Samstag, 30. Juni 2012

Gern gespielt im Juni 2012

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

MAGE KNIGHT - DAS BRETTSPIEL: „Uff! Ächz! Was für ein Brecher!“ (Das ist nicht etwa mein Held beim Kampf gegen einen gefährlichen Drachen. Sondern ich beim Erlernen der vielen Regeln.)



WÜRFEL BOHNANZA: Gewürfelte Bohnen sind mir sogar lieber als Bohnen à la carte.



FRIGITI: Nicht mal Wikipedia weiß, was „Freikohl“ ist. Ich weiß es jetzt. Und was ein „Govkial“ ist, wusste ich sogar schon immer. Sonst hätte ich ja kaum so viele Punkte damit abräumen können.

ESELSBRÜCKE: Leute, was ich neulich über „Dreikäsehoch Dieter“ erfahren musste...! Ihr würdet es nicht glauben!




KINGDOM BUILDER: So langsam spricht sich die Klasse dieses Spiels herum.




VEGAS: Ich hätte nicht geahnt, dass mich mit weißen Würfeln jemals eine derart intensive Hassliebe verbinden würde.



Freitag, 29. Juni 2012

Herzlichen Glückwunsch, Wolfgang Kramer!

Ursula und Wolfgang Kramer

Es gibt Spieleautoren, mit denen ich mich duze. Und es gibt Spieleautoren, mit denen ich mich sieze. Wolfgang Kramer sieze ich und käme auf gar keine andere Idee. Mein Respekt ist einfach zu groß.

Spiele von Wolfgang Kramer begleiten mich nicht nur mein gesamtes Spieler-Leben lang. Es gab sie sogar schon lange davor, als ich noch ein Kind war. Das erste, das ich kennen lernte, war NIKI LAUDA’S FORMEL 1. Wir waren auf einer Feier bei so dermaßen entfernten Verwandten, dass sie schwächlicherweise nicht einmal Bartsch hießen. Und während die Erwachsenen ihren uninteressanten Partyaktivitäten nachgingen, stieg die wahre Fete auf einem Rennparcours im Kinderzimmer.

Als gedankenloser Noch-Nicht-Spieler hatte ich NIKI LAUDA’S FORMEL 1 trotzdem bald wieder vergessen – bis es 1996 als TOP RACE neu erschien. Jetzt fiel mir alles wieder ein. Die Erinnerung an den kartengesteuerten Zugmechanismus hatte sich 15 Jahre lang gehalten. Und genau dieser Zugmechanismus, der Taktik und Fiesheiten erlaubt und einfach nie langweilig wird, ist es, was ich an TOP RACE so sehr mag. TOP RACE ist bis heute mein Favorit von Wolfgang Kramer geblieben – noch vor den ebenfalls tollen 6 NIMMT!, EL GRANDE, TIKAL, HASTE WORTE, MITTERNACHTSPARTY und all den anderen.

Vermutlich verdankt jeder Spielinteressierte Wolfgang Kramer mindestens ein besonderes Lieblingsspiel. Die Verbreitungszahlen sagen eigentlich alles: 25 von Wolfgang Kramers Spielen wurden mehr als 100.000 Mal verkauft!

Wolfgang Kramer hat die Spielelandschaft in Deutschland mitgeprägt. Er war der Erste, der hierzulande den Schritt wagte, hauptberuflich Spieleautor zu werden. Sein professionelles Selbstverständnis hat Maßstäbe gesetzt, seine Akribie beim Testen, seine enge Zusammenarbeit mit den Verlagen. Er gehörte zu den Mitbegründern der Spiele-Autoren-Zunft SAZ und war ihr Vorsitzender. Er hielt Vorträge und leitete ehrenamtlich das Spielen in Kindergärten, Schulen und Altersheimen an. Alles für das Kulturgut Spiel.

In einem Interview, das ich 2011 mit ihm führte, bezeichnete Wolfgang Kramer sich als „von Spielen besessen“. Noch immer sei er auf der Suche nach neuen Ideen und nach dem ultimativen Spiel, das alles in den Schatten stellt. Und so verrückt das ist: Es ist toll. Freuen wir uns also auf das, was noch kommen mag.

Heute wird Wolfgang Kramer 70 Jahre alt. Vielen Dank, lieber Herr Kramer, für das Bisherige und alles Gute für die Zukunft!

