Wer schreibt, TIWANAKU basiere auf einem abstrakten Logikrätsel, hat es offenbar nicht kapiert. In Wahrheit geht es bei TIWANAKU um eine Andengöttin, die das Volk auf der Suche nach fruchtbarem Land in unbekanntes Gebiet leitet. Damit erklärt sich übrigens auch das Vorhandensein eines goldenen verzierten Drehrades: Göttinnen haben goldene verzierte Drehräder.
Wie geht TIWANAKU? Das Spiel basiert auf einem abstrakten Logikrätsel. Bei Spielbeginn ist uns der Spielplan weitgehend unbekannt. Wir versuchen kompetitiv (in einer Variante auch kooperativ) herauszufinden, wie er aufgeteilt ist.
Erstens gibt es auf dem Spielplan farbige Gebiete der Größe eins bis fünf. Wir wissen, dass sich gleichfarbige Gebiete nie berühren, auch über Eck nicht. Und weil zu Spielbeginn eine vom Szenario vorgegebene Menge Plättchen bereitgelegt wird, wissen wir auch, wie viele Felder welcher Farbe es insgesamt gibt.
Zweitens trägt jedes Feld jedes Gebietes eine Zahl. In Gebieten mit fünf Feldern gibt es alle Zahlen von eins bis fünf exakt einmal, in vierfeldrigen Gebieten gibt es alle Zahlen von eins bis vier. Und so weiter. Gleiche Zahlen verschiedener Gebiete liegen niemals nebeneinander, auch nicht diagonal.
Ein paar Felder samt Zahlen werden beim Spielaufbau schon platziert. Nun sind wir abwechselnd an der Reihe. Wer am Zug ist, bewegt eine eigene Figur. Man darf nicht über Felder ohne Plättchen hinwegziehen, aber dort stehenbleiben. Dann wird enthüllt, welche Farbe der Untergrund hier hat. Ich bekomme Punkte.
Alternativ darf ich auch versuchen, die Zahl eines Feldes zu nennen, auf dem eine meiner Figuren steht. Stimmt meine Vorhersage, gewinne ich Punkte und darf die Zahl eines weiteren Feldes nennen, auf dem ich stehe. Ansonsten Minuspunkte und Zug vorbei.
Was passiert? Zur Überprüfung nutzen wir sowohl bei den Untergrundfarben als auch bei den Zahlen ein Drehrad, in das wir bei Spielbeginn ungesehen die zum Szenario gehörende Pappscheibe eingebaut haben. Außer dass es Atmosphäre bringt, hat das Rad allerdings einige Nachteile: Der Ein- und Ausbau der Scheiben geht nicht gerade leicht von der Hand. Mein Rad hat schon ziemlich gelitten.
Ab und zu öffnet irgendwer versehentlich das falsche Sichtfenster oder vergisst, das Sichtfenster nach dem Zug wieder zu schließen. Vielleicht sieht man dann etwas, das man gar nicht sehen durfte. Aber nicht immer, denn: In den kleinen Sichtfensterchen ist die Information ohnehin schwer zu erkennen.
Auch die Mechanismen empfinde ich nicht als optimal. Figuren können sich gegenseitig blockieren. Das ist offenbar taktisch gemeint, hat sich in meinen Partien aber eher destruktiv ausgewirkt. Manchmal ist man gezwungen, eine Figur wieder aus dem Raster herauszuziehen, was einfach nur ein verlorener Zug ist. Und manchmal hätte man eine tolle Idee, wo man gerne hinziehen wollte, aber das Feld ist nur für andere Spieler:innen erreichbar. Aber nicht, weil sie das schlau vorhergesehen und geplant hätten. Sondern weil es sich so ergeben hat.
Und schließlich: die umständliche Wertung. Für Gebietsfarben punkte ich dann besonders stark, wenn ich Farben möglichst gleich häufig entdecke. Abgesehen davon, dass das oft auch einfach Glückssache ist, müssen für die Statistik, wer welche Farben bislang wie oft entdeckt hat, viele Marker in einer großen Tabelle verwaltet werden. Und das für ein paar Pünktchen, die oft keinen Ausschlag geben. Den größten Teil der Punkte bringen üblicherweise die Zahlen.
Und auch hier ist vieles Glückssache. Es kann sich herausstellen, dass ich auf einer Vier oder Fünf stehe, was ich beim Hinziehen noch überhaupt nicht ahnen konnte. Und eine Vier oder Fünf richtig zu benennen, bringt nun mal am meisten Punkte, nämlich vier bzw. fünf. Das Spiel versucht da einen Ausgleich herzustellen, indem man auch punktet, wenn man möglichst viele verschiedene Zahlen vorhersagt, doch in meinen Partien hat sich das nicht nennenswert ausgewirkt. Um viele verschiedene Zahlen vorhersagen zu können, brauche ich nun mal unweigerlich trotzdem die Vier und / oder Fünf.
Den Glücksfaktor an sich finde ich gar nicht schlimm, auch nicht, dass man manchmal schlicht zum Raten gezwungen ist oder den Mitspieler:innen Vorlagen gibt. Nur passt der Aufwand von TIWANAKU für mich nicht zur spielerischen Tiefe.
Was taugt es? Das SUDOKU-artige Rätsel an sich mag ich. Es macht mir Spaß, aus den offen liegenden Informationen kombiniert mit den Gesetzmäßigkeiten Schlussfolgerungen abzuleiten und dabei vielleicht ein Detail mitzubedenken, das die anderen noch übersehen.
Der Versuch, hieraus ein großes Brettspiel zu machen, scheint mir allerdings nicht ganz geglückt. Regel, Wertungen und Handling machen alles nur aufwendiger, aber nicht reizvoller. Dabei ist TIWANAKU als abstraktes Logikrätsel eigentlich elegant und klar.
*** mäßig
TIWANAKU von Olivier Grégoire für eine:n bis vier Spieler:innen, Sit Down!
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