Steffen Benndorf
Der Interviewte: Steffen Benndorf (37) aus dem mittelfränkischen Röthenbach an der Pegnitz kann als aufstrebender Autor bezeichnet werden. Drei seiner Spiele wurden bereits veröffentlicht, zuletzt MENSCH ÄRGERE DICH NICHT MAL ANDERS.
Der Interviewer: Udo Bartsch (43) aus dem mittelmäßigen Hannover an der Leine kann als aufstrebender Rezensent bezeichnet werden. Es sei denn, man möchte nicht lügen.
Hallo, Herr Benndorf! Ich bin tatsächlich ein bisschen aufgeregt. Sie müssen wissen, ich kriege normalerweise nur B-Promis vors Mikrofon. Aber jetzt den Erfinder von MENSCH ÄRGERE DICH NICHT. – Das ist Wahnsinn! Ich hatte Sie mir allerdings irgendwie älter vorgestellt.
Herr Bartsch, ich bin entsetzt! Nicht weil Sie es mit Ihrer Lobhudelei offensichtlich auf ein kostenloses Rezensionsexemplar abgesehen haben, sondern weil Sie soeben durch Ihre unbedachte Äußerung die Abmahnung des verantwortlichen Spieleredakteurs zu verantworten haben. Können Sie sich vorstellen, wie viel Zeit und Geld Schmidt Spiele investiert hat, um die richtige Stelle für meine vertraglich zugesicherte Namensnennung auf dem Spielecover zu bestimmen, damit man mich eben
nicht für den Erfinder von MENSCH ÄRGERE DICH NICHT hält?
Häh?! Was?! Herr Benndorf, Sie müssen so reden, dass die Menschen Sie verstehen. Die Leser von REZENSIONEN FÜR MILLIONEN sind nicht allzu intelligent. Sonst würden sie ja was anderes lesen. Also: Sind Sie jetzt der Erfinder von MENSCH ÄRGERE DICH NICHT oder nicht?
Nein, ich bin nur der Erfinder von MAL ANDERS. Im Übrigen sollten Sie schleunigst aufhören, Ihre werte Leserschaft zu beleidigen. Sonst wird keiner mehr unserer Konversation folgen und Sie müssten in Zukunft wieder Ihren Besucherzähler frisieren.
Moment mal. Woher wissen Sie, dass ich meinen Besu... (stutzt) Äh, Sie sagen, Sie sind der Erfinder von MAL ANDERS. – Sind Sie also Reiner Knizia?
Nein, aber wussten Sie, dass sich mein Ex-Arbeitskollege damals bei einer Bank beworben hat, wo Reiner Knizia was zu sagen hatte, und abgelehnt wurde? In meinen Augen ein Skandal! Wobei Herr Knizia damals Weitblick bewiesen hat. Jener Kollege hat nie ein gutes Wort an meinen Spielideen gelassen. Außerdem ist er der Meinung, man könnte jedes Kartenspiel auch mit einem stinknormalen Romméblatt realisieren! Und dass ständig neue Spiele auf den Markt geworfen werden, sei nur der Profitgier der Verlage und solcher Menschen wie mir und Herrn Knizia geschuldet! Herr Bartsch, sagen Sie doch was!
Ich finde, wer etwas gegen Profitgier hat, ist bei einer Bank tatsächlich falsch. Ich hätte den Mann auch nicht eingestellt. Aber Herr Benndorf, Sie lenken von sich ab. Ich habe mittlerweile den Eindruck gewonnen, Sie sind kein bisschen prominent! Warum interviewe ich Sie überhaupt?
Ja, was weiß denn ich? Sie sind Visionär und glauben an mich? Sie haben noch freien Webspace, den Sie auf keinen Fall verfallen lassen wollen? Sie sind jung und brauchen das Geld? Oder... oder ist MENSCH ÄRGERE DICH NICHT gar Ihr Lieblingsspiel?
