Montag, 31. März 2025

Gern gespielt im März 2025

CITIES: Keine der Städte, die wir bauen, heißt Hannover. Aber alle sehen so aus.

SLAY THE SPIRE – DAS BRETTSPIEL: Vielleicht ist dies das Ermutigende all dieser Monsterprügeleien: Anders als in der Realität geht es nicht bloß gegen Handlanger und kleine Fische. Am Ende erwischt es auch den Boss.

SKIZZ IT: Da meine Drei-Sekunden-Skizzen qualitativ kaum schlechter sind als meine Drei-Stunden-Werke, müsste ich eigentlich gute Gewinnchancen haben. Nur hat sich die schöne Prognose bislang leider nicht bewahrheitet.

SKULL QUEEN: Immer wieder plankes Entsetzen.

PYRAMIDO – VERSCHOLLENE SCHÄTZE: Die verschollenen Schätze, von denen Titel und Anleitung blumig schwärmen („Legenden berichten von kostbaren Edelsteinen … in labyrinthartigen Gängen … mit nichts als einer improvisierten Karte … in die düsteren Tiefen der Pyramiden … bla, bla), sind anscheinend so sehr verschollen, dass wir uns gar nicht erst auf die Suche machen und lieber eine neue Pyramide bauen.


UND AM LIEBSTEN GESPIELT IM MÄRZ:

CIVOLUTION: Nicht mal DOMINION mit seinen unzähligen Erweiterungen hat derartige Folgekosten verursacht. Um CIVOLUTION spielen zu können, musste ich extra einen Koloss von einem Tisch anschaffen. Wanddurchbrüche konnten gerade noch vermieden werden.


Dienstag, 25. März 2025

Fischen

Fischen: Cover

Einleitungen sind für mich eine – wie sagt man? – Fischen impossible.

Wie geht FISCHEN? FISCHEN ist ein Stichspiel über acht Runden. Die erste Runde ist völlig konventionell. Wer die höchste Karte der angespielten Farbe legt, gewinnt den Stich. Man bedient, man wirft ab. Trumpf gibt es erst ab Runde zwei.
Alle gewonnenen Karten sammle ich auf meiner Ablage. Jede Karte zählt einen Punkt. Und diese Karten bilden für die Zukunft mein Deck: Ich mische und staple sie und ziehe von oben die benötigten Karten für die nächste Runde. Enthält mein Deck nicht genug Karten, erhalte ich die fehlenden vom vorsortierten „Meeresstapel“. Darin befinden sich höhere Werte, Trümpfe und Sonderkarten. Je weiter wir den Meeresstapel abtragen, desto stärker die Karten.

Fischen: gesammelte Stiche und Deck

Sammle ich nur wenige Stiche und damit nur wenige Punkte, erhalte ich also Karten, die tendenziell besser sind als das, was sich bislang im Spiel befindet. Üblicherweise befähigen mich diese Karten, jetzt deutlich mehr Punkte zu sammeln – allerdings mit dem Haken, dass mein Deck wieder dicker wird und nun andere Spieler:innen Kartengeschenke erhalten und mich bald wieder übertrumpfen werden.

Was passiert? Eine Partie FISCHEN ist ein Auf und Ab aus punkteträchtigen und weniger punkteträchtigen Phasen. Niemand wird abgehängt, niemand eilt davon. Teilweise ist es auch ein Stichvermeidungsspiel. Einen Stich mit lauter Luschen sacke ich trotz billiger Punkte nicht gedankenlos ein, weil ich weiß, dass diese Luschen in mein Deck und damit auch in meine zukünftige Kartenhand wandern.

