Pfeffer? Chili? Wasabi? Was würzt die Einleitung? Na, gar nichts davon. In der Kürze liegt die Würze.
Wie geht SPICY? Wir legen Karten ab. Verdeckt. Es gibt drei Gewürzsorten, und die erste gespielte Karte bestimmt, welche Sorte fortan zu spielen ist. Außerdem müssen die Zahlenwerte von Karte zu Karte aufsteigen, bis eine Zehn angesagt wird. Dann geht es wieder klein von vorne los. Wer nicht kann oder sich nicht traut, darf passen und eine Karte nachziehen. Das ist aber nur ein Notbehelf, denn Handkarten zählen am Schluss Minuspunkte.
Und wo ist die Würze? Wie gesagt: Wir legen verdeckt. Und wir sagen an, was wir legen. Das kann stimmen – muss aber nicht. Wer möchte, darf die gespielte Karte anzweifeln, muss sich dabei aber festlegen, ob die Zahl gelogen sei oder das Gewürz. Spiele ich „Pfeffer 4“ und behaupte, um „Pfeffer 6“ zu überbieten, es sei „Pfeffer 9“, komme ich davon, wenn jemand das Gewürz anzweifelt. Und verliere, wenn jemand die Neun nicht glaubt. Mit einer gespielten „Chili 2“ überstehe ich eine Anklage in gar keinem Fall.
Je nach Ausgang gewinnt entweder Ankläger*in oder Angeklagte*r den gesamten Stich, und jede Karte darin zählt einen Punkt. Wer verloren hat, bekommt zwei Strafkarten und startet eine neue Runde mit einem beliebigen Gewürz. Bin ich meine Handkarten tatsächlich losgeworden, bekomme ich zehn Pluspunkt und starte mit sechs Karten neu. Gelingt mir das zweimal, gewinne ich sofort.
Was passiert? Wir lügen. Wir bluffen. Wir lachen. Wir kriegen Handschwitzen. Wir sind feige. Wir bleiben doch wieder ehrlich und ärgern und über uns selbst. SPICY zaubert mit einfachen Mitteln schöne Momente.
Das Spiel ist sehr eingängig. Jede*r begreift es. Allerdings kommt es häufiger vor, dass Karten aufgedeckt werden ohne vorherige Ansage, was denn nun eigentlich angezweifelt wird.
Die grundsätzliche Spielidee ist nicht neu. Schon meine Oma hatte mir ein ähnliches Spiel unter Verwendung eines Skatblattes beigebracht. Neu aber ist, dass den Lügenden noch ein Schlupfloch bleibt. Mit gutem Handmanagement oder Kartenglück kann man oft so spielen, dass zumindest eine 50:50-Chance besteht. Bloß weil jemand anzweifelt, habe ich also nicht zwangsläufig verloren. Ich kann noch hoffen, und das macht es spannender.
SPICY erfordert aktives Spiel. Wer immer nur brav legt, aber niemals jemanden verdächtigt, wird selten gewinnen, denn die meisten Punkte gehen an Anklagende oder Angeklagte. Wird ein Stich mal sehr groß, hat der Gewinn eines solchen Kartenhaufens vorentscheidenden Charakter. Aber natürlich geht es in SPICY sowieso mehr ums Spielen und Erleben als ums Gewinnen.
Was taugt es? SPICY ist ein erfrischendes Spiel, das den Spieler*innen mit wenigen Regeln viele Gestaltungsfreiheiten bietet, um sich durchzumogeln oder andere auf die falsche Fährte zu führen. Obendrein ist es außergewöhnlich schön gestaltet.
Trotz des neuen Drehs ist es aber immer noch die uralte Idee. Und aus dem Spiel heraus ergeben sich nur wenige Anhaltspunkte, ob gerade gelogen wird oder nicht. Auf Dauer ist es dann doch Raterei und somit etwas eindimensional.
Ich habe überlegt, ob ich das nun „solide“ oder „reizvoll“ finde. SPICY ist nicht das Spiel, das ich wieder und wieder mit meinen Stammrunden spielen wollen würde. Aber es wäre in diesem Jahrgang mein bevorzugtes Lockvogel-Spiel in Gruppen, die ohne langes Erklären und Begreifen schnell losspielen wollen … wenn nicht solche Gruppen seit Mitte März leider brachliegen würden.
***** reizvoll
SPICY von Zoltán Györi für zwei bis sechs Spieler*innen, Heidelbär Games.
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