Donnerstag, 31. Mai 2012

Gern gespielt im Mai 2012

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

DOMINION: Mist. Ich bin erneut rückfällig geworden. Ach, und übrigens: Mit HINTERLAND bin ich durch. Nachschub, bitte! Schnell!!



GOA: Sehr gute Neuauflage. Wer GOA nicht hat, hat was verpasst. Und es ist schön zu wissen, dass es auch Spiele von Rüdiger Dorn gibt, die ich gelegentlich gewinne, denn...



VEGAS überfordert mich anscheinend mit seinen komplex verzahnten Mechanismen, und ich befürchte, ich kriege hier nie ein Bein an die Erde.



DUNGEON FIGHTER: Ich ahnte gar nicht, welch nützliche Talente in mir schlummern. Beispielsweise bin ich recht begabt darin, Würfel von meiner Nase abrollen zu lassen.



DIE GULLIPIRATTEN: Wenn man genau hinsieht, dann lächelt die Ratte auf dem Cover. Vielleicht ist sie sogar verliebt?! Also im Grunde ein Schmusespiel mit Kröte und Kakerlake.



FLASH POINT: FIRE RESCUE: Meine Rückgratlosigkeit ekelt mich an. Nur um zu gewinnen, verrate ich meine heiligsten moralischen Prinzipien. Neulich habe ich sogar einen Hund gerettet!


Sonntag, 27. Mai 2012

Africana

Da mir in meinen Spielerunden zuletzt ein wenig die Autorität und Meinungsführerschaft abhanden gekommen sind, steht der Mai im Zeichen des Widerstandes. Zur Rezension wähle ich Spiele, die mindestens einem oder gar mehreren meiner Mitspieler besonders gut gefallen, und schreibe: Hey, Moment mal, tschuldigung, ganz so intergalaktisch ist das Spiel nun auch wieder nicht. Und nur ich habe Recht. Tipptopp! Klippo! Erster Sager!

Wie geht AFRICANA? Wir bereisen Afrika. Immer fünf „Expeditionen“ liegen offen zur Auswahl und besagen zum Beispiel: „Gehe von Addis Abeba nach Congo.“ Zur Belohnung gibt es Siegpunkte und Geld. Das Geld dient hauptsächlich dazu, um sich private Aufträge hinzuzukaufen, die man nebenbei auch noch erledigen will. Diese Aufträge werden in den Kartenkatalogen angeboten, die uns Älteren noch aus VALDORA bekannt sind.
An den öffentlichen Aufträgen darf sich jeder beteiligen, der den Startort erreicht. Er erhält sogar einen „Beitrittsbonus“ (Geld oder eine Reisekarte). Kommt der erste Teilnehmer am Zielort an, ist der Auftrag erledigt und aus dem Spiel und wird durch einen zufälligen neuen ersetzt.
Wer an die Reihe kommt, darf entweder Reisekarten nachziehen, oder welche ausspielen, um seine Figur zu bewegen. Jeder Ort hat ein bis zwei Farbmarkierungen. Um die Figur zu einem Nachbarort zu ziehen, muss man eine Karte seiner Farbe spielen.
Erledigte Privataufträge bringen entweder Sammelgegenstände, die am Schluss für einen großen Punktebonus sorgen können, oder Helfer. Helfer sind Reisekarten, die nach dem Ausspielen nicht abgegeben, sondern wieder auf die Hand genommen werden. Sie ersparen also einige Male das Nachziehen. Allerdings zählen sie am Schluss unabwendbar Minuspunkte.

Wie fühlt es sich an? AFRICANA hat einige Längen. Erstens weil man die Start- und Zielorte auf dem Spielplan finden muss. Zweitens weil der Zug des Vordermanns die Situation stark verändern kann und dann dazu zwingt, mit dem Austüfteln der optimalen Reiseroute von vorn zu beginnen.
AFRICANA hat aber auch einige Reize: Eigentlich möchte man Züge sparen und, wenn schon, dann richtig weit laufen und mehrere Ziele auf einmal abklappern. Allerdings gibt es ständig Verlockungen, um seine Züge dann doch für ganz kurze Reisen zu verbraten. Oder es treibt die Sorge, die Mitspieler könnten einem etwas wegschnappen.
Gelungen finde ich auch das Wechselspiel zwischen Nord- und Südhälfte des Kontinents. Im Norden kann man bloß Privataufträge kaufen, für die man in den Süden reisen muss. (Und umgekehrt.) Bei den öffentlichen Aufträgen wechseln sich Norden und Süden mehr oder weniger ab, und während die Mitspieler den Süden abgrasen, bietet es sich vielleicht an, antizyklisch im Norden zu verweilen und darauf zu hoffen, dass einem einige der kommenden Aufträge vor die Füße fallen.

Was taugt es? Anfangs habe ich geglaubt, dass derjenige gewinnt, der als Erster an Helferkarten herankommt, und es hat einige Partien gebraucht, bis diese These endlich widerlegt wurde. Spaß gemacht hatte mir AFRICANA aber schon vorher. Vor allem die Beitrittsboni sind ein toller Mechanismus, weil sie so schöne Zwiespälte auslösen: Nur um ein paar Zehntel mehr herauszukitzeln und einen Bonus abzugreifen, ändere ich vielleicht doch noch mal meinen Plan. Und dies wiederum setzt die Mitspieler unter Druck, ihre Expeditionen beizeiten zu beenden. Könnte ja sein, dass mir der Bonus Appetit auf noch mehr gemacht hat.
Insgesamt ist AFRICANA eine stimmige Angelegenheit. Es ist ein gradliniges Taktikspiel, bei dem ich gerne mitspiele. Um es selber vorzuschlagen, fehlt mir allerdings das besondere Merkmal, was auch immer das sein soll. Vielleicht etwas mehr Emotionalität oder ein packendes Thema oder, wie man so sagt, mehr Kante.

AFRICANA von Michael Schacht für zwei bis vier Spieler, Abacusspiele.

Sonntag, 20. Mai 2012

Siberia

Burgund! Spanien! Orient! Italien! Karibik! Afrika! Und... äh, Sibirien. Spiele führen uns an die Orte unserer Träume. Und... äh, an andere Orte. In fremden Welten nehmen wir neue Identitäten an: Wir herrschen. Wir erobern. Wir schaffen Kultur. Und... äh, wir wühlen im Permafrostboden. Spielen kann so schön sein!

Wie geht SIBERIA? Wir erschließen Rohstoffe und verscherbeln sie. Der reichste Spieler gewinnt. Um die Bodenschätze zu heben, benötigen wir Arbeiter in verschiedenen Regionen Sibiriens. Je mehr Arbeiter, desto mehr Rohstoffe derselben Sorte sind mit einer Aktion zu erlangen. Zum Verkauf benötigen wir Verkäufer. Die verteilt man an verschiedenen Börsen und verkauft dort, wo es den besten Preis bringt. Mehr Verkäufer bedeuten bessere Preise.
Der Hauptmechanismus von SIBERIA beruht auf Aktionsplättchen. Pro Runde zieht jeder Spieler sechs davon aus einem Beutel. Jedes Plättchen ermöglicht zwei oder drei verschiedene Aktionen. Für eine muss man sich entscheiden und das Plättchen entsprechend auf oder neben dem eigenen Tableau platzieren. Um eine Aktion schließlich auszuführen (Rohstoffe abbauen, Arbeiter bewegen etc.), benötigt man jeweils zwei zugeordnete Plättchen, die nach Gebrauch zurück in den Beutel wandern. Das Platzieren der Plättchen geschieht simultan, ihre Aktionen führen die Spieler der Reihe nach aus. Plättchen dürfen für den kommenden Durchgang liegen bleiben.