Fischen: Karten

Das Spielprinzip ist unterhaltsam. Wenn ich Karten nachbekomme, kann ich mich darauf freuen, etwas Besonderes zu ergattern, womit ich die anderen überraschen werde. Allerdings kann es auch Enttäuschungen geben. Da habe ich die Trumpf-Sechs gezogen und denke: „Cool!“ Und dann hat irgendwer tatsächlich die Trumpf-Sieben, und ich bekomme den Stich doch nicht, und die andere Person hat nun Sechs und Sieben im Deck.
Oder ich ziehe gar keinen Trumpf, sondern nur irgendwelche mittelmäßigen Sonderkarten. In meinen Runden wussten mehrere Spieler:innen mit manchen Sonderkarten nicht viel anzufangen. Sie wurden nicht als Verstärkung des Blattes empfunden.
Die Unterhaltsamkeit von FISCHEN bedeutet auch eine gewisse Unplanbarkeit: Ich weiß nicht, welche Karten neu ins Spiel gekommen sind. Ich weiß auch nicht, welche Karten auf den Händen sind und welche noch irgendwo in den Decks schlummern. Zielgerichtetes Spielen wird erschwert. Menschen, die bei Stichspielen gerne alle Karten mitzählen, können das bei FISCHEN nicht.


Fischen: Karten

Was taugt es? Nach meinem Verständnis ist FISCHEN ein Stichspiel, das sein Genre nicht allzu ernst nimmt. Es bricht mit Stichspiel-Prinzipien, indem erstens nur ein Teil aller Karten im Spiel ist und zweitens im Laufe der acht Runden eine Inflationierung stattfindet, die die ursprünglichen Karten immer mehr abwertet.
Das fühlt sich frisch und ungewöhnlich an, ich mag die Idee – dennoch hat sich das Spiel für mich nicht als Dauerbrenner erwiesen. FISCHEN ist nicht Fisch, nicht Fleisch, es ist irgendwas dazwischen. Es ist einerseits nicht so eindeutig ernst: Ich erlebe mich in den Wellenbewegungen und Aufs und Abs mehr als mitgespült und weniger als aus eigener Kraft schwimmend. FISCHEN ist andererseits aber auch nicht so eindeutig lustig, dass ich mich wie in einem Fun-Spiel einfach treiben lassen wollte.
Klar, ein Spiel muss nicht in eine Kategorie passen. Es sollte erst mal so genommen werden, wie es ist. Allerdings: Wenn ich auswähle, was ich spielen möchte, dann geht es um die Frage, was ich mir von dem Spiel verspreche. Welchen Reiz es ausüben soll. Und wenn ich das auch nach mehreren Partien nicht so genau fassen kann, wähle ich das Spiel trotz Originalität eher nicht.


**** solide

FISCHEN von Friedemann Friese für drei bis fünf Spieler:innen, 2F.

Freitag, 21. März 2025

Dorfromantik Sakura

Dorfromantik Sakura: Cover

Das sicherste Mittel gegen Spoiler in der Einleitung ist: gar keine Einleitung. Für meine Leser:innen tue ich alles. Sogar nichts.

Wie geht DORFROMANTIK SAKURA? Wie DORFROMANTIK – DAS BRETTSPIEL. Und wie geht DORFROMANTIK – DAS BRETTSPIEL? So!
Na gut, gewisse Unterschiede gibt es schon. Nicht in den Grundregeln und nicht im generellen Ablauf, aber in Details: Bei DORFROMANTIK SAKURA sind auch die aus DORFROMANTIK – DAS DUELL bekannten Rundum-Aufträge mit von der Partie. Es gibt, wie sich auf dem Kampagnenblock erkennen lässt, eine zusätzliche Kirschblüten-Währung, um Felder abzukreuzen. Und in den nun sechs Boxen mit freizuschaltendem Material stecken andere Plättchen, andere Bauaufgaben, andere Materialien als im Ursprungsspiel.


