Montag, 31. Dezember 2018

Gern gespielt im Dezember 2018

NEWTON: Für ’nen Appel und ’ne Bücherei.


MAGNASTORM: Typisch. Welcher Verlag schickt uns zu einem lauschigen Planeten namens Magnastorm? Feuerland.


FUJI: Typisch. Welcher Verlag hält einen Vulkanspaziergang für eine famose Idee? Feuerland.



WETTLAUF NACH EL DORADO – HELDEN & DÄMONEN: Die ersehnte Erweiterung! Oder: Die Dämonen, die ich rief.


MOUNTAINS: Uuuuu, with a little help from my friends.


7 WONDERS – ARMADA: Die Schiffe haben schon vor der Partie eine Seereise hinter sich: „Figuren hergestellt in China“.*






* Bei dieser Gelegenheit mein Wunsch für 2019: Mehr Umweltbewusstsein bei der Produktion von Spielen!

Donnerstag, 27. Dezember 2018

City of Rome

Zu Weihnachten hatte ich mir ein Zehnerpack Einleitungen gewünscht ...

aber leider nicht bekommen.


Wie geht CITY OF ROME? Weil Wege nun mal Wege sind, führen sie uns Baumeister – unvermeidlich – nach Rom. Du baust dein Rom, ich baue mein Rom. Mein Rom soll mehr Punkte zählen als deins.
Jedes Rom entsteht als Raster aus vier mal vier Karten. Kriterien? Wohngebiete sollten möglichst groß sein und an viele verschiedene öffentliche Gebäude grenzen. Bei Aquädukten zählt die schiere Masse, allerdings zerstückeln ihre Platzierungsvorschriften oft ungewollt die Wohngebiete. Tempel punkten individuell. Einer beispielsweise nur dann, wenn man vier Produktionsgebäude hat, ein anderer zählt Punkte für einen bestimmten Wohnhaus-Typ.
Ein Spielzug besteht darin, eins der Gebäude aus der Auslage zu wählen, dann eventuell eins zu bauen (muss nicht das gewählte sein, denn man hat von Spielbeginn an ein weiteres Gebäude auf der Hand) und eventuell die Produktionsgebäude produzieren zu lassen.
Wann ich an die Reihe komme, entscheide ich selbst, indem ich meine Figur weiter vorne oder hinten auf dem „Aktionsstreifen“ platziere. Vorne bedeutet: Ich habe freie Auswahl unter den Gebäuden. Allerdings schenkt mir die Bank jetzt kaum Aktionspunkte, was bedeutet, dass ich entweder nur ein billiges Gebäude bauen kann und vielleicht nicht produziere. Oder ich muss viel Geld dazubezahlen. Stehe ich dagegen hinten, kriege ich nur, was übrig bleibt, kann aber kostenlos ein beliebiges meiner Gebäude bauen und produziere garantiert.


Was passiert? Obwohl gar nicht so sehr viele verschiedene Gebäude im Spiel sind, macht die Zufälligkeit, zu welchem Zeitpunkt sie auftauchen, CITY OF ROME variabel. Frühe Produktionsgebäude schwemmen Ressourcen (hauptsächlich Geld) ins Spiel. Späte öffentliche Gebäude lassen jene Spieler zittern, die auf wertvolle Wohngebiete spekulieren.
Das Schicksal spielt auch eine Rolle. Es ist ärgerlich, wenn zwei gut passende Gebäude in derselben Runde ins Spiel kommen, so dass man höchstens eins davon bekommt. Oder wenn man beim Auftauchen des lange ersehnten Gebäudes erst als Letzter seinen Platz auf dem Aktionsstreifen wählen darf. Der vorderste Platz dürfte jetzt vergeben sein; eventuell bekommt man sein Wunschgebäude nicht.
Je häufiger ich CITY OF ROME gespielt habe, desto besser ist es mir aber gelungen, abzuschätzen, auf welche Gebäude die anderen abzielen. Oft muss man sich gar nicht sicherheitshalber an die erste Position stellen. Jedenfalls solange man nicht gerade dieselbe Strategie spielt wie ein anderer. Ebenfalls gelingt es mit Erfahrung besser, einen guten Bau-Rhythmus einzuhalten: Auf dem Aktionsstreifen vorne stehend, wähle ich ein teures Supergebäude, baue aber ein billiges von meiner Hand. Das teure baue ich, wenn ich mal weit hinten stehe und viele Aktionspunkte zur Verfügung habe.


