Mittwoch, 31. Juli 2019

Gern gespielt im Juli 2019

SPACE BASE: Uchū koro.


HADARA: … schwimmt sogar in Milch.


SONAR FAMILY: Der U-Boot-Krieg endlich für die ganze Familie.


AMUL: Drei Viertel AZUL, ein Viertel MMM.


GREAT WESTERN TRAIL – RAILS TO THE NORTH: Aus ganz verschiedenen Gründen ist der Sommer meine Lieblingsjahreszeit. Einer davon: Spielen, was man möchte!


DETECTIVE – L.A. CRIMES: Crime de la Crime.





Dienstag, 30. Juli 2019

Hadara

Einleitung? Kein Thema.

Wie geht HADARA? Wir kaufen über drei Epochen Karten, die uns Schritte auf vier farbigen Skalen bringen und obendrein Punkte zählen. Natürlich sind alle Skalen interessant. Die gelbe Skala erhöht das Einkommen, die rote und die blaue bringen Punkte. Und die grüne Skala symbolisiert Ernährung. Dreimal im Spiel wird überprüft, ob ich hier mindestens so viele Schritte gemacht habe, wie ich Karten besitze. Falls nein, muss ich Karten abgeben, was üblicherweise sehr schmerzhaft ist.

Interessant ist, wie die Karten gekauft werden. In der ersten Kaufphase zieht man von einem der Farbstapel die obersten zwei. Eine legt man zum Vorrat für Phase zwei, die andere darf man kaufen. Dann kommt der nächste Farbstapel an die Reihe. In dieser Phase kriegt man von jeder Farbe bestenfalls eine Karte. „Bestenfalls“, weil das Geld oft nicht reicht, um überhaupt fünf Karten zu kaufen. Wer mit dem Kaufen aussetzt und eine der angebotenen Karten aus dem Spiel entfernt, kriegt eine kleine Finanzspritze.
In der zweiten Kaufphase geht es um die Reste aus Phase eins, die nun reihum verkauft werden, solange der Vorrat reicht. Wer will, kann sich jetzt auf bestimmte Farben spezialisieren.


Was passiert? Wie man merkt, versuche ich gar nicht erst, HADARA thematisch zu erklären, denn das Spiel ist nicht thematisch. Die Illustrationen erzählen irgendwas vom Aufbau irgendwelcher Zivilisationen. Man hat beim Spielen aber niemals den Eindruck, dass es darum tatsächlich gehen könnte. Sondern es geht darum, gut zu haushalten, um mit möglichst geringem Kapitaleinsatz möglichst effektive Karten zu bekommen, die obendrein gut harmonieren.
Auf der blauen und der roten Skala will ich bis zur Wertung vorgegebene Werte erreichen, dann kriege ich besonders viele Punkte. Bei Blau sind dies die 6, 12, 20 und 30. Sehr ärgerlich wäre es, auf der Skala bei 5, 11, 19 oder 29 stehenzubleiben.
Ich muss beobachten, welche blauen Karten noch zu bekommen sind, muss flüssig bleiben, um sie mir leisten zu können, und muss vielleicht Glück haben, dass die Wunschkarte in Kaufphase 2 im offenen Stapel dann auftaucht, wenn ich an der Reihe bin, und nicht etwa beim Konkurrenten, der ebenfalls scharf auf die Karte gewesen wäre. Man bibbert, ob es wie erhofft aufgeht. Und man tüftelt und rechnet, ob trotz allem die Ernährung gewährleistet ist und ob vielleicht obendrein bei Rot die nächste Marke erreicht werden kann.


