Chefkatze: „Du bist ganz am Anfang der Rezension von EILA UND DAS GLITZERNDE ETWAS. Was willst du?“
A Du bittest um weitere Informationen.
Weiter bei: „Wie geht EILA UND DAS GLITZERNDE ETWAS?“
B Du heißt Eila, also hast du es eilig.
Weiter bei: „Was taugt es?“
C Du stapfst mit dem Fuß auf und verlangst eine anständige Einleitung.
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Wie geht EILA UND DAS GLITZERNDE ETWAS? In der Rolle der Häsin Eila erleben wir Abenteuer, die darin münden, einen gefährlichen Berg zu besteigen, auf dessen Gipfel ein glitzerndes Etwas lockt.
„Wir“ kann in diesem Fall auch „ich“ bedeuten. EILA ist eigentlich ein Solo-Spiel. Spielen mehrere, treffen sie Eilas Entscheidungen gemeinsam.
In jedem der fünf Kapitel von EILA spielen wir bis zu siebenmal ein Kartendeck durch. Das sind die sieben Runden, innerhalb derer wir das Abenteuer bestanden haben müssen. Andernfalls müssen wir es ein weiteres Mal versuchen.
Wir decken Karte für Karte auf und führen sie aus. Typischerweise gewähren uns die Karten eine Wahl zwischen mehreren Möglichkeiten. Bei Dr. Eule dürfen wir uns Wissen kaufen oder auch nicht. Besitzen wir ohnehin kein Geld, ist die Entscheidung klar. Beim Arbeitseinsatz können wir es langsam angehen lassen, um eine Münze zu verdienen, oder für gleich drei Münzen ordentlich reinhauen, aber auch Energie verbrauchen.
EILA erfordert Ressourcenmanagement. Von Geld, Nahrung, Energie und Wissen kann man eigentlich gar nicht genug besitzen. Doch die Lagerkapazität ist begrenzt, und nicht in jedem Kapitel kommt es auf dasselbe an. Die negative Ressource Angst versperrt Plätze, weshalb wir Angst regelmäßig reduzieren sollten, sofern wir es können.
Im ersten Durchlauf eines Kapitels ist das Deck vorsortiert. In allen weiteren wird es gemischt. Es kommen Karten hinzu, es werden Karten entfernt, teilweise abhängig von unseren Entscheidungen. Begegnen wir einem anderen Charakter freundlich / hilfsbereit / gleichgültig / aggressiv, wird dem verdeckten Ablagestapel jeweils eine bestimmte Karte hinzugefügt. Was die Karte bringt, erfahren wir im nächsten Durchlauf, sobald sie auftaucht.
Wir gewinnen Gegenstände, wir erlernen Fähigkeiten („Hobbys“), und oft ist die Entscheidung für das eine zugleich eine Entscheidung gegen das andere. Wir können nicht alle Hobbys erlernen, und ob sich nun Gärtnern als besser erweisen wird als Musizieren, wissen wir vorab nicht.
Was passiert? In jedem Kapitel müssen wir ein vorgegebenes Ziel erreichen, zum Beispiel bestimmte Abgaben leisten. Unterwegs stellt sich heraus, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, das Kapitel erfolgreich zu beenden. Wie das geht, erfahren wir erst in dem Moment, wo es geschieht.
Von Kapitel zu Kapitel wird es schwieriger. Üblicherweise braucht man bald mehrere Anläufe. Die Fehlversuche sind dazu da, um herauszufinden, was auf uns zukommt und was ein sinnvolles Vorgehen sein könnte. Von Kapitel zu Kapitel wird auch immer mehr gekämpft. Von Kapitel zu Kapitel steigt deshalb unsere Abhängigkeit vom Würfel. Und von Kapitel zu Kapitel verdüstert sich die Stimmung der Erzählung. Die anfängliche Lieblichkeit verwandelt sich in einen Alptraum.
Jedes Kapitel bringt außerdem sein eigenes Spielelement mit, das nur in diesem einen Kapitel zum Einsatz kommt. Kapitel drei etwa verwendet einen Spielplan, Kapitel vier Deckbau. Wenig Aufwand erzeugt viel Abwechslung.
Was taugt es? EILA hat mich schnell in seinen Bann gezogen. Die Karten sind schön gestaltet, die Geschichte trägt, die Mechanik flutscht hervorragend. Wie sich Ereignisse ankünden und zeitverzögert ins Deck gelangen und wie Folgen unserer Handlungen die Zukunft beeinflussen, erinnert an ROBINSON CRUSOE oder auch PALEO. EILA aber setzt es unkomplizierter um.
Gegen Ende wird EILA jedoch zäh und stellt das Durchhaltevermögen auf die Probe. Denn es genügt ja nicht, herausgefunden zu haben, wie man das Ziel erreichen könnte. Man muss den gedachten Weg dann auch noch realisieren. Schlechte Würfelergebnisse oder auch unglückliche Kartenmischung können schnell die Niederlage bedeuten – also noch mal das Ganze. Und je häufiger man von vorn beginnen muss, ohne dabei noch etwas Neues zu erleben, desto weniger spielt man, sondern blättert einfach nur noch wie eine Maschine die Karten runter.
In unserer Kampagne sank die Motivation merklich ab, bevor wir endlich eins der drei alternativen Spielenden erreicht hatten – um dann zu erfahren, dass unser Ende nicht das „richtige“ Ende war. Die Botschaft, wie es „richtig“ gehen könnte, wird mitgeliefert, sodass ich noch mal allein einen Anlauf genommen habe, um mir zu beweisen, dass ich EILA auch wie vorgesehen abschließen kann.
Der „richtige“ Weg kam mir dann aber noch zäher vor; ich habe irgendwann abgebrochen. Im Verhältnis zu meiner Lebenszeit war mir der Beweis letztlich nicht wichtig genug. Allerdings haben wir nachgesehen, wie das „richtige“ Ende ausgefallen wäre. Und: Befriedigend ist es nicht, obendrein sehr interpretationsbedürftig. Mit der Erwartungshaltung wird jedenfalls krass gebrochen.
Das Label „solide“ passt von seiner Wortbedeutung her zu EILA gar nicht. Ich wähle es trotzdem als die ungefähre Mitte zwischen zwei Polen: Vieles an EILA ist viel besser als solide, es ist sogar beeindruckend gut. Doch vieles hat auch sehr genervt.
Als Spiel mit unterschiedlichen Enden finde ich CARTAVENTURA befriedigender, weil die Enden akzeptable Alternativen darstellen und nicht wie Enden erster und zweiter Klasse rüberkommen. In EILA fühlte sich keins der Enden belohnend an.
EILA ist ein sehr ambitioniertes Spiel, was sich auch daran zeigt, dass die Kapitel nicht einfach durch Texte eingeleitet und abgeschlossen werden, sondern dass für diesen Zweck etliche kleine Comichefte beiliegen. Für mein Empfinden ist EILA jedoch überambitioniert. Es will spielerisch sein, aber auch philosophisch, es will niedlich sein, aber auch erschreckend, es will kindlich sein, aber auch erwachsen.
**** solide
EILA UND DAS GLITZERNDE ETWAS von Jeffrey CCH für eine:n bis drei Spieler:innen, Mirakulus.