Was taugt es? Es steckt eine ganze Menge in CITY OF ROME. Das Platzieren der Karten erfordert Planung und manchmal auch ein bisschen Spekulation. Wohngebiete möchte ich möglichst groß bauen, also sollte ich mir viele Optionen dafür offenhalten. Öffentliche Gebäude möchte ich möglichst zwischen mehreren Wohnsiedlungen platzieren, gleichzeitig möchte ich sie tendenziell spät bauen, weil ihr Soforteffekt größer ist, wenn sie mehr Nachbargebäude haben. All das lässt sich nicht immer unter einen Hut bringen, zumal ich jede Runde nur ein Gebäude bauen darf und somit niemals mit dem Bauen aussetzen sollte.
Einige Gebäude schütten die Währung „Einfluss“ aus. Viermal im Spiel gewinnt der mit dem meisten Einfluss Punkte, muss aber seinen gesamten Einfluss dafür bezahlen – was eine weitere taktische Ebene ins Spiel bringt: Weder wäre es gut, einem Spieler die Wertungen zu billig zu überlassen, noch Einfluss zu sammeln und am Ende darauf sitzen zu bleiben. Und so wählt und baut man abweichend vom großen Städtebauplan manche Gebäude einfach nur, weil sie Einfluss bringen.
CITY OF ROME ist ein kleines, feines Spiel. Alles hängt sinnvoll zusammen, kein Element ist überflüssig. Dass ich es nicht als großes, feines Spiel ansehe, liegt erstens und vor allem an der Optik. Technisch und kühl – CITY OF ROME sieht nach Planungsamt aus und nicht nach Rom.
Mit Ausnahme der Grafik hat der Verlag nach meinem Empfinden das Beste aus der Spielidee herausgeholt. Und die Idee ist auch gut – aber nicht sehr gut. Damit ein Spiel langfristig attraktiv bleibt, muss es auch beim zehnten Mal noch dieselbe Herausforderung oder Neugierde oder Emotion erzeugen wie am Anfang. Oft ist es nur ein kleiner Dreh, der aus einem soliden ein besonderes Spiel mit außergewöhnlichem Wiederspielreiz macht. Diesen Dreh zu kreieren oder zu finden, ist die ganz große Erfinderkunst. In CITY OF ROME entdecke ich viel gutes Handwerk, allerdings ohne den speziellen Kick.


**** solide

CITY OF ROME von Matthew Dunstan und Brett J. Gilbert für zwei bis vier Spieler, Abacusspiele.

Mittwoch, 19. Dezember 2018

Roll for Adventure

Dass Spiele selbstverständlich Kulturgüter sind, erkennt man auch daran, dass sich aus Spielen immer wieder Erkenntnisse für die Realität ableiten lassen. In diesem Fall: Das Böse stirbt nie! Obwohl man glaubt, sämtliche Monster eliminiert zu haben, sind im nächsten Spiel alle wieder da.

Wie geht ROLL FOR ADVENTURE? Wir Helden gegen die Monster. Wer am Zug ist, wirft alle Würfel, die er gerade besitzt, und platziert anschließend einen oder mehrere mit derselben Augenzahl auf einem Gebiet. Die übrigen Würfel werden erneut geworfen und eingesetzt und immer so weiter, bis man entweder keine Würfel mehr hat oder Würfel auf dem „Strudel der Erinnerung“ setzt.
In drei Gebieten lassen sich Edelsteine gewinnen. Was gut ist, denn eine vor Partiebeginn festgelegte Anzahl Edelsteine zu erwerben, ist das Ziel. Welche Augenzahlen eingesetzt werden dürfen und wie viele Würfel nötig sind, ist in jedem Gebiet ein bisschen anders geregelt.
Und natürlich gibt es auch in der schönen Würfelwelt das Böse. Nach jedem Spielerzug kommt eine Monsterkarte ins Spiel. Das Monster fügt entweder einem der Gebiete Schaden zu, und sobald ein Gebiet zerstört ist, haben die Spieler verloren. Oder es schubst einen oder mehrere Spielerwürfel in den „Strudel des Vergessens“, woraus sie erst wieder befreit werden, sobald sich im Strudel der Erinnerung eine Augensumme von mindestens zehn angesammelt hat.


