Freitag, 3. November 2023

Vor 20 Jahren (131): Iglu Pop

Schütteln und horchen. Im Jahr 2000 erschien bei Zoch ZAPP ZERAPP von Heinz Meister und Klaus Zoch. Das Spiel beinhaltete 13 kleine Holztonnen mit jeweils einer bis 13 Metallkugeln darin. Am Gewicht und am Schüttelgeräusch konnte und sollte man die Zahl der Kugeln erraten. Um dann als Belohnung auf dem MENSCH-ÄRGERE-DICH-NICHT-artigen Rundparcours schnell voranzukommen und alle drei Figuren ins sichere Häuschen zu bringen.

Gezogen wurde so: Irgendwer würfelte zwei Würfel. Nun versuchten alle gleichzeitig, die beste Tonne zu finden: eine, die möglichst viele Steine enthielt – aber tunlichst nicht mehr als die gewürfelte Zahl. Im Findungsprozess griff man sich irgendeine Tonne aus der Spielplanmitte und schüttelte sie. Man behielt sie entweder und beendete damit diese Spielphase für sich. Oder stellte sie zurück und suchte nach einer besseren.

Waren alle fertig, wurde anhand der Nummerierung auf der Tonnenunterseite überprüft, wer sich verzockt hatte und zur Strafe gar nicht gehen durfte. Alle anderen zogen mit einer Figur so viele Felder, wie ihre Tonne Steine hatte; die höchste Zahl zog zuerst. Unterwegs warf man raus, und zwar sämtliche fremde Figuren, die man ein- oder überholte (außer sie standen auf Schutzfeldern). In einem einzelnen Zug konnte es also reichlich Opfer geben.

ZAPP ZERAPP erhielt wohlwollende Kritiken, es wurde sogar 2001 für die Wahl zum Spiel des Jahres nominiert. Ich hatte mir ZAPP ZERAPP von der 2000er Messe in Essen mitgebracht und war wegen seiner Originalität und herzallerliebsten Gestaltung ebenfalls vorfreudig gestimmt: Wenn das kein tolles Spiel für Empfehlungen in Tageszeitungen war, welches dann?

Jedoch: Von Partie zu Partie verschlechterte sich mein Eindruck. ZAPP ZERAPP war ein Blender. Ich kann nicht mehr exakt sagen, was mir missfallen hat; dazu ist es zu lange her. Mit 85-prozentiger Trefferwahrscheinlichkeit würde ich aber meinen, dass die Partien zu lange dauern konnten, zu destruktiv und für einige frustrierend verliefen und mit unnötigen Hakeleien vom eigentlichen Kern wegführten: dem Schütteln und dem Horchen.


2003 erschien vom selben Autorenduo IGLU POP und machte alles viel besser. Der ganze Regelballast rund um den Parcours, das Ziehen, das Rauswerfen, dessen Ausnahmen und so weiter: all das fiel weg. Es lagen jetzt neun Karten mit bis zu drei Zahlenwerten aus („12“, „3, 4, 5“ etc.), man schüttelte Plastik-Iglus mit Kügelchen drin, und wenn man der Meinung war, das Iglu enthalte zwölf Kugeln, markierte man es mit der eigenen Spielfarbe und stellte es auf die Karte „12“. Oder – falls sie auslag – sicherheitshalber nur auf die Karte „10, 11, 12“, was im Erfolgsfall aber weniger Punkte brachte.

Chaotisches Gegrabbel, Abwägungen unter Zeitdruck, peinliche Fehleinschätzungen: IGLU POP war schneller und direkter als sein Vorgänger, natürlich auch eindimensionaler. Aber es machte Spaß, während ZAPP ZERAPP den Spaß oft verdorben hatte. IGLU POP funktionierte bestens als Partyspiel, und ich habe es sogar schon mal auf einer Party gespielt. Ein Freund, der unerlaubterweise in eine andere Stadt und damit aus meiner Spielerunde weggezogen war, brachte IGLU POP an seinem Geburtstag auf den Tisch. Er verteilte seine Gäste, damit sie sich besser kennenlernten und nicht in ihren Cliquen verharrten, auf gemischte Teams und ließ sie ein Turnier mit LOOPING LOUIE, KLONDIKE, CARABANDE und IGLU POP durchlaufen.

Die Idee war, die Spiele so zu wählen, dass nicht zwangsläufig die Vielspieler:innen gewinnen. Das Ergebnis zeigte dann aber: Vielspieler:innen gewinnen trotzdem. Vielleicht sind sie einfach in allem Spielerischen geübter. Oder sie sind schlichtweg ehrgeiziger und müssen selbst bei Daddelkram unbedingt vorne landen. Dem Abend hat es nicht geschadet. Wir haben uns besser kennengelernt, verharrten nicht in unseren Cliquen, und die Spiele wurden nach dem Turnier noch weitergespielt.


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