Samstag, 6. Oktober 2012
Spiele-Jahrgang 2011/12:
Was vom Jahrgang übrig bleibt
Nicht alle meine Mitspieler hatten Lust, sich an meiner Umfrage zu ihren Lieblingsspielen 2011/12 zu beteiligen. Bei manchen scheiterte es daran, dass sie kein Foto von sich veröffentlicht sehen wollten. Oder zumindest nicht auf einer verruchten Seite wie REZENSIONEN FÜR MILLIONEN.
Ein Mitspieler antwortete mir: „Stell doch erst mal ein Bild von dir auf deine Seite, bevor du eins von mir forderst.“ – Tja, und da fiel mir kein schlagkräftiges Gegenargument ein, und deshalb gibt es hier jetzt ein Bild von mir. Bevor also Beschwerden kommen, warum sich eine Million unschuldige Leser unvorbereitet mein Konterfei angucken müssen: Meine Idee war es nicht!
Die Sache hat aber auch Vorteile. Ich hoffe, dass ich in der Fußgängerzone jetzt schneller erkannt werde, wenn ich mit kläglichem Gesichtsausdruck neben den bettelnden Punks stehe. Und vor allem hoffe ich, dass die Menschen ihr sauer Erspartes nicht mehr diesen Schnorrern geben, sondern jemandem, der das Geld wirklich dringend braucht, weil er sich schon lange, lange ganz doll eine Million wünscht. Danke!
Mein eigentliches Thema aber ist der Spielejahrgang 2011/12. Sofern ich mich nicht verzählt habe, waren es 23 Spiele, denen ich in der spielbox mindestens 7 Punkte oder hier im Blog mindestens das Label „reizvoll“ verpasst habe. Ohne Erweiterungen. Wir lernen daraus: 1. Ich fand den Jahrgang erneut sehr ergiebig. 2. Ich bin kein bisschen der oberkritische Typ, als den mich die reißerischen Boulevard-Medien immer wieder darstellen wollen.
Aber mal unter uns: Längst nicht alle 23 Spiele werden auch im nächsten Jahr noch auf meinem Spieletisch landen. Dazu ist die Zeit zu kurz. Und der Tisch zu klein, haha. Auf jeden Fall entscheidet nicht allein die Frage: Finde ich das Spiel gut? Sondern auch: Habe ich Mitspieler dafür? Ich könnte mir vorstellen, dass nach brutalstmöglicher Aussiebung folgende acht Spiele Zukunftsbedeutung haben werden.
Dungeon Fighter
Spiele für sechs und mehr Spieler sind in meinen Spieletreffs sehr beliebt. Zumal dann meistens auch jemand dabei ist, der das Spiel schon kennt und erklären kann. DUNGEON FIGHTER besitzt für Neulinge obendrein den Faktor: „Heh, was die da machen, sieht ja total bescheuert aus – das will ich auch!“ Deshalb mein Appell ans Universum: Wenn Spiele nicht nur für Freaks und nicht nur zur weihnachtlichen Familienbespaßung sein sollen (und dieser Meinung bin ich unbedingt), dann brauchen wir mehr von solcher Art! (Rezension: spielbox 5/2012)
King of Tokyo
Zum Beispiel auch dieses hier. KING OF TOKYO ist wie der Bruder von DUNGEON FIGHTER. Ähnlich durchgeknallt, ähnlich hoher Aufforderungs-Charakter. Nur etwas fieser, taktischer, konfrontativer. Eben noch bekämpften wir das Böse, jetzt sind wir selber das Böse. Egal. Hauptsache was mit Monstern, Blut und Asche. (Rezension: spielbox 5/2011)
Pictomania
Eigentlich müsste PICTOMANIA für mich erledigt sein. Ich habe es mittlerweile so oft gespielt, dass ich schon mehrfach denselben Begriff malen musste und inzwischen nicht mehr überlege, wie ich das am besten mache. Auch habe ich mir in den unzähligen Partien natürlich besonders coole Darstellungsideen bei den anderen Spielern abgeguckt. Trotzdem spiele ich PICTOMANIA weiterhin sehr gern, denn jede, wirklich jede Partie ist unterhaltsam. Jedenfalls solange meine Mitspieler mich noch mit Neuem überraschen oder meine vielfach bewährten Zeichnung aus unerfindlichen Gründen nicht verstehen. Und das, so glaube ich, passiert noch länger.