Was passiert? Erst bei Abschluss einer Edelstein-Mission gibt es die Würfel zurück, was bedeutet, dass die Spieler zwischenzeitlich weniger Würfel zur Verfügung haben und nutzen dürfen. Und das wiederum bedeutet, dass man sich besser auf wenige Projekte fokussiert, um diese auch rasch zu beenden.
Würfel können auch eingesetzt werden, um Monster zu eliminieren – was dringend geboten ist, da bereits vorhandene Monster durch neu auftauchende abermals aktiviert werden können. Und beachten sollte man schließlich, dass sich nicht zu viele Würfel im bösen Strudel ansammeln. Falls die Gruppe den Würfelrücklauf nicht organisiert oder wegen Würfelpech nicht hinkriegt, kann eine Partie ganz plötzlich in eine unaufhaltsame Niederlage abrutschen.
Da sitzen wir also und würfeln und beraten uns gegenseitig: „Nein, setz’ lieber da!“, „Ich bin dafür, dass …“, „Achtung, wir müssen …!“ Wir hoffen auf einen passenden Wurf, damit ein Edelstein erobert wird und fünf blockierte Würfel zurückkommen. Und wir hoffen, dass das unbesiegbare Obermonster, das nach jedem Auftauchen in den Stapel zurückgemischt wird, nicht zu häufig kommt und nicht ausgerechnet dasjenige Gebiet angreift, das ohnehin schon kurz vor dem Exitus steht. ROLL FOR ADVENTURE baut Spannung und ein gutes Gruppengefühl auf.


Was taugt es? Mir gefällt einiges an ROLL FOR ADVENTURE. Das beginnt mit der guten Idee, ein Würfeleinsetzspiel kooperativ zu gestalten. Auch Thema und Gestaltung passen. Und dass es auch aufs Würfel-Management ankommt und nicht bloß darauf, bestimmte Zahlen zu erzielen, gibt dem Spiel etwas Tiefe.
ROLL FOR ADVENTURE hat zudem viele Variationsmöglichkeiten: Drei zusätzliche Monster-Sorten könnten ins Spiel kommen, zu jedem der vier Orte existiert noch eine Alternative, es gibt zehn Helden-Charaktere mit Spezialeigenschaften. Dass nicht alle gleichermaßen stark sind, ist für mich kein Manko. Als Würfelspiel hat ROLL FOR ADVENTURE sowieso mit Glück zu tun. Ob mir mein Held gefällt, ist dann eben ein weiterer Faktor.
Was mich hindert, ROLL FOR ADVENTURE so richtig abzufeiern, ist meine Beobachtung, dass ich bei aller Variation doch immer denselben Stiefel runterspiele. Klar, in Details ist es jedes Mal etwas anders (andere Heldeneigenschaften, andere Gebietseigenschaften). Doch keine Variante erfordert, die generelle Marschroute zu verändern. Erfahrene Spieler werden in ROLL FOR ADVENTURE recht bald nichts Neues mehr entdecken und die Partien planvoll abarbeiten. Reizvolle Abwägungen gibt es dann nur noch, wenn es nicht so läuft, und man Risiken einschätzen oder Prioritäten festlegen muss.
Bei einer Partie mit genügend hohem Schwierigkeitsgrad wäre ich trotzdem wieder dabei. Einfach nur, um mich bei lockerem Gewürfel der Spannung und dem Schicksal hinzugeben: Packen wir das noch oder packen wir es nicht mehr? Und weil der Kampf gegen das Böse – siehe oben – ja sowieso niemals endet.


**** solide

ROLL FOR ADVENTURE von Matthew Dunstan und Brett J. Gilbert für zwei bis vier Spieler, Kosmos.

Dienstag, 11. Dezember 2018

Crown of Emara

Dass Spiele selbstverständlich Kulturgüter sind, erkennt man auch daran, dass sie immer wieder unsere Lebenswirklichkeit reflektieren und reale Probleme aufgreifen. Wie zum Beispiel die Unterbringung von Zuwanderern im … ähm, Königreich Emara.

