Als Allergiker habe ich keine Zimmerpflanzen. – Noch Fragen?
Wie geht SATTGRÜN? Wir legen ein Kartenraster, das wie das Muster eines Schachbretts abwechselnd aus Pflanzen- und Zimmerkarten bestehen muss. Wessen Auslage die meisten Punkte zählt, gewinnt.
Der Mechanismus, um an neue Karten zu gelangen, erinnert stark an CASCADIA: Ich bekomme immer eine Kombination aus Karte und Plättchen. Welche Karte mit welchem Plättchen verknüpft ist, ist Zufall. Aber ich habe immerhin die Wahl zwischen acht Kombinationen.
Die gewählte Karte muss ich sofort in mein Raster legen, das Plättchen nicht unbedingt. Maximal ein unbenutztes Plättchen darf ich mit in den nächsten Zug nehmen. Zwei Plättchensorten gibt es: 1. Möbel und Haustiere, die ich auf Zimmerkarten lege, um Punkte zu gewinnen. Im Bestfall stimmen Zimmer und Plättchen farblich überein, und ich sammle nur lauter verschiedene Möbelhaustiere. 2. Dünger, Blumenkelle und Gießkanne, die ich einsetze, um meine Pflanzen wachsen zu lassen.
Denn das ist die zentrale Idee von SATTGRÜN: Die Pflanzen auf den Pflanzenkarten sollen wachsen. Nur ausgewachsen zählen sie viele Punkte. Der Chinesische Feigenbaum benötigt zur Vollendung vier Wachstumsschritte (Blätter) und zählt dann drei Punkte. Der Titanenwurz benötigt acht Blätter, um zehn Punkte zu zählen.
Je ein Blatt wächst automatisch, sobald ich Pflanze und Raum so nebeneinander lege, dass der Raum das Lichtbedürfnis der Pflanze erfüllt. Der Titanenwurz will Halbschatten. Zeigt die Raumseite, die an den Titanenwurz grenzt, ein Halbschatten-Symbol, wächst die Pflanze.
Für zehn Wachstumsschritte wird es trotzdem nie reichten, selbst wenn der Titanenwurz vier passende Nachbarn hat. Deswegen gibt es Pflegeplättchen: Dünger kann ich auf eine Pflanze donnern und ihr dann drei Blätter auf einmal verpassen. Mit der Gießkanne wächst rund um einen Raum jeder Pflanze ein Blatt.
Was passiert? Sieben Punkte-Kategorien gehen in die Schlusswertung ein. Spielt man mit Zielkarten für Fortgeschrittene, sind es sogar zehn. Die Pflanzen machen üblicherweise den Großteil der Wertung aus. Man gewinnt aber nicht, wenn man sich ausschließlich auf Pflanzen konzentriert und Raumfarben, Möbel und alles andere komplett ignoriert.
Es lohnen sich also ein paar Gedanken darüber, welche Karten-Plättchen-Kombination die beste Wahl ist. Meistens muss man Kompromisse eingehen. Vielleicht hat das Möbelstück, das ich bekommen könnte, die richtige Farbe, aber nicht das gewünschte Symbol. Oder ich erhalte zusammen mit der gewählten Karte eine Gießkanne, was im Grunde gut ist. Nur kann ich sie gerade nicht lagern und auch nicht optimal einsetzen. Oder ich muss den Titanenwurz an einen Raum legen, der zu viel Sonne hat. Oder … oder.
Durch die zufällige Bestückung des Marktes können sich recht unterschiedliche Partieverläufe ergeben. Kommen früh viele Pflegeplättchen ins Spiel, haben die Pflanzen ihre Blätter schnell komplett, und man lässt Wachstumsmöglichkeiten notgedrungen verfallen, weil nichts mehr da ist, was noch wachsen könnte. Umgekehrt kann ein Mangel an Pflegeplättchen ein allgemeines Gieren nach Dünger hervorrufen.
Was taugt es? Einige meiner Mitspieler:innen mögen SATTGRÜN sehr. Meine Begeisterung ist eher am unteren Bereich des Meinungsspektrums angesiedelt. Ich empfinde SATTGRÜN als ziemlich unspannend, obwohl es rein handwerklich erst mal gar nichts zu bemängeln gibt: Man trifft relevante Entscheidungen, die Entscheidungen sind selten glasklar, die Spieldauer passt zur Spieltiefe, und vor allem: Das Spiel ist von Beth Sobel herausragend illustriert!
Mein Weniggefallen ist wohl ein Gemisch verschiedener Faktoren. Wie meine Mitspieler:innen ihr Muster bauen, ist in SATTGRÜN weitgehend irrelevant für mich. Jede:r bastelt still vor sich hin. (Das ist aber natürlich auch in vielen anderen Spielen so, die ich trotzdem gut finde.) Die diversen Marker – Blumentöpfe, Daumen, Blätter – erfordern recht viel Handling. Die Raumwertungen muss ich oft für meine Mitspieler:innen mit ausrechnen, was mir zeigt, wie wenig eingängig sie sind.
Insgesamt wirkt der Punktesalat eher aufgesetzt als thematisch begründet. Und durch die vielen Möglichkeiten, zu Punkten zu kommen, fühlt sich SATTGRÜN für mich eher lauwarm als heiß an. Ich kann nur begrenzt langfristige Bau- oder Sammelpläne verfolgen. Meistens muss ich es nehmen, wie es kommt. Deswegen fiebere ich meinen Zügen nicht entgegen. (Gewiss ist auch das wieder Geschmackssache. Und möglicherweise soll SATTGRÜN sogar so sein: ein gemütliches Wohlfühlspiel, das man nicht so hart an die Wand fahren kann wie etwa CALICO.)
Mein Hauptknackpunkt aber ist dieser: Was ich hier baue, interessiert mich nur wegen der Punkte. Es entsteht nichts Schönes, ich erschaffe keinen Garten, sondern ich befülle ein vorgegebenes abstraktes Raster. Obwohl es um Lichtverhältnisse geht, was durchaus mit Pflanzen zu tun hat, habe ich anders als in CASCADIA, wo ich es einleuchtend finde, dass Tiere in Landschaften gesetzt werden, nicht das Gefühl, einem Thema zu folgen. Nach ERDE ist SATTGRÜN nun schon das zweite Spiel binnen kurzer Zeit, das mir das nüchterne, poesielose Rastern von Karten als Naturthema unterjubeln will.
*** mäßig
SATTGRÜN von Molly Johnson, Robert Melvin, Aaron Mesburne, Kevin Russ und Shawn Stankewich für eine:n bis fünf Spieler:innen, Kosmos / AEG / Flatout Games.
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