ECHOES erzählt von Gegenständen, die Stimmen und Geräusche aus der Vergangenheit abspeichern. Dank übersinnlicher Fähigkeiten können wir diese Gegenstände nachträglich zum Sprechen bringen.
Man kann sich das so vorstellen: Udo Bartsch hat am vorigen Donnerstag im Halbschlaf eine tolle Einleitungsidee vor sich hingebrabbelt, und nun müsste man lediglich das Ohr an seine Bettdecke halten, um die Einleitung zu hören.
Superduper! Theoretisch. Die Sache scheitert natürlich daran, dass Udo Bartsch weder vorigen Donnerstag noch an irgendeinem anderen Tag jemals Einleitungsideen gehabt hätte.
Wie geht ECHOES? So wie beschrieben, nur ohne Udo Bartsch und auch nicht mit realen Objekten, sondern mit Abbildungen auf Karten: ein Schlüssel, eine Schatulle, eine zerbrochene Schallplatte. Diese Karten scannen wir mit dem Handy und hören nun das zugehörige Audiofile.
Unsere kooperative Aufgabe: die Karten in die richtige Reihenfolge bringen. Dazu müssen wir die Dateien abhören und noch mal abhören und wieder abhören, denn merken kann man sich das alles nicht, und oft kommt es auch auf Details an, beispielsweise auf Hintergrundgeräusche.
Sechs der insgesamt 24 Karten sind aus dickerer Pappe. Sie sind jeweils der Anfang eines Kapitels, das aus drei weiteren Karten besteht. Nur weiß man eben nicht, welche drei Karten. Und man muss ebenfalls herausfinden, in welche Reihenfolge die Kapitel gehören.
Meint die Gruppe, ein Kapitel komplett zu haben, kann sie sich das von der App bestätigen lassen. Falls die gedachte Lösung stimmt, belohnt ECHOES die Spieler:innen, indem das Kapitel nicht nur komplett abgespielt wird, sondern zusätzlich noch einige, oft entscheidende Zusatzinformationen, die bei der Rekonstruktion weiterer Kapitel helfen. Stimmt die Lösung nicht, tüftelt man einfach weiter. Es gibt keine Strafen, keine Punktwertung, keine Zeitbeschränkung.
Was passiert? Man hört und hört, stellt Hypothesen auf, diskutiert und hört noch mal. ECHOES ist kein Wettbewerb. Der Reiz entsteht durch die Geschichten und die sehr professionell vertonten Hörstücke. ECHOES ist ein Puzzle, das man mit seinen Ohren löst. Und mit Hirn. Denn man muss gut zuhören und kombinieren, damit man aus dem Gehörten die richtigen Schlüsse zieht.
Was taugt es? Die Aufgabenstellung ist originell. Das Originelle verbraucht sich aber auch bald, denn Ablauf und Vorgehensweise bleiben immer gleich. Wie sehr eine Gruppe von ECHOES in den Bann gezogen wird, hängt auf längere Sicht von der Qualität der Geschichten ab. Solange die Geschichten unterhalten oder auch überraschen, lässt man sich gern noch auf eine weitere ein.
Alle Geschichten haben eine mehr oder weniger unerwartete Wendung. Die Inhalte sind ein bisschen düster, teilweise tragisch. Es wird nicht die heile Welt beschworen, die man sonst aus vielen Spielen kennt. Am besten hat mir übrigens DIE TÄNZERIN gefallen.
In einer interessierten Gruppe würde ich auch gerne weitere Fälle spielen. Ich brenne aber nicht darauf, solange kommende Episoden einfach nur demselben Muster folgen.
Fragwürdig finde ich, warum wir die Kartenmotive scannen sollen (statt zum Beispiel Icons auf einem Display anzuwählen). Es entsteht durch das Scannen kein Mehrwert, es wird nur aufwendiger. Und erfordert spezielle Technik. Auf manchen älteren Handys funktioniert ECHOES nicht. Eigentlich braucht ECHOES die Karten nur, damit man sie auf dem Tisch sortieren und umgruppieren kann.
Und noch eine Kleinigkeit, die zwar nicht groß ins Gewicht fällt, mich bei einem Spiel, das so viel Wert auf eine stimmige Geschichte zu legen scheint, aber doch etwas stört: Die Kombination der Gegenstände mit den Audiofiles kommt mir hier und da etwas gewollt vor. Richtig klasse wäre es gewesen, wenn alle sprechenden Gegenstände in den Geschichten auch eine Rolle spielten.
**** solide
ECHOES – DIE TÄNZERIN / DER COCKTAIL / DER MIKROCHIP von Dave Neale und Matthew Dunstan für eine:n bis sechs Spieler:innen, Ravensburger.
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