Wie geht CROWN OF EMARA? Wir wollen möglichst vielen Neubürgern Wohnraum schaffen, was bedeutet, dass wir a) viele Menschen anlocken und b) viele Häuser bauen wollen. Übersetzt auf Spielerdeutsch: In CROWN OF EMARA gibt es Einwohner-Punkte und Häuser-Punkte, und am Ende zählt für jeden Spieler der schlechtere seiner beiden Werte.
Um die entsprechenden Punkte zu sammeln, existieren mehrere Möglichkeiten. Einwohner gewinne ich beispielsweise über den Erwerb von Adelstiteln, für die ich Münzen und Siegelringe bezahlen muss. Oder durch die Abgabe von Brot, das ich zuvor mit Getreide backe. Oder ... oder ... Kurz gesagt: Ich holte mir Rohstoffe, teilweise muss ich sie später noch veredeln, anschließend tausche ich sie gegen die eine oder andere Sorte Punkte ein.
Je vier Orte sind CROWN OF EMARA kreisförmig auf zwei Spielplänen angeordnet. Auf jedem dieser Rondelle läuft eine meiner Figuren. Ein Durchgang umfasst drei Spielzüge. Dafür stehen mir drei meiner neun Aktionskarten und drei Bewegungsaktionen (einmal ein Schritt, einmal zwei Schritte, einmal drei Schritte) zur Verfügung. Pro Spielzug kombiniere ich eine Aktionskarte mit einer Schrittweite und führe die am Zielort möglichen Handlungen aus.


Was passiert? Weil viele Aktionen an den Standort einer meiner beiden Figuren geknüpft sind, bedeutet Optimieren in CROWN OF EMERA vor allem Orts-Management. Am Ort „Baustelle“ kann ich Punkte für Stein, für Holz und für Brot kaufen. Im Bestfall reise ich mit sämtlichen geforderten Rohstoffen an und nutze alle Möglichkeiten zugleich.
Manche Errungenschaften bringen mehr Punkte, wenn man sie früher erreicht als die Konkurrenz. Das ist ein Grund, um nicht denselben Weg einzuschlagen, den schon mehrere andere gehen. Ansonsten spielt man eher nebeneinander her. Aktionen können nicht blockiert werden, jeder bleibt stets handlungsfähig, CROWN OF EMARA ist gut planbar. Als ernsthaften Härtefall habe ich lediglich mal erlebt, dass einem im allerletzten Zug die dringend ersehnte „Beraterkarte“ (kauft man für vorgegebene Rohstoffkombination, bringt Sofort- oder Dauereffekt) weggeschnappt wurde.
Entsprechend der eingeschlagenen Strategie wird man bestimmte Orte häufiger besuchen wollen als andere. Weil man aber nicht vier Schritte gehen kann, sondern maximal drei, gibt es unvermeidlich auch immer wieder Zwischenstationen und Züge mit Kompromiss-Charakter. Sich zwischen mehreren verlockenden Optionen zu entscheiden und eine gute Zugfolge auszutüfteln, macht den Reiz von CROWN OF EMARA aus.


Was taugt es? CROWN OF EMARA ist sehr gut ausgestattet, Anleitung und Grafik sind wunderbar klar, alles wirkt sehr sorgfältig gemacht. Die Aktionsmöglichkeiten sind gut aufeinander abgestimmt und gut balanciert. Man kann mal dies oder mal jenes ausprobieren und sich auf die Stabilität des Designs voll verlassen. Wer gut tüftelt und optimiert, wird sich trotz kleiner Zufallsfaktoren Vorteile erarbeiten.
Die Kehrseite dieser Sicherheit ist die geringe Originalität. Unbestritten: Im Detail sind die Elemente durchaus anders als in anderen Spielen. Doch kreiert dies kein anderes Spielgefühl. CROWN OF EMARA ist offensichtlich mechanisch und ganz konservativ ein weiteres Spiel, bei dem man Dinge gegen Dinge und am Ende gegen Punkte tauscht. Alle Partien fühlen sich ähnlich an, auch wenn man nicht denselben Punkte-Weg beschreitet.
Weil ich CROWN OF EMARA als x-te Variante eines inzwischen ziemlich ausgelatschten Spielepfades empfinde, beeindruckt oder reizt es mich trotz handwerklicher Gekonntheit nicht. Wenn ich die Wahl habe, spiele ich lieber ein anderes Kennerspiel. Irgendeins, bei dem ich mehr zu entdecken hoffe.


*** mäßig

CROWN OF EMARA von Benjamin Schwer für einen bis vier Spieler, Pegasus.

Freitag, 7. Dezember 2018

Vor 20 Jahren (72): Kahuna

Dezember 2018. Ich stelle mit dem üblichen Bedauern fest, dass ich auch in diesem Jahr mal wieder Etliches leider nicht erledigt habe, das noch unerledigt aus dem Vorjahr liegengeblieben war. Aber mindestens eine Ausnahme fällt mir dann doch ein. Sehr wichtig: Diese Rubrik ist bei 72 Teilen angekommen. Juhu!

Hintergrund: Nachdem ich „Vor 20 Jahren“ 2015 und 2016 dreizehnmal habe ausfallen lassen, ist eine Situation entstanden, die ich als Zahlen-Nerd sehr schlecht ertragen kann: Ich finde nämlich, dass die Folgen-Gesamtzahl einer im Januar begonnenen monatlichen Rubrik bei Jahresende durch 12 teilbar sein sollte. Alles andere wirkt grässlich unaufgeräumt. Ende 2016 stand ich aber bei schrecklichen 35 (statt 48), Ende 2017 bei immer noch unschönen 54 (statt 60), Ende 2018 ist endlich wieder alles im Lot. 72 Monate – 72 Teile. So soll es sein.

Klappt allerdings nur mit Improvisation, denn nicht zu jedem Spiel erlebt man Dinge, die für die Öffentlichkeit interessant sind. Und nicht alles, was für die Öffentlichkeit interessant sein könnte, ist für die Öffentlichkeit gedacht.

Zu genau derselben Feststellung bin ich übrigens auch schon vor ungefähr 20 Jahren gelangt. Ich hatte mir damals als Masche überlegt, in Form kleiner Anekdoten möglichst oft auch meine Freunde in meinen Rezensionen vorkommen zu lassen. Meine KAHUNA-Rezension in der Fairplay leitete ich deshalb mit einer Geschichte über meinen Freund Karim ein, mit dem ich auch viel KAHUNA gespielt hatte.

Bei FREIBEUTER hatte ich meine verrückte ACQUIRE-Runde erwähnt, bei FIRESIDE FOOTBALL tatsächliche FIRESIDE FOOTBALL-Partien nacherzählt, bei URSUPPE die brachiale Methode eines Mitspielers beim Zusammenbau der Figuren beschrieben. Und so weiter. Aber es zeigte sich: Auf Dauer hatte ich nicht genug Geschichten. Oder nicht genug Freunde.

Ach ja, KAHUNA. Der Anstand verlangt, dass ich noch ein paar Worte über das Spiel verliere, um das es hier laut Überschrift angeblich geht. Kein Problem. KAHUNA ist von Günter Cornett, erschienen bei Kosmos, und ich habe es sehr lange nicht mehr gespielt.

  • Vor 20 Jahren (71): Samurai
  • Vor 20 Jahren (73): Ra

Montag, 3. Dezember 2018

Men at Work

Die untergehende Sonne auf dem Cover der SIEDLER VON CATAN dürfte zum Erfolg des Spiels einiges beigetragen haben. Man stelle sich stattdessen ein übliches Eurogame-Cover vor (so wie es für das Spiel ursprünglich auch vorgesehen war):



Tja, man kann es sich kaum vorstellen. Es wären nicht mehr DIE SIEDLER VON CATAN.
Hin und wieder gelingt es, Spiele perfekt in Szene zu setzen. Mit der Folge, dass die Spiele dann a) herausragend schön aussehen und vor allem b) beim Betrachter Bilder und Emotionen hervorrufen. Das Spiel berührt etwas in einem. Es macht neugieriger als andere Spiele. Schon auf den ersten Blick fühlt man sich in dem Spiel zu Hause, obwohl man es noch gar nicht kennt.
Und da bin ich bei MEN AT WORK. Egal, in welche Spielegruppe ich gehe: MEN AT WORK wird immer herausgegriffen. Das Cover ist ein Versprechen: Hier geht’s in die Höhe, hier wird’s wacklig, das könnte interessant sein. Bauarbeiter auf Stahlträgern. – Einigen kommt da sofort das berühmte Foto „Mittagspause auf einem Wolkenkratzer“ in den Sinn. Und beim Öffnen der Schachtel ist es endgültig geschehen: Diese niiiedlichen Arbeiterfiguren mit ihren gelben Helmen! Großartig!


