Mittwoch, 18. Oktober 2023

Vor 20 Jahren (130): Die Wilden Fußballkerle – Das Kartenspiel

Hier muss ich Abbitte leisten, diesem Fußball-Kartenspiel von Thorsten Löpmann und Andreas Wetter habe ich Unrecht getan. Denn ich hielt es seinerzeit für nur mittelmäßig. In den meisten Spielsituationen war ja relativ klar, welche der Karten man spielen musste, man konnte gar nichts entscheiden. Und ob ein Tor fiel, war am Ende pures Glück.

Aber na und?!

Entscheidend ist doch der Spaß, und dieser Spaß stellte sich bei mir erst mit langer Verzögerung ein. Deutlich später als 2003 wurde DIE WILDEN FUSSBALLKERLE zu einem häufig gespielten Aufwärmer. Ein Teilnehmer meiner Spielerunde traf oft etwas vor der vereinbarten Zeit ein, und dann spielten wir schnell noch eine Partie FUSSBALLKERLE, manchmal auch nur eine Halbzeit und machten mit der zweiten Hälfte in der Folgewoche weiter.

Okay, unbestritten, es war tatsächlich meist klar, welche Karte man spielen musste, und ob ein Tor fiel, war am Ende pures Glück. Aber bei aller Lotterie: Das Spiel schaffte Fußballatmosphäre und denkwürdige Erlebnisse. Mal gingen Partien 5:4 aus, mal 0:0. Mal wurde aus einer 3:0-Halbzeitführung noch ein 3:3. Mal hatten drei Spieler:innen (ja, es waren gemischte Teams!) eine rote Karte bekommen und beide Seiten waren im weiteren Spielverlauf unangenehm limitiert.

Viele Partien waren spannend und standen auf der Kippe, es gab brenzlige Situationen. Hatte ich nur eine letzte Abwehrkarte auf der Hand, war ich natürlich froh, den Ball irgendwie ins Mittelfeld bolzen zu können und dort zu halten. Es kam wie gerufen, wenn ein:e übereifrige:r Gegenspieler:in mich dort auch noch foulte!

Oder ich hatte eine rote Karte kassiert und musste jetzt zusehen, meinen knappen Vorsprung über die Zeit zu zittern. Besonders vor der gegnerischen Karte „Der dicke Michi“ hatte ich großen Respekt. Für ein hineingestochertes Tor aus dem Nichts war dieser Michi immer gut. Ich habe weder die Bücher gelesen noch die Filme gesehen, trotzdem konnte ich mir den dicken Michi immer sehr gut vorstellen: ein körperlich überlegener Typ, der seine physische Präsenz einzusetzen weiß und schwer wieder vom Ball zu trennen ist.

Meine kleinen Kicker:innen waren natürlich reinste Engel, zumindest behauptete ich das. Rote Karten gegen mich waren Irrtümer des Kartenstapels. Verlor ich, waren die Spiele übelst geschoben. Um nicht zu sagen: abgekartet! Kurzum: DIE WILDEN FUSSBALLKERLE war eine Quelle schönsten Trashtalks.

Wie ich wohl CHALLENGERS vor 20 Jahren beurteilt hätte? Nicht alle, mit denen ich das aktuell spiele, sind so hingerissen wie ich. Und ihre Begründungen ähneln sehr stark dem, was ich damals über DIE WILDEN FUSSBALLKERLE dachte: Man kann gar nichts entscheiden, und am Ende ist es pures Glück. Aber erstens stimmt das nicht, und zweitens wäre es ja nicht einmal tragisch. Entscheidend ist der Spaß. Entscheidend ist auf dem Platz.


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