Donnerstag, 3. August 2023

Tipperary

Je häufiger ich Plättchenlegespiele spiele, desto mehr gerate ich ins Grübeln: Ist die Erde am Ende doch eine Scheibe? (Ich behaupte nichts. Ich stelle nur Fragen.)

Wie geht TIPPERARY? Aus TETRIS-artigen Plättchen bauen wir ein Minatur-Irland. Weil die Plättchen recht klobig sind (aus maximal sieben Quadraten zusammengesetzt), brauchen wir nicht viele Züge, um ein ziemlich großes Gebilde entstehen zu lassen. Nach zwölf Runden ist das Spiel schon vorbei.
Größe ist wichtig, denn mit Irland wollen wir Punkte verdienen, und die größte geschlossene Fläche macht einen erheblichen Teil der Wertung aus. Ist mein Irland lückenlos sechs mal acht Felder groß, ergibt das multipliziert 48 Punkte – ungefähr die halbe Miete.
Getreidefelder und Destillerien nebeneinander zu platzieren, erzeugt Whisky und somit logischerweise ebenfalls Punkte. Schafe nebeneinander ergeben eine Herde und: Punkte. Auf verschiedene Weisen kann man sich noch mobile Schafe aus Holz verdienen, die den auf Plättchen abgebildeten Schafen hinzugefügt werden können und die Herde weiter vergrößern oder sogar zuvor versprengte Schafe miteinander verbinden.
Zwei Moore zum Schutzgebiet zu vereinen, bringt ein zufälliges Extrateil der Größe eins. Drei Ruinen in Reihe bringen einen Turm, der dazu dient, um ganz am Ende lästige Lücken für die Flächenwertung zu schließen.
Die Prozedur, wie wir an unsere Teile kommen, erinnert an PLANET UNKNOWN, ist jedoch einfacher und schneller: Rund um ein Drehrad liegen Teile in Zweier-Portionen aus. Das Rad wird mit Schwung gedreht. Wo mein Symbol stehenbleibt, nehme ich die beiden Teile, baue eins angrenzend bei mir ein und lege das andere wieder zurück.


Was passiert? Wir spielen alle gleichzeitig, jede:r puzzelt für sich. Das hat den Nachteil, dass ich wenig davon mitbekomme, was die anderen tun (nach jeder Runde wird lediglich verglichen, wer die aktuell größte Schafherde besitzt, um die zugehörige Besitzurkunde zu vergeben).
Es hat aber den Vorteil, dass bei TIPPERARY kaum Wartezeiten entstehen. Und da ich auf das Irland-Gebilde der anderen sowieso keinen Einfluss nehmen kann, empfinde ich die Gleichzeitigkeit hier als Vorteil. Sie gewährleistet, dass TIPPERARY in 30 Minuten gespielt ist, meist sogar schneller, was zu der Tiefe des Spiels sehr gut passt. So trägt der Spannungsbogen bis zum Schluss.
Der Reiz ergibt sich aus den widersprüchlichen Zielen. Ich will viel Fläche machen, also tendiere ich zu großen Teilen. Allerdings sind auf ihnen die eher weniger wertvollen Geländearten abgebildet. Und oft hängt noch irgendein doofer Zipfel dran, der bei mir nicht passt und in meinem schönen Rechteck eine Lücke lässt, die mich zwingt, zur Kompensation Extrateil oder Turm zu erwirtschaften. Wie oft wird mir das in der Folge gelingen und wie viele solcher Lücken kann ich mir also erlauben?
Destillerien will ich nach außen legen, damit ich Getreidefelder anlegen kann. Getreidefelder will ich auch nach außen legen. Moore auch, Ruinen auch. Man ahnt es: Nicht alles kann außen liegen, weil mein Gebiet sonst zerfranst. Und dann sind da noch meine Schäfchen, die ich irgendwie zusammenhalten will. Mit der Wahl eines von zwei Plättchen und dessen Ausrichtung und Platzierung ist man gut beschäftigt.


Was taugt es? TIPPERARY ist nicht gerade ein originelles Spiel. Die wesentlichen Zutaten hat man schon anderswo gesehen. Doch ein Spiel ist eben mehr als die Addition der Elemente, und in dieser Kombination und zusammen mit dem gut gewählten Thema und der gelungenen Illustration ergibt sich ein angenehmes Wohlfühl-Paket.
Weil sich das Besondere des Spiels kaum benennen lässt, hätte ich vielleicht auch „solide“ unter meinen Text schreiben können. Aber die Spielerfahrung war schlichtweg besser: In mehreren Runden wurde nach der ersten Partie gleich noch eine zweite und eventuell sogar dritte hinterhergeschoben. Ruckzuck hatte ich eine zweistellige Partienzahl zusammen, und ich bin immer noch nicht müde, TIPPERARY zu spielen, auch um zu erkunden, was passiert: ob ich nicht doch noch ein größeres Rechteck bauen, nicht noch mehr Whisky brennen oder noch mehr Schafe sammeln kann.
Die Anleitung des Spiels ist sehr gut. Bemängeln lässt sich allerdings der klein geratene Beutel, in den die Bauteile fast nicht hineinpassen. Da ich solch unförmige Plättchen ohnehin nicht mischen wollen würde, geht das trotzdem in Ordnung. Wirklich nicht so gut sind indes die instabilen Türme und die auf den Plättchen sehr unauffällig geratenen Bonusschaf-Symbole, die immer wieder übersehen werden.


***** reizvoll

TIPPERARY von Günter Burkhardt für zwei bis fünf Spieler:innen, Lookout Spiele.

1 Kommentare:

Günter Burkhardt hat gesagt…

Hier noch der Song zum Spiel:
https://www.youtube.com/watch?v=gs5IH76mwCM
Und seit Essen gibt es Zusatzaufgaben als Erweiterung.

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