Dorfromantik Sakura: Spielsituation

Was passiert? Weil sich das Spiel nur in Details ändert, ändert sich auch am Spielgefühl fast nichts. Und das ist gut so, denn DORFROMANTIK ist belohnend und konstruktiv. Gewiss macht man ab und zu weniger Punkte als erhofft (Stichwort: Zeitungsjunge) und darf dann mit der eigenen Performance auch unzufrieden sein, aber verlieren im eigentlichen Sinne kann man nicht. Und wenn man zwei oder drei Partien länger braucht als andere, um alles freizuschalten, dann ist das vielleicht kein neuer Rekord, aber bedeutet auch: Man hat zwei oder drei Mal mehr beim Spielen eine gute Zeit verbracht.
DORFROMANTIK ist ein Spiel zum Wohlfühlen. Auch der Endlos-Charakter trägt zu diesem Gefühl bei. Unsere Welt wächst und wächst und wir sind deren Gestalter:innen. Es kommen immer neue Elemente ins Spiel. Was genau, erfahren wir erst, sobald wir die Sachen freischalten. Insofern sind wir auch ein wenig die Entdecker:innen unserer Welt, auch wenn eine übergeordnete Instanz festgelegt hat, was wir entdecken sollen.


Dorfromantik Sakura: Block

Was taugt es? Wer DORFROMANTIK – DAS BRETTSPIEL noch nicht kennt, sollte damit auch einsteigen. SAKURA ist komplizierter und unübersichtlicher. Aber nicht nur. Für mein Empfinden werden kleinere Hakeligkeiten des Ursprungsspiels weggeschliffen. Auf der anderen Seite kommen auch neue kleine Hakeligkeiten dazu. An manchen Stellen waren wir unsicher, wie die Regeln auszulegen sind.
Auch beim ursprünglichen DORFROMANTIK hatten wir beim Spielen immer mal wieder Möglichkeiten übersehen und Elemente vergessen („Ach ja, wir haben ja noch Herzen, die wir legen können!“; „Oh Mist, das Plättchen vom Lagerhaus hätte viel besser gepasst!“ usw.), in SAKURA ist uns dies noch häufiger passiert. SAKURA enthält mehr Regeln und mehr Dinge, die man parallel beachten muss.
Dadurch ist SAKURA aber nicht das schlechtere Spiel. Sondern es ist die gelungene Fortsetzung eines gelungenen Spiels, die dieselben Qualitäten besitzt wie der Vorgänger. Die Entscheidung, das Spiel etwas umfangreicher und etwas komplexer zu machen, finde ich richtig. Es ist der logische nächste Schritt. Wer hätte denn weniger oder dasselbe noch mal haben wollen? Ich nicht.


***** reizvoll

DORFROMANTIK SAKURA von Lukas Zach und Michael Palm für eine:n bis sechs Spieler:innen, Pegasus Spiele.

Mittwoch, 19. März 2025

Neuland

Neuland: Cover

Kein Neuland an dieser Stelle.

Wie geht NEULAND? Wir wollen unsere Insel-Tableaus so mit Sechseck-Plättchen vollpuzzeln, dass es viele Punkte zählt. Schon zu Beginn habe ich drei Aufträge (ebenfalls in Form von Sechseck-Plättchen), in jeder Partie sind es andere: Etwa soll ich rund um mein Tempel-Sechseck je ein Plättchen Holz, Gold, Haus und Wachturm legen, dann zählt der Tempel sieben Punkte.
Zusätzliche Aufträge darf ich während der Partie wählen, in jedem Zug einen. Auch diese Aufträge erfordern, dass ich bestimmte andere Plättchen ringsum platziere. Aber sie zählen keinen festen Punktwert, sondern werten eine meiner Plättchensorten auf: Jedes Holz zählt dann bei Spielende nicht mehr nur einen Punkt oder jeder Turm nicht mehr nur zwei, sondern mehr. Aufträge, die ich genommen, aber nicht erfüllt habe, zählen Minuspunkte.
Ungewöhnlich ist, wie wir an die erforderlichen Ressourcen- und Gebäudeplättchen herankommen. Dafür gibt es einen gemeinsamen Spielplan, der eine Landfläche zeigt: das Neuland sozusagen, das wir als Wikinger:innen besetzen. Bin ich am Zug, platziere ich eine meiner Figuren auf einem freien Feld, das an ein bereits besetztes Feld angrenzen muss. Ich kassiere die auf dem Feld abgebildete Ressource: Holz, Schaf, Gold oder Axt. Zusätzlich kann ich Gebäudeplättchen erhalten: ein Haus, sofern auf dem Nachbarfeld eins liegt; eine Burg, sofern eine zusammenhängende Gruppe von vier meiner Figuren mit mindestens einer Figur an das Burgplättchen angrenzt; Wachtürme, sofern ich zwei oder mehr Wachtürme mit meinen Figuren verbinde.