Mittwoch, 27. Juni 2012

23

Julius Caesar wurde mit 23 Dolchstichen ermordet, Olof Palme um 23 Uhr 23 erschossen. Wer das für Zufall hält, unterschätzt die Macht der Illuminaten. Die haben übrigens auch unser Land fest im Griff. Was Eingeweihte bereits daran erkennen, dass die Bundesrepublik am 23. (!) Mai (!) 1949 (!) gegründet wurde. Der Mai ist der fünfte Monat. Fünf ist die Quersumme von... 23! Und die Quersumme von 1949 ist... 23! Ich will nicht sämtliche Details ausbreiten, aber selbstverständlich hat auch das Datum der deutschen Wiedervereinigung (3.10.1990) die Quersumme 23.
Je länger man über diese großen, auffälligen Zusammenhänge nachdenkt, desto mulmiger wird es einem. Zur Entspannung kommt da ein kleines, unverdächtiges Kartenspiel gerade recht. Wie war noch gleich dessen Name?

Wie geht 23? Wir wollen unsere Karten loswerden und dabei möglichst keine Minuspunkt-Chips sammeln. Die Karten sind von eins bis 23 durchnummeriert, ab der Drei gibt es jede Karte drei Mal.
Jeder bekommt 15 Karten und drückt drei weg, anschließend wird reihum auf den Stapel gespielt: mit möglichst geringem Abstand zur Vorgängerkarte und niemals absteigend. Auf die Neun passen beispielsweise weitere Neunen oder auch Zehnen. Wer eine Elf oder etwas Höheres legt, bekommt Strafchips. Pro übersprungene Zahl einen.
Notfalls darf man auch passen (was einen Strafchip bringt) oder passen und den nächsten Spieler zum Nichtpassen zwingen (zwei Strafchips) oder aussteigen (ein Strafchip pro verbliebener Handkarte).
Als Rettungsanker besitzt jeder drei Bonusmarken. Die dürfen eingesetzt werden, um den Stapelwert um bis zu fünf nach oben oder unten zu korrigieren. Wird jemand alle Karten los, darf er drei Strafchips zurückgeben. Zwei Durchgänge werden insgesamt absolviert.

Was passiert? Anfangs spielt man brav vor sich hin. Bei manchen passt’s besser, bei anderen nicht so gut. Man macht ein paar Minuspunkte, und so ganz viel passiert nicht.
Irgendwann entdeckt man die Bonuschips und freut sich über die Befreiung aus so mancher Klemme. Ebenso schnell mutiert man aber auch zum Geizkragen und denkt: Soll doch mein Nachbar einen seiner Bonuschips opfern. Ich sitze das aus und passe solange.
Und schließlich wird man gehässig: Nur Warmduscher setzen Bonuschips ein, um den Stapelwert zu reduzieren! Warum nicht mal fünf nach oben? Sofern ich das Gefühl habe, dass die anderen auf mehr niedrigen Karten hocken als ich, bringt solch eine Aktion ordentlich Schwung in die Bude und Röte ins Gesicht der Mitspieler.
Kurzum: 23 wird mit zunehmender Erfahrung destruktiver gespielt.

Was taugt es? 23 beinhaltet Taktik, Bluff und Ärgerpotenzial und hat als kleines 15-Minuten-Spiel seine volle Berechtigung. Es hat auf Dauer allerdings nicht diesen „Noch mal!“-Effekt. Woran das genau liegt, ist schwer zu analysieren. Aber dafür ist REZENSIONEN FÜR MILLIONEN ja da. Also sagen wir mal so: Erstens ist es natürlich Geschmackssache, und zweitens hat 23 weder diese große eine Idee wie etwa 6 NIMMT! noch ist es so klar und stringent wie das ähnlich angelegte PINGU-PARTY.

23 von Christoph Behre für zwei bis vier Spieler, Amigo.

Dienstag, 26. Juni 2012

Ich bin nicht Peter Spiel!

