Dienstag, 4. April 2023

Trauer um Klaus Teuber

(C) Foto: Kosmos

Der Spieleautor Klaus Teuber ist tot. Er war ein leiser Mensch, zurückhaltend und voller Empathie. Obwohl er immerhin DAS Spiel schlechthin entwickelt hatte, DIE SIEDLER VON CATAN, blieb er geerdet und genügsam. Er erweckte nie den Eindruck, dass ihm Ruhm viel bedeutete, auch Luxus nicht. Ihm war sein Werk wichtig, von der Idee über den Prozess des Entwickelns bis zum kompletten Spiel. Klaus Teuber wirkte zufrieden und mit sich im Reinen, dies jedoch nicht im Sinne von satt und saturiert. Er war selbstkritisch seinem Schaffen gegenüber, er hatte hohe Maßstäbe. Die Ruhe, die Teuber ausstrahlte, war die Gewissheit desjenigen, der sich genügend hinterfragt hatte und seine Leistung demzufolge realistisch beurteilen konnte. Und der sie eher unter- als überschätzte.

Klaus Teuber liebte vergangene und fiktive Welten, Geschichten und Figuren, er träumte und fantasierte sich in solche Szenarien hinein, und es war sowohl sein als auch unser aller Glück, dass es ihm auf ganz besondere Weise gelang, diese Welten und Geschichten in Spielen zum Leben zu erwecken. Teubers Glück war es, weil er aufgrund seines Erfolgs als Autor den zehrenden und belastenden Beruf des Zahntechnikermeisters aufgeben und die Sorgen seines Dentallabors hinter sich lassen konnte, um fortan materiell abgesichert ein schöpferisches Leben zu führen. Und unser Glück natürlich, weil wir seine Spiele spielen durften.

Als DIE SIEDLER VON CATAN 1995 erschien, war ich längst Vielspieler. Deshalb war CATAN nicht mein Einstieg in die Brettspielwelt. Doch auch in meinem Fall hat Klaus Tauber maßgeblich dazu beigetragen: mit ADEL VERPFLICHTET und DRUNTER & DRÜBER. Ende der 1980er-Jahre fing ich an, mich intensiv für Spiele jenseits von RISIKO und DIPLOMACY zu interessieren und Spielezeitschriften zu lesen. Ich liebte möglichst komplizierte und zeitintensive Spiele. Aber nicht ausschließlich. Auch Klaus Teubers wesentlich zugänglichere Werke, die genau in dieser Zeit erschienen, begeisterten mich. Anders als die eher intellektuell befriedigenden 1830 oder DIE MACHER erlebte ich in Teubers Spielen ein intensives Kribbeln und Mitfiebern. Sie packten mich auch emotional.

Klaus Teuber beherrschte es meisterhaft, in seinen Spielen Interaktion zu erzeugen auf eine Weise, die nicht aufgesetzt war, sondern sich direkt aus dem Spiel selbst ergab. Gerade ADEL VERPFLICHTET ist Interaktion pur. Die Idee, uns Runde für Runde an zwei verschiedene Orte zu schicken, wo wir jeweils untereinander rivalisieren, reiht Höhepunkt an Höhepunkt. Keine Entscheidung treffe ich isoliert für mich allein, neben Taktik ist alles Zock, Bluff und Psychologie.
DRUNTER & DRÜBER interpretiert das Legespiel auf innovative und auch freche Weise, denn es ist genau genommen ein Kaputtlege-Spiel. Normalerweise baut man im Legespiel auf, hier wracken wir ab. Jedes Plättchen zerstört einen Teil der Stadt Schilda. Interaktion entsteht, weil wir die Auslage gemeinsam erschaffen, allerdings mit völlig unterschiedlichen Zielen, und weil Bauvorhaben immer wieder mal zur Abstimmung gestellt werden müssen, was auch in diesem Spiel viel Raum für Taktik und Bluff eröffnet.

Weil seine Werke mir so viel bedeuten, weil sie Teile meiner spielerischen Biografie und meines Lebens sind, weil unendlich viele Erinnerungen damit verknüpft sind, fühle ich mich Klaus Teuber sehr verbunden, auch ohne ihn privat gekannt zu haben. Bei Begegnungen auf Spieletreffen oder bei Interviews blieben wir stets beim Sie. Jetzt, zum Abschied, erlaube ich mir das Du.

Danke für alles, Klaus!



Foto: Verlag Kosmos

2 Kommentare:

Johannes Grimm hat gesagt…

Lieber Udo, vielen Dank für diese einfühlsamen Worte. Das trifft es auf den Punkt. Ich hatte mit Klaus Teuber vor gut einem Jahr noch einen kurzen, aber sehr, sehr netten Kontakt. Bescheidenheit pur! Ich würde mich freuen, wenn du bei deiner Nennung seiner Spiele auch das grandiose LÖWENHERZ (in der Originalversion von Goldsieber) noch angemessen berücksichtigst. Es hat, finde ich, durchaus auch einige Alleinstellungsmerkmale. Herzliche Grüße, Johannes

Udo Bartsch hat gesagt…

Auch Löwenherz ist ein tolles Spiel. Es ging mir in meinem Text um die älteren Spiele, die meine Spielerbiografie maßgeblich beeinflusst haben.

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