, um Strategien auszuprobieren, zu lernen und sich zu verbessern.
Einzelne Mechanismen in YAMATAI finde ich interessant und gut gemacht. Aber nichts in diesem Spiel berührt mein Herz. Mir fehlt eine Geschichte, ein Erlebnis, etwas Überraschendes, die Emotion. YAMATAI ist eine unorganische Tüftelaufgabe, die rein auf abstrakten Setzungen beruht.
Die Aufmachung ist wie meistens bei Days of Wonder hübsch und opulent. Vom Material geht ein hoher Reiz aus. Im Detail zeigen sich allerdings überraschende Schwächen: Für Siegpunkte gibt es kein einheitliches Symbol, die Erklärung der Spezialisten in der Anleitung ist unübersichtlich, die Prestigegebäude versperren die Sicht auf die Schiffe.


YAMATAI von Bruno Cathala und Marc Paquien für zwei bis vier Spieler, Days of Wonder.

1 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Was die Denkpausen angeht muss ich zustimmen, es erfodert schon einiges an Zeit, wenn man das beste ausseinem Zug herausholen will. Ich finde auch, dass die Regeln stellenweise etwas präziser hätten sein können. Insgesamt gefällt mir das Spiel aber verdammt gut, es sieht super aus und hat irgendwie einen besonderen Reiz. Schwächen hat es, aber auch viele Stärken. Es ist etwas für Strategie-Liebhaber. Wer so schon viel zu lange denkt, sollte hiervon die Finger lassen. Empfehlung gibt es von mir trotzdem!

Gruß
Sofa

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