Liebe Leute,
immer häufiger werde ich auf die Kolumne von Peter Spiel angesprochen. Anscheinend glaubt fast jeder, die Texte seien von mir. Ich nehme das als Kompliment. Aber: Nein, nein, nochmals nein! Ich bin NICHT Peter Spiel!
Dass unter den Texten „Autor: Udo Bartsch“ steht, ist kein Beweis für gar nichts, auch nicht für die Existenz des Weihnachtsmanns, sondern liegt einzig und allein daran, dass ich die Texte von Peter Spiel über meinen Account in mein Blog stelle. Peter Spiel kann es nicht. Er hat hier nämlich keinen Zugriff.
Auf den Punkt gebracht heißt das: Es ist vollkommen sinnlos, mich – wie heute geschehen – nach Tipps für die Rasenpflege zu fragen!!! Rasenpflege ist das Spezialgebiet von Peter Spiel! Oder von Dora! Oder von Opa Gisbert mit seine Aufsitzmäher! Aber nicht von mir.

Sonntag, 24. Juni 2012

Peter Spiel erklärt (5): Komplexität

Habe ich neulich gerade meine neueste Errungenschaft bekommen und packe sie in der Küche aus. Sagt Dora: Was ist das denne für ein Spiel? Sag ich: MAGE KNIGHT, das ist ein Fantasy-Epos, wo du viel erleben kannst. Soll recht komplex sein. Sagt Dora: Komplett? Na, das will ich doch wohl hoffen bei dem eine neue Spiel! Sag ich: Komplex, nicht komplett! Das ist so ähnlich wie kompliziert, nur anders. Das ist, wennste viel überlegen kannst, viele verschiedene Aspekte bei deinen Überlegungen berücksichtigen musst, wennste mit deinen Entscheidungen viel beeinflussen kannst und die Entscheidungsmöglichkeiten vielfältig sind, also mal alles zusammengenommen im Schnitt die Anforderungen an dich recht hoch sind.

Sagt Dora: Wie bei die Rasenpflege? In gewisser Weise ja, sag ich. Wie ein anspruchsvoller Rasen auf anspruchsvollem Boden besonderer Pflege bedarf, wie du ihn richtig düngen und zur rechten Zeit die richtigen Schnitttechniken anwenden musst, so ist das auch bei einem komplexen Spiel. Wie? sagt Dora. Das düngste auch und dem kommste zur rechten Zeit mit deine Schnitttechnik bei? Ist doch im übertragenen Sinne gemeint, sag ich. Und was ist mit dem Wettereinfluss? sagt Dora. Den gibt’s selbstverständlich auch beim Spiel, sag ich. Das ist, wonach dir ist. Mal willste ein komplexes Spiel spielen, mal ein kompliziertes.

Wo ist denn da nun wieder der Unterschied? sagt Dora. Ganz einfach, sag ich. Ein komplexes Spiel hat vergleichsweise einfache Regeln und man kann innerhalb dieses Regelgerüstes viel entscheiden. Ein kompliziertes Spiel hat schwer verständliche Regeln mit vielen Einzel- und Sonderfällen und es gibt dann vergleichsweise wenig zu entscheiden. Gibt’s das? sagt Dora. Ja, sag ich, aber nicht so häufig. Gibt’s nicht auch einfache Spiele, die weder komplex noch kompliziert sind? sagt Dora. Dora! sag ich. Natürlich, aber darüber wollen wir doch nicht sprechen! Einfach ist des Komplexen Tod, oder so ähnlich. Nee, nee, man muss schon viel Hirnschmalz produzieren beim Spiel! Ach, sagt Dora, und deswegen steckt das bei dir immer in die Ohren! Weiß nicht, sag ich. Jedenfalls macht ein Spiel nur richtig Spaß, wenn es so richtig schön anstrengend ist und man dabei so richtig viel leiden kann.

Sagt Dora: Aber es spielt doch nicht jeder nur komplexe Spiele? Haste Recht, sag ich, aber komplexe Spiele sind schon das Non-Plus-Extra! Wie ist es mit Opa Gisbert, der spielt doch schon gern, aber nicht solche Spiele, sagt Dora. Ja, sag ich, da gibt es die Faustregel: Komplexe Spiele sind die, bei denen Opa Gisbert Komplexe bekommt! Ach, daher kommt das! sagt Dora. Ja, sag ich. Macht aber nix, wenigstens haben wir die Kinder frühzeitig ans komplexe Spiel herangeführt. Sagt Dora: Das hat sich aber am Anfang nicht so gut mit den Stillzeiten vertragen. Wegen der Spieldauer. Egal, sag ich, das verwächst sich mit der Zeit. Sagt Dora: Schön und gut, aber dabei vergisst du, dass Klein-Kevin dir mit 6 Jahren die komplette Brettspielsammlung vor die Füße geworfen hat und seitdem jedes Mitspielen verweigert! Okay, sag ich, das ist richtig, aber geschadet hat es ihm wohl doch nicht, dem Racker.