Was passiert? Der Plättchen-Mechanismus ist das, was an SIBERIA Spaß macht, denn er fühlt sich neuartig an und er fordert heraus: Wie verteile ich meine Plättchen? Wann setze ich sie ein? Natürlich spielt das Glück eine Rolle, aber das ist eben so. Zur Spannung trägt die Ungewissheit bei, ob man seine Aktionen wie geplant durchführen kann oder ob einer der Mitspieler dazwischenfunkt und erhoffte Rohstoffe vor der Nase wegschnappt.
Auf längere Sicht haben meine Partien jedoch wenig Variabilität gezeigt: Das große Geld geht mit Gold, Diamanten und eventuell noch Öl über den Tisch. Zu Beginn konzentriert man sich deshalb gleich auf diese teuren Rohstoffe. Auch an der Börse tut sich nicht so viel. Es lohnt nicht, allzu viele Verkäufer auszusenden. Arbeiter sind dringender. SIBERIA bietet weniger Entscheidungsspielräume und ist somit leichtgewichtiger, als es zunächst den Anschein hat.
Natürlich kann man taktieren, aber manche Partien werden schlicht über das Plättchenziehen entschieden. Wer seine Arbeiter mangels entsprechender Aktions-Chips nur selten bewegen kann oder kaum Arbeiternachschub bekommt, hat es schwer.
Bei ausgeglicheneren Partien ist das Timing sehr wichtig: Schon so mancher mit großem Plättchenvorrat wurde auf dem falschen Fuß erwischt, weil ein Mitspieler überraschend früh eine der Spielende-Bedingungen auslöste.

Was taugt es? SIBERIA ist ein gelungenes und spielenswertes Spiel, aber jenseits des Plättchen-Mechanismus fühlt es sich etwas fleischlos an. Weder die Spielgeschichte lockt mich hier nachhaltig an den Tisch, noch die Hoffnung, langfristig weitere Facetten des Spiels zu entdecken. Die Plättchen-Mechanik aber finde ich so interessant, dass ich sie mir durchaus noch in einem anderen Umfeld vorstellen könnte.

SIBERIA von Reiner Stockhausen für zwei bis vier Spieler, dlp games.

Dienstag, 15. Mai 2012

Peter Spiel erklärt (3): Wiederspielreiz

Sagt neulich meine Dora zu mir: Du, Peter, Nachbar Heinz sprach die Tage vom Wiederspielreiz von FUNKENSCHLAG. Was ist das denn wohl? Dora, sag ich, das ist nicht so einfach, aber ich versuch mal, dir das zu erklären. Das ist ein bisschen wie Hustenreiz. Der hat immer einen Auslöser. Das ist hier das Spiel. Sagt Dora: Und immer, wenn ich FUNKENSCHLAG sehe, muss ich dann husten? Nein, sag ich, das ist doch im übertragenen Sinne. Spiele können einen Reiz auslösen. Unterbricht mich Dora: So wie bei Herrn Pawellek, wenn er mal wieder eine Paket voll Spiele für dich annehmen muss, weil ich gerade beim Friseur bin? Der ist dann immer so gereizt! Dora, sag ich, das ist kein Wiederspielreiz, das ist der „Wieder Spiele!“-Reiz von Herrn Pawellek. Den hat nur der. Stimmt, sagt Dora, bei Heinz oder dir sieht der Empfang eines Spielepaketes eher wie Weihnachten oder Derby-Sieg aus.

Siehst du, sag ich. Und Wiederspielreiz bedeutet, wenn ich FUNKENSCHLAG sehe, will ich das sofort spielen und dann gleich noch mal und dann immer wieder. Aber warum denn? sagt Dora. Das liegt am Spannungsbogen, sag ich. Was hat denn Spielen mit Bogenschießen zu tun? sagt Dora. Sehr viel, sage ich. Wie der Bogen gespannt wird, bin ich auf jedes neue Spiel gespannt. Besonders wenn es verspricht, spannend zu sein. Und wie ist jetzt die Verbindung von Wiederspielreiz und der Bogenspannung? sagt Dora. Nicht Bogenspannung, Spannungsbogen! sage ich. Der Wiederspielreiz hängt ab von Form und Verlauf des Spannungsbogens. Das kannste auf die eine Seite mathematisch berechnen, andererseits hintenrum aber auch fühlen.

Wie denn berechnen? sagt Dora. Ach, sag ich, weißt du, das ist so: Der Spannungsbogen darf nicht zu flach sein, muss langsam, aber allmählich ansteigen, ohne unterwegs wieder abzusinken, und muss kurz vor Toresschluss den Höhepunkt erreichen. Ach, sagt Dora, hier gibt es auch einen Höhepunkt? Ist das das mit dem Fühlen? Genau, sag ich, aber den Höhepunkt gibt es nicht bei jedem Spiel. Das hängt vom Spannungsbogen ab. Mathematisch betrachtet nennt man das „verzögerte Sinus-Kurve“.

Und damit kannst du dann den Wiederspielreiz berechnen? sagt Dora. Richtig, sage ich. Und daran, ob der Funke überspringt. Überspringender Funke? sagt Dora. Aber den gibt’s doch wohl nur bei FUNKENSCHLAG? Nein, sag ich. Jedem guten Spiel liegt ein Funke inne, den der Erfinder, der sich auch Spieleautor nennt, da hineingesetzt hat. Und der wartet nur darauf, dass er herauskrabbeln und auf die Spieler überspringen kann. Und die brennen dann für dieses Spiel. Ach so, sagt Dora. Danke, jetzt versteh ich das. Und deshalb ist Heinz bei de Freiwillige Feuerwehr? Mag sein, sag ich.

PETER SPIEL ERKLÄRT ist die Kolumne des Gastautors Peter Spiel auf REZENSIONEN FÜR MILLIONEN.

Zu Teil 2: Peter Spiel erklärt Familienspiel
Zu Teil 4: Peter Spiel erklärt Spielcharakter

Freitag, 11. Mai 2012

Turmbauer

Als erfahrener Rezensent weiß man, welche Spiele viele Klicks bringen werden. Solche nämlich, die schon ein bisschen in den Freakbereich hineinragen, gleichzeitig aber auch nicht zu freakig sind. „Kennerspiele“ nennt man sie.
TURMBAUER ist sicherlich kein Kennerspiel. Dass es trotzdem hier rezensiert wird, beweist eindrucksvoll, dass REZENSIONEN FÜR MILLIONEN längst nicht so eklig kommerziell ist, wie von der Allgemeinheit angenommen wird. REZENSIONEN FÜR MILLIONEN hat auch ein Herz für die großen Verlage, die in der Masse der Kleinen unterzugehen drohen.

Wie geht TURMBAUER? Wir bauen einen Turm und klettern währenddessen mit unserer Figur nach oben. Die Figur darf pro Schritt nur eine Stufe auf- oder absteigen und nur über neutrale oder Felder der eigenen Farbe gehen. Das Spiel endet, wenn alle Teile verbaut sind oder der Turm einstürzt. Normalerweise gewinnt, wer am höchsten steht. Außer er hat den Einsturz verursacht.
Damit es schön wacklig wird (allerdings bricht der Turm trotzdem fast nie zusammen), dürfen nur die in der ersten Runde gebauten Teile den Tisch berühren. Danach wird ausschließlich Holzklotz auf Holzklotz gestapelt. Außerdem sucht man sich sein Bauteil nicht frei aus. Der Würfel bestimmt zwei Formen, unter denen man wählt.

Was passiert? Das Hantieren mit den schönen Teilen und das entstehende interessante Bauwerk machen Spaß. Um TURMBAUER sympathisch zu finden, ist das bereits die halbe Miete. Die dramaturgischen Schwächen des Spiels fallen oft gar nicht auf. Die Kletterei verläuft nämlich nicht immer spannend. Einige Spieler sind früh abgeschlagen und holen das auch nicht mehr auf. Wer spät an die Reihe kommt, ist hier besonders gefährdet. Dass ein richtig schönes Wettrennen in Gang kommt, ist nach meiner Erfahrung selten.
Eine Bauregel versucht, dies zu reparieren. Sie besagt, dass niemandem sein letztes Bewegungsfeld zugemauert werden darf. Das hilft jedoch nur teilweise. Denn was nützt es, wenn ein Bewegungsfeld frei bleibt, es aber von hier aus nicht mehr weitergeht? Mehrfach erlebte ich Situationen wie diese: Die anderen Spieler sind bereits drei Etagen höher und ein armer Tropf steht auf einem Plateau unterhalb und guckt zu. Am skurrilsten aber war eine Partie, in der nach zwei Dritteln niemand mehr klettern konnte und pflichtschuldig nur noch weitergebaut wurde, um zu gucken, ob der Turm zusammenbricht.

