Freitag, 5. August 2011

Lancaster

Wie geht LANCASTER? LANCASTER ist ein Arbeitereinsetz-Spiel. Um sich von den anderen dieser Gattung zu unterscheiden, heißen die Arbeiter erstens schon mal „Ritter“ und besitzen zweitens eine Wertigkeit. Stärkere Ritter verdrängen in England die schwächeren. Die unterlegene Figur geht an den Besitzer zurück und darf woanders neu eingesetzt werden.
In den Countys gibt es entweder Adlige zu holen (viele verschiedene Adlige zu besitzen, zählt am Schluss viele Siegpunkte) oder spezielle Vergünstigungen: Ritteraufwertung, Rittervermehrung, höheres Rundeneinkommen etc. Wer drei Geld zahlt, bekommt sogar den Adligen plus die Vergünstigung.
Die neun Countys sind nicht der einzige mögliche Einsatzort. Bedeutsam sind auch die Scharmützel in und gegen Frankreich. Hier wird nicht verdrängt; alle arbeiten zusammen oder tun zumindest so. Wer sich am meisten einbringt, bekommt die meisten Siegpunkte, jedoch in Abhängigkeit davon, ob die Schlacht gewonnen wird. Das gelingt, wenn die Spieler insgesamt eine vorgegebene Ritterstärke aufbieten. Der Krieg birgt aber auch Gefahren: Ritter können zwei Runden lang dort festhängen, was wie ein halbes Leben ist, denn LANCASTER dauert nur fünf Runden. Und Ritter können in Gefangenschaft geraten und kosten dann Lösegeld.

Wie fühlt es sich an? Die Mechanismen in LANCASTER sind interessant miteinander verwoben. Die Reihenfolge der gewählten Aktionen spielt eine große Rolle. Beispielsweise erhält, wer an einem Krieg teilnimmt, sofort eine Belohnung des Königs. Geschickt gewählt, bringt sie noch in der laufenden Runde Vorteile, etwa indem man einen Ritter so aufwertet, dass er plötzlich stark genug ist, um einen anderen aus einem County zu verdrängen.
Das Sahnehäubchen sind die Abstimmungen über Gesetze. Jede Runde stehen drei neue Regelungen zur Wahl. Sie besagen beispielsweise, dass es Extrapunkte für die Kriegsteilnahme gibt oder dass Geld gegen Siegpunkte eingetauscht werden darf. Jeder Adlige, den man bereits an seinem Hof hat, bringt einen Stimmstein. Abgestimmt wird geheim. Die hohe Kunst besteht darin, die eigenen Spielhandlungen potenziell kommenden Gesetzen anzupassen und vom Abstimmungsverhalten anderer Spieler zu profitieren.
Allerdings gibt es immer wieder Spieler, die nicht so richtig in den Tritt kommen. Sie haben zu wenige Ritter und können deshalb nur wenige Aktionen ausführen oder sie sind durch das Herauswerfen aus den Countys nach und nach in eine Spielweise gezwungen worden, die nicht dem Mehrheitstrend folgt. Die meisten Gesetze werden nun gegen sie laufen.
Ich habe viele Partien erlebt, in denen zwischen Erstem und Letztem ein riesiger Abstand klaffte. Und oft war es früh absehbar. Zweiter Wermutstropfen: Die letzten beiden Runden werden bei größerer Mitspielerzahl zäh, weil jetzt viele Ritter unterwegs sind und sich ständig gegenseitig irgendwo verdrängen.

Was taugt es? Spiele mit Abstimmungen über Gesetze gab es schon, aber sie sind rar, und der Mechanismus ist weitgehend unverbraucht. LANCASTER setzt ihn zudem besonders elegant und kompakt um. Alles wirkt organisch und nicht einfach nur draufgesetzt. Arbeitereinsetz-Spiele sind also doch noch nicht ausgelutscht. LANCASTER gehört für mich zu den besten zehn bis 15 Spielen des Jahrgangs.

LANCASTER von Matthias Cramer für zwei bis fünf Spieler, Queen Games.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Jetzt ist es soweit: Keine Einleitung mehr!

Nils Kruse hat gesagt…

Hallo Udo,

wie ich an dem Stimmkärtchen des letzten Bildes erkenne, habt ihr auch schon drei Spiele mit Lancaster gemacht.
Mich hat es ehrlich gesagt sehr überrascht, dass die Plättchen nach recht wenigen Partien so abgewetzt ausschauen. Insbesondere wo aktuell der Qualitätsvergleich des Spielmaterials aufgestellt wird.
Die Plättchen von BuBu oder auch eines Carcassonne sehen dagegen nach sehr viel mehr Partien noch frisch aus.

Zur Kritik des Spiels; auch ich finde, dass dem Spielgeschehen die Keule eines Räuber (Catan) gut tun würde. Etwas früh kristallisiert sich heraus, wer die Partie gewinnt.
Die Maßnahmen dagegen sind nicht so offensichtlich, dass sie sich jedem Mitspieler gleich erschließt. So wurden bei uns schon ein paar Partien zerredet.

Ich vermute aber, Lancaster wird heute Abend wieder auf unseren Tisch liegen. ;)

Liebe Grüße
Nils

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