PETER SPIEL ERKLÄRT ist die Kolumne des Gastautors Peter Spiel auf REZENSIONEN FÜR MILLIONEN.

Zu Teil 4: Peter Spiel erklärt Spielcharakter
Zu Teil 6: Peter Spiel erklärt Spielemesse

Mittwoch, 20. Juni 2012

Die GulliPiratten

Superdicke Pappe ist kein Allheilmittel. Wäre es so, kämen bei DIE GULLIPIRATTEN alle Spieler sofort mit den Übersichten klar. Kommen sie aber nicht – weil die sechs unterschiedlichen Tiersorten darauf ganz anders abgebildet sind, als die Figuren tatsächlich aussehen. Und so geschieht es, dass einige meiner Mitspieler DIE GULLIPIRATTEN schon nach der ersten Partie ein für alle Mal ablehnen.
Auch nicht gerade förderlich ist folgender Widerspruch: Von außen sieht DIE GULLIPIRATTEN böse, aggressiv und höchst thematisch aus. Innen steckt ein sehr strukturiertes, schlankes Taktikspiel. Gewiss: Man könnte nachsichtiger sein, sich einarbeiten und dem Spiel eine zweite Chance geben. Aber das riesige Angebot heutzutage macht uns dekadent.

Wie geht DIE GULLIPIRATTEN? Wir sind auf Beutezug in der Kanalisation. Durch das Ausspielen von Symbolkarten gelangen wir auf drei verschiedene Schiffe und rücken dort in der Hierarchie nach oben. Nachdem einer irgendwo den Kapitänsplatz ergattert hat, werden die vor dem Bug liegenden Plättchen verteilt. Der Kapitän wählt zuerst und bekommt obendrein ein Spezialplättchen. Die weitere Wahl geschieht nach Rangfolge. Wer Beute kriegt, muss von Bord. Anschließend startet das Schiff zu einem neuen Raubzug.
Nebenbei bemerkt: Die Setzregeln sind eigentlich einfach. Trotzdem erstaunt, wie viele Fehler dabei gemacht werden. Spieler wollen zu viele oder zu wenige Karten bezahlen oder verstehen nicht, wann sie Kapitän werden dürfen. Es hätte nichts geschadet, auch die Grundregeln auf den Übersichten zu visualisieren.

Was passiert? Die Wertung legt eine Spezialisierung auf bestimmte Beutestücke nahe. Außerdem benötigt man einige der Spezialplättchen. Beispielsweise bringen Pommes umso mehr, wenn man auch Ketchup dazu hat; Puppen punkten nur mit einem Papagei.
Der fortgeschrittene Gullipiratt analysiert also die Beute-Auslage und schaut, wo er unbedingt Kapitän werden will, auf welchem Schiff ihm ein Mittelfeld-Platz genügt und wo er sich komplett heraushält. Entsprechend wird er versuchen, Symbolkarten zu sammeln.
Ob und wie gut die Umsetzung gelingt, ist neben Kartenglück und Mitspielerverhalten eine Frage der Taktik. Die Spieler besitzen Figuren mit individuellen Eigenschaften. Jedes Tier hat seine Stärken und sollte passend eingesetzt werden: Die Ratte greift besonders viel Beute ab, der Waschbär steht anderen störend im Weg herum, die Schnecke kriecht mit Glück ein Feld weiter, als sie bezahlt hat.

Was taugt es? DIE GULLIPIRATTEN besitzt gemessen an Spieldauer (unter einer Stunde) und Lernaufwand eine schöne Spieltiefe. Wertungsregeln und Figuren-Eigenschaften verleihen dem Spiel eine eigenständige Note.
Wer genau die Zielgruppe sein soll, bleibt unklar. Vielleicht ja ich, denn mir macht’s Spaß. Aber werden noch viele andere das Gelungene hinter der seltsamen Fassade entdecken?

DIE GULLIPIRATTEN von Andreas Pelikan für zwei bis fünf Spieler, Heidelberger Spieleverlag.

