Die Fairplay-Scouts waren sofort begeistert, die Spieleumfrage hat´s bestätigt, und mit viermal neun Punkten in der aktuellen Spielbox dürfte VASCO DA GAMA nun endgültig geadelt sein. Das sind Fakten, an denen ich nicht vorbeikomme und gegen die ich auch gar nicht andiskutieren möchte.
Dennoch...
Wie geht VASCO DA GAMA? Wir wollen den Seeweg nach Indien entdecken. Dazu lassen wir Schiffe zu Wasser und kriegen viele Punkte dafür. Seewegentdeckungen sind komplexe Vorgänge und erfordern umfangreiche Vorbereitungen: Wir entsenden unsere Arbeiter in die vier Spielplanecken, um hier Schiffe zu kaufen, dort die Mannschaft anzuheuern, woanders Geld oder Privilegien zu besorgen oder ein Hafenbecken für den Stapellauf zu reservieren.
Was passiert, das bei anderen Worker Placement-Spielen nicht passiert? Anders als beispielsweise die Hütten bei STONE AGE zählt das Endprodukt bei VASCO DA GAMA keinen festen Punktwert. Die Ausbeute hängt davon ab, welche Plätze im Hafen noch frei sind, über wie viele Durchgänge sich das Schiff auf See hält, ob es verdrängt wird oder gar um einen Hafen weitersegelt.
Das spektakulärste Spielmerkmal ist die Festlegung, in welcher Reihenfolge die gewählten Aktionen ausgeführt werden. Jedem Arbeiter gibt man einen Reihenfolgestein zwischen eins und 20 mit. In der Aktionsphase beginnt der Arbeiter mit der niedrigsten Zahl. Früh an die Reihe zu kommen ist wegen der größeren Auswahl von Vorteil, kann jedoch teuer oder gar unbezahlbar werden.
Zu Beginn jedes Durchgangs zeigt ein Trendmarker, ab welcher Nummer die Aktionen kostenlos sind. Ist dies die Neun, bedeutet das, eine Aktion mit Startnummer acht kostet ein Geld, mit Nummer sieben zwei Geld usw. Dies aber ist nur ein Trend, der sich, nachdem alle Arbeiter eingesetzt sind, noch um bis zu drei Schritte nach oben oder unten verändert. Die Folge sind interessante Unwägbarkeiten.
Was taugt es? Die Abläufe stecken voller Entscheidungen, man bereut die investierte Spielzeit nicht, doch ich muss zugeben, dass ich der Worker Placement-Spiele bereits etwas überdrüssig bin. Weite Teile von VASCO DA GAMA hake ich deshalb als sattsam bekannt ab und habe sie hier auch gar nicht erst beschrieben. Und der Rest... reißt es auch nicht raus.
In das Zocken um die Reihenfolge schleichen sich Automatismen ein. Man wird sowieso nicht überall als Erster an die Reihe kommen, man weiß nicht, was andere einem übrig lassen und man kennt auch nicht den genauen Preis einer späteren Aktion. Also schnappt man sich üblicherweise zuerst die Steine knapp unter und knapp über dem Trendwert. Sind die vergeben, werden der Reihe nach die höheren Steine abgeräumt.
Außer in einigen absolut entscheidenden Fällen gegen Ende täuscht der Mechanismus mehr Bedeutsamkeit vor, als tatsächlich in ihm steckt. Zum Teil ist er auch nicht ganz ausgereift: Da der Steinvorrat bei zwei, drei und vier Spielern identisch ist, erscheint mir die Auswahl bei vier Spielern manchmal zu sehr von Zwängen bestimmt, bei zwei Spielern zu wenig.
Der interessantere Aspekt des Spiels ist die Seefahrt, doch so wie bei CARSON CITY finde ich, dass bei VASCO DA GAMA zu viel gleichzeitig passiert. Das gegenseitige Verdrängen und das Gerangel um Boni wären vermutlich noch spannender, könnte sich das Spiel über mehr als nur fünf Durchgänge entfalten. In der jetzigen Form dauerten mehr Durchgänge jedoch viel zu lange, weil der Weg zum Hafen hin bereits voller Mechanik steckt. Und apropos Mechanik: Im Gegensatz zu anderen Worker Placement-Spielen bleibt VASCO DA GAMA in der Mechanik hängen. Thematisch erklärt sich hier fast nichts.
VASCO DA GAMA von Paolo Mori für zwei bis vier Spieler, What´s your game?