Wie geht MEN AT WORK? Es geht tatsächlich in die Höhe und es wird tatsächlich wacklig. Eine Aufgabenkarte sagt dem Spieler am Zug, was zu tun ist: ein Arbeiter oder ein Stahlträger muss auf den Gemeinschaftsbau gesetzt werden. Mal muss der Arbeiter noch Ziegel oder Balken auf der Schulter tragen, mal muss der Stahlträger bestimmte Farben berühren oder der höchste sein.
Fallen Teile von der Baustelle herunter, muss der Verursacher ein Sicherheitszertifikat bezahlen. Wer keins mehr hat, scheidet aus. Es gewinnt, wer übrigbleibt. Oder es gewinnt, wer mehrmals „Mitarbeiter des Monats“ wurde. Diese Auszeichnung kriegt, wer ein Teil so platziert, dass es die höchste Position der Baustelle einnimmt.


Was passiert? Alles, was man von einem guten Geschicklichkeitsspiel erwarten kann: Man fühlt sich herausgefordert, sucht nach kreativen Lösungen, atmet auf, wenn es klappt, und jubiliert, wenn man dem nächsten ein nahezu einsturzreifes Konstrukt überlässt.
Viele Bauspiele enden, wenn der Turm einstürzt. MEN AT WORK nicht. Das hat Vorteile: 1. Das Spiel ist nicht gleich vorbei, wenn einer patzt. 2. Man kann Fehler wieder ausbügeln. 3. Es gibt einen eindeutigen Sieger.
Und es hat Nachteile: 1. Wer nach dem Unfall an die Reihe kommt, muss die Baustelle aufräumen. Was kein Problem ist, falls nur zwei oder drei Teile gefallen sind. Doch im fortgeschrittenen Spielstadium sind die Unfälle komplexer und der Aufräumer löst womöglich einen neuen Unfall aus. Und weil der Schuttberg wieder für den nächsten liegen bleibt, habe ich auf diese Weise mehrmals stimmungsraubende Kettenunfälle erlebt.
Im Sinne des Spielspaßes muss man da wohl kulant sein. Genauso wie in diversen anderen strittigen Situationen, die in Bauspielen nun mal auftreten können. Und genauso wie bei einigen Kartenanweisungen, die präziser sein könnten und verlangen, dass sich die Mitspieler vernünftig einigen.
Von mir aus Schwamm drüber. Aber da ist noch etwas: 2. Die Partien können sehr lange dauern. Während die beiden Geschicktesten im Finale den Sieger ausspielen, gucken die Ausgeschiedenen zu. Im besten Fall. Ich habe auch schon erlebt, dass sie vom Tisch aufstehen und Getränke holen oder im Spielestapel wühlen, was sie als nächstes spielen möchten.
Und sogar bei den noch Beteiligten flaut die Spannung ab, weil sie merken: Oh, oh, das geht aber gar nicht zu Ende hier, die anderen warten schon, und so wichtig ist es mit dem Gewinnen nun auch wieder nicht. Weil die zweite Siegbedingung selten greift, habe ich mich schon dabei ertappt, wie ich insgeheim hoffte, das Material gehe endlich aus und MEN AT WORK sei vorbei.

Was taugt es? MEN AT WORK ist ein äußerst sympathisches Spiel mit extrem hohem Aufforderungs-Charakter. Aber das Spiel kann bei seiner Aufmachung nicht ganz mithalten. Und insofern hinkt der Vergleich zu den SIEDLERN VON CATAN dann doch.


**** solide

MEN AT WORK von Rita Modl für zwei bis vier Spieler, Pretzel Games.