Was taugt es? Ein besonderes Alleinstellungsmerkmal von HADARA zu nennen, fällt mir schwer. Trotzdem habe ich HADARA wieder und wieder gespielt und es hat mich in all den Partien nie gelangweilt. Das liegt am guten Flow des Spiels. Viele Aktionen lassen sich parallel ausführen. Man muss auf niemanden warten. Und wenn wir doch mal hintereinander an die Reihe kommen, dauert kein Spielzug sehr lange.
Natürlich bewirkt das Parallelspielen auch, dass man überwiegend für sich optimiert und das Treiben der anderen Spieler nur am Rande mitbekommt. In diesem Fall finde ich das aber nicht so tragisch, denn HADARA lebt von seiner Leichtgängigkeit. Es bringt schlichtweg nicht die Tiefe mit, dass ich im Detail wissen müsste, was bei den anderen Spielern vor sich geht. Und so puzzele ich an meinem eigenen Highscore, probiere mal diesen, mal jenen Weg, und fällt mir eine violette Karte mit Spezialfunktion in die Hände, inspiriert sie mich vielleicht dazu, meinen Plan noch einmal um- und auf genau diese Karte abzustellen.
HADARA ist kein großes, innovatives Spiel, von dem wir noch lange reden werden. Aber weil die Kartenphasen gut aufeinander abgestimmt sind, Entscheidung auf Entscheidung folgt und HADARA kein Gramm Fett zu viel hat, ist es dann doch über mehr Partien interessant und unterhaltsam, als man zunächst denken könnte.


***** reizvoll

HADARA von Benjamin Schwer für zwei bis fünf Spieler, Hans im Glück.

Dienstag, 23. Juli 2019

Castell

Bei Menschenpyramiden denke ich an Zirkus, Volksfest, Unterhaltung. Und ich denke kein bisschen an Arbeit. – Falsch gedacht!

Wie geht CASTELL? Wir sind hier nicht das Publikum. Sondern wir sind ein Castellteam, das von Stadt zu Stadt reist und Wettbewerbe bestreitet. Und trainiert, bis jede Kleinigkeit sitzt. Und das ist hart. Und dieses Gefühl von harter Arbeit simuliert CASTELL ganz hervorragend.
Die Regeln sind klar und überschaubar. Wer am Zug ist, darf (in beliebiger Reihenfolge) einen Ort weiterreisen, zwei Artisten anwerben, trainieren und sieben Mal im Spiel eine Sonderaktion durchführen, von denen die wichtigste ein Auftritt außer der Reihe ist, um Bonus-Punkte zu gewinnen.
Komplex wird das Ganze durch die Verzahnung. Artisten darf ich nur an meinen Aufenthaltsorten anwerben, die Auswahl ist überall begrenzt, und nicht jeden Artisten kann ich gut gebrauchen. Die großen gehören in einer Pyramide nach unten, die kleinen nach oben. Und vielleicht habe ich zu wenig große und um sie zu bekommen, müsste ich woanders hingehen als eigentlich gewünscht.

Trainieren lassen sich fünf Fertigkeiten. Welche wo, bestimmt ein Anzeigerad, das jede Runde weitergedreht wird, so dass jede Runde veränderte Bedingungen herrschen. Startet mein Zug in Barcelona und endet in Vilanova, kann ich nur das trainieren, was an einem dieser beiden Orte aktuell angeboten wird.
Und sofern ich an Punkten interessiert bin, schränkt sich meine Freizügigkeit weiter ein. Wenn am Ende von Runde 6 ein Festival in Vilafranca stattfindet und ich teilnehmen möchte, muss ich am Ende von Runde 6 in Vilafranca sein. Erfüllt meine Artistengruppe die Anforderungen, die in Tarragona bei Auftritten außer der Reihe gefordert sind, will ich möglichst schnell auch noch in Tarragona vorbeischauen, bevor mir jemand diese Wertung wegschnappt.


Was passiert? Den besten Weg und die besten auf diesem Weg möglichen Aktionen zu planen und zu koordinieren, ist eine heftige Knobelei. Zumal jedes Festival und jeder Sonderauftritt an Voraussetzungen geknüpft sind. Ich muss meine Pyramide immer wieder anpassen und, um konkurrenzfähig zu bleiben, während des gesamten Spiels immer weiter verbessern.
Für den Pyramidenbau gelten einfache Regeln. Und jede trainierte Fähigkeit erlaubt, diese Regeln auf irgendeine Weise zu brechen. Viele Spieler geraten an die Grenze ihrer Vorstellungskraft, um zu überblicken, wie es sich konkret auf die Höhe und Zusammenstellung ihrer Pyramide auswirkt, wenn sie nun „Mischen“ trainieren oder „Stärke“, und ob das nötige Personal vorhanden ist, um überhaupt Vorteile daraus zu ziehen.
CASTELL ist vielen eine Dimension zu viel. Während der Partie müssen Mitspieler Züge zurücknehmen, vergessen irgendwelche Kleinigkeiten und wollen sie später schnell nachholen, wollen irgendwas trainieren, das sie an ihrem Aufenthaltsort gar nicht trainieren dürfen, errichten Pyramiden, die sie mit den Fähigkeiten ihrer Gruppe gar nicht errichten dürften, und kriegen einen Knoten im Kopf. Und dafür müssen nicht mal Grübler am Tisch sein; es genügt eine normal begabte und somit normal überforderte Spielerunde.
Das ist schade, denn abgesehen von der schlechten Farbgebung des Spielplans, die Verwechslungen provoziert, macht CASTELL viele Dinge richtig.