Neuland: Spielplan

Was passiert? Das Plättchen-Puzzeln auf dem eigenen Tableau ist ein typischer Mehrpersonen-Solitär-Mechanismus. Der gemeinsame Spielplan aber lässt NEULAND interaktiv und konfrontativ werden. Wo ich meine Figur platziere, wäge ich ab: Was bekomme ich dadurch sofort? Hilft die Figur, Gruppen an Burgen zu bilden oder Türme zu verbinden? Und was ermöglicht sie meinen Mitspieler:innen? Meistens möchte ich vermeiden, dass andere sich sofort neben mich stellen und so meine Gruppenbildungen und Verbindungen behindern.
Generell will ich natürlich viel Beute raffen. Andererseits muss es auch ein bisschen gezielt sein und zur Erledigung meiner Aufträge beitragen. Ähnliches gilt für die Wahl weiterer Auftragsplättchen: Jedes, das ich erledige, bringt einen Gewinn. Aber weil ich auf meiner Insel nicht unendlich viele Plättchen unterbringen kann, wäre es besser, sich auf bestimmte Sammelgebiete zu fokussieren. Etwa indem ich mir viele Schafe hole und gleichzeitig viele Plättchen, die Schafe aufwerten.
NEULAND verlangt effektives Puzzeln. Im Bestfall kann ich mehrere Auftragsplättchen, die allesamt Gold erfordern, um ein zentrales Feld herum anordnen, sodass mir an dieser Stelle ein Gold für all diese Aufträge genügt. Deshalb plane ich viele Züge im Voraus und bin sehr vertieft und konzentriert, damit ich ein Feld, auf dem später zwingend ein Holz liegen muss, tunlichst nicht anderweitig bedecke.
Weil auch die anderen Spieler:innen vertieft und konzentriert sind, können ziemliche Denkzeiten entstehen. Solange sich die Person vor mir nicht entschieden hat, ob sie nach der Beute-Puzzelei ein Auftragsplättchen nehmen und dann vielleicht sogar noch einen Doppelzug machen möchte (was einmal pro Partie möglich ist), muss ich warten.


Neuland: Puzzle

Was taugt es? NEULAND gehört klar zu den empfehlenswerten Spielen des Jahrgangs. In meinen Spielerunden kommt es überdurchschnittlich gut an.
Das Puzzle auf meinem Tableau kann ich gedanklich noch so toll optimieren: Ich muss die benötigten Teile auch bekommen. Was das angeht, ist die Planungssicherheit deutlich geringer. Mitspieler:innen besetzen die angepeilten Ressourcenfelder, unterbrechen meine Verbindungen, kommen mir bei Gebäudeplättchen zuvor oder nehmen Aufträge, die ich haben wollte. Oder … sie tun nichts von alledem. Wer hinter einer unaufmerksamen oder konfliktscheuen Person sitzt, hat Vorteile.
Die Ungewissheit, welche Möglichkeiten sich mir eröffnen und was ich bekomme, machen NEULAND spannend. Das Spielkonzept mit den zwei Schauplätzen finde ich reizvoll. Es fordert mich heraus, ich spiele gerne mit.
Aber bin ich richtig gespannt auf immer weitere Partien? Eher nicht. Eine Partie NEULAND empfinde ich zu wenig als Neuland. Klar, der zentrale Spielplan ist modular und somit jedes Mal anders. Und, ja, meine Anfangsaufträge wechseln auch. Manchmal benötige ich mehr Holz, manchmal mehr Wachtürme. Aber das sind Details, die nichts an meiner generellen Vorgehensweise auf dem Gemeinschaftsspielplan und am Optimieren auf meiner Insel ändern. Alles ist sehr erwartbar und wiederholt sich. Sowohl während einer Partie, als auch partieübergreifend.