Kalimambo
Das vierte Spiel aus derselben Schublade, die in diesem Jahr wahrhaft prächtig gefüllt wurde. Nicht jeden amüsiert Scheiß am Schuh, das ist mir klar. Nicht jeder erliegt KALIMAMBO. Dazu eine Anekdote: „Findest du, dass es beim Bäcker Schweineschnitzel gibt?“ fragte mich neulich jemand. Ach nein, verwechselt. Tatsächlich lautete die Frage: „Findest du, dass man bei KALIMAMBO Einfluss hat?“
Kingdom Builder
Besitzt man beim großen Strategieknaller KALIMAMBO immerhin bis zu zwölf Karten zur Auswahl, ist es bei KINGDOM BUILDER eine einzige. Gut so. Denn genau deshalb wird KINGDOM BUILDER nicht kaputtgegrübelt. Die eine Karte plus die vorhandenen Plättchen ermöglichen weit mehr, als Anfänger ahnen. Die wachsende Spieltiefe bei wachsender Spielerfahrung macht KINGDOM BUILDER zum Dauerbrenner.
Vegas
... und die abnehmende Wahlfreiheit bei abnehmender Würfelzahl macht VEGAS so dramatisch. Der Mechanismus dieses taktischen, aber vor allem höchst emotionalen Würfelspiels ist so dermaßen klar und auf den Punkt, dass man sich wundert, warum 5000 Jahre in der Geschichte des Würfelspiels vergehen mussten, bevor jemand endlich VEGAS erfunden hat. (Rezension: spielbox 3/2012)
Ora et Labora
Freakspiele hatten es diesmal ziemlich schwer, sich bei mir durchzusetzen. Vielleicht war der Jahrgang in diesem Segment nicht ganz so exzellent bestückt. Oder umgekehrt mein Regal bereits zu exzellent. Dieses Spiel muss aber unbedingt noch mit rein. ORA ET LABORA verbessert das ohnehin schon tolle LE HAVRE: Die Warenketten wirken thematischer, das Drehrad vereinfacht den Anhäufungsmechanismus, das Spiel enthält nun eine landschaftsplanerische Komponente. Außerdem macht es Spaß, anderen Klosterbrüdern einen Drink zu spendieren. (Rezension: spielbox 1/2012)
Eclipse
Sogar außerordentlich viel des umkämpften Platzes im Regal benötigt (und bekommt) das üppig ausgestattete ECLIPSE. Ich bin nicht unbedingt der Weltraum-Fan, doch das sehr atmosphärische ECLIPSE bringt mich dazu, diese Spielwelt zu genießen. In verhältnismäßig kompakter Form und überschaubarer Spieldauer vereint ECLIPSE logisch, stimmig und abwechslungsreich die Aspekte Entdecken, Entwickeln und Kämpfen.
Kurz noch ein Wort zu den kleinen Spielen: Die machen hier durchaus mit (im Vorjahr waren immerhin drei auf meiner Liste) und von den diesjährigen würde ich WÜRFEL BOHNANZA und WANZEN TANZEN hervorheben. Aber bei der versprochenen „brutalstmöglichen Aussiebung“ fallen sie eben doch raus.
Ein Mitspieler antwortete mir: „Stell doch erst mal ein Bild von dir auf deine Seite, bevor du eins von mir forderst.“ – Tja, und da fiel mir kein schlagkräftiges Gegenargument ein, und deshalb gibt es hier jetzt ein Bild von mir. Bevor also Beschwerden kommen, warum sich eine Million unschuldige Leser unvorbereitet mein Konterfei angucken müssen: Meine Idee war es nicht!
