Montag, 1. November 2021

Bellum Magica

„Werde zum reichsten aller Hexenfürsten, indem du die wertvollsten Schätze sammelst!“ Das ist das Spielziel von BELLUM MAGICA, und sei es Zufall oder nicht: Es ist Wort für Wort auch Leitbild von REZENSIONEN FÜR MILLIONEN. Kann ich also als trainiert gelten, weil ich schon seit Jahr und Tag an dem Ziel arbeite? Oder als untrainiert? Weil ich seit Jahr und Tag scheitere.

Wie geht BELLUM MAGICA? Es ist ein Würfelspiel, bei dem ein Würfelwurf von eins bis sechs die Erträge aller Spieler:innen bestimmt. Jede Zahl bringt mir aber andere Erträge als den anderen. Das liegt daran, dass wir unsere Burgtableaus unterschiedlich ausbauen.

Wofür wir übrigens angeworbene Kreaturen verwenden. Jede Kreatur kann ich einsetzen, um entweder meine Rohstoffeinkünfte oder meine Kampfkraft zu erhöhen. Sie stärkt den gewählten Bereich nicht für alle Würfelzahlen gleichermaßen, sondern beispielsweise nur für die Eins, Zwei und Vier. Die Addition aller meiner Kreaturenfähigkeiten bei einer bestimmten Augenzahl ergibt mein Einkommen, wenn diese Zahl fällt.
Aber so einfach geht das nicht mit dem Würfeln. Vor der Auswertung werden reihum alle gefragt, ob sie den Wurf akzeptieren. Wer es nicht tut, zahlt einen Fass-Marker („spendiert eine Runde Getränke“), würfelt neu, und nun gilt dieses Ergebnis. Außer jemand zahlt ebenfalls ein Fass und würfelt wieder neu. Und so weiter. Bis alle Fässer ausgetrunken sind oder alle das Ergebnis abnicken.
Jetzt ist Zahltag: Mit den eingenommenen Rohstoffen werben wir weitere Kreaturen an. Und die aktivierte Kampfkraft ist dazu da, um entweder neutrale Orte anzugreifen (um Fässer, Rohstoffe, Siegpunkte zu kassieren) oder Mitspieler:innen (um ihnen Siegpunkt-Chips wegzunehmen).


Was passiert? Man würfelt, man kriegt was, man kauft was dafür. Was ist daran das Besondere? Vielleicht der Ich-bezahle-ein-Fass-und-würfle-neu-Mechanismus. Doch der hat in meinen Runden nicht so richtig gezündet.
Erstens bedeutet Neuwürfeln nicht automatisch, dass der neue Wurf besser ist. Und selbst wenn, könnten andere Spieler:innen auch noch eingreifen und ebenfalls neu würfeln. Im Grunde passiert einfach irgendwas, und vielleicht wäre mehr Stimmung aufgekommen, hätten wir tatsächlich Fässer leergetrunken.
Die Alternative zum Aus-dem-Bauch-Spielen ist die gründliche Analyse. Vor meiner Entscheidung bilanziere ich, wer beim aktuellen Würfelergebnis welches Einkommen hätte (die Symbole sind allerdings von Ferne nicht gut zu erkennen) und wer demzufolge ein noch größeres Interesse an einem Neuwurf haben müsste als ich. So spare ich Fässer, deshalb mache ich das bei der nächsten Würfelzahl wieder so. Machen das alle, wird BELLUM MAGICA taktischer, und man kann dem Spiel nicht mehr vorwerfen, dass einfach irgendwas passiert … jedoch passiert sehr wenig.

Auch die Angriffsphase empfinde ich als unspannend. Sowohl die neutralen Orte als auch die Burgen der Mitspieler:innen werden im Spielverlauf immer stärker, nicht zuletzt die Burgen der reichen Spieler:innen, die man eigentlich am liebsten angreifen würde, es aber nicht kann, weil die dank Reichtum hinzugekauften starken Kreaturen Verteidigungsfähigkeiten mitbringen. Fällt der Würfel ungünstig, habe ich keine Entscheidung zu treffen und muss die Taverne überfallen, das schwächste Haus am Platz, eine Art Trostpreis.
Und nicht mal das Anwerben der Kreaturen bringt Würze. Kann ich mir eines der starken Monster leisten, nehme ich natürlich ein starkes. Und welches ist das beste? Weiß nur der Würfel. Ob wohl künftig Eigenschaften auf der Drei gefragt sein werden oder auf der Vier, ist eine Scheinentscheidung.


Was taugt es? Ich bin mir sicher, dass man sich BELLUM MAGICA schönspielen kann. Wenn ordentlich aufgewiegelt wird, Mitspieler:innen bequatscht werden, Burgen zu überfallen, und die Runde alle Würfe mit Ahs und Ohs begleitet. Aber das ist erstens rein hypothetisch. Zweitens wäre es keine Leistung des Spiels, sondern der Runde.
Und noch eine Spekulation: Ich glaube, dass der Mechanismus des Wiederwürfelns deutlich emotionaler sein könnte, wenn allen Beteiligten am Tisch ganz unmittelbar klar wäre, wie gut oder wie schlecht die Zahl für sie ist. Angesichts der vielen verschiedenen Währungen sind die Ergebnisse oft aber diffus. Vielleicht kriege ich nicht so viele Rohstoffe, dafür sieht es beim Angriff ganz okay aus. Na gut. Passt. Ich opfere ich kein Fass.
BELLUM MAGICA ist in meinen Augen fast schon „misslungen“. Zwar kann ich keine Komponente nennen, die irgendeinen schweren Fehler hat. Doch die Spielidee an sich löst einfach zu wenig Wiederholungsreiz aus. BELLUM MAGICA bleibt nicht in Erinnerung. Es ist nur ein weiteres von ganz vielen Spielen, bei denen man würfelt, etwas kriegt und etwas kauft. Mit hohem Materialaufwand bläst BELLUM MAGICA eine kleine Idee zu einem scheinbar großen Spiel auf.
Allerdings haben sich die meisten meiner Mitspieler:innen nicht so gelangweilt wie ich und konnten der unkomplizierten Würfelei einiges abgewinnen. Und so fällt mir dann doch noch ein Pluspunkt ein: Das Milieu und die Welt von BELLUM MAGICA sind stimmig. Was man im Spiel tut, passt zur Geschichte. Der Zufallsanteil passt zur trashigen Grafik.


*** mäßig

BELLUM MAGICA von Frédéric Guérard für zwei bis fünf Spieler:innen, blue orange.

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