**** solide

NEULAND von Charles Chevallier und Laurent Escoffier für zwei bis vier Spieler:innen, Game Factory.

Donnerstag, 13. März 2025

Vor 20 Jahren (147): Zug um Zug Europa

Zug um Zug Europa: Cover

Unter Marketinggesichtspunkten hatte das Spiel des Jahres 2004 ZUG UM ZUG von Alan Moon einen Nachteil: Es ließ sich schlecht erweitern. Gleichzeitig hatte ZUG UM ZUG einen großen Vorteil: Es ließ sich schlecht erweitern. Um auch mal auf anderen Spielplänen statt immer nur Nordamerika spielen zu können, mussten die Fans ganz neue Ausgaben mit ganz neuem Material kaufen.

Und es funktionierte.

Blendend.

Zumal ZUG UM ZUG vergleichsweise einfach gehalten ist, während die späteren Versionen oft ein paar Regeln draufsatteln und dadurch für Menschen, die das Spielprinzip schon kennen, neue Reize bieten. Bei mir und im Falle von ZUG UM ZUG EUROPA war es jedenfalls so. Nachdem es ZUG UM ZUG EUROPA gab, spielte ich fast nur noch dieses und fast überhaupt nicht mehr ZUG UM ZUG.

An ZUG UM ZUG EUROPA gefällt mir vor allem besser, dass es nicht so sehr auf das Bauen langer Strecken ankommt. Genau genommen gibt es kaum lange Strecken, die jemand bauen könnte. Auch besser: Bis auf den Startauftrag klaffen die Punktwerte der Aufträge nicht mehr so arg auseinander. Und: die Bahnhöfe als Notfallplan, um Strecken zu überbrücken, die man nicht selbst bebaut hat.

Die anderen Änderungen (dass manche Streckenabschnitte Joker kosten und dass jeder Tunnelbau ein Zockerspiel im Spiel initiiert) finde ich zumindest nicht negativ. Vielleicht sollen sie Anreize setzen, um nicht dauernd vom Stapel zu ziehen, sondern häufiger gezielt Karten aus der Auslage zu wählen, gegebenenfalls auch mal einen Joker. Falls das stimmt, prallte das an meiner Runde, mit der ich damals ZUG UM ZUG EUROPA hauptsächlich und auch wirklich sehr häufig spielte, ab: Wir haben trotzdem bevorzugt vom Stapel gezogen. Könnte ja sein, dass man mit Glück einen Joker ergattert. Es zeigte sich auch immer wieder: Kaum nahm man mal aus der Auslage, war man prompt der Depp. Weil dann nämlich der Joker aufgedeckt wurde, den man gezogen hätte ... hätte man gezogen.

Der Reiz von ZUG UM ZUG und auch ZUG UM ZUG EUROPA beruht auf der Komposition sehr klarer Mechanismen. Ich sammle Farbkarten. Aber nicht aus Selbstzweck oder für Mehrheiten. Sondern mit den Karten errichte ich Zuglinien auf einem Spielbrett. Und wozu braucht man Eisenbahnen? Um Städte zu verbinden. Dass lange Strecken belohnt werden und dass ich Aufträge erfüllen soll, ergibt sich folgerichtig.

Die Reduktion ist der große Trumpf des Spiels: Es kostet nicht noch zusätzlich Geld, die Linien zu bauen. Ich benötige keine Baurechte. Ich muss nicht kompliziert irgendwas reservieren. Und ich muss eine Linie auch nicht immer weiter fortsetzen. Ich lege Farbkarten und bebaue entsprechend viele gleichfarbige Felder. Fertig.

Das Kartennehmen ist genauso einfach. Ich nehme sie einfach. Aus der Auslage oder vom Stapel. Sie werden nicht versteigert, ich muss nicht dafür bezahlen, es kostet einfach nur meinen Zug. Die Karten selbst kommen ohne jeden Schnickschnack aus: Es gibt unterschiedliche Farben, es gibt Joker. Mehr nicht. Und für jede Farbe gibt es auf dem Spielplan unterschiedliche Stellen, um sie einzusetzen. Welche Karte welche Möglichkeiten bietet, ist glasklar.