Die Sache hat aber auch Vorteile. Ich hoffe, dass ich in der Fußgängerzone jetzt schneller erkannt werde, wenn ich mit kläglichem Gesichtsausdruck neben den bettelnden Punks stehe. Und vor allem hoffe ich, dass die Menschen ihr sauer Erspartes nicht mehr diesen Schnorrern geben, sondern jemandem, der das Geld wirklich dringend braucht, weil er sich schon lange, lange ganz doll eine Million wünscht. Danke!
Mein eigentliches Thema aber ist der Spielejahrgang 2011/12. Sofern ich mich nicht verzählt habe, waren es 23 Spiele, denen ich in der spielbox mindestens 7 Punkte oder hier im Blog mindestens das Label „reizvoll“ verpasst habe. Ohne Erweiterungen. Wir lernen daraus: 1. Ich fand den Jahrgang erneut sehr ergiebig. 2. Ich bin kein bisschen der oberkritische Typ, als den mich die reißerischen Boulevard-Medien immer wieder darstellen wollen.
Aber mal unter uns: Längst nicht alle 23 Spiele werden auch im nächsten Jahr noch auf meinem Spieletisch landen. Dazu ist die Zeit zu kurz. Und der Tisch zu klein, haha. Auf jeden Fall entscheidet nicht allein die Frage: Finde ich das Spiel gut? Sondern auch: Habe ich Mitspieler dafür? Ich könnte mir vorstellen, dass nach brutalstmöglicher Aussiebung folgende acht Spiele Zukunftsbedeutung haben werden.
Dungeon Fighter
Spiele für sechs und mehr Spieler sind in meinen Spieletreffs sehr beliebt. Zumal dann meistens auch jemand dabei ist, der das Spiel schon kennt und erklären kann. DUNGEON FIGHTER besitzt für Neulinge obendrein den Faktor: „Heh, was die da machen, sieht ja total bescheuert aus – das will ich auch!“ Deshalb mein Appell ans Universum: Wenn Spiele nicht nur für Freaks und nicht nur zur weihnachtlichen Familienbespaßung sein sollen (und dieser Meinung bin ich unbedingt), dann brauchen wir mehr von solcher Art! (Rezension: spielbox 5/2012)
King of Tokyo
Zum Beispiel auch dieses hier. KING OF TOKYO ist wie der Bruder von DUNGEON FIGHTER. Ähnlich durchgeknallt, ähnlich hoher Aufforderungs-Charakter. Nur etwas fieser, taktischer, konfrontativer. Eben noch bekämpften wir das Böse, jetzt sind wir selber das Böse. Egal. Hauptsache was mit Monstern, Blut und Asche. (Rezension: spielbox 5/2011)
Pictomania
Eigentlich müsste PICTOMANIA für mich erledigt sein. Ich habe es mittlerweile so oft gespielt, dass ich schon mehrfach denselben Begriff malen musste und inzwischen nicht mehr überlege, wie ich das am besten mache. Auch habe ich mir in den unzähligen Partien natürlich besonders coole Darstellungsideen bei den anderen Spielern abgeguckt. Trotzdem spiele ich PICTOMANIA weiterhin sehr gern, denn jede, wirklich jede Partie ist unterhaltsam. Jedenfalls solange meine Mitspieler mich noch mit Neuem überraschen oder meine vielfach bewährten Zeichnung aus unerfindlichen Gründen nicht verstehen. Und das, so glaube ich, passiert noch länger.
Kalimambo
Das vierte Spiel aus derselben Schublade, die in diesem Jahr wahrhaft prächtig gefüllt wurde. Nicht jeden amüsiert Scheiß am Schuh, das ist mir klar. Nicht jeder erliegt KALIMAMBO. Dazu eine Anekdote: „Findest du, dass es beim Bäcker Schweineschnitzel gibt?“ fragte mich neulich jemand. Ach nein, verwechselt. Tatsächlich lautete die Frage: „Findest du, dass man bei KALIMAMBO Einfluss hat?“
Kingdom Builder
Besitzt man beim großen Strategieknaller KALIMAMBO immerhin bis zu zwölf Karten zur Auswahl, ist es bei KINGDOM BUILDER eine einzige. Gut so. Denn genau deshalb wird KINGDOM BUILDER nicht kaputtgegrübelt. Die eine Karte plus die vorhandenen Plättchen ermöglichen weit mehr, als Anfänger ahnen. Die wachsende Spieltiefe bei wachsender Spielerfahrung macht KINGDOM BUILDER zum Dauerbrenner.