Was taugt es? Das Thema ist unverbraucht, die Mechanismen sind ebenfalls unverbraucht und sehr originell (und wahrscheinlich fallen sie den Spielern deshalb so schwer), Abläufe und Mechanismen bilden obendrein das Thema sehr gut ab. Die Spielgeschichte lautet: Ich reise ich durch die Lande und bilde Menschenpyramiden. Und was passiert im Spiel? Ganz exakt das! Perfekt!
Aber ein Spiel soll eben auch spielerisch sein. CASTELL fühlt sich mehr nach Denksportaufgabe und Logikpuzzle an. Es hat nichts Leichtes an sich, nur Schweres. Das muss nicht grundsätzlich falsch sein. SCHACH hat auch nichts Leichtes an sich und besitzt trotzdem viele Fans. Mir nötigen solche Spiele Achtung ab, Vergnügen bereiten sie mir aber nicht.


**** solide

CASTELL von Aaron Vanderbeek für zwei bis vier Spieler, Schwerkraft.

Freitag, 19. Juli 2019

Vor 20 Jahren (79): Giganten

„Einmal im Jahr mache ich mir keine Gedanken um die anständige Füllung dieser Seiten“, leitete Redaktionsgaul Harry alias Herbert Heller sein Editorial in der Fairplay 48 (1999) ein. „Denn dann rotten sich die besten Kritiker Deutschlands zusammen und arbeiten an ihrer Spieleauswahl. Da bleibt immer genügend Stoff für Schimpf und Schande, die diese Seiten auf das Angenehmste füllen.“ Auch die 1999er-Liste war für Harry ein gefundenes Fressen: RA fehlte und GIGANTEN war nominiert.

Es war nicht lange her, dass meine Meinung immer exakt dem entsprach, was in der Fairplay geschrieben stand. Was auch damit zu tun hatte, dass ich etliche Spiele nicht aus eigener Erfahrung kannte und dem Urteil der Fairplayer blind vertraute. Es ging so weit, dass ich die dort schlecht besprochenen Spiele am liebsten auch gar nicht kennenlernen wollte, weil ich davon ausging, sowieso zu demselben Urteil zu gelangen.

Mittlerweile, 1999, war ich aber nicht nur selber Mitarbeiter der Fairplay, ich war außerdem Rezensent einer Tageszeitung. Ich spielte viele Spiele, schon bevor sie in der Fairplay besprochen wurden. Und ich kam zu anderen Ergebnissen. Und in diesem Fall zu einem deutlich anderen. Als GIGANTEN 1999 für die Wahl zum „Spiel des Jahres“ nominiert wurde, überraschte mich das kein bisschen. Ich fand es absolut gerechtfertigt.


Vor allem die Materialausstattung von GIGANTEN – heute, in Zeiten der Miniaturenspiele, kaum der Rede wert – war überwältigend. Michael Knopf schwelgte in der spielbox 3-1999: „Unter uns Kindern darf man’s ja sagen: Es ist einfach herrlich, wenn ein Ölfäßlein ein Ölfäßlein ist und nicht nur ein fäßleinförmiger Klotz. Auch kleine Lastwagen, die tatsächlich wie Lastwagen aussehen, sind eine überaus putzige Angelegenheit, von den Lokomotiven – ach! – ganz zu schweigen.“ Nur Miesepeter Frank Kersten fand in Fairplay 49 (1999), angesichts des begrenzten Spielreizes werde hier mit Kanonen auf Spatzen geschossen.