Kaum jemand kämpft bei ZUG UM ZUG mit den Regeln. Die Unkompliziertheit bewirkt, dass der Fokus der Spieler:innen statt auf den Mechanismen auf dem Spielgeschehen liegt: Bekomme ich die erhoffte Karte? Kann ich meine Serie rechtzeitig ausspielen? Schaffe ich alle Aufträge? Wäre es verwegen, noch neue zu ziehen? Die Spannung ist deshalb so groß, weil nichts Unnötiges davon ablenkt.


Sonntag, 9. März 2025

Tauschrausch

Tauschrausch: Cover

Ich weiß nicht, ob heute noch jemand Briefmarken sammelt. Aber Einleitungen schreibt sicher niemand mehr.

Wie geht TAUSCHRAUSCH? Wir sammeln unterschiedlich große Legeplättchen (die Briefmarken). Die Plättchen puzzeln wir nach bestimmten Kriterien auf unser Tableau (das Album).
Zu Beginn jeder Runde werden sehr viele Plättchen (teils verdeckt, teils offen) sowie auch Karten aufgedeckt und in den Markt gelegt. Die genaue Zahl wechselt, zu viert sind es etwa 25. Reihum wählen wir nun Karte oder Plättchen, bis jede:r sechs hat. Von diesen sechs darf ich ein Teil bunkern, die anderen muss ich in zwei Hälften aufteilen und beide Portionen zum Tausch anbieten.
Die Startperson wählt zuerst ein Angebot. Wird eine meiner beiden Hälften gewählt, bedeutet dies: 1. Die andere Hälfte gehört jetzt definitiv mir. 2. Nun bin ich dran, ein Angebot auszuwählen. Nach Abschluss des Tauschreigens platzieren wir alle gewonnenen Briefmarken im Album.

Tauschrausch: Marken

Ich möchte generell Marken mit hohen Punktwerten und Motive meines Sammelgebiets (beispielsweise Tiermotive) ergattern. Zusätzlich gilt in jeder Partie eine andere Schlusswertung (zum Beispiel soll ich viele Marken meines Albums vollständig umbaut haben). Und es gibt vier mögliche Zwischenwertungen (zum Beispiel zählen da Farbsets aller fünf Farben oder es zählen Marken ohne Punktwert, die am Rand liegen). Nach jeder der drei Spielrunden entscheide ich mich für eine andere dieser Wertungen, die vierte lasse ich aus.
Meine gewonnenen Karten können zusätzliche Wertungen definieren (ich punkte nun auch für gelbe Marken) oder sie verleihen mir Extraaktionen, die teilweise sehr mächtig sind. Allerdings – wenn ich die Karte nicht gerade bunkere – kann es natürlich sein, dass sie mir beim Tauschrausch wieder weggenommen wird.


Tauschrausch: Album

Was passiert? Diese Ungewissheit ist das wesentliche Charakteristikum des Spiels. Ich sammle etwas, aber ob ich es behalten darf, erfahre ich erst später. Da ich auch nicht weiß, wer beim Tauschrausch mein Angebot wählt, kann ich kaum zielgerichtet teilen. Allenfalls kann ich mit den verdeckten Plättchen bluffen und es so aussehen lassen, als sei die eigentlich schlechtere Hälfte die bessere. Muss aber nicht klappen.
Mit Spielerfahrung weiß man den Wert der Karten und das Punktepotenzial der Ziele besser einzuschätzen. Deshalb schneiden erfahrene Tauschrauscher:innen üblicherweise besser ab als Novizen, die meiner Erfahrung nach davor zurückschrecken, Karten mit derart viel Text in ihre Überlegungen einzubeziehen, und sich deshalb mehr an den Marken orientieren.
Was übrigens nicht so leicht ist, denn es gibt immer wieder Zweifelsfälle, ob eine Marke zu den Monumenten oder zum Weltraum zu zählen ist. Irgendwann entdeckt man vielleicht, dass auf den Monumenten immer noch ein winziger Text steht, beim Weltraum nicht. Aber auch das ändert nichts daran, dass die Marken zwar sehr schön aussehen, die Spielbarkeit aber nicht gut unterstützen.
Ohnehin ist TAUSCHRAUSCH ein unübersichtliches Spiel. Vermutlich auch teilweise gewollt. TAUSCHRAUSCH ist ein Spiel mit Überinformation, man muss filtern.