Dienstag, 12. Juni 2012

Flash Point: Fire Rescue

Bei der Wahl zum Alien des Monats hätte die Person auf dem Cover echte Siegchancen. Aber nein: Es ist ein Feuerwehrmann. Einer von den ganz Harten. Wow, heftig! So hart wollen wir auch mal sein! Und unser Freund, das Brettspiel, liest uns diesen Wunsch natürlich sofort aus dem Herzen ab.

Wie geht FLASH POINT: FIRE RESCUE? Alarm, Alarm, ein Haus steht in Brand, und es sind noch Menschen und Tiere darin. Als Team versuchen wir, sieben der Opfer zu retten. Werden vier von den Flammen erwischt oder stürzt das Haus ein, weil alle Schadenszähler verbraucht sind, haben wir verloren.
Die Abläufe erinnern stark an PANDEMIE. Der Spieler am Zug verbraucht vier Aktionspunkte, im Regelfall für Löschen oder Laufen. Ein Opfer mitzuschleifen, verlangsamt die Bewegung. Flammen und Wände versperren den Weg. Wände lassen sich einschlagen, was allerdings Schadenszähler kostet und der Stabilität des Hauses nicht gerade zugute kommt. Im Gegensatz zu PANDEMIE dürfen Aktionspunkte auch aufgespart werden.
Nach dem Spielzug kommt die böse Tat. Man muss würfeln, um das Feuer auszubreiten. Wird ein Feld getroffen, wo es ohnehin schon brennt, ergibt das eine Explosion, was die Flammen noch weiter um sich greifen lässt und meistens auch einige Wände beschädigt.
Im Fortgeschrittenen-Spiel besitzen die Spieler obendrein Charaktere mit besonderen Eigenschaften, und es genügt nicht mehr, die Opfer nur auf die Straße zu schleppen. Sie müssen in den Krankenwagen, was Management der Fahrzeuge erfordert. Zwei Spielplanseiten ermöglichen das Spielen auf unterschiedlich schwierigen Gebäudegrundrissen.

Was passiert? Die Spieler arbeiten brav zusammen, koordinieren ihre Fähigkeiten, überlegen gemeinsam. Für Zufall und Überraschungen sorgen die Würfel. Das Feuer hat manchmal fiese Winkelzüge parat, und die Opfer liegen auch nicht immer da, wo man sie gern hätte. Immer drei sind gleichzeitig im Spiel. Ist eins gerettet, wird ein neues ins Haus gewürfelt. Manche der Opfer-Marken erweisen sich sogar als Fehlalarm, was man allerdings erst herausfindet, nachdem man hingelaufen ist.

Was taugt es? FLASH POINT: FIRE RESCUE fühlt sich oberflächlicher an als PANDEMIE, und aufgrund der starken Ähnlichkeit muss es sich diesen Vergleich gefallen lassen. Gegen den etwas vorsortierten PANDEMIE-Kartenstapel anzuspielen hat mehr Substanz als der Kampf gegen einen Würfel. Auch sind die Zugmöglichkeiten in PANDEMIE komplexer und liegen weniger auf der Hand. Für die Gruppe ergibt sich so mehr Diskussionspotenzial.
Wirklich toll aber ist das Szenario. Sowohl die Ausbreitung des Feuers als auch die Aktionsmöglichkeiten und Figurenfähigkeiten wirken realistisch. Näher am Thema könnte eine Brettspielumsetzung kaum sein. Mit Menschen, die noch nicht so kooperationserfahren sind und auf das Thema anspringen, ist FLASH POINT: FIRE RESCUE ein guter Griff.

FLASH POINT: FIRE RESCUE von Kevin Lanzing für zwei bis sechs Spieler, Indie Boards & Cards / Heidelberger Spieleverlag.

Freitag, 8. Juni 2012

Peter Spiel erklärt (4): Spielcharakter

Sag ich neulich zu Heinz: Jedes Spiel hat ihm seinen eigenen Spielcharakter. Sagt Heinz: Was meinste da denn wohl mit? Ich kenn eine Spielcharakter nur ausse Rollenspiel – oder kürzlich von DUNGEON FIGHTER. Nee, nee, sag ich, das sind Charaktere im Spiel. Ein Spielcharakter ist etwas anderes. Ich erklär dir das: Jede Mensch hat eine Charakter. Der eine ist fies, der andere gemein. Einer ist fröhlich, ein anderer lustig. Der eine ist eher harmonisch veranlagt, der andere friedliebend. Einer hat eine destruktive Charakter, ein anderer eine zerstörerische. Und so weiter. So ist das bei alle.

