Samstag, 11. Januar 2020

Vor 20 Jahren (85): Mamma mia!

Im Jahr 2000 hatte ich als Rezensent (natürlich ganz anders als heute) noch viel Luft nach oben. Meine Möglichkeiten, um Kritiken zu veröffentlichen, waren begrenzt, folglich war ich in meiner Akquise von Rezensionsmustern eher defensiv. Gewiss hatte diese Haltung auch mit einem Messe-Trauma gleich zu Beginn meiner Karriere zu tun, das ich nach seiner schriftlichen Niederlegung eigentlich endgültig verdrängt haben wollte ... aber das hat wohl nicht ganz geklappt.

Worauf ich hinauswill: Einige Spiele gingen mir damals komplett durch die Lappen oder ich lernte sie kennen, wenn es für eine Rezension zu spät war. MAMMA MIA! war so ein Fall. Ich kaufte es mir erst 2000, nachdem ich es einige Male im Spieleladen gespielt hatte. Ich erwartete, dass es auch in anderen Runden gut ankommen würde, und die Tatsache, dass MAMMA MIA! auch 20 Jahre später noch Bestandteil meiner Sammlung ist, darf als geniale Bestätigung dieser Annahme gewertet werden.


Auch wenn ich mittlerweile SOLE MIO! bevorzuge und obwohl ich da wie hier eine sehr schlechte Erfolgsbilanz habe, finde ich MAMMA MIA! weiterhin toll. Das liegt an zwei Gründen. Der erste: Pizza! Pizza ist zentraler Baustein meiner Ernährungspyramide, ich könnte jeden Tag Pizza essen und einer der Höhepunkte meines Lebens war 1995 oder 1996 die Pizza-Aktionswoche in der Mensa Italia in Göttingen.

Der zweite Grund: die Spielmechanik. Wir spielen Pizza-Zutaten und Rezepte reihum auf einen Haufen. Hinterher drehen wir den Stapel um und gehen Karte für Karte durch. Obwohl das nicht viel mehr ist als eine reine Auswertungsphase, ist das Aufblättern der Karten höchst spannend: Taucht ein Rezept auf, wird geprüft, ob genügend Zutaten da sind. Falls ja, sind die Zutaten verbraucht. Falls nein, bleiben sie liegen und dürfen von nächsten Spieler fürs nächste Rezept verwendet werden. Und genau darauf hofft man: Dass die anderen scheitern und man selber davon profitiert.

Theoretisch könnte man versuchen, sich die Bestückung des Stapels zu merken und Karten mit einem gewissen Konzept abzuspielen oder gezielt aufzubewahren. Tatsächlich gelingt mir das zwei bis drei Spielzüge lang, danach werfe ich einfach irgendwas auf gut Glück, so wie meine Mitspieler*innen das auch tun – die allerdings bei der Auswertung Rezept für Rezept erledigen und dabei genau die Zutaten verwenden, die für mich eingeplant waren.

Ließ sich das die ersten zehn bis 15 Jahre vielleicht noch unter „seltsamer Zufall“ verbuchen, glaube ich daran mittlerweile nicht mehr. Wäre MAMMA MIA! ein reines Glücksspiel, müsste ich in einer Viererrunde 25 Prozent der Partien gewinnen. Ohne dass es darüber Aufzeichnungen gäbe, fühlt es sich für mich so an, als gewänne ich nur 0,01 Prozent. Und es gibt nur eine Sache, die meine Mitspieler*innen ganz offensichtlich anders machen als ich: Sie nennen die Ananas penetrant „Käse“.


Und das lenkt mich ab, denn als Gelb-Spieler habe ich immer die Rezepte mit dem Käse … äh, ich meine, die mit der Ananas. Natürlich ist es Ananas, das sieht jede*r. Und natürlich korrigiere ich die falsche Benennung jedes Mal. Aber es hilft nichts: „Käse!“, „Käse!“, „Käse!“ schnattern die Mitspieler*innen unverdrossen weiter. „Ich brauche einen Käse!“, „Ich lege zwei Käse!“, „Jetzt fehlt nur noch ein Käse!“

Es ist zwecklos; sie sind unbelehrbar. Ich habe das Thema schon mit verschiedenen Therapeut*innen erörtert, aber es zeichnet sich keine echte Lösung ab. Es ist die kollektive Leugnung des absolut Offensichtlichen, die einen so fertigmacht. Manchmal zweifle ich sogar schon an meinem Verstand und denke: Na, wenn es alle sagen, ist es am Ende vielleicht doch Käse?!

Aber nein!
Es ist Ananas!
A-na-nas!
A! NA!! NAS!!!
Und das Schlimmste bei alledem: Ich mag auf Pizza keine Ananas.




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