Gewiss: GIGANTEN war kein tiefgründiges Spiel, aber doch auf sehr harmonische Weise so verwoben, dass man immer etwas zu entscheiden und immer auch ein bisschen Leidensdruck hatte, weil nicht alles gleichzeitig ging. Und mit den plastischen Plastikfiguren zu hantieren, schuf viel Atmosphäre. Ich hatte damals Spielerunden, die noch nicht so lange dabei waren, und für diese Runden war GIGANTEN genau auf dem richtigen Level.

Tja. Jetzt fehlt zum Abschluss nur noch eine lustige / kuriose / bemerkenswerte GIGANTEN-Anekdote, aber es gab keine. Okay, eine Sache will ich aber doch nicht unerwähnt lassen: James Dean hat mitgespielt. Kurz vor seinem Tod.


Montag, 15. Juli 2019

Reykholt

Das Cover von REYKHOLT macht alles richtig: Es sieht wunderschön idyllisch aus, und als Autor steht Uwe Rosenberg drauf.

Wie geht REYKHOLT? REYKHOLT erinnert an VOR DEN TOREN VON LOYANG, ist aber deutlich einfacher. Es gewinnt, wer auf einer Skala am weitesten kommt. Um vorangehen zu dürfen, muss man vorgegebene Mengen gleicher Waren bezahlen, für den ersten Schritt eine Tomate, für den zweiten Schritt einen Salat usw. bis hin zu sechs Möhren für den (hypothetischen) 30. Schritt.
Tückisch ist, dass die Waren zugleich als Saatgut dienen. Ich erwerbe im Laufe des Spiels Gewächshäuser mit mehreren Beeten. Wenn ich aussäe, platziere ich auf einem leeren Beet ein Saatgut, die übrigen Beete füllt die Bank für mich auf. Am Ende jedes Durchgangs ernte ich aus jedem Gewächshaus eine Pflanze.
Das ist ein langsamer Vorgang, insbesondere wenn ich mittlerweile im schmerzhafteren Bereich der Abgabe-Skala angekommen bin, wo jeder Schritt drei oder vier gleiche Waren kostet.
Beschleunigend können meine Arbeiter eingreifen. Jeder Spieler hat drei. Und mit ihnen spielt man ein klassisches Arbeiter-Einsetzspiel auf 24 Einsetz-Feldern. Man bekommt Saatgut. Oder Gewächshäuser. Oder Saat-Aktionen. Oder Ernte-Aktionen außer der Reihe. Oder man erwirbt Spezialfähigkeiten, die für den Rest des Spiels gelten.


Was passiert? In REYKHOLT geht es um die richtige Balance. Ich will Waren produzieren und ausgeben, um so viele Schritte wie möglich zu machen. Aber ich muss haushalten. Spiele ich mich bei einer Sorte blank – in bestimmten Situationen kann das sinnvoll sein –, kostet es mich eine Arbeiteraktion, überhaupt wieder an Saatgut zu gelangen.
Das ist stimmig und logisch und die Abläufe sind gut überschaubar. Weniger überschaubar ist allerdings das Spielbrett. Trotz nachvollziehbarer Symbolsprache lassen sich die vielen optischen Informationen kaum erfassen. Anfänger irren auf dem ungeordneten Spielplan herum und müssen sich bei jedem einzelnen Feld wieder und wieder die Texte durchlesen, um zu verstehen, was sie dort tun können.

Diese Hürde lässt sich nehmen. Was dennoch bleibt, ist ein streng mathematisches Spielgefühl. REYKHOLT fühlt sich an, als würde ich ein Programm durchlaufen. Und ich habe den Eindruck, dass ein Computer den perfekten Zug viel besser ausrechnen könnte als ich.
Anders als bei zum Beispiel AGRICOLA, wo man auf bestimmte Aktionen giert, weil sich vielleicht neun Holz angesammelt haben, ist REYKHOLT eher ein Spiel kleiner, unauffälliger Vorteile. Beispielsweise besagt eins der Felder, dass ich mindestens dreimal aussäen darf. Was zweifellos besser ist, als nur einmal oder zweimal auszusäen. Und bin ich in der glücklichen Lage, dass niemand außer mir drei leere Gewächshäuser zum Aussäen hat, kann ich die Sache prima aussitzen und erst mal was anderes machen. Trotzdem wird kein Spieler total abgehängt: Erstens weil immer genügend sinnvolle Einsetzfelder für alle da sind, zweitens weil die Schritte auf der Skala immer teurer werden, was die Führenden bremst.


