Samstag, 31. Januar 2015

Gern gespielt im Januar 2015

Was landete am häufigsten auf meinem Spieltisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

SNAKE OIL: Trödelbelag, Konfettisumpf, Hochzeitssack, Wunderspucke, Balkonteppich: Braucht vielleicht nicht jeder. Aber Gefängniswärter, Henker, Rettungsschwimmer, Feuerwehrmänner und Diktatoren brauchen das ganz unbedingt.

VOLLMONDNACHT WERWÖLFE: Leider bin ich fast immer der Werwolf. Und fast immer merkt man es mir an. Wieso bloß? Knurr!

AUF DEN SPUREN VON MARCO POLO: Achtung, Spoiler! Es gibt eindeutig bessere und schlechtere Rollen. Und zwar sind die eindeutig besseren Rollen die, die die anderen haben.

EVOLUTION: Wenn meine feigen, vielfräßigen Fettwänste unangefochten die Spitze der Evolution erklimmen, stelle ich höchst erfreut fest: Dies ist ein realistisches Themenspiel.

COLT EXPRESS: Noch nie zuvor habe ich eine Partie erlebt, in der Belle so viel einstecken musste. Und ich sage: Das hat sie schon lange, lange verdient!

SANKT PETERSBURG: Meine gradlinige Gewinnquote, seit ich mit der Marktphase spiele: stolze null Prozent.



Dienstag, 27. Januar 2015

Mangrovia

Die Schönen...! Was haben sie je dafür getan, um bessere Noten zu bekommen, in der Tanzschule nicht partnerlos am Rand zu stehen und um Spiele-Blogs zu haben, die tatsächlich jemand liest? Nichts haben sie getan – außer schön zu sein!
Was tut MANGROVIA?

In MANGROVIA bauen wir Hütten auf dem Spielplan. Diese zählen Punkte und bewerben sich obendrein für Mehrheiten in Zeilen, Spalten und bestimmten Regionen, wodurch sie eventuell noch mehr Punkte zählen. Die Kosten sind auf jedem Bauplatz vorgegeben: Man benötigt erstens eine passende Landschaftskarte, zweitens einen exakten Zahlenwert, der entweder in Form von Kostbarkeiten (=Zahlenkarten) oder Amuletten (=Plättchen) zu entrichten ist. Als zusätzliche Schwierigkeit kommt hinzu: In jeder Runde sind zwei der vier Landschaftsarten gesperrt.
Hauptmechanismus ist Arbeitereinsatz. Originellerweise hat man aber nur einen einzigen Arbeiter, der obendrein gar kein Arbeiter ist, sondern eine Schale. Sechs mögliche Setzfelder gibt es. Jedes Feld koppelt zwei Aktionen aneinander und bestimmt zugleich die Spielreihenfolge. Schalenplatz zwei beispielsweise besagt, dass ich als Zweiter und Vorletzter an der Reihe sein werde (außer Schalenplatz eins bleibt unbesetzt; dann wäre ich Erster und Letzter) und zunächst Amulette erwerben darf, später eine Hütte bauen und danach eine verdeckte Karte ziehen.
Insgesamt vier Aktionen erlauben den Hüttenbau, und ihre Partneraktionen bringen nur wenig Kartennachschub. Um mehr Karten zu bekommen, wird man ab und zu auch Aktionen ohne Hüttenbau wählen müssen. Das aber bedeutet Tempoverlust, denn sobald jemand die letzte seiner Hütten gebaut hat, läuft schon die letzte Spielrunde.

Was passiert? Weil passend gezahlt werden muss und in jeder Runde nur die Hälfte der Bauplätze zur Verfügung steht, ist MANGROVIA ein Spiel der Kompromisse. Ich kann es mir nicht erlauben, mehrere Bau-Aktionen verfallen zu lassen. Aber entweder weil ich nicht meine Wunschkarte bekomme oder weil ein Mitspieler mir das eigentlich angepeilte Feld vor der Nase wegschnappt, muss ich manchmal schlicht da bauen, wo es mein Blatt mir diktiert. Und sogar froh sein, dass ich überhaupt bauen kann. In MANGROVIA gilt es, einen schnellen Rhythmus aus Sammeln und Bauen zu finden.
Und natürlich gilt es, im Rahmen der Einschränkungen trotzdem noch so zu sammeln und zu bauen, dass es Punkte abwirft: also einen Blick für leichte Mehrheiten zu haben und sich nicht in verlustreiche Kämpfe verwickeln zu lassen.
Die Konkurrenz in den zwei eingezäunten Regionen verfeinert das Geschehen noch, obendrein lassen sich auch durch den Besitz von Amuletten viele Punkte erzielen, was die Spezialisierung auf ihren Erwerb zu einer ernsthaften Strategie macht.
In MANGROVIA greift alles sinnvoll und gut überschaubar ineinander. Schwierigkeiten entstehen nur dadurch, dass manches gegen den Uhrzeigersinn ausgeführt wird, die Spieler aber nach wie vor im Uhrzeigersinn an die Reihe kommen.

Was taugt es? MANGROVIA sieht schöner aus als herkömmliche Spiele. Dass immer zwei Aktionen aneinander gekoppelt sind, bringt einen gewissen neuen Dreh. Insgesamt bleibt aber das Gefühl, Spiele dieser Art schon häufig gespielt zu haben. Und da reiht sich MANGROVIA im Mittelfeld ein. Die Restriktionen beim Bauen machen eine eigentlich einfache Sache mühsam und beschneiden die Möglichkeiten. Und Möglichkeiten üben in Spielen meistens mehr Reiz aus als Unmöglichkeiten.

MANGROVIA von Eilif Svensson für zwei bis fünf Spieler, Zoch.

Samstag, 24. Januar 2015

Vor 20 Jahren (25): Tichu

Wenn man länger dabei ist und sich besser auskennt als die anderen im eigenen Umfeld, besteht die Gefahr, dem Größenwahn zu verfallen. Plötzlich liegt der Gedanke nahe, man selber habe das alles erfunden: die Spielemesse, die Spieleszene, das Spielen an sich.

Ganz so weit war ich vor 20 Jahren noch nicht. Aber schon damals erhob ich zumindest gedanklich eine Art Urheberschaft auf TICHU. Denn ich hatte sehr, sehr vielen Leuten TICHU beigebracht und diese sehr, sehr vielen Leute wiederum hatten es sehr, sehr vielen anderen Leuten beigebracht. Man kann also sagen (oder zumindest