Was taugt es? TURMBAUER sieht schöner aus, als es sich spielt. Das Laufspiel kommt oft nur so mittelmäßig in Gang. Und die Bauregeln könnten intuitiver sein. Es ergeben sich Diskussionen, was erlaubt ist und was nicht. Für mein Empfinden sind die zwei Komponenten in TURMBAUER nicht stimmig verwoben.
Nicht alle Mitspieler teilen diese kritische Sichtweise. Viele finden allein schon den Aufforderungs-Charakter des Spieles toll, und die möglichen Spitzfindigkeiten interessieren sie nicht. Ich beobachte, dass Teilnehmer meiner öffentlichen Spielerunden Spaß mit TURMBAUER haben, und ich werde ihnen das ganz gewiss nicht ausreden. Aus meiner Sicht funktioniert TURMBAUER allerdings nur, solange man das Bauen wichtiger nimmt als das Klettern.

TURMBAUER von Matt Mette für zwei bis vier Spieler, Kosmos.

Montag, 7. Mai 2012

Eine Million Interviews (7): Steffen Benndorf

Steffen Benndorf

Der Interviewte: Steffen Benndorf (37) aus dem mittelfränkischen Röthenbach an der Pegnitz kann als aufstrebender Autor bezeichnet werden. Drei seiner Spiele wurden bereits veröffentlicht, zuletzt MENSCH ÄRGERE DICH NICHT MAL ANDERS.

Der Interviewer: Udo Bartsch (43) aus dem mittelmäßigen Hannover an der Leine kann als aufstrebender Rezensent bezeichnet werden. Es sei denn, man möchte nicht lügen.


Hallo, Herr Benndorf! Ich bin tatsächlich ein bisschen aufgeregt. Sie müssen wissen, ich kriege normalerweise nur B-Promis vors Mikrofon. Aber jetzt den Erfinder von MENSCH ÄRGERE DICH NICHT. – Das ist Wahnsinn! Ich hatte Sie mir allerdings irgendwie älter vorgestellt.

Herr Bartsch, ich bin entsetzt! Nicht weil Sie es mit Ihrer Lobhudelei offensichtlich auf ein kostenloses Rezensionsexemplar abgesehen haben, sondern weil Sie soeben durch Ihre unbedachte Äußerung die Abmahnung des verantwortlichen Spieleredakteurs zu verantworten haben. Können Sie sich vorstellen, wie viel Zeit und Geld Schmidt Spiele investiert hat, um die richtige Stelle für meine vertraglich zugesicherte Namensnennung auf dem Spielecover zu bestimmen, damit man mich eben nicht für den Erfinder von MENSCH ÄRGERE DICH NICHT hält?

Häh?! Was?! Herr Benndorf, Sie müssen so reden, dass die Menschen Sie verstehen. Die Leser von REZENSIONEN FÜR MILLIONEN sind nicht allzu intelligent. Sonst würden sie ja was anderes lesen. Also: Sind Sie jetzt der Erfinder von MENSCH ÄRGERE DICH NICHT oder nicht?

Nein, ich bin nur der Erfinder von MAL ANDERS. Im Übrigen sollten Sie schleunigst aufhören, Ihre werte Leserschaft zu beleidigen. Sonst wird keiner mehr unserer Konversation folgen und Sie müssten in Zukunft wieder Ihren Besucherzähler frisieren.

Moment mal. Woher wissen Sie, dass ich meinen Besu... (stutzt) Äh, Sie sagen, Sie sind der Erfinder von MAL ANDERS. – Sind Sie also Reiner Knizia?

Nein, aber wussten Sie, dass sich mein Ex-Arbeitskollege damals bei einer Bank beworben hat, wo Reiner Knizia was zu sagen hatte, und abgelehnt wurde? In meinen Augen ein Skandal! Wobei Herr Knizia damals Weitblick bewiesen hat. Jener Kollege hat nie ein gutes Wort an meinen Spielideen gelassen. Außerdem ist er der Meinung, man könnte jedes Kartenspiel auch mit einem stinknormalen Romméblatt realisieren! Und dass ständig neue Spiele auf den Markt geworfen werden, sei nur der Profitgier der Verlage und solcher Menschen wie mir und Herrn Knizia geschuldet! Herr Bartsch, sagen Sie doch was!

Ich finde, wer etwas gegen Profitgier hat, ist bei einer Bank tatsächlich falsch. Ich hätte den Mann auch nicht eingestellt. Aber Herr Benndorf, Sie lenken von sich ab. Ich habe mittlerweile den Eindruck gewonnen, Sie sind kein bisschen prominent! Warum interviewe ich Sie überhaupt?

Ja, was weiß denn ich? Sie sind Visionär und glauben an mich? Sie haben noch freien Webspace, den Sie auf keinen Fall verfallen lassen wollen? Sie sind jung und brauchen das Geld? Oder... oder ist MENSCH ÄRGERE DICH NICHT gar Ihr Lieblingsspiel?

Auf keinen Fall! Ich habe riesige Probleme mit dem Rauswerfen. Dass das so einfach geht, finde ich total unmöglich! Wenn die Figuren wenigstens kleine Miniaturwaffen hätten – Baseball-Schläger, Pfefferspray, Laserschwert – dann wäre alles viel logischer und ich könnte tiefer in die Spielgeschichte eintauchen.
Also: Antwort c ist richtig. Ich bin jung und brauche Geld. Zahlen Sie bar? Ich nehme auch Sachwerte: Zahngold, Antiquitäten, Micky Maus-Hefte.

Ich könnte in Briefmarken zahlen. Die müssten Sie nur von meiner Fanpost ablösen, aber das sollte kein Problem darstellen, oder? Alternativ wären noch Antiquitäten möglich. Ich horte schon seit Jahren hunderte Exemplare von WÜRFEL EXPRESS, die könnte ich Ihnen anbieten. Mit ein paar netten Worten der Wertschätzung könnten Sie hier selbst eine gigantische Wertsteigerung erzielen. Ich müsste die Ware allerdings liefern lassen, weil ich Ihren Rat befolgt und die Spiele nicht gleich mitgebracht habe. Wie viele Paletten nehmen Sie?

Ach du je! Und ich dachte, etwas Schlimmeres, als von Herrn Menzels Hund angefallen zu werden, könnte mir nicht mehr passieren.
Wechseln wir das Thema: FIESE 15, ein weiteres Würfelspiel von Ihnen. Oder zumindest hat Schmidt wieder Ihren Namen draufgeschrieben und der Redakteur wird jetzt abgemahnt. Ich kenne die Wilde 13 von Jim Knopf und Lukas, dem Lokomotivführer. Ist FIESE 15 so ähnlich, nur noch fieser und zwei mehr?

FIESE 15 ist eher wie 17 und 4 minus 6 mit Würfeln. Das Spiel hatte ich anfangs unter dem Namen HUNDSGEMEINE HUNDERT vorgestellt. Das Spielmaterial bestand aus 40 Würfeln in putzigen Pastellfarben und geschätzten drei Millionen Aufgabenplättchen für stundenlangen Spielspaß. Die HUNDERT stand dabei sowohl für die machbare Maximalpunktzahl pro Plättchen als auch für das genormte Gesamtgewicht des Spielmaterials. Die Spielverpackung sollte ein handelsüblicher Hartschalenkoffer sein, in dem man auch unverzollte Urlaubspräsente hätte schmuggeln können. Der Verlag wünschte sich letztendlich aber ein leichteres Spiel mit einfacherem Zugang.