Was taugt es? Das Cover und das schöne Material täuschen: REYKHOLT versetzt in keine Idylle, sondern ist ein Spiel für Rechner und Optimierer. Weil es sehr auf den mathematischen Kern von Vermehrung und Abgabe reduziert ist, hat es nicht die Wärme und die Anziehungskraft anderer Rosenberg-Arbeiter-Spiele.


*** mäßig

REYKHOLT von Uwe Rosenberg für einen bis vier Spieler, Frosted Games.

Donnerstag, 11. Juli 2019

Showtime

Ein kleines Spiel zu Beginn: Ich nenne meine letzten drei Filme, dann kann sich jeder sein eigenes Bild über den Gelegenheitskinogänger Udo Bartsch machen: Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm, Gundermann, The Favourite.
Und weil dies eine Bonus-Rezension ist, hier als Bonus drei weitere Filme, die mich in demselben Zeitraum stark interessierten, die ich aber verpasste: BlacKkKlansman, The Sisters Brothers, Border.

Wie geht SHOWTIME? In drei nacheinander laufenden Filmvorstellungen will jeder Spieler seine Personenkarten optimal platzieren. Immer vier hat man zur Auswahl. Jede dieser Personen mag ein bestimmtes Filmgenre. Themengetreu bringt es Punkte, den Action-Fan tatsächlich in einen Haudrauf-Film zu setzen und nicht etwa in eine Schnulze.
Darüber hinaus zählt, auf welchen Plätzen die Personen sitzen (jeder Sitz hat einen Grundwert, die Mitte ist besser als außen) und welche Eigenschaften und Sitznachbarn sie haben. Linda Love ist beispielsweise besonders glücklich, wenn sie ein Liebespaar bildet, indem sie entweder neben einer anderen Linda Love oder neben Louis L’Amour sitzt. Nachbarn der Popcorn futternden Mia Mampf erhalten einen Abzug. Und wer hinter dem Sitzriesen Leo Lulatsch Platz nehmen muss, hat komplett abgelost.


Was passiert? Die bewusst klischeehaften und überspitzten Eigenarten der Personen sind lustig gewählt. Obwohl jede Karte anderen Regeln folgt, kommt man über das Thema schnell ins Spiel. Allerdings verbraucht sich der Gag enorm schnell und übrig bleibt ein Spiel, das kaum relevante Entscheidungen bietet.
Unter seinen vier Handkarten wählt man üblicherweise eine, die das aktuelle Filmgenre mag. Und welches der nach aktuellem Wissensstand beste Platz ist, lässt sich ebenfalls leicht ermitteln.
Zwei Personenkarten können andere Karten verdrängen. Das ist die einzige Spannungs- und Überraschungskomponente. Passiert einem dies, ist es eben Schicksal. Verhindern kann man es eh nicht, außer indem man jammert und lamentiert und darauf verweist, dass andere in Führung liegen.


Was taugt es? Die Spielgeschichte von SHOWTIME finde ich stärker als die in BEASTY BAR, das aus derselben Autorenwerkstatt stammt und ähnlich abläuft. Darüber hinaus sammelt SHOWTIME nicht viele Pluspunkte und der Spielreiz verfliegt schnell. Als Film wäre SHOWTIME eine harmlose Komödie, die einen hin und wieder schmunzeln lässt, aber nach wenigen Wochen aus den Kinos verschwindet.


*** mäßig

SHOWTIME von Anna Oppolzer und Stefan Kloß für zwei bis vier Spieler, Pegasus Spiele.

Sonntag, 7. Juli 2019

Senators

Auch beim „Tag der Brettspielkritik“ habe ich leider nicht gelernt, wie man Einleitungen schreibt.