Vegas
... und die abnehmende Wahlfreiheit bei abnehmender Würfelzahl macht VEGAS so dramatisch. Der Mechanismus dieses taktischen, aber vor allem höchst emotionalen Würfelspiels ist so dermaßen klar und auf den Punkt, dass man sich wundert, warum 5000 Jahre in der Geschichte des Würfelspiels vergehen mussten, bevor jemand endlich VEGAS erfunden hat. (Rezension: spielbox 3/2012)
Ora et Labora
Freakspiele hatten es diesmal ziemlich schwer, sich bei mir durchzusetzen. Vielleicht war der Jahrgang in diesem Segment nicht ganz so exzellent bestückt. Oder umgekehrt mein Regal bereits zu exzellent. Dieses Spiel muss aber unbedingt noch mit rein. ORA ET LABORA verbessert das ohnehin schon tolle LE HAVRE: Die Warenketten wirken thematischer, das Drehrad vereinfacht den Anhäufungsmechanismus, das Spiel enthält nun eine landschaftsplanerische Komponente. Außerdem macht es Spaß, anderen Klosterbrüdern einen Drink zu spendieren. (Rezension: spielbox 1/2012)
Eclipse
Sogar außerordentlich viel des umkämpften Platzes im Regal benötigt (und bekommt) das üppig ausgestattete ECLIPSE. Ich bin nicht unbedingt der Weltraum-Fan, doch das sehr atmosphärische ECLIPSE bringt mich dazu, diese Spielwelt zu genießen. In verhältnismäßig kompakter Form und überschaubarer Spieldauer vereint ECLIPSE logisch, stimmig und abwechslungsreich die Aspekte Entdecken, Entwickeln und Kämpfen.
Kurz noch ein Wort zu den kleinen Spielen: Die machen hier durchaus mit (im Vorjahr waren immerhin drei auf meiner Liste) und von den diesjährigen würde ich WÜRFEL BOHNANZA und WANZEN TANZEN hervorheben. Aber bei der versprochenen „brutalstmöglichen Aussiebung“ fallen sie eben doch raus.
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2 Kommentare:
Danke. Ich warte jede Woche auf diesen sprachlichen und spielerischen Genuss. Bin ich nun ein Ventilator? Ein Hartkern-Ventilator? Nun, bestimmt einer der Millionen Leser. Und das hebt mich heraus aus dem Meer der Milliarden Nichtleser. Danke.
Ich hätte echt nicht gedacht, dass dir ein langes "Kriegs/Kloppen-Spiel" wie Eclipse gefällt - aber man lernt ja täglich dazu.
Ich bin mir noch nicht ganz sicher, aber ich habe momentan (nach zwei Partien) noch das Gefühl, dass man Eclipse aus den gleichen Gründen gerne spielen könnte, aus denen man in unreifem Alter Risiko, Targui, Civilizatin und Junta gerne gespielt hat: Faszination an Krieg-, Diktator-, Ich-bin-Gott-Spielen, welche sich aufgrund der zeitlichen Länge epochal anfühlen und sich in der Erinnerung zu einer Mischung aus Legende und Mythus verdichten, welche man so schnell wie möglich noch einmal durchspielen muss.
Und irgendwann ist man aufgewacht, hat die Spiele als lebenszeitfressende Monster für allmachtsphantasiebessessene Psychos und Chauvinisten abgetan und sich von nun an als Erwachsener gefühlt, der so etwas nicht mehr nötig hat. Ich habe tatsächlich Angst demnächst ein Déjà-vu zu erleben...
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