Dienstag, 30. März 2021

Pandemic Legacy – Season 0

Achtung, diese Rezension enthält Spoiler. Schließlich will ich auch ein bisschen erzählen, was PANDEMIC LEGACY – SEASON 0 ausmacht und warum ich es außerordentlich finde. Wen Details nicht weiter interessieren: Ich finde PANDEMIC LEGACY – SEASON 0 außerordentlich.

Wie geht PANDEMIC LEGACY – SEASON 0? Im Großen und Ganzen wie PANDEMIE. Doch SEASON 0 rollt die Vorgeschichte auf, in der es noch keine Pandemie gibt. Wir befinden uns im Kalten Krieg. Wir sind die Guten, zumindest nach offizieller Lesart, und wir wollen herausfinden, was die Sowjets im Schilde führen und – weil es gewiss nichts Angenehmes ist – ihre Pläne vereiteln. Dass wir dafür jetzt Spionfiguren statt der bekannten Seuchenwürfel bekämpfen, macht spieltechnisch erst mal keinen großen Unterschied.

Wichtigere Unterschiede zu den bisherigen zwei Legacy-Teilen sind: Zusätzlich zu den Spionen kommt nach und nach eine zweite Bedrohung ins Spiel, die sich weit schlechter bekämpfen lässt. Wären die Spione ein Virus, könnte man sagen, dies sei nun ihre Mutation.
Das Reisen ist schwieriger und auch etwas umständlicher als gewohnt (was thematische Gründe hat). Und es kommen keine zusätzlichen Charaktere ins Spiel, sondern wir erschaffen nach und nach neue Tarnidentitäten unserer Start-Charaktere. Während einer Partie kann ich zwischen meinen Identitäten wechseln und damit andere Eigenschaften annehmen. Welche Eigenschaften die Charaktere haben, bestimmen in einem gewissen Rahmen weiterhin wir, indem wir entsprechende Aufkleber in unseren Pass pappen.


Was passiert? PANDEMIC LEGACY – SEASON 0 ist ein sehr intensives Spiel. In unserer Kampagne gingen mit einer Ausnahme alle Partien knapp aus, mehrmals gab es ein Wimpernschlagfinale. Vielleicht hatten wir mit diesen Verläufen etwas Glück, auf jeden Fall war es dadurch sehr spannend.
Das Abwägen und Diskutieren der vielen Möglichkeiten, die man solo vermutlich gar nicht überblicken würde, erfordert intensive Zusammenarbeit und Abstimmung. Das gilt auch für strategische Entscheidungen zwischen den Partien, welche Aufkleber gewählt und wohin sie geklebt werden sollen.
Mehr als die bisherigen Seasons transportiert SEASON 0 Inhalte und eine Geschichte. Das erkennt man schon am Story-Heft, in dem wir situations- und erfolgsabhängig einen von rund 150 Abschnitten lesen müssen. Auch ein Stapel „Einsatzkarten“, von denen wir manche bekommen, andere nicht, treibt die Geschichte voran.
Sehr präsent sind einige Nichtspielercharaktere. Wir sind nämlich Agenten in der Ausbildung (okay, dass eine derart wichtige Mission ausgerechnet Azubis überlassen wird, ist nicht ganz schlüssig) und werden von unseren Vorgesetzten permanent getestet und hinterfragt. Auch konfrontiert uns das Spiel mit moralischen Fragen; wir müssen Partei ergreifen.
Das alles ist nicht spielentscheidend, sondern eher atmosphärisches Beiwerk, schließlich müssen die Autoren sicherstellen, dass PANDEMIC LEGACY – SEASON 0 für alle Gruppen funktioniert, dennoch habe ich in SEASON 0 die Immersion als am stärksten empfunden.


Was taugt es? Unsere spielerischen Aufgaben sind zum Teil etwas repetitiv; herausfordernd sind sie dennoch. Und wenn ich zwölf Partien PANDEMIE in Folge spielte, wäre es zweifellos wesentlich repetitiver.
Zwei neuartige Arten von Aufgaben sind im Spiel. Eine davon, die noch einen Schauplatz neben dem eigentlichen Schauplatz eröffnet und sich über mehrere Spielmonate hinzieht, wirkt in ihrer Konkretheit fast filmisch und erhöht die Spannung enorm. Sie ist für mich der mechanisch stärkste neue Bestandteil in PANDEMIC LEGACY – SEASON 0.
SEASON 0 rundet die PANDEMIC-Serie hervorragend ab. Zwar fand ich SEASON 2 wegen unserer gefühlt riesigen Gestaltungsfreiheit und dem Entdeckungscharakter noch ein bisschen toller, aber auch SEASON 0 ist nahezu makellos und die gesamte PANDEMIC-Serie ist (wie neulich schon geschrieben) ein Aushängeschild unseres Hobbys. SEASON 0 ist redaktionell hervorragend gemacht. Alle Grafiken und Texte unterstützen das Spiel sehr gut; trotz am Ende ziemlich komplexer Regeln tauchen keine nennenswerten Fragen auf. Der größte Patzer sind wohl die Rubbelfelder auf den Charakterbögen, die wir in den ersten Anläufen unkenntlich kaputtgerubbelt haben. Ich habe nicht final ergründet, ob die Beschichtungen fehlerhaft sind oder ob das Problem einfach darin besteht, dass die freigerubbelten Felder genauso grau sind wie die Rubbelschicht. Man rubbelt das Graue weg, findet Grau – und denkt, man hat nicht genug gerubbelt, und rubbelt deshalb stärker.


****** außerordentlich

PANDEMIC LEGACY – SEASON 0 von Matt Leacock und Rob Daviau für zwei bis vier Spieler*innen, Z-Man Games.

1 Kommentare:

lolmargue hat gesagt…

Beste Einleitung seit langem!

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