Auf keinen Fall! Ich habe riesige Probleme mit dem Rauswerfen. Dass das so einfach geht, finde ich total unmöglich! Wenn die Figuren wenigstens kleine Miniaturwaffen hätten – Baseball-Schläger, Pfefferspray, Laserschwert – dann wäre alles viel logischer und ich könnte tiefer in die Spielgeschichte eintauchen.
Also: Antwort c ist richtig. Ich bin jung und brauche Geld. Zahlen Sie bar? Ich nehme auch Sachwerte: Zahngold, Antiquitäten, Micky Maus-Hefte.
Ich könnte in Briefmarken zahlen. Die müssten Sie nur von meiner Fanpost ablösen, aber das sollte kein Problem darstellen, oder? Alternativ wären noch Antiquitäten möglich. Ich horte schon seit Jahren hunderte Exemplare von
WÜRFEL EXPRESS, die könnte ich Ihnen anbieten. Mit ein paar netten Worten der Wertschätzung könnten Sie hier selbst eine gigantische Wertsteigerung erzielen. Ich müsste die Ware allerdings liefern lassen, weil ich Ihren Rat befolgt und die Spiele nicht gleich mitgebracht habe. Wie viele Paletten nehmen Sie?
Ach du je! Und ich dachte, etwas Schlimmeres, als von Herrn Menzels Hund angefallen zu werden, könnte mir nicht mehr passieren.
Wechseln wir das Thema: FIESE 15, ein weiteres Würfelspiel von Ihnen. Oder zumindest hat Schmidt wieder Ihren Namen draufgeschrieben und der Redakteur wird jetzt abgemahnt. Ich kenne die Wilde 13 von Jim Knopf und Lukas, dem Lokomotivführer. Ist FIESE 15 so ähnlich, nur noch fieser und zwei mehr?
FIESE 15 ist eher wie 17 und 4 minus 6 mit Würfeln. Das Spiel hatte ich anfangs unter dem Namen HUNDSGEMEINE HUNDERT vorgestellt. Das Spielmaterial bestand aus 40 Würfeln in putzigen Pastellfarben und geschätzten drei Millionen Aufgabenplättchen für stundenlangen Spielspaß. Die HUNDERT stand dabei sowohl für die machbare Maximalpunktzahl pro Plättchen als auch für das genormte Gesamtgewicht des Spielmaterials. Die Spielverpackung sollte ein handelsüblicher Hartschalenkoffer sein, in dem man auch unverzollte Urlaubspräsente hätte schmuggeln können. Der Verlag wünschte sich letztendlich aber ein leichteres Spiel mit einfacherem Zugang.
FIESE 15, HUNDSGEMEINE HUNDERT... Das sind ja lauter Titel mit Alliterationen! Sie denken wohl, ich merke das nicht, was? Aber ich warne Sie: Ich hatte die Idee zuerst! Herr Stadler ist mein Zeuge.
Mögen Sie zum Abschluss vielleicht noch versehentlich etwas über Ihre zukünftigen Projekte ausplaudern, damit ich meine Anwälte gleich auf die richtige Fährte setzen kann?
Ich sage nur, Würfel pflastern meinen Weg. Apropos „Weg“: Ich muss dann mal dringend wieder los. Mit Ihren albernen Anwälten haben Sie mir jetzt doch ein wenig Angst eingejagt. Herr Stadler erscheint mir als Zeuge Ihrer Alliterationsphantasien zwar wenig glaubhaft, aber man kann ja nie wissen. Sie haben nicht zufällig seine Telefonnummer? Oder singt er noch immer im Nebenraum?
Nein, was Sie da gerade hören, ist der Schrei-Therapeut meines Zwergkaninchens. Seit Herr Stadler meinem Hasi das Taschengeld abgezockt hat, ist Hasi etwas depressiv geworden und muss wieder lernen, mehr aus sich herauszugehen. Apropos „herausgehen“: Die Tür finden Sie selbst?!
Vielen Dank noch für das Gespräch, und wenn Sie mal reich und berühmt sind und nicht wissen, wohin mit Ihrem Zahngold, können Sie sich gerne wieder melden.