Sagt Heinz: Und was hat das jetzt mit de Spiel zu tun? Ganz einfach, sag ich, bei de Spiele ist das genauso: DUNGEON FIGHTER ist beispielsweise zum Beispiel ein lustiges Spiel, so wie manch ein Mensch ein lustiger Mensch ist. Sagt Heinz: Ich finde das eher albern. Gut, sag ich, wenn du das so siehst, dann ist es ein eher albernes Spiel, so wie manch ein Mensch ein eher alberner Mensch ist. Ach so, sagt Heinz, jetzt beginne ich zu verstehen. Also TRAJAN ist ein grüblerisches Spiel, so wie manch ein Mensch grüblerisch ist. Und FAUNA ist ein lehrreiches Spiel, so wie manch ein Mensch reich an Leere ist. So ist das, sag ich. So gibt es hektische und freche, fröhliche und kommunikative Spiele und noch mehr. Wie manch ein Mensch. Sagt Heinz: Und es gibt langweilige, einschläfernde, reizlose und nervtötende Spiele. Wie manch ein Mensch, sag ich.

DURCH DIE WÜSTE ist ein ziemlich trockenes Spiel, sagt Heinz. Das hängt aber auch mit dem Thema zusammen, sag ich. Sagt Heinz: Und KINGDOM BUILDER ist ein aufbauendes Spiel. Das hängt auch mit dem Titel zusammen, sag ich. Sagt Heinz: WILLKOMMEN IM MEMOLAND ist ein herausforderndes Spiel. Das hängt mit allem zusammen, sag ich. Sagt Heinz: Und EBBE UND FLUT ist ein seichtes Spiel. Aber nur, was die Ebbe betrifft, sag ich. Warum spricht man eigentlich von einem bierernsten Spiel? sagt Heinz. Wenn ich Bier trinke, werde ich doch eher fröhlich. Richtig, sag ich, das kommt auch nicht daher, sondern von Dieter Bier. Ist das der, der immer so ernst guckt? Eben! sag ich. Warum heißt der dann nicht Ernst Bier? sagt Heinz. Das war sein Vater, sag ich. Ach so, sagt Heinz.

Sag ich: Und wie jedes Spiel seinen eigenen menschlichen Charakter hat, hat auch jeder Mensch etwas von einem Spiel. Ja, sagt Heinz, das kenne ich: Herr Pawellek ist SIEDLER! Richtig, sag ich und denke: Gut, dass das Heinz gesagt hat. Ich darf das ja nicht. Andererseits, der größte Siedler bei uns inne Siedlung ist eigentlich Heinz. Denke ich – und sage lieber: Und du bist AGRICOLA mit deine Gemüse! Ja, sagt Heinz, und deine Kinder sind AFFENBANDE. Sag ich: Und die vonne Politik sind DRECKSAU. Sagt Heinz: Und Viktor ist DUNGEON FIGHTER! So wie der am Wochenende immer in seine Kampfanzug loszieht. Sag ich: Dora ist für mich DER GROSSE WURF. Und Tante Hilde ist DIE ERBTANTE. Sagt Heinz: Christoph Columbus ist ENTDECKER, Karl der Große ist CAROLUS MAGNUS und Richard Löwenherz ist LÖWENHERZ. Selbstredend, sage ich. Und Pastor Wöllenbeck ist ORA ET LABORA. Sagt Heinz: Und Herr Mbumba ausse Obstladen ist AFRICANA. Afrikaner heißt es, sag ich. Aber das ist diskriminierend. Das geht nicht, Heinz! Das hat er dann auch verstanden mit seine Gemüsekopp.

PETER SPIEL ERKLÄRT ist die Kolumne des Gastautors Peter Spiel auf REZENSIONEN FÜR MILLIONEN.

