Freitag, 28. April 2023

Planet Unknown

„Die Ressourcen der Erde sind erschöpft,“ heißt es in PLANET UNKNOWN, und das entspricht genau meinem Gefühl beim Schreiben von Einleitungen.

Wie geht PLANET UNKNOWN? Wir puzzeln mit Polyomino-Legeteilen. Meine Planetenoberfläche soll möglichst voll werden, denn komplettierte Reihen und Spalten zählen Punkte. Außerdem bringt jedes Legeteil (im Regelfall) zwei Marker auf meinem Konzern-Tableau voran. Jedes Legeteil ist zweifarbig, und in den entsprechenden Farbskalen gehe ich vorwärts.
Diese Fortschritte wiederum bringen Punkte. Außerdem schalten sie Errungenschaften frei. Fortschritte auf Grün beispielsweise bringen mir Einer-Legeteile, mit denen ich lästige Lücken füllen kann. Fortschritte auf Rot aktivieren meine Rover, mit denen ich über den Planeten fahre und erstens „Rettungskapseln“ einsammle, die dann Punkte zählen. Sowie zweitens „Meteoriten“, die beim Bau auf einige der Teile gelegt werden müssen und dort stören. Denn sie verhindern, dass ich für die zugehörige Reihe oder Spalte Punkte bekomme. Dazu muss die Reihe nicht nur komplett zugepuzzelt, sondern auch frei von Meteoriten sein.
In der Wahl meines Legeteils bin ich nur alle paar Runden frei: als Startspieler. Dann drehe ich den großen Teilespender so, dass das gewünschte Teil direkt vor mir liegt (und nehme es). Alle anderen müssen eins von den beiden Teilen wählen, die nun vor ihrer Nase liegen.


Was passiert? Kompromisse. Generell möchte ich raumgreifend bauen. Bauteile mit Meteoriten aber möchte ich nicht so gerne. Rettungskapseln möchte ich lieber bergen, statt sie zu überbauen. Auf den Farbskalen möchte ich bestimmte Punkte erreichen. Und natürlich: Mit den mir zur Verfügung stehenden Polyominos geht das bestenfalls teilweise.
Zu meinen internen Problemen gesellen sich noch externe: Mit meinen beiden Nachbar:innen befinde ich mich im Wettstreit, wer ein zufällig bestimmtes Ziel besser erfüllt. Beispielsweise geht es darum, wer das größere rote Gebiet oder weniger graue Symbole auf seinem Planeten baut.
PLANET UNKNOWN ist von Anfang bis Ende spannend. Man hat kurzfristige und langfristige Ziele. Alle am Tisch sind immer gleichermaßen involviert. Und weil man sich mit seinen Nachbar:innen vergleichen muss, spielt man nicht komplett solistisch vor sich hin.


Was taugt es? Hindernisse und bewegliche Elemente auf dem Bauplatz machen die Puzzleaufgabe anspruchsvoll. Aber nicht sie sehe ich als das stärkste Element von PLANET UNKNOWN, sondern die Kombination der Puzzleaufgabe mit einem Tech-Tree.
Ist es normalerweise das Wesen von Puzzlespielen, dass man erst am Schluss weiß, ob es aufgeht und wie gut man steht, ist in PLANET UNKNOWN jeder Bauschritt mit einer belohnenden Rückmeldung und einem Aufstieg auf dem Konzern-Tableau verbunden. Das hebt die Spannungskurve über die gesamte Spieldauer merklich an.
Beim Puzzeln hoffe ich darauf, bestimmte Lücken zu füllen oder bestimmte Farben oder Symbole an gewünschte Stellen zu legen; auf den Farbskalen will ich bestimmte Felder erreichen und manche davon schneller als die Konkurrenz. PLANET UNKNOWN hat eine Dimension über das übliche Legespiel hinaus, und diese Dimension wirkt nicht etwa aufgesetzt, sondern leitet sich sehr harmonisch aus dem Legespiel ab. Deshalb bewahrt sich PLANET UNKNOWN bei aller Komplexität auch eine gewisse Einfachheit. Vieles lässt sich logisch herleiten.
Trotzdem ist PLANET UNKNOWN nicht rundum gelungen. Aus der Spielidee hätte man für mein Empfinden noch mehr herausholen können. Meiner Meinung nach bietet es sich im Basisspiel zu eindeutig an, vorrangig die schwarze und die graue Skala voranzutreiben. Die Belohnungen bei Schwarz sind einerseits sehr stark, andererseits ist dies die einzige Skala, bei der man durch Tempo anderen Spieler:innen Belohnungen wegschnappen kann. Und die graue Skala verbessert Aktionen auf Grün, Rot und Blau, weshalb es sich auszahlt, mit der Entwicklung dieser Skalen etwas zu warten.
Gewiss werde ich diese Strategie nicht immer durchsetzen können, weil ich natürlich nicht immer nur schwarze und graue Teile bekomme, schon gar nicht, wenn andere Spieler:innen die auch haben wollen. Und gewiss können die Vorgaben der Nachbarschaftsziele dazwischenfunken. Aber das ändert nichts daran, dass das Basisspiel strategisch monoton angelegt ist, und dies wiederum halte ich für die größte Schwäche von PLANET UNKNOWN.

Kleinere gibt es auch: Statt des Auslosens der Nachbarschaftsziele hätte ich mir einen besseren Kniff gewünscht. Zu oft schon hat irgendjemand zwei widersprüchliche Ziele erwischt und ging deshalb mit dem Nachteil an den Start, nicht beides erreichen zu können. Auch einige Regeln müssten klarer formuliert werden, und der Drehteller könnte sehr gut einen Deckel gebrauchen. Ach, und auf das Ereignis-Modul, dessen Idee einzig und allein darin besteht, einem planerischen Spiel platte Willkürelemente hinzuzufügen, werde ich nach einmaligem Versuch fortan verzichten.
Menschen, die PLANET UNKNOWN häufiger spielen, bekommen Angebote für Variation. Das Spiel enthält sechs verschiedene Planetenpläne und sechs verschiedene Konzern-Tableaus, die teilweise gravierende und unterhaltsame Regeländerungen mit sich bringen. Weil jeder Planet mit jedem Konzern kombiniert werden kann, gibt es viel auszuprobieren.
Sicherlich ist nicht jede Kombination gleichstark, sicherlich ist nicht alles austariert. Weil ich die Spezialpläne als Spielwiese für Fortgeschrittene sehe, finde ich das aber okay, gerade auch um mal kuriosere Partien zu erleben, um die Herausforderung zu erhöhen oder um gegen Anfänger:innen bewusst mit einem Handicap zu starten.


***** reizvoll

PLANET UNKNOWN von Ryan Lambert und Adam Rehberg für eine:n bis sechs Spieler:innen, Strohmann Games / Adam’s Apple Games.

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Aufklärung über den Datenschutz
Wenn Sie einen Kommentar abgeben, werden Ihre eingegebenen Formulardaten (und unter Umständen auch weitere personenbezogene Daten, wie beispielsweise Ihre IP-Adresse) an den Google-Server übermittelt. Mit dem Absenden Ihres Kommentars erklären Sie sich mit der Aufzeichnung Ihrer angegebenen Daten einverstanden. Auf Wunsch können Sie Ihre Kommentare wieder löschen lassen. Bitte beachten Sie unsere darüber hinaus geltenden Datenschutzbestimmungen sowie die Datenschutzerklärung von Google.