Ich hatte es mal so gelernt, dass Immobilien Immobilien heißen, weil sie immobil sind. Aber Spielen bildet bekanntlich, und ich bin auch immer bereit, etwas dazuzulernen.
Wie geht DIE WANDELNDEN TÜRME? Ich will meine Figuren als Erster in die Schwarze Burg bringen. DIE WANDELNDEN TÜRME ist also ein Wettrennen, und wie der Spieltitel sagt, sind nicht nur farbige Figuren auf der Piste unterwegs, sondern auch neun neutrale Turmetagen. Mit Türmen kann man Figuren einsperren. Auf Türmen oder im Inneren von Türmen kann man Figuren mitbewegen.
Ich darf meine Figuren ziehen, sofern sichtbar. Und ich darf Türme oder Teile von Türmen ziehen. Meine Entscheidung beruht auf drei Handkarten. Bis zu zwei spiele ich pro Zug. Manche Karten gewähren eine Wahlmöglichkeit, zum Beispiel darf ich mit einer Figur zwei Felder oder mit einem Turm vier Felder weit gehen. Andere Karten lassen nur eine Möglichkeit zu, allerdings habe ich trotzdem noch auszutüfteln, welche Figur oder welchen Turm ich ziehe.
Bevor ich das Spiel beenden kann, muss ich zusätzlich noch meine gesamten Zaubertrankflaschen gefüllt haben, und eine Flasche fülle ich immer dann, wenn ich eine Figur mit einem Turm einsperre. So ist dafür gesorgt, dass wir nicht zu lieb spielen.
Und Zaubertränke haben obendrein noch einen Vorteil: Mit gefüllten Flaschen darf ich Extra-Aktionen kaufen, die meine Zugmöglichkeiten nochmals erweitern, beispielsweise indem Türme oder Figuren rückwärts gehen dürfen oder Turmebenen die Plätze tauschen. Dafür zahle ich einen oder zwei Tränke, die ich auch nicht wieder befüllen muss.
Was passiert? Das Spielprinzip von DIE WANDELNDEN TÜRME ist unterhaltsam. Figuren werden eingesperrt und als geheime Fracht mitbewegt. Ich muss mir merken, wo meine Leute stecken, was nicht so leicht ist, wenn Türme gestapelt, bewegt und wieder geteilt werden.
Wann immer jemand die Burg erreicht, hüpft sie ein paar Felder weiter zur nächsten freien Markierung. Stand ich eben noch kurz vor dem Ziel, kann es plötzlich recht weit weg sein. Oder umgekehrt: War die Burg eben noch außerhalb der Reichweite, kann sie plötzlich vor meiner Nase stehen.
Auch das ist unterhaltsam, führt aber dazu, dass manche Züge schlichtweg verloren sind. Normalerweise kann ich mich bei einem Laufspiel damit trösten, dass ich wenigstens ein paar Felder vorangekommen bin, selbst wenn ich niemanden rausgeworfen habe, keine Punkte geholt oder irgendwas erreicht habe, was man in dem Spiel so erreichen kann. In DIE WANDELNDEN TÜRME tröstet es mich nicht, wenn ich nur ein paar Felder vorankomme. Weil es nicht mal verlässlich bedeutet, dass ich dem Ziel nähergekommen bin. Vielleicht habe ich, ohne es zu wissen, mich sogar vom Ziel entfernt.
Der beste Zug ist deshalb, eine Figur in den Turm zu bekommen, der zweitbeste Zug, Tränke aufzufüllen. Also errechne ich, wenn ich an die Reihe komme, welches dieser Ergebnisse ich erreichen kann. Die dafür nötige Zugfolge inklusive Einsatz von Zaubertränken kann durchaus knifflig sein und einiges an Überlegung erfordern. Meine Kritik ist also nicht, dass die Planung in DIE WANDELNDEN TÜRME zu kurz käme.
Jedoch: Das, was das Spiel lustig macht, das Unerwartete, das Ärgerliche, das Boshafte, geht verloren zugunsten von Rechnerei und Tüftelei. Zwischen gutem und schlechtem Zug gibt es keine Grautöne. Das Spiel wird schematisch, weil es mich dazu anhält, meine Züge ganz genau auszubrüten.
Was taugt es? Das Äußere stimmt und macht neugierig. DIE WANDELNDEN TÜRME sieht schön aus, das robuste Material ist gelungen, ohne – wie in vielen anderen Spielen heutzutage – protzig und überproduziert zu wirken.
Spiele, in denen Figuren auf dem Weg zum Ziel überdeckt werden, wiedergefunden und befreit werden müssen, gibt es schon mehrere. Dass sie sich wie hier stapeln können, bringt noch mal zusätzlichen Pfiff ins Geschehen.
Jedoch finde ich, dass DIE WANDELNDEN TÜRME seinem innewohnenden Witz nicht voll vertraut und mögliche reizvolle Situationen nicht auskostet, indem es gleichermaßen auch den Taktiker:innen entgegenzukommen versucht.
Und was wiederum Chancengleichheit der Taktiker:innen angeht, halte ich schon die Startsituation für unglücklich. Wer hinten sitzt, findet im ersten Zug oft kaum noch Figuren vor, um damit zu ziehen. Und hat, weil schon vieles überbaut ist, auch schlechtere Chancen, um Figuren zu überdecken und damit Zaubertränke zu füllen, mit denen wiederum kommende Züge gestärkt werden können.
*** mäßig
DIE WANDELNDEN TÜRME von Wolfgang Kramer und Michael Kiesling für zwei bis sechs Spieler:innen, Abacusspiele.
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