Zu Teil 3: Peter Spiel erklärt Wiederspielreiz
Zu Teil 5: Peter Spiel erklärt Komplexität

Montag, 4. Juni 2012

Der Hobbit

Die Welt finde ich toll, die Bücher ziemlich langweilig: Ich bin ein Herr der Ringe-Fan, ohne ein Tolkien-Fan zu sein. Auch wenn man das ja eigentlich kaum trennen kann. Denn ohne Tolkien keine Tolkien-Welt. – Ist diese Einleitung also komplett unlogisch? Hm, ja, könnte sein. Aber indem ich spöttelnde oder naseweise Kommentare einfach nicht freischalte, werde ich wohl trotzdem damit durchkommen. Höhö, raffiniert von mir.

Wie geht DER HOBBIT? Bilbo Beutlin zieht mit einer Ladung Zwerge von Beutelsend zum Einsamen Berg. Unterwegs bestehen sie Abenteuer und erhalten dafür Schätze. Der Reichste gewinnt.
DER HOBBIT kombiniert zwei Spiele. Zwischen den Abenteuern wird Strecke gemacht. Jeder besitzt Zahlenkarten zwischen eins und 60 und wählt geheim eine aus. Der mit der niedrigsten Zahl zieht die gemeinsame Bilbo-Figur als Erster um ein Feld weiter, und das Symbol auf dem erreichten Feld gibt an, welche Eigenschaft der Spieler hinzugewinnt. Anschließend zieht der mit der zweitniedrigsten Zahl und so weiter.
Sind wir nach ein paar Runden bei einem der Abenteuerfelder angekommen, beginnt das zweite Spiel. Vom Kartenstapel werden Würfelaufträge aufgedeckt, einer nach dem anderen. Die Spieler können Edelsteine gewinnen, indem sie bestimmte Symbole erwürfeln. Ihre unterwegs erworbenen Eigenschaften geben dabei Boni oder erlauben das Nachwürfeln. Einen Auftrag zu verpatzen, zieht Strafe nach sich. Weshalb man auch mal freiwillig aufs Würfeln verzichtet.
Während des Marsches werden hin und wieder noch Fähigkeitskarten verlost und ab der zweiten Etappe wird zum Ringträger, wer auf ein bestimmtes Feld trifft. Der Ringträger darf in Abenteuern einen Würfel auf eine beliebige Seite drehen, was einen riesigen Vorteil bedeutet.

Was passiert? DER HOBBIT kann sehr unterschiedlich verlaufen: gut oder schlecht. Gut läuft es, wenn alle einigermaßen vorankommen, der Schwächling auch mal Ringträger wird und am Ende noch aufholt. Schlecht läuft es, wenn immer derselbe die Fähigkeitskarten abgreift, zu allem Überfluss auch noch den Ring bekommt und alle Abenteuer locker erledigt, während die Konkurrenz, die halb aus Verzweiflung auch mal mitmischen will, für ihr Scheitern abgestraft wird.

Was taugt es? Ich halte große Stücke auf Knizias Fähigkeit, Spiele zu balancieren. Deshalb bin ich überrascht von den Seltsamkeiten in DER HOBBIT. Nicht nur die Stärke des Ringes bei weniger als vier Spielern irritiert, sondern auch die Verteilung der Feldsymbole. Nach dem dritten Abenteuer gibt es den Ring gleich auf dem ersten Feld. Wer eine Eins hat, kann sie einfach bis dahin aufsparen. Er wird nun Ringträger bis zum Ende des Spiels. Übel dran ist (im Vier-Personen-Spiel), wer nach dem zweiten Abenteuer keine niedrigen Karten besitzt. Denn das vierte und das achte Feld sind negativ. Und wer wird jetzt wohl drauflatschen?
Trotzdem: Auch wenn viel Glück im Spiel ist, auch wenn es sich nicht neu anfühlt – in seiner Gesamtheit ist DER HOBBIT stimmig und enthält viele Spannungsmomente. Fähigkeiten zu verbessern und sich anschließend Abenteuern zu stellen, macht schon seit Rollenspiel-Zeiten Spaß. Aufgrund ihrer unterschiedlich ausgeprägten Eigenschaften entwickeln die Spieler auf simpelster Basis eine Art Charakter. Bestimmte Aufgabentypen kommen ihnen entgegen, andere sind unmöglich.
Als leichte Kost mit thematisch schönem Rahmen gefällt mir das Spiel, obwohl mir einige Spielverläufe überhaupt nicht gefallen. Und auch das ist vermutlich wieder unlogisch.

DER HOBBIT von Reiner Knizia für zwei bis fünf Spieler, Kosmos.