Dreimal auf Holz geklopft … vielleicht klappt’s ja irgendwann wieder mit den Einleitungen.
Wie geht WOODCRAFT? Wir erfüllen Aufträge. Das könnte ziemlich langweilig sein, wenn es mal wieder darum ginge, Rohstoff-Kombinationen abzugeben; doch darum geht es nicht. In WOODCRAFT betreiben wir eine Tischlerei und fertigen Holzgegenstände. Die abzugebenden Materialien sind überwiegend Würfel. Sie müssen die richtige Farbe haben und exakt eine ganz bestimmte Augenzahl.
Man kann sich jeden Würfel also als ein Stück Holz vorstellen; seine Zahl ist die Größe, seine Farbe die Art des Holzes. Holz lässt sich bearbeiten, zum Beispiel mit einer Säge in zwei Stücke teilen. Aus einer grünen Sechs könnten so eine grüne Zwei und eine grüne Vier werden. Umgekehrt kann man auch mit Leim zwei kleinere Stücke zu einem größeren vereinen. Das sind Nebenaktionen, die ich einstreuen kann, sofern ich mir Werkzeuge und Kleber beschafft habe.
Hauptaktionen (sieben verschiedene gibt es) stehen mir im gesamten Spiel aber nur 14 Mal zur Verfügung. In jedem meiner 14 Züge eine. Ein Rad auf dem Spielplan sorgt dafür, dass Aktionen, die länger nicht gewählt wurden, Boni bringen. Die sogar noch weiter ansteigen, wenn die Aktion trotzdem niemand wählt. So kommt es vor, dass ich mich wegen der Boni für eine andere Aktion entscheide als die ursprünglich geplante. Oder zumindest verlockt werde.
Eine mögliche Hauptaktion wäre: Ich stelle einen „Helfer“ ein. Das ist eine Karte, die mir (im Regelfall) für den Rest des Spiels eine Extrawurst erlaubt. Beispielsweise darf ich die Zahlen meiner grünen Würfel verändern oder ich bekomme Rabatte bei Einkäufen. Die Helfer platziere ich auf Feldern meines Tableaus, wo sie – je nach Anordnung – außerdem Boni freischalten.
Eine andere Hauptaktion: Ich pflanze einen Baum. Dazu versetze ich einen meiner Würfel mit kleiner Augenzahl auf einen Blumentopf. Zu Beginn meiner kommenden Züge steigt die Augenzahl dieses Würfels automatisch um zwei, bis ich ihn ernte (oder eher: fälle), was mich keine Aktion kostet. Mangels geeigneter Blumentöpfe steht mir Möglichkeit des Einpflanzens anfangs nur für grüne Würfel offen. Weitere Blumentöpfe könnte ich mit der Hauptaktion „Werkstatt verbessern“ erwerben.
Was passiert? Wie bitte? Nur 14 Aktionen? Man will natürlich alles und mehrfach und ist hin- und hergerissen. Zum Beispiel lohnen sich die Spielplanboni meiner Helfer besonders dann, wenn ich mindestens drei, noch besser vier, am besten sogar sechs Helfer anheuere. Aber allein sechs von 14 Aktionen für Helfer aufwenden?
Um Aktionen zu sparen, wäre es besser, mit der Hauptaktion „Aufträge“ immer zwei Aufträge gleichzeitig zu nehmen statt nur einen. Aber ich binde mir Verpflichtungen ans Bein. Die Belohnung sinkt, lasse ich Aufträge zu lange unerledigt liegen. Und erfülle ich sie bis zum Spielende nicht, setzt es eine empfindliche Strafe.
Auch an anderen Schauplätzen stehe ich vor der Entscheidung, solide und sicher zu spielen oder ehrgeizig mit mehr Risiko. Etwa darf ich am Ende jedes Zuges einen Schritt auf der „Vermarktungsskala“ voranschreiten, was zunehmend Geld kostet, aber auch zunehmend Punkte bringt. Will ich in die hohen Punktebereiche vordringen, dauert das einige Züge und ich darf nicht zu lange mit dem Losgehen warten. Andererseits: Geld ist extrem wichtig. Ich sollte flüssig bleiben. Und vielleicht verjuble ich genau die eine Münze, die mir später fehlt.