Tauschrausch: Spielplan

Was taugt es? Dass man mit vielen Marken hantiert, nicht nur mit fünf oder sieben, passt zum Thema. Wer Briefmarken sammelt, hat üblicherweise viele davon. Mit diesen Marken zu spielen, sie mit Blick auf die Wertungen zielgerichtet zu sammeln und zu puzzeln, ist das, was in TAUSCHRAUSCH Spaß macht.
Auch das unübersichtliche und etwas chaotische Zwangstauschen ist ein Element, mit dem ich mich arrangieren kann, zumal es TAUSCHRAUSCH von anderen Legespielen abhebt. Unnötig diffus wird TAUSCHRAUSCH aber durch all das, was noch im Spiel enthalten ist und auf mich so wirkt, als sei man während der Entwicklung der hoffnungsvollen Maxime gefolgt: Je mehr wir reintun, desto reizvoller wird’s.

Tauschrausch: Karten

Stimmt aber nicht. Je mehr man reintut, desto komplizierter wird’s. Die vielen Karten mit den langen Texten müssen von allen gelesen und verstanden werden. Da sie in der Anleitung nicht vollständig erklärt sind, muss man sich teilweise über die Auslegung einigen. Aktionskarten bringen für einige Personen noch mehr Regeln ins Spiel. In jeder Runde gilt zusätzlich ein Ereignis. Und besondere Marken wie „Raritäten“ und „Dauermarken“ funktionieren auch noch mal anders als die normalen Marken. Vom Kern des Spiels führt das immer weiter weg.
So ist das in Summe zwar unterhaltsam, aber auch diffus und konturlos. Der Aufwand, TAUSCHRAUSCH zu spielen, ist hoch. Man macht viel, doch es entsteht wenig Flow. Vom Grundansatz her hätte TAUSCHRAUSCH ein Spiel für alle werden können. Detailreichtum und Regelmenge machen es aber zu einem Spiel nur für erfahrene Spieler:innen.


*** mäßig

TAUSCHRAUSCH von Paul Salomon für eine:n bis fünf Spieler:innen, Feuerland / Stonemaier Games.

Sonntag, 2. März 2025

Australis

Australis: Cover

In die Weltmeere wird schon so viel eingeleitet, da will ich mich nicht auch noch beteiligen.

Wie geht AUSTRALIS? Irgendwas mit Ökosystem: Wir siedeln Korallen an, wir sammeln Fische, unsere Schildkröten liefern sich ein Wettrennen. Typisch der Ostaustralstrom eben, wie wir ihn kennen.
Im Detail: Reihum bedienen wir uns in einem Würfelpool. Blaue Würfel bringen meine Schildkröte voran, mit violetten Würfeln setze ich Korallen ein, gelbe Würfel geben mir Fische und weiße verschaffen mir Karten, die fortan eine bestimmte Würfelfarbe für mich aufwerten. Beispielsweise macht bei jedem von mir gewählten gelben Würfel nun auch meine Schildkröte einen Schritt nach vorn.
Höhere Augenzahlen sind grundsätzlich besser: mehr Schritte für die Schildkröte, mehr Fische und so weiter. Und weil die höheren Augenzahlen natürlich früher genommen werden, lohnt es sich, auch mal den roten Würfel zu nehmen, der mich zum Startspieler der kommenden Runde macht.
Der rote Würfel bringt ansonsten keinen sofortigen Effekt. Aber blaue, violette und eben der rote Würfel haben noch einen Zusatznutzen: Sie lassen mich am Ende der Runde beim Würfelduell mitmachen. Hier würfeln wir über mehrere Durchgänge eine große und eine kleine Belohnung aus. Je mehr Würfel ich in das Duell einbringe, desto besser sind meine Chancen.