FIESE 15, HUNDSGEMEINE HUNDERT... Das sind ja lauter Titel mit Alliterationen! Sie denken wohl, ich merke das nicht, was? Aber ich warne Sie: Ich hatte die Idee zuerst! Herr Stadler ist mein Zeuge.
Mögen Sie zum Abschluss vielleicht noch versehentlich etwas über Ihre zukünftigen Projekte ausplaudern, damit ich meine Anwälte gleich auf die richtige Fährte setzen kann?

Ich sage nur, Würfel pflastern meinen Weg. Apropos „Weg“: Ich muss dann mal dringend wieder los. Mit Ihren albernen Anwälten haben Sie mir jetzt doch ein wenig Angst eingejagt. Herr Stadler erscheint mir als Zeuge Ihrer Alliterationsphantasien zwar wenig glaubhaft, aber man kann ja nie wissen. Sie haben nicht zufällig seine Telefonnummer? Oder singt er noch immer im Nebenraum?

Nein, was Sie da gerade hören, ist der Schrei-Therapeut meines Zwergkaninchens. Seit Herr Stadler meinem Hasi das Taschengeld abgezockt hat, ist Hasi etwas depressiv geworden und muss wieder lernen, mehr aus sich herauszugehen. Apropos „herausgehen“: Die Tür finden Sie selbst?!
Vielen Dank noch für das Gespräch, und wenn Sie mal reich und berühmt sind und nicht wissen, wohin mit Ihrem Zahngold, können Sie sich gerne wieder melden.

Donnerstag, 3. Mai 2012

K2

Wenn ich höre, dass jemand sein Hobby zu einem Spiel verarbeitet hat, halte ich im Regelfall viel Sicherheitsabstand. Oft entstehen in völliger Unkenntnis des Marktes die schrecklichsten Dinge, begleitet durch die höchsten Erwartungen des stolzen Autors.
K2 ist eine tolle Ausnahme.

Wie geht K2? Wir besteigen den zweithöchsten Berg der Welt. Jeder Spieler führt zwei Figuren. Je näher sie dem Gipfel kommen, desto mehr Punkte zählte das. Allerdings nur wenn sie bei Spielende noch leben. Und das ist nicht garantiert. Der K2 ist kein Touristenhügel.
Für jeden Bergsteiger wird die Fitness auf einer Skala festgehalten und darf nicht auf Null sinken. Auf einigen Feldern (weiter unten am Berg) steigt die Fitness einer Figur, weiter oben verursachen die Felder Abzüge. Zusätzliche Schwierigkeiten bereitet das Wetter. Für mehrere Runden im Voraus steht fest, in welchen Regionen es außergewöhnlich kalt wird. Dort sind die Abzüge dann noch höher, und manchmal erschwert das Wetter auch die Fortbewegung.
Gesteuert werden die Bergsteiger mit Karten. Sie zeigen entweder Bewegungs- oder Fitnesspunkte. Die Spieler besitzen identische Kartensätze. Jeder hat sechs seiner Karten auf der Hand, wählt davon geheim drei und legt drei für den nächsten Zug beiseite. Reihum machen die Spieler anschließend ihre Züge und ordnen dabei jeder Karte eine Figur zu. Zu den beiseite gelegten drei Karten gibt es wieder drei dazu, drei wählt man aus, drei legt man beiseite, und dieser Ablauf dann insgesamt 18 Mal.

Was passiert? In der ersten Partie ist man ziemlich überrascht, wie schnell am Berg gestorben wird. Obwohl viele Fakten offen liegen, gibt es drei wesentliche Unsicherheitsfaktoren: 1. Wer die Karten mit der höchsten Zahlensumme gewählt hat, muss einen Risikomarker nehmen, was zur Folge hat, dass er bis zu zwei Punkte von seinen Karten wieder abziehen muss. Wen es trifft, erfährt man erst beim Aufdecken der Karten. 2. Auf dem Gipfel überlebt man nicht lange, also muss man auch wieder zurück. Ob das nun wie erhofft gelingt, hängt von den nachgezogenen Karten ab. Und von den Mitspielern. Denn: 3. Je höher man kommt, desto weniger Figuren passen auf ein Feld. Mancher erfriert auf dem Gipfel, weil der Abstieg zufällig oder absichtlich blockiert ist.
Wer immer nur auf Sicherheit spielt, wird selten gewinnen. Das Dumme ist: Risiko kann ganz schnell das Leben kosten.

Was taugt es? Die Bergsteiger-Atmosphäre, die Grafiken und vor allem die einfachen Mittel, mit denen reale Begebenheiten stimmig simuliert werden, imponieren mir an diesem Spiel sehr. Allerdings finde ich das Laufspiel an sich nicht überdurchschnittlich. Drei Mal spielt jeder seinen Kartensatz durch. Der erste Durchlauf ist ein gemächlicher Aufgalopp; im zweiten und noch mehr im dritten Durchlauf sind die Gegebenheiten oft so zugespitzt, dass die Kartenhand den nächsten Zug diktiert.
Wer eine gelungene Themeneinbindung für noch wichtiger als den Mechanismus hält, mag zu einem besseren Gesamturteil gelangen. K2 bildet die Langsamkeit und die Gefährlichkeit eines solchen Unternehmens ab. Und am Gipfel anzukommen, bedeutet hier noch lange nicht das Happy-End.

K2 von Adam Kaluza für einen bis fünf Spieler, Rebel / Heidelberger Spieleverlag.

Montag, 30. April 2012

Gern gespielt im April 2012

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

VEGAS: Wenn mit neutralen Würfeln gespielt werden soll, wirkt das meistens gekünstelt. Hier nicht. Weil nämlich diese verdammten neutralen Würfel sich einfach nicht neutral verhalten wollen.


DUNGEON FIGHTER: Hurra! Gemeinsam sind wir schwach.





DIE GULLIPIRATTEN: Andere kämpfen ums Goldene Zepter oder ums Heilige Schwert. Wir kämpfen um den Rostigen Dosenöffner.



EDO: Die hinteren beiden Buchstaben des Titels gefallen mir schon mal sehr, sehr gut. Nur der erste besitzt klar Verbessungspotenzial.




KULAMI: Wer anfängt, gewinnt. Außer ich fange an.




SANTA CRUZ: Anfänger zu überlisten macht so einen Spaß! Langsam verstehe ich, warum bestimmte Verlage auf bestimmten Messen unbestimmte Kritiker einfach nicht gewinnen ließen. Obwohl das echt nicht nett war, hey, voll gemein und so.


Samstag, 28. April 2012

Peter Spiel erklärt (2): Familienspiel

Spiele ich neulich mit meine Dora und mit Nachbar Heinz eine kleine Partie IM WANDEL DER ZEITEN, sagt Heinz: Du, Peter, was ist eigentlich ein Familienspiel? Heinz, sag ich, kein Problem. Ich erklär dir das. Du musst dir das so vorstellen: Das ist ein Spiel, das die ganze Familie versteht, mit nicht so schwere Regeln, das sie dann gut zusammen spielen können.

Ach, sagt Dora, das kenne ich! Das ist, wenn ich Klein-Kevin sage, er soll sein Zimmer aufräumen. Klein-Kevin schmeißt dann immer extra seine Kiste mit die Klötze um, macht einen Riesenberg daraus, wirft seine Flugzeuge und Panzer darauf und ruft dann, wenn ich reinkomme: Bomberalarm! Dann sag ich immer: Heute gibt’s aber keine Star Wars-DVD mehr und keine Erdnussflips. Dann brüllt erst Klein-Kevin los und dann ich. Ist einfach, versteht jeder, funktioniert immer nach den gleichen Regeln und die ganze Familie hat ihren Spaß!

