Montag, 5. Oktober 2020

Spielejahrgang 2019/20:
Was vom Jahrgang übrig bleibt (Teil 1: Rot)

Der Rückblick beginnt mit einem Rückblick: Im Vorjahr sind viele kleine Spiele übrig geblieben: Mit L.A.M.A., WERWÖRTER, JUST ONE und DIZZLE vier „rote“ Spiele für alle, dazu mit DOPPELT SO CLEVER eins für Kennerinnen und Kenner.
Wie ich mehr und mehr feststelle: Kleine Spiele zu behalten, fällt mir aus Platzgründen leichter. Kleine Spiele rutschen auch eher noch mal in die Tasche, wenn ich irgendwo zum Spielen gehe. Kleine Spiele haben eine größere Chance, wiedergespielt zu werden.

Somit würde es naheliegen, auch von diesem Jahrgang mehrere kleine rote Spiele zu behalten. Aber die Realität ist nicht so einfach gestrickt, wie wir es gerne hätten. Der Jahrgang war im Bereich der kleinen roten Spiele diesmal nicht ähnlich überragend.


Das von mir am häufigsten gespielte Spiel war MY CITY. Ich habe (fast) drei komplette Kampagnen absolviert, lediglich die dritte hängt seit Längerem zwischen Umschlag sieben und acht fest.
Auch wenn ich aus Spielersicht supertoll finde, welche zusätzlichen Möglichkeiten in Legacy-Spielen stecken: In meiner Kritikerarbeit bringt mich Legacy an den Rand des Möglichen. Ich erschrecke deshalb regelmäßig, wenn ich erfahre, dass weitere Legacy-Spiele erscheinen. Aber spielen möchte ich sie auch. Verdammt.
MY CITY wird dennoch nicht physisch, sondern nur als Erinnerung übrig bleiben. Zweifellos sind meine drei Metropolen städtebaulich ganz exzellent geworden. Sie auszustellen, scheint mir trotzdem übertrieben. Also muss ich die Spielkartons samt Inhalt nicht weiter aufbewahren. MY CITY hatte seine Zeit – und jetzt ist sie vorbei.

NOVA LUNA halte ich trotz seiner Nominierung für die Wahl zum Spiel des Jahres für eines der unterschätztesten Spiele des Jahrgangs (leider auch in vielen meiner Runden). Die Puzzleaufgabe könnte nicht eleganter sein, darüber hinaus hat sie eine schöne Tiefe. Die Konzeption als Wettrennen und die damit verbundene Spannung machen NOVA LUNA endgültig rund.

Für ebenfalls stark unterschätzt, trotz – und von einigen Querdenker*innen vielleicht sogar: wegen – seiner Wahl zum Spiel des Jahres, halte ich PICTURES. Unbestritten gibt es Kritikpunkte am Spiel. Aber wer PICTURES tatsächlich spielt, wird erfahren, dass sie praktisch kaum eine Rolle spielen. Material und Aufgabenstellung üben einen Sog aus; das Spielgefühl ist überaus positiv. Selbst Partyspiel-Muffel sind mit Eifer dabei. Ihnen kommt entgegen, dass wir in PICTURES permanent abstrahieren.

Man kann jetzt sagen: Heh, Herr Bartsch, da hast du ja einfach die drei Nominierten als die herausragenden Spiele genannt. Und dann sage ich: Stimmt!

Von den kleinen Spielen für alle wird in diesem Jahr nur eins bei mir übrig bleiben: SPICY. Tatsächlich ist auch das Design ein Grund für mich, das Spiel zu behalten. Heidelbär Games plant offenbar weitere Spiele in ähnlicher Aufmachung. Sollte sich das als der Beginn einer legendären Serie herausstellen, wäre es ja zu fahrlässig, ausgerechnet die Nummer eins nicht mehr zu haben.

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