Mittwoch, 17. August 2011
Eine Million Interviews (3): Michael Menzel
Der Interviewte: Michael Menzel (35), Spielegrafiker aus Neukirchen-Vluyn in Nordrhein-Westfalen. Er sorgt dafür, dass Spiele gut aussehen. Beispiele sind: SAFRANITO, FIRENZE, ESELSBRÜCKE.
Der Interviewer: Udo Bartsch (43), Spielekritiker aus Hannover. Er sorgt dafür, dass Spiele schlecht aussehen. Beispiele sind: UFO ATTACK, WHAT´S MISSING, GOLDRAUSCH.
Herr Menzel, im vorigen Teil meiner unwiderstehlichen Erfolgsserie „Eine Million Interviews“ hatte ich es mit einer Verbrecherin zu tun!
Diese Erfahrung hat mich vorsichtig werden lassen. Bevor wir beginnen: Tragen Sie Schusswaffen? Ist Ihr Hund auf Spielekritiker abgerichtet? Hört mich hier jemand, wenn ich schreie?
Hallo Herr Bartsch. Keine Sorge, ich mag Spielekritiker. Der Hund auch.
Hah, Sie können sich das ja auch erlauben. Sie sind jetzt ganz oben, Sie durften CATAN neu illustrieren. Das ist ungefähr so, als dürfte ich die Bibel neu schreiben.
Ehrlich gesagt sehe ich das genauso. Mein Job ist an sich schon super schön. Mit der Neugestaltung der CATAN-Welt betraut worden zu sein, ist aber das Sahnehäubchen obendrauf. Ich bin mir sehr bewusst, was für ein Glück das ist, und versuche ständig, mein Bestes dafür zu geben, dass das vorerst so bleibt. Wenn man sich so umschaut, sieht man ziemlich viele andere gute Illustratoren. Da muss ich schon am Ball bleiben.
Aha, jetzt kommt’s raus: Der große Michael Menzel hat tatsächlich Schiss in der Hose...!
Ich glaube, ich würde das anders formulieren, Herr Bartsch. Es gab halt nur bisher noch nie den Moment, in dem ich gedacht hätte: „So, jetzt bin ich fertig. Da kommt keiner dran.“ Man muss halt ständig weiterlernen.
Schiss in der Hose! Schiss in der Hose!
Verdammter investigativer Journalismus. Sie kriegen auch wirklich alles raus! Okay, Sie haben Recht: Schiss in der Hose!
Machen Sie sich nichts draus, für Schiss in der Hose habe ich einfach ein Gespür. In meinem Zivildienst hatte ich nämlich im Pflegebereich zu tun. Hatten Sie auch schon weniger glamouröse Jobs?
Ja, klar. Auf Reisen hatte ich, wenn das Geld in der Urlaubskasse knapp wurde, häufig angefangen, Karikaturen von Passanten zu machen. Auch das war nicht immer ein Traumjob. Besonders dann nicht, wenn die zu Karikierenden eine sehr, sehr große Nase oder so was hatten und man nicht wusste, wie sehr man das herausstellen durfte, ohne selber was auf die Nase zu bekommen.
Im Urlaub arbeiten? Wie schrecklich! Das kann Ihnen jetzt zum Glück nicht mehr passieren.
Ich gehe davon aus, dass sie als vielbeschäftigter Illustrator überhaupt keinen Urlaub mehr haben?
Die Übergänge sind fließend. Da ich zu Hause arbeite, kann ich jederzeit, zum Beispiel am Wochenende oder abends um elf, noch hier und da ein bisschen weitermalen. Weil ich immer noch gerne mit Papier und Bleistift skizziere, kann ich tatsächlich auch vieles im Urlaub erledigen – wenn meine Frau gerade nicht hinsieht. Fast alle Zeichnungen zu ESELSBRÜCKE sind entstanden, während ich im Auto gewartet habe, um meinen Sohn von der Schule abzuholen.
Haben Sie ein Glück, dass dieses Blog niemand liest! Der Verlag wäre sicher empört, wenn er wüsste, dass sein Auftrag nur ein Pausenfüller für Sie war. Und den „Graf Ludo“ können Sie sich dann erst recht abschminken. Ich sehe das doch richtig: Diesen Preis haben Sie noch nie gewonnen, hm?!
Dass die Bilder im Auto entstehen, ist kein Problem, solange die Qualität stimmt. Und ja, den „Graf Ludo“, den wichtigsten Preis für Spielegrafiker, habe ich noch nie gewonnen. Danke, dass Sie mich daran erinnert haben. Hätte ich fast vergessen, dass ich schon drei Mal unter den letzten drei war, und dann doch nix gewonnen habe. – Hm, finden Sie nicht auch, dass mein Hündchen jetzt schon viel hungriger aussieht als zu Beginn unseres Interviews?
Oh nein...! Lieber Hund! Lieber Hund! Ganz braaav. Sitz! Sitz! Mach Platz! – Herr Menzel, tun Sie was!
Aber Herr Bartsch, ich habe doch gesagt, dass mein Hund Spielekritiker mag. Vor allem die Schenkel.
Haha, Herr Menzel. Das ist nicht meine Art von Humor. Humor ist, wenn ich lache. Möchten Sie zum Abschluss noch etwas sagen?
Ja. Vielen Dank für das nette Gespräch, Herr Bartsch, und schöne Grüße an Ede!
Ede?! Das ist ein Schwachmat! Sich so leicht drankriegen zu lassen. Und wieso nettes Gespräch? Wer zahlt mir jetzt meine Hose? Die war teuer, Herr Menzel! 7,99 bei Rudis Reste Rampe. Und, ach so: Ich beende hier die Interviews, es ist mein Part, mich zu bedanken... Heh, Herr Menzel, Sie hören ja gar nicht mehr zu...? Herr Menzel, warten Sie doch...!
Label:
Eine Million Interviews
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2 Kommentare:
Sehr geehrter Herr Bartsch,
Ihre Interviews sind einfach ein wahrer Genuss, eine Kunstform für sich. Das Leben kann so schön sein :-)
Mit tiefer Verbeugung
Fabian P.
Sehr geehrter Herr Fabian P.,
meineserachtens finde ich Ihre Lobhudelei und Lobeshymnensingerei dieser einfachen Interviews bei weitem zu überdreht und unangebracht: Journalismus ist und bleibt schmuddelige Wühlarbeit... da muss ein einfaches "Gelungen" ausreichen!
Hochachtungsvoll,
Tom - ein eifriger Leser dieser absolut genialen Interviews, der das nächste kaum erwarten kann....
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