Nicht ganz, sag ich. Das ist ein Spiel in der Familie. Ein Familienspiel ist schon eine Spiel mit Brett und Karten. So wie IM WANDEL DER ZEITEN, nur etwas einfacher und etwas kürzer. Ach, sagt Heinz, so wie TRAJAN und ORA ET LABORA? Nein, sag ich, noch einfacher und noch kürzer. Sagt Heinz: Das kenne ich! Da gibt’s doch bei ORA ET LABORA die Kurzversion. Nein, sag ich, das dauert doch immer noch zwei Stunden. Ja, sagt Heinz, das ist doch kurz, oder? Schon, sag ich, aber ein echtes Familienspiel ist richtig, richtig kurz. So unter einer Stunde. Unter einer Stunde? sagt Heinz. Gibt’s das? Ja, sag ich, das gibt’s. So wie CARCASSONNE oder ALHAMBRA ohne alle Erweiterungen. SIEDLER darf ich ja nicht mehr sagen, wenn Heinz dabei ist.

Donnerlüttchen! sagt Heinz. Und dann spielt die ganze Familie zusammen? Muss nicht, sag ich. Kann auch sein, dass nur Klein-Kevin und die Dora zusammen spielen. Oder Klein-Klara und ich. Oder Opa Gisbert und Oma Ingrid. Wie? sagt Heinz, geht das nur für zwei? Nee, sag ich. Geht auch mit Dora, Klein-Kevin, Oma und Opa. Und mit Klein-Klara. Ach, sagt Heinz. Und was machst du in der Zeit? Du sitzt dann bei mir und spielst was Richtiges? Kann sein, sag ich. Kann aber auch sein, dass das Familienspiel auch was Richtiges ist und sogar Spaß macht. Das gibt’s? sagt Heinz. Ja, das gibt’s! sage ich.

PETER SPIEL ERKLÄRT ist die Kolumne des Gastautors Peter Spiel auf REZENSIONEN FÜR MILLIONEN.

Zu Teil 1: Peter Spiel erklärt Vielspieler
Zu Teil 3: Peter Spiel erklärt Wiederspielreiz

Mittwoch, 25. April 2012

Santa Cruz

Wenn ein Verlag (beispielsweise Hans im Glück) auf einer Messe (beispielsweise in Nürnberg) sein neues Spiel (beispielsweise SANTA CRUZ) einem Spielekritiker vorführt (ich meine keinen bestimmten), dann, liebe Leute von Hans im Glück, gehört es zu den ungeschriebenen Höflichkeitsgesetzen der Branche, den Spielekritiker gewinnen zu lassen. Gewinnt er nicht (beispielsweise weil er fies ausgetrickst wurde) und ist in unfassbarer Großzügigkeit trotzdem bereit, dem Verlag eine zweite Chance in Form einer Revanchepartie zu gewähren, dann gibt es Verlage, die nutzen das, und es gibt Verlage, die nutzen das nicht. Mehr will ich dazu nicht sagen, denn nach dieser wahrhaft traurigen Episode aus dem Arbeitsalltag bin ich bereits am Ziel meiner Ausführungen angekommen: die zweite Chance. Auch SANTA CRUZ bietet Spielern eine zweite Chance. Auf interessante Weise koppelt es zwei Durchgänge aneinander, in denen fast dasselbe Spiel noch einmal aufgerollt wird.

Wie geht SANTA CRUZ? Die Spieler bebauen eine variabel bestückte Insel. Zunächst sind nur die Uferfelder bekannt. Bei jedem Bauvorgang werden die Plättchen der Nachbarfelder aufgedeckt und die Insel bekommt ihr Gesicht, das sie auch im zweiten Durchgang behalten wird.
Das Plättchen auf einem Feld schreibt vor, welche Art Haus hier gebaut werden muss und wie viele Punkte es dafür gibt. Gebäude, die mehr Punkte zählen, sind im Vorrat der Spieler knapper als die Allerwelts-Häuser. Außer mit der Figur muss der Bau nicht weiter bezahlt werden, dafür aber der Weg zum neuen Bauplatz. Jede Art der Fortbewegung erfordert eine passende Karte: die Ausbreitung über den Weg eine Wegkarte, die Ausbreitung per Fluss eine Flusskarte, die Neuansiedlung am Ufer eine Schiffkarte.
Wichtig sind noch die auf den Plättchen abgebildete Symbole. Denn jeder Spieler besitzt Wertungskarten (bei vier Spielern sind es je zwei), die er im Laufe eines Durchgangs ebenfalls spielen muss. Eine Wertungskarte könnte etwa bestimmen: Alle Spieler, die an einem Ort mit Holzsymbol gebaut haben, erhalten sechs Punkte. Oder: Jedes Gebäude an einem Fluss zählt drei Punkte.

Was passiert? Man versucht, sich so auf der Insel auszubreiten, dass man seine Aufträge erfüllt. Möglichst so schnell oder so unauffällig, dass andere Spieler für denselben Auftrag nicht ebenfalls Punkte abstauben. Gleichzeitig beobachtet man die Züge der anderen und spekuliert darauf, welche Ziele sie verfolgen, um sich gekonnt einzuklinken. Rund die Hälfte aller 16 Aufträge sind im Spiel, so dass es keine Gewissheit gibt.
Sind sämtliche Karten heruntergespielt, endet der erste Durchgang. Die ausgespielten Karten (Weg- plus Wertungskarten) bleiben vor den Spielern liegen. Beginnend beim Spieler mit den wenigsten Punkten wählt sich jeder eines der Karten-Pakete aus. Zusätzlich bekommt jeder eine neue Wertungskarte hinzu und wirft verdeckt eine beliebige ab.
Nun wird dasselbe Spiel noch einmal gespielt. Diesmal auf einer weitgehend bekannten Insel und mit dem Wissen um die im ersten Durchgang gespielten Wertungen. Ungewiss ist allerdings, welche Wertungen hinzugekommen sind und welche alten weggeworfen wurden.

Was taugt es? Mit einfachen Mitteln erreicht SANTA CRUZ eine schöne Dramaturgie. Nach dem ersten Durchgang ist noch nichts entschieden. Eine Mischung aus Gedächtnisleistung, Kombinationsgabe, Optimierung und Zock kann den Letzten noch auf Platz eins katapultieren. Fast erscheint mir der zweite Durchgang sogar zu bedeutend, während der erste ein bisschen zu Vorgeplänkel tendiert. Aber weil SANTA CRUZ nicht mal eine Stunde dauert, stört das kaum.
Eher stören zwei Randerscheinungen: Der Kartensatz mit den drei Flusskarten ist für Anfänger schwer zu beherrschen. Oft bleibt jemand auf ungenutzten Flusskarten sitzen. Und die Materialien zur Kennzeichnung des Spielstandes sind nicht wirklich praktisch und reichen auch manchmal nicht aus.
Lange Rezension, kurzer Sinn: SANTA CRUZ ist stimmig und äußerst spannend und bietet vor allem einen pfiffigen neuartigen Dreh. Gut gefällt mir auch die Spielregel mit ihrer konsequenten Dopplung von Text und Bild.

SANTA CRUZ von Marcel-André Casasola Merkle für zwei bis vier Spieler, Hans im Glück.

Dienstag, 17. April 2012

Takenoko

Da sind wir uns doch wohl alle einig: Ein Spiel, das ein solch lustiges Thema hat, solch schönes Material, solch niedliche Figuren und eine solch freundliche Grafik: solch ein Spiel muss doch wohl ein Familienspiel sein! Und weil es – wie man immer wieder hört – auch Spielern gut gefällt, muss es ja sogar ein besonders tolles Familienspiel sein!
Also: Juhu? Konfetti-Parade? Hipp Hipp Hurra?
Nö.