Australis: Spielplan

Was passiert? Für all das gibt es am Ende jeder der fünf Runden Punkte. Die Schildkröte punktet für ihre zurückgelegte Wegstrecke. Damit die Fische punkten, benötige ich Futtersteine. Je mehr Fische, desto mehr erforderliche Steine, aber auch umso mehr Punkte. (Futter kann ich übrigens mit der Schildkröte sammeln oder bei Würfelduellen gewinnen. Die Fischwertung ist nicht sehr eingängig und muss von mir während einer Partie üblicherweise mehrfach erklärt werden. Unter anderen verwirrt, dass man weder Futter noch verhungerte Fische jemals abgeben muss.)
Punkte zählen auch die Korallen. An jedem der sechs Korallenriffe gibt es eine Mehrheitswertung. Merkwürdigerweise ist die höchste Wertung (die beim Achter-Riff) am wenigsten umkämpft. Denn zum Achter-Riff komme ich zunächst nur mit einer violetten Acht. Kann ich glücklich eine solche Acht schon in der ersten Runde ergattern, und kommt dann eine Weile lang keine weitere Acht mehr, kassiere ich mehrere Runden lang kampflos die Mehrheitsbelohnung.
AUSTRALIS ist eben ein Würfelspiel und hat demzufolge mit Glück zu tun. Das ist auch bei den Würfelduellen unübersehbar. Ich kann versuchen, mit möglichst vielen Würfeln ins Duell zu gehen, und ich kann meine Duellwürfel mit Karten sogar noch aufwerten – und gegen alle Erwartung kann ich trotzdem als Erster ausscheiden und nichts bekommen. Auch mehrfach in Folge.

Was taugt es? AUSTRALIS sieht hübsch aus, ist aber definitiv kein thematisches Spiel, sondern eine reine Konstruktion. Die Mechanismen sind interessant kombiniert. Die Würfelauswahl ist spannend und erfordert Abwägungen. Mit den Kartenverstärkungen bekomme ich immer mehr kleine Zusatzbelohnungen, verschaffe mir also Kettenzüge. Grundsätzlich kann ich versuchen, mir eine Art Engine aufzubauen – oder mit rein kurzzeitigen Effekten die Punkteflucht nach vorn anzutreten. Ich kann mich mal mehr auf die Fische fokussieren, mal mehr auf die Korallen, sammle also nicht immer dasselbe.

Australis: Tableau

In meinen Spielegruppen kommt AUSTRALIS überdurchschnittlich gut an. Allerdings wird es da von den meisten Personen auch nur ein oder zwei Mal gespielt. Ob es nach weiteren Partien immer noch so beliebt wäre, weiß ich deshalb nicht. Ich habe mehr Partien gespielt – und für mein Empfinden hat der Reiz von AUSTRALIS nachgelassen. Solange bei der Würfelauswahl nicht zu gründlich gegrübelt wird, trägt zwar der Spannungsbogen. Doch Charakter hat das Spiel nicht. Man darf sich schon fragen, was man da inhaltlich eigentlich spielt. Und wird sich schwertun, eine Antwort zu finden.
Auch mechanisch baut AUSTRALIS wenig Langzeitreiz auf. Bei zu vielen Partien bleibt hinterher das Gefühl, das letzte Würfelduell oder die Duelle insgesamt hätten über die Platzierungen entschieden. Ich finde es nicht grundsätzlich schlecht, wenn Würfelduelle Spiele entscheiden. Doch wenn diesem Entscheid sehr viele andere Elemente mit sehr viel Regelwerk vorweggehen, trägt das auf Dauer nicht dazu bei, diese anderen Elemente vertiefter erforschen zu wollen.


*** mäßig

AUSTRALIS von Alessandro Zucchini und Leo Colovini für zwei bis vier Spieler:innen, Kosmos.