Wie geht SENATORS? Wer am Schluss die meisten Senatoren hat, gewinnt. Senatoren kauft man für Geld, also braucht man Geld. Geld wiederum verdient man mit dem Einlösen von Warenkartensets (drei gleiche Zahlen oder drei einer Farbe oder am besten: drei aufeinanderfolgende Werte einer Farbe), also sammelt man tunlichst Karten.
Bin ich am Zug, wähle ich eine von drei Aktionsmöglichkeiten, zum Beispiel das Versteigern. Vier Karten aus dem Vorrat stehen nun zum Verkauf. Reihum machen die Spieler Gebote. Ich entscheide, ob der Höchstbietende kaufen darf (und mir das Geld zahlt) oder ob ich selber kaufe und das Geld dem Höchstbietenden zahle.
Irgendwann habe ich Sets und wähle dann wohl die zweite Aktionsmöglichkeit: Einlösen. Ich gebe Sets ab und / oder kaufe Senatoren.
Und dass SENATORS ein hinterlistiges Spiel ist, lehrt Möglichkeit drei: das Erpressen. Reihum mache ich jedem Spieler ein Gebot für eine seiner Karten. Entweder er verkauft sie mir zu diesem Betrag oder er zahlt mich aus und darf die Karte gnädigerweise behalten.


Was passiert? Besonders amüsant ist es, Mitspieler auf dem falschen Fuß zu erwischen. Gerade haben sie teuer ihre ultimative Wunschkarte erworben, hatten aber noch keine Gelegenheit zum Einzulösen. Mit der Drohung, das kostbare Set zu zerstören, kann man diesen Opfern noch mal prächtig Geld aus der Nase ziehen – oder tatsächlich das Set zerstören.
SENATORS ist hart und ungerecht. Wer am Boden liegt, kriegt gerne noch mal extra einen drauf. Mit Erfahrung lernt man, vorsichtiger zu spielen und sich nicht allzu angreifbar zu machen. Doch um zu gewinnen, muss man die sichere Deckung irgendwann verlassen. Denn SENATORS endet plötzlich.
Vor jedem Spielerzug wird immer eine Ereigniskarte aufgedeckt. Fünfmal ist der „Krieg“ im Stapel und der vierte von ihnen beendet das Spiel sofort. Und wer jetzt nicht die meisten Senatoren hat, gewinnt auch nicht. Es gibt keine Schlusswertung, es geht nicht um Senatoren, die man mittels wertvoller Karten oder großer Bargeldreserven hätte kaufen können oder wollen.
SENATORS verteilt Glück und Pech sehr großzügig. Glück: Man hat schnell ein wertvolles Set beisammen. Pech: Man hat angefangen, Oliven und Eisen zu sammeln und genau diese Karten tauchen nicht mehr auf. Glück: Man hat gerade Senatoren gekauft und prompt schüttet ein Ereignis eine Belohnung für Spieler mit vielen Senatoren aus. Pech: Man hat gerade Joker gekauft und prompt eliminiert ein Ereignis sämtliche Jokerkarten.
Allein schon der Zufall, wann SENATORS endet, kann Planungen und Bemühungen zunichtemachen. Um zu gewinnen, genügt es, nur einen kurzen Moment der Führende zu sein: beim Aufdecken des vierten Krieges. Dass der nächste Spieler in seinem Zug die Führung übernommen hätte, ist für die weitere Geschichtsschreibung vollkommen egal.
SENATORS beinhaltet also eine Menge Schicksal – aber eben auch jede Menge Thrill. Die Fallen und Gemeinheiten und die Möglichkeit, anderen Spielern direkt zu schaden, erzeugen ein besonders intensives Spielgefühl. Man bibbert mit. Jede Entscheidung erscheint wichtig. Jede Entscheidung kann nach hinten losgehen. Und hoffentlich hat noch keiner geschnallt, dass man hinterm Sichtschirm fast gar kein Geld mehr besitzt!

Dennoch gleitet SENATORS nicht in Willkür ab. Dass man Einfluss besitzt, zeigt sich schon daran, dass Anfänger fast immer Kanonenfutter sind. Es hilft, zu verfolgen, welche Karten andere Spieler sammeln. Wichtig ist zudem das Timing für die richtige Aktion zum richtigen Zeitpunkt. Und natürlich erfordert SENATORS als Versteigerungsspiel auch ein Gespür für das passende Gebot. Und okay: Glück braucht man auch.

Was taugt es? SENATORS erzeugt mit einfachen Mitteln zahlreiche Dilemmata und positive wie negative Emotionen. SENATORS fühlt sich deshalb besonders intensiv an. Wie man heutzutage so schön sagt: Es macht etwas mit einem. Einen ärgern zum Beispiel.


***** reizvoll

SENATORS von Haig Tahta und Rikki Tahta für drei bis fünf Spieler, Ferti.