Wie geht TAKENOKO? Die Spieler konstruieren gemeinsam einen Bambusgarten und erfüllen währenddessen geheime Aufträge. Beete und Bambus gibt es in drei Farben. Die Pflanzen wachsen, nachdem das Beet an die Wasserversorgung angeschlossen wurde und sobald der Gärtner vorbeischaut. Kommt dagegen der Pandabär, frisst er die Gewächse wieder ab.
Die Aufträge besagen: Beete sollen in bestimmten Farb-Mustern angelegt werden, Bambus soll auf eine bestimmte Höhe heranwachsen oder der Panda soll eine festgelegte Anzahl Halme verspeisen.
Wer am Zug ist, führt zwei beliebige von fünf möglichen Aktionen aus. Der Würfel bestimmt eine dritte Aktion. Aktionen sind: Beet anlegen (drei zufällig gezogene stehen zur Auswahl), Wassergraben nehmen und entweder zwischenlagern oder sofort bauen, Gärtner bewegen, Bär bewegen oder Auftrag ziehen. Die Aufträge zählen je nach Schwierigkeitsgrad zwischen zwei und acht Punkte. Wer (im Spiel zu viert) sieben Aufträge erledigt, bekommt zwei Punkte Bonus und löst das Spielende aus.

Was passiert? Da der Bambusgarten bei Null startet, dauert es ein paar Runden, bis der Gartenbau in Gang kommt. Spielt man mit Destruktiv-Taktikern, kann es fast schon zu lange dauern. Solch böse Menschen schicken am liebsten den Bären zum Fressen los, weil dies die Aktion ist, bei der man anderen am seltensten unerwünschte Hilfestellung leistet.
Fress-Aufträge können nur aus eigener Kraft erledigt werden. Bei allen anderen Aufträgen schwankt der Aufwand enorm. Und er korreliert nicht immer mit dem Punktwert. Dreier- oder Vierer-Aufträge können in machen Situationen fast unmöglich sein, während jemandem ein Siebener-Auftrag vielleicht geradezu in den Schoß fällt.
„... und genau deshalb ist es ja ein Familienspiel!“, könnte man an dieser Stelle einwenden. Allerdings ist meine Vorstellung von einem Familienspiel eine andere. Bei einem Familienspiel sollte nicht nur das Äußere emotionalisieren. Das Spiel selbst sollte erlebnisreich und klar und nicht zu verkopft sein. TAKENOKO spricht aber ziemlich einseitig die Tüftler an. Einer knobelt und die anderen müssen warten. Und so manches Regeldetail ist hakelig: Würfelaktionen und normale Aktionen werden durcheinander gebracht; die exakten Bedingungen für Aufgaben werden außer Acht gelassen. Zudem trägt eine Abstauber-Mentalität oft mehr zum Erfolg bei als konstruktives Spielen. Das ist nicht zwangsläufig anstößig, nur mag ich auf diese Weise lieber unter Spielern spielen und nicht in der Familie.

Was taugt es? Ob TAKENOKO ein Familienspiel ist oder nicht, ist eine eher philosophische Frage und für die Bewertung letztlich irrelevant. Als Fazit bleibt: Bravo für diese Aufmachung! Aus TAKENOKO wurde atmosphärisch alles herausgeholt. Die schon vielfach variierte Spielidee, verschiedene Aktionen kombinieren zu müssen, um auf einem gemeinsamen Spielfeld bestimmte Konstellationen zu erreichen, ist hier besonders ansprechend verpackt... bleibt aber dieselbe vielfach variierte Spielidee. Und sie ist bei TAKENOKO nicht toller oder origineller variiert als anderswo, bloß niedlicher.

TAKENOKO von Antoine Bauza für zwei bis vier Spieler, Bombyx / Edition Matagot.

Freitag, 13. April 2012

Peter Spiel erklärt (1): Vielspieler

Sagt neulich meine Frau: Was ist denn ein Vielspieler? Dora, sag ich, kein Problem, ich erklär dir das. Das ist ganz einfach. Ein Vielspieler ist jemand, der viel spielt! Ach, so einfach ist das? sagt sie. Ja, so einfach ist das, sag ich. Sagt sie: Wie Herr Pawellek mit seine Eisenbahn und Viktor mit seine Goldkettchen? Oder wie Opa Gisbert mit seine Aufsitzmäher? Nein, sag ich, schon mit Brettspiele und mit Karten. Aber bei Opa und seine regelmäßigen Muster im Rasen – das ist schon ein Grenzfall.

Ach, sagt sie. Also wie Oma Ingrid mit ihre Bridge-Club? Ja, genau, sag ich. Jede Woche einen Abend, das ist im Bundesdurchschnitt gesehen über den Daumen gepeilt vergleichsweise viel. Sagt sie: Aber sie spielt doch immer das gleiche? Ich dachte, das wäre eher so wie bei dir und Heinz: möglichst viele Spiele in möglichst kurzer Zeit, und selten dasselbe Spiel zweimal?

Nein, sag ich, der Heinz und ich, wir sind keine Vielspieler, wir sind Vielesspieler! Weil ihr vieles spielt? Jo, weil wir vieles spielen! Ach, sagt sie. Ja, und dann gibt es noch Vielspiele, sag ich. Die werden viel gespielt. Wie DOPPELKOPF? sagt sie. Ja, und wie CARCASSONNE. SIEDLER darf ich nicht mehr sagen. Zumindest wenn Heinz dabei ist. Und was ist mit MONOPOLY? sagt sie. Das ist wieder was anderes, sag ich. MONOPOLY ist kein Vielspiel, sondern ein Viel-Kauf-Spiel. Das wird viel gekauft, aber ganz wenig gespielt. Hörste doch immer: Man müsste mal wieder MONOPOLY spielen. Man müsste! Aber man tut es dann nicht. Das sind die, die schon vor 30 Jahren MONOPOLY nicht gespielt haben und die es jetzt aus Nostalgiegründen immer noch nicht tun.

Ach, sagt Dora. Und was ist mit OBSTGARTEN? Das ist noch was anderes, sag ich. OBSTGARTEN ist ein Viel-Kauf-Nötigungs-Spiel. Das sind diese Bildungsbürger, die kaufen das viel, weil es so süß aussieht und aus Holz ist. So wie eine Holzeisenbahn, ein Holztier oder ein Holzpanzer. Das ist pädagogisch wertvoll, sagen die. Und dann nötigen sie ihre Kinder, es auch noch zu spielen. Und? sagt Dora. Wehren sich die Kinder nicht? Doch, doch, sag ich. Die spielen das einfach nicht. Die spielen lieber AFFENBANDE oder LOOPING LOUIE. Dann, sagt sie, ist es doch eher ein Viel-Kauf-Nötigungs-Verweigerungs-Spiel? Stimmt! muss ich zugeben.

PETER SPIEL ERKLÄRT ist die Kolumne des Gastautors Peter Spiel auf REZENSIONEN FÜR MILLIONEN.

Teil 2: Peter Spiel erklärt Familienspiel

Montag, 9. April 2012

Space Mission

In unerforschte Galaxien vorzudringen und dort Leben zu entdecken, ist ein Menschheitstraum. Weshalb? Na, ist doch logisch, wir würden die Außerirdischen sofort einkerkern, ihre seltenen Güter rauben, verschandelte Planeten hinterlassen und uns Orden dafür verleihen. Kolonialherr zu sein, macht mächtig Spaß, bloß auf der Erde darf man das seit Erfindung der Menschenrechte ja leider immer seltener. Ein Trost bleibt: Falls überhaupt, gelten die Menschenrechte nur für Menschen. Und genau diese kleine Gesetzeslücke macht das All für Forschungen so unheimlich interessant. – Los geht’s, Cowboys, wir haben eine Mission!

Wie geht SPACE MISSION? Wir sind lustige Astronauten und suchen traurige Planeten heim. An jedem der acht Planeten liegen acht verdeckte Plättchen, die verschiedene Motive zeigen. Wir sammeln die Plättchen ein und je nach Sorte punkten sie auf eine etwas andere Weise. Im Regelfall ist es gut, viele Plättchen derselben Sorte zu besitzen.
Karten steuern das Spiel. Jede zeigt zwei Zahlen in zwei Farben. Ist eine blaue Zahl zu sehen, darf die Karte für eine Reise zu einem Planeten genutzt werden, der dieselbe blaue Zahl trägt. Mit der passenden grünen Zahl darf ich einen Planeten anschließend erforschen: Ich schaue in den Plättchenstapel und reserviere mir verdeckt eines der Fundstücke. Verteilt wird die Beute erst, sobald jemand den Planeten erschließt. Das kostet gleich zwei Karten mit passenden braunen Zahlen.
Wer am Zug ist, führt immer zwei Aktionen aus. Ist das Blatt weggespielt oder ist es blöd, kann eine Aktion auch darin bestehen, wieder auf fünf Karten hochzuziehen und vorher noch beliebig viele abzuwerfen.
Nicht nur die Plättchen-Kombinationen zählen am Ende Punkte, sondern auch jeder erschlossene Planet. Darüber hinaus belohnt eine Mehrheitswertung diejenigen Astronauten, die am häufigsten unter Einsatz blauer Zahlen hin und her geflogen sind.

Was passiert? Der Spielablauf erinnert an eine Heuschreckenplage. Man düst los, erforscht und erschließt, ein anderer Spieler kommt hinzu und macht mit, und spätestens sobald ein Dritter vorbeischaut, ist der Planet ratzfatz abgeräumt. Das geht deshalb so schnell, weil nach dem Erschließen keine Karte mehr bezahlt werden muss, um ein Plättchen zu nehmen. Es genügt, eine Aktion dafür zu opfern.
Vermutlich ist an dieser Stelle des Spiels mehr feinsinniges Geplänkel vorgesehen, immerhin erhält SPACE MISSION auf der Schmidt-Skala sieben von zehn Punkten für Strategie. Zu viert und zu fünft habe ich aber nie erlebt, dass jemand groß Zeit hätte, um sich erst mal im Weltall umfassend zu informieren, was es wo gibt, und sich anschließend gezielt die Rosinen herauszupicken. Einzig bei weniger Spielern hat man die Muße, Beute auch mal liegen zu lassen, um vielleicht später darauf zurückzukommen.
So entscheiden eigentlich zwei Dinge: Ich muss erstens das Glück haben, dass die anderen nicht beschließen, dasselbe zu sammeln wie ich. Denn in dem Moment, wo ich das bemerke, wäre es zum Umschwenken reichlich spät. Zweitens ist es von Vorteil, passende Karten zu bekommen und möglichst selten nachziehen zu müssen.

Was taugt es? SPACE MISSION lässt sich schnell runterspielen und ist für seine Spieldauer (je nach Mitspielermentalität eine halbe bis eine Stunde) hinreichend spannend. Allerdings weckt es keine Emotionen und hat auch kein herausragendes spielerisches Element, weshalb es wohl bald vergessen sein wird.
Die Grafik ist atmosphärisch. Eigentlich. Aber die Mini-Übersichten sind... na ja, mini. Und dass jedes Alien anders gestaltet ist, verwirrt Anfänger immer wieder. Weil selbst sortengleiche Außerirdische sehr verschieden aussehen, wird die Zusammengehörigkeit nicht erkannt.

SPACE MISSION von Matt Worden für zwei bis fünf Spieler, Schmidt.

Donnerstag, 5. April 2012

Eine Million Interviews (6): Stefan Stadler

Stefan Stadler

Der Interviewte: Stefan Stadler (39), Spieleredakteur bei KOSMOS in Stuttgart und zugleich Autor. Gemeinsam mit Michael Rieneck entwickelte er unter anderem die preisgekrönten Spiele DIE SÄULEN DER ERDE und DIE TORE DER WELT.

Der Interviewer: Udo Bartsch (43), Spielekritiker bei REZENSIONEN FÜR MILLIONEN in Hannover und zugleich Philosoph. Gemeinsam mit irgendwem irgendwas zu entwickeln, lehnt er aus weltanschaulichen Gründen ab.


Hallo, Herr Stadler, was sagen Sie dazu: Im vorigen Interview hat Ihr Freund, der Herr Rieneck, Sie total fies gedisst...

Lieber Herr Bartsch, wenn ich das Interview richtig im Kopf habe, hat er Sie gedisst! Ich kann auch gar nicht gemeint sein, denn ich...

Klar, Herr Stadler, die erste Reaktion ist immer Leugnen. Als mein Blog noch neu war habe ich jeden Tag am Monitor geruckelt, weil ich dachte, der Leserzähler klemmt. Hat er aber nicht.

Ich kann gar nicht gemeint sein, denn ich spiele mit Grün und nicht mit Gelb und bin ein unheimlich netter Mensch. Schließlich finanziere ich mit meinen Ideen auch seinen Lebensunterhalt: Während der feine Herr Rieneck von seinen Tantiemen lebt und mit seinem Kater Schach spielt, muss ich Tag für Tag arbeiten gehen und rund um die Uhr für Kosmos Spiele bearbeiten.

Ach ja, darauf wollte ich sowieso zu sprechen kommen: Sie sind Redakteur bei Kosmos. Sie spielen den ganzen Tag Spiele. Aber was ich nicht verstehe: Womit verdienen Sie Ihr Geld? Fahren Sie nachts Taxi? Kellnern Sie?

Eigentlich versuche ich, meinen Kollegen ihr spärliches Gehalt mit Glücksspiel aus den Taschen zu ziehen. Natürlich helfe ich da zu meinen Gunsten nach. Deswegen spielen die auch nicht mehr mit mir MOGELMOTTE oder WÜRFEL-LIGRETTO.

Wenn ich Ihr Geschäftsmodell richtig verstehe, sind Sie also eine Art Parasit? Sie hängen bei Kosmos rum, schleppen Spiele anderer Verlage ein und saugen hilflose Opfer aus.

Ich? Ein Parasit? Ich dachte, es wäre deutlich geworden, wer hier die Arbeit macht! Der Rieneck profitiert überall von meinem guten Namen, und ich schufte Tag und Nacht, damit Kosmos weiterhin so genannten Spielerezensenten kostenlos Spiele schicken kann. Sich durch Hunderte von Spielideen wühlen, auf Autorentreffen die ganze Nacht mit Menschen, die sich Spieleautoren nennen, abhängen und verschiedene Spiele so zu bearbeiten, dass sie nach der nächsten Messe nicht schon wieder vergessen sind, das ist ein harter Job! Und wenn ich mal ein Spiel der Mitbewerber spiele, kann ich meine Meinung noch nicht einmal zu Geld machen, indem ich lustige Verrisse schreibe.

Jetzt werden Sie aber grob. Langsam verstehe ich, warum der Herr Rieneck Sie gedisst hat.

Jetzt seien Sie doch nicht so wehleidig, Herr Bartsch! Ich hab’s ja gar nicht so gemeint. Hier, nehmen Sie mein Taschentuch. Eigentlich haben wir uns doch in der Spieleszene alle ganz arg lieb. Wir bei den Verlagen machen aus den supertollen Ideen der Autoren prima Spiele und Sie, Herr Bartsch, dürfen die dann spielen und ganz toll benoten.

Die Verlage und Autoren machen auch prima Spiele?! Warum kriege ich dann immer nur die anderen zugeschickt?

Wenn Sie mal groß sind und so viele Leser haben wie die geschätzte Frau Kestering, können wir noch einmal darüber reden. Aber ich hätte hier noch ein paar Mitbringspiele für die Reisezeit. Wenn Sie eines davon gerne hätten, kann ich da sicherlich was arrangieren. Oder Sie spendieren mir mal eine Reise oder bezahlen meinen Urlaub, dann kriegen Sie auch mal die neueste CATAN-Ausgabe. Macht man das bei Ihnen in Niedersachsen nicht so?

Ja, äh, nein... also umgekehrt: Ich bin ja der Niedersachse, also bekomme ich die Reise und den Urlaub. Und die CATAN-Ausgabe natürlich auch. Aber vielleicht können wir anders ins Geschäft kommen: Sie sagten vorhin, Sie lieben die Farbe grün. Und dann noch Ihre Initialen, hm... da ließe sich was draus machen. Ein neuer, lustiger, nie da gewesener Spiele-Verlag! Unsere Erfolgstitel habe ich schon im Kopf: „Stromstoß“, „Staubige Stuben“, „Stullen Stuyvesant Studentenfutter“. Was sagen Sie?

Super Sache! So sollten schlüssige Spieleverlags-Konzepte Stadlers Solvenz-Probleme subtrahieren. Aber dann brauchen wir ja noch jemanden, der die Spiele erfindet. Hoppla, verplappert, ich wollte doch mich als den genialen Spiele-Autoren darstellen. Jetzt weiß ja jeder, dass doch der Rieneck meine Spiele erfindet. Können wir das vielleicht löschen?

Selbstverständlich, ich gebe Ihnen mein Ehrenwort. In der Spieleszene haben wir uns doch alle lieb. Aber um die Spiele müssen Sie sich trotzdem kümmern. Mein Part im Verlag ist, mich auf meinen Tantiemen auszuruhen und mit meinem Zwergkaninchen HALMA zu spielen.

Hat ihr Kaninchen denn Geld? Und merkt es, wenn ich beim HALMA betrüge? Ohne Nebeneinnahmen kann ich mir doch gar keinen zweiten Job leisten.

Da ist nicht viel zu holen, leider. Mein Kaninchen verplempert sein gesamtes Taschengeld für Möhrchen und Marihuana.

Aha, jetzt weiß ich, warum Sie so hinter den Millionen her sind: Sie sind Beschaffer, Sie finanzieren Süchte!

Stimmt ja gar nicht. Mein Kaninchen sagt, es könne mit den Möhrchen jederzeit wieder aufhören. Apropos: Mit Interviews soll man aufhören, wenn es am schönsten ist, Herr Stadler.

Und wann kommt jetzt die Stelle mit Gesang? Mir wurde gesagt, hier muss jeder singen! Aber auch gut, ich kann sowieso nur „Alle meine Entchen“. So verliere ich wenigstens nicht gegen Frau Wredes Hund.

Sie können gerne singen, falls Sie das möchten. Aber wie gesagt: Ich gehe, wenn es am schönsten ist. Also vorher. Auf Wiedersehen!

Sonntag, 1. April 2012

Kingdom Builder

Seit ich die neuen Pillen bekomme, fühle ich mich viel euphorischer. Juhu, das muss gefeiert werden! Deshalb lasse ich mich total gehen und haue zum zweiten Mal binnen acht Tagen die Note „außerordentlich“ raus. Leute, das ist crazy, das ist mad, das ist voll abgedreht! Um mich so etwas zu trauen, musste ich erst über 40 Jahre alt werden.

Wie geht KINGDOM BUILDER? Wir bauen Häuser, pro Spielzug drei. Eine Geländekarte gibt vor, in welcher der fünf besiedelbaren Landschaften die Häuser untergebracht werden müssen. Außerdem muss ich, wenn möglich, angrenzend bauen an das, was ich schon habe. Nur wenn das nicht möglich ist, darf ich eine neue Ansiedlung beginnen – aber trotzdem in der vorgeschriebenen Landschaft. Baue ich neben einem Ortsfeld, auf dem Plättchen liegen, erhalte ich eins dieser Plättchen, das mir für den Rest des Spiels eine Sonderaktion einräumt. Ich darf jetzt zum Beispiel weitere Häuser einsetzen oder vorhandene Häuser verschieben. Besitze ich mehrere Plättchen, habe ich pro Spielzug mehrere Sonderaktionen.
Ziel meiner Bemühungen sind Punkte. Grundsätzlich punktet jedes Burgfeld, an das ich angrenze. Zufällige drei von insgesamt zehn Aufgabenkarten bestimmen weitere Bedingungen. Sie werden zu Beginn der Partie gezogen, offen ausgelegt und besagen beispielsweise, dass jedes Haus neben einem Gewässer punktet. Oder jede voneinander abgegrenzte Siedlung. Oder Mehrheiten auf den Spielplan-Segmenten.

Was passiert? Weil man für seinen Zug nur eine einzige Geländekarte bekommt, also keine Auswahl hat, und weil angrenzend gebaut werden muss, ergeben sich Zwänge. Manche Züge sind vorgegeben. Es gibt passende und unpassende Geländekarten. Als unpassend erweist es sich meist, mehrmals in Folge dasselbe Gelände zu erwischen.
Die Kunst bei KINGDOM BUILDER besteht darin, Zwängen möglichst auszuweichen und sich so auszubreiten, dass man flexibel bleibt. KINGDOM BUILDER erfordert, den variablen Spielplan zu lesen und abzuschätzen, welche Standorte aussichtsreich erscheinen und welche Plättchen im Hinblick auf die Punkt-Bedingungen weiterhelfen.
Dass die gezogene Geländekarte die Möglichkeiten einschränkt, empfinde ich nicht als Manko. Sondern im Gegenteil als Stärke des Spiels. Die Kombination aus Karte plus Plättchen-Funktionen schafft genügend Anlass zum Tüfteln. Noch mehr Möglichkeiten würden KINGDOM BUILDER in eine Denkorgie ausarten lassen. So aber ist es in einer halben Stunde gespielt, absolut nicht banal und schreit nach Wiederholung.

Was taugt es? Der Einstieg in KINGDOM BUILDER ist eher holprig: Weil die Platzierung des allerersten Hauses bereits vorentscheidenden Charakter hat, können Anfänger schlimme Fehler machen, in eine üble Kette von Zwängen geraten und dies dem Spiel anlasten. KINGDOM BUILDER zeigt sein Potenzial nicht sofort.
Auch redaktionelle und grafische Aufbereitung legen unnötig Steine in den Weg: Auf dem Spielplan sind zahlreiche Brücken eingezeichnet, die keine Bedeutung haben, aber ständig zu Nachfragen führen. Dass Siegpunkte „Gold“ heißen und die Häuser „Siedlungen“ und die Siedlungen „Siedlungsgebiete“ halte ich nicht für optimal. Ich hätte mir eine optische Erinnerungsstütze für die permanent gültige Burgen-Wertungsregel gewünscht. Und auf den Aufgabenkarten hätte ich Grafik statt Text bevorzugt. Ach, und die Wertungs-Skala ist ziemlich hässlich. Aber das sind Äußerlichkeiten. Mit seiner Kombination aus 1. Tiefe trotz Einfachheit, 2. Herausforderung durch Zufallsfaktor und Variabilität, 3. großer Spannung und 4. einer schnellen Lernkurve entfaltet KINGDOM BUILDER eine tolle Sogwirkung.

KINGDOM BUILDER von Donald X. Vaccarino für zwei bis vier Spieler, Queen Games.

Samstag, 31. März 2012

Gern gespielt im März 2012

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

VILLAGE: Nie war Sterben schöner.





DUNGEON PETZ: Hihi, und der Verlierer muss hinterher die dreckigen Käfige sauber machen.




AFRICANA: Man soll ja Dinge nicht auf Äußerlichkeiten reduzieren. Aber den Spielplan finde ich trotzdem außergewöhnlich ansprechend. Und wenn man erst mal etwas schön findet, ist man auch zugänglicher für die inneren Werte. (Dazu wann anders mehr.)

TARGI: Ich bin ein paar Kilometer weit geradelt, nur um das zu spielen – und es hat sich gelohnt.




DRECKSAU: Sobald ich mal wieder auf dem Lande bin, werde ich überprüfen, ob Schweineställe tatsächlich Blitzableiter haben. Vielleicht ist das ja nur erfunden.


MONDO SAPIENS: Wenn der Wecker klingelt, geht normalerweise das Arbeiten los. Hier hört es auf. Ich finde das psychologisch günstiger. Obwohl ich manchmal tatsächlich noch gerne weitergearbeitet hätte.