Freitag, 8. Dezember 2017

Oh Captain!

Ich mag Visionen. Deshalb gefällt mir die Idee, eine ganze Spielefamilie rund um die „sagenumwobene Welt von Luma“ aufzubauen: die „Legends of Luma“.
Was ich allerdings weniger mag, sind uneingelöste Versprechen. Zwar verfügt man in Luma über die Gabe, Spiele wunderschön zu gestalten. Ansonsten ist das bislang einzig Coole der Schriftzug: Auch verkehrt herum liest sich „Luma“ „Luma“. Das ist tricky, und Menschen, die Kopfstand machen, werden endlich nicht mehr ausgegrenzt.

Wie geht OH CAPTAIN? Wir wollen das meiste Geld: a) in bar, b) auf Karten abgebildet, c) als Schlussbonus, weil wir von einer Kartensorte (Pistole, Echse, Enterhaken) die meisten besitzen. Für den Besitz von Nukha-Eiern müssen wir blechen, also wollen wir solche Karten logischerweise nicht.

Wer an der Reihe ist, zieht die oberste Karte vom Stapel, sagt, worum es sich (angeblich) handelt und bietet sie verdeckt dem Kapitän an. Der Kapitän kann die Karte im guten Glauben kaufen. Dann wird aufgedeckt. Ist es der behauptete Gegenstand, darf der Kapitän sofort dessen Angriffs-Effekt nutzen. Mit beispielsweise dem Enterhaken darf er einem anderen Spieler eine Karte wegnehmen.
Kauft der Kapitän nicht, nutzt der Anbieter den Angriffs-Effekt und bestimmt sein Opfer. Das Opfer kann den Angriff über sich ergehen lassen. Oder es zweifelt die Karte an. Auch in dem Fall wird aufgedeckt. Ist es tatsächlich der Gegenstand, wird der Angriff ausgeführt und das Opfer muss noch eine Münze extra zahlen. War es gelogen, zahlt der Spieler am Zug, und der Angriff entfällt.
Drei Dinge noch: Wer dummerweise ein Ei gezogen hat, muss lügen und etwas anderes behaupten. Das Kapitänsamt wechselt nach bestimmten Regeln. Das Spiel endet nach etwa 25 Ansagen.


Was passiert? Die Spieler sind verwirrt. Und das ist schlecht. Damit ein Bluffspiel gut funktioniert, muss allen klar sein, warum man blufft und was die Konsequenzen sind. Hier jedoch sind die Abläufe so unintuitiv, dass man sich immer wieder am Ablaufplan entlanghangeln muss: Häh, was war jetzt noch mal, wenn der Kapitän gekauft hat und belogen wurde? Wann muss ich meine Karte aufdecken? Was passiert bei der Echse? Und so weiter.
Ich will nicht behaupten, OH CAPTAIN sei generell unverständlich. Aber der Zeitpunkt des Verstehens kommt für ein Spiel dieser Art sehr spät. Und selbst wenn man es endlich verstanden hat, entsteht kein Flow, der einen zu weiteren Partien hinreißt. Man vollzieht die Abläufe jetzt korrekt, trotzdem fühlt es sich nicht richtig an, nicht rund, nicht organisch. Sondern wie eine ziemlich gewollte Konstruktion, die sich übrigens auch kein bisschen aus der immerhin sechs Seiten langen Spielgeschichte herleitet.
Obendrein fehlt OH CAPTAIN ein merklicher Spannungsbogen. Einerseits weil Spieler schnell abgeschlagen sein können, andererseits weil es kaum Anhaltspunkte gibt, ob jemand lügt oder nicht. Und das wiederum hängt mit den verqueren Abläufen zusammen. Die Motivlage ist in OH CAPTAIN zu verworren, um abzuleiten, in welcher Lage sich jemand gerade befindet und was daraus folgen könnte. Ich kann den Bluff meines Mitspielers nicht einschätzen, es fühlt sich wie Raten an.

Was taugt es? Ich könnte nun schreiben, dass man solche Spiele eben mögen muss. Doch entspräche das nicht meiner Wahrnehmung. Ich mag Bluffspiele. Meine Mitspieler mögen Bluffspiele. Die passende Runde konnte ich dennoch nicht finden. Ich denke, man muss OH CAPTAIN nicht mögen.


** misslungen

OH CAPTAIN! von Florian Sirieix für drei bis sechs Spieler, Ludonaute.

1 Kommentare:

Blendi hat gesagt…

Wunderbar! Danke für die Bestätigung meiner Einschätzung. Ich wollte OH CAPTAIN spielen aber bei der Hälfte der Anleitung ist mir die Lust schon vergangen. Unnötig kompliziert. Jetzt weiss ich, dass ich richtig lag. Aber die Schachtel ist sehr schön :-)

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