Michael Rieneck
Der Interviewte: Michael Rieneck (45), Spieleautor aus Kiel. Von ihm stammen zahlreiche Literatur-Verspielungen. Gemeinsam mit
Stefan Stadler entwickelte er die preisgekrönten Spiele DIE SÄULEN DER ERDE und DIE TORE DER WELT.
Der Interviewer: Udo Bartsch (43), Spielekritiker aus Hannover. Von ihm stammt nichts. Und niemand arbeitet mit ihm zusammen.
Hallo, Herr Rieneck! Normalerweise beginne ich das Gespräch mit einem Rückblick auf meine bisherigen Interviews. All die Beleidigungen und Verletzungen, die ich da zu ertragen hatte: Das muss man der Welt ja mal vor Augen führen! Aber jetzt weiß ich nicht, auf Dauer könnte es wohl etwas weinerlich rüberkommen...„Weinerlich“ trifft es, glaube ich, ganz gut. Tja, Herr Bartsch, das nennt man dann wohl einen klassischen Fehlstart. Vielleicht hätten Sie ein bisschen kleiner anfangen sollen. Mit mir zum Beispiel. Stattdessen bitten Sie lauter gestandene Leute zum Interview. Wie die mit Ihnen umgesprungen sind – fantastisch! Schrecken verbreiten Sie erst mal keinen mehr. Gut so, ich bin jetzt ganz entspannt.
Was ist denn nun kaputt?! Haben Sie die Regie-Anweisungen nicht verstanden? So schwer ist es doch nicht. Sie sollen hier nicht antworten, was Ihnen grad in den Sinn kommt, sondern was auf dem Textblatt hinter Ihrem Namen steht. Da: „Oh, Herr Bartsch, das ist wirklich empörend, wie übel Ihnen mitgespielt wurde! Und übrigens vielen Dank für Ihre positiven Besprechungen von DER HEXER VON SALEM und DER PATE in Ihrem Blog.“Ach so. Dazu also der Zettel, ich habe mich schon gewundert. Jetzt verstehe ich, das ist so eine Art Spielanleitung. So was liest doch heute eh keiner mehr, Herr Bartsch, das sollten Sie eigentlich wissen. Abgesehen davon hätten Sie sich ruhig etwas mehr Mühe geben können, das ist ja überhaupt nicht zu entziffern. Das ist jetzt Ihr Pech, tut mir leid.
Na gut, wie Sie meinen. Ich mache einfach weiter im Text. Und wenn es hinterher nicht zusammenpasst, ist es ganz klar Ihre Schuld: „Oh, Herr Rieneck, Ihre berührenden, lieben Worte geben mir Kraft und Mut! REZENSIONEN FÜR MILLIONEN wird immer...“Heh, was trommeln Sie so nervös mit den Fingern? Möchten Sie lieber über sich reden als über mich? Na schön, wo waren wir... ach ja, heute liest keiner mehr. Schreckliche Sache. Aber da wundert es mich ja umso mehr, Herr Rieneck, dass Sie andauernd Spiele zu Büchern erfinden. Das geht doch völlig am Markt vorbei. Viel zeitgemäßer wären Spiele zu Hörbüchern! Oder nicht?Wie schlau Sie sind! Haben Sie schon mal versucht, in einem Hörbuch zu einer Schlüsselstelle zurückzublättern? Oder zu hören, wie sich die Namen der Protagonisten schreiben? Meine Redakteure würden sich bedanken, wenn sie das hinterher alles selbst recherchieren müssten. Abgesehen davon: Wenn Sie mir eine Hörbuchversion von den NichtLustig-Cartoons besorgen, klicke ich so lange Ihre Seite an, bis Sie die Million endlich voll haben.