Tatsächlich kann eine fehlende Münze sehr entscheidend sein. Oder ein fehlender Würfelpunkt. Oder ein fehlendes Irgendwas. Mit Spontanentscheidungen und Pi mal Daumen kommt man bei WOODCRAFT nicht weit. Kleine Fehler oder Versäumnisse können richtig übel reinhauen. Folgewirkungen von Entscheidungen zeigen sich aber manchmal erst viel später. Vielleicht hat man sich, weil Leim benötigt wird, für die Aktion „Materialkauf“ entschieden, die es erlaubt, neben Leim noch entweder Restholzblöcke oder Sägeblattscheiben zu erwerben. Man hat keine Priorität und nimmt Sägeblattscheiben. Und Runden später stellt sich heraus: Tja, Restholzblöcke wären es gewesen! Und nur um sie zu besorgen, wird nun noch einmal eine volle Hauptaktion nötig.
Was taugt es? WOODCRAFT ist ein Optimierspiel für Menschen, die gerne auch kleine Details durchplanen. Mit der richtigen Kombination und dem richtigen Timing von Haupt- und Nebenaktionen lässt sich sehr viel herausholen. Insofern passiert das, was bei solchen Spielen nun mal passiert: Manche überlegen sehr lange, manche können sich nicht entscheiden, manche vergessen Boni oder Nebenaktionen und möchten sie rückwirkend nachholen, manche sind völlig überfordert und machen dicht und manche überlegen noch immer.
Das klingt negativ, und tatsächlich langweilt mich diese Art Spiel mittlerweile oft. Dass es bei WOODCRAFT nicht so ist, liegt erstens am Thema. Viele der Mechanismen lassen sich thematisch herleiten. Würfel als Werkstoffe zu verwenden, ist originell. Und es ist nicht dasselbe wie Rohstoffe zu sammeln und abzugeben, denn ein Würfel kann auf verschiedene Arten bearbeitet werden und nimmt in Form der Augenzahlen unterschiedliche Zustände an.
Zweitens gefällt mir die Stringenz. WOODCRAFT ist auf wenigen Prinzipien aufgebaut, es lässt sich vergleichsweise schnell erklären. Es erreicht seine Tiefe ohne eine Vielzahl an Regeln oder Berge von Materialien. Es gibt verschiedene Wege zum höchsten Score. Aber es ist kein Punktesalat, der die Erträge diverser Schauplätze addiert. Alles ist schlüssig miteinander verzahnt.
Trotzdem scheint mir mancher Schnörkel immer noch übertrieben. Werkzeug-Plättchen, die es häufig als Belohnungen für Aufträge gibt und die man auf seinem Tableau pyramidenförmig stapelt, bringen Boni. Aber nur, wenn es verschiedene Werkzeuge sind – was sich eher wie Schikane anfühlt, weniger nach einem reizvollen Dreh. Man ist schon froh, unter den vier zur Wahl stehenden Aufträgen überhaupt welche zu ergattern, die sich erfüllen lassen. Und manche Aufträge werden nun noch zusätzlich madig gemacht, weil als Teil der Belohnung ausgerechnet ein unerwünschtes Werkzeug abgebildet ist.
Aus dem Bauch spielen kann man WOODCRAFT nicht oder jedenfalls nicht erfolgreich. WOODCRAFT ist deshalb kein Wohlfühlspiel für mich und auch kein Dauerbrenner. Gleichwohl finde ich es mechanisch zu pfiffig und ausgereift, um es nur „solide“ zu nennen.
***** reizvoll
WOODCRAFT von Vladimir Suchý und Ross Arnold für eine:n bis vier Spieler:innen, Delicious Games / Pegasus Spiele.
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