Warum denn gleich so aggressiv? Sie mögen es wohl nicht, wenn man mal kritisch nachfragt. Wahrscheinlich wollen Sie lieber so Fragen wie aus Bravo Girl. Bitte sehr, können Sie haben: Was ist Ihre Lieblingsfarbe? Was für ein Flirttyp sind Sie? Und besitzen Sie ein süßes, rosafarbenes Pony?Meine Lieblingsfarbe ist Blau. Und um wenigstens ein bisschen Bezug zum Thema herzustellen: Ja, das gilt insbesondere auch beim Spielen. Ich
muss Blau haben, andernfalls sieht es schon am Anfang schlecht für mich aus. Rot und Grün gehen dagegen gar nicht. Als Spielerfarbe völlig undenkbar. Was war noch mal die andere Frage? Ach ja. Meine Güte, steht das auch auf Ihrem Zettel? Manchmal frage ich mich wirklich, was in Ihren Kritikerkopf so vorgeht. Also schön, wenn es sein muss. Ich bin eher der... äh... erfolglose Flirttyp. Und egal welcher Farbe, Pferde habe ich gar keine, aber einen Schach spielenden Kater.
Schach auf Vereinsebene? Oder nur zum Zeitvertreib?Na ja, wissen Sie, das ist so: Cato kann die Figuren mit seinen Pfoten ja nicht hochheben, sondern nur über das Brett schieben. Also haben wir uns darauf geeinigt, die Springer wegzulassen. Stattdessen hat jeder vier Läufer. Das funktioniert prima. Im Verein nimmt man es allerdings – wie Sie sich leicht vorstellen können – mit der Einhaltung der Original-Regeln dann doch etwas genauer.
Oh, diese miesen Vereinsmeier! Das ist Diskriminierung! So etwas bringt mich total auf die Palme! – Aber Herr Rieneck, Sie sind ja richtig tierlieb. Ich hatte ein ganz anderes Bild von Ihnen. Als ich Sie bei einer Präsentation von DER PATE mit dunklem Hut und Sonnenbrille gesehen habe, dachte ich, Sie wären voll der Gangsta. Hey, wollen Sie nicht mal jemanden dissen? Den Herrn Stadler zum Beispiel? So macht man das doch: Erst arbeitet man zusammen, dann disst man sich.Dissen? Das ist doch dieser diskreditierende Rap-Gesang. Das hätten Sie wohl gern, dass ich hier einen Freund in die Pfanne haue. Das können Sie vergessen. Aber wie wäre es hiermit, damit die Welt mal sieht, wie Sie wirklich sind.
(singt:)Sing it. Trash it.Ich kenn einen Typ. Der ist so übel wie sein Ruf.Er spielt meine Werke, so wie ich sie schuf.Er sucht im Spiel das Haar in der Suppe,was ich dabei fühle, das ist ihm doch schnuppe.Am schlimmsten ist’s, wenn Gelb verliert,dann reagiert er immer tief schockiert.Dann hört man ihn bald nur noch klagenund fiese Dinge über meine Spiele fragen.Was macht das alles für ’nen Sinn?Und wo ist der rote Faden bloß?Dann trifft’s mich wie ’nen Boxer unterm KinnDenn in seinem Urteil ist er gnadenlos.Er ist ganz bescheiden und will ’ne Million,die Hälfte von ’nem Viertelprozent – die hat er schon.Ich will ihn nett und milde sehenund biet ihm meine Aktien von Infinion.Da bittet er mich schon zu gehen,denn er nimmt nur welche von DOMINION.Gute Kritik hat sich – wie’s scheint – verteuert.Was soll’s? Ich bin doch nicht bescheuert.Ich such mit jetzt woanders „help“oder mach nur noch Spiele ohne Gelb.Yeah! Sing it! Trash it! Herr Rieneck, Sie haben ja voll den Groove. Ich musste richtig mitwippen. Rein gesanglich fand ich den Hund von Frau Wrede allerdings stärker.Aha, schlechter als der Hund. Na ja, ich wünsche Ihnen jedenfalls viel Erfolg mit Ihrem ehrgeizigen Projekt. Eine Million Dollar, eine Million Leser – in einer Million Jahren!
Danke, Herr Rieneck. Aber ich muss Ihnen deutlich widersprechen. Sie rücken mein Projekt in ein völlig falsches Licht. Es geht hier um eine Million Euro, nicht Dollar!
Auf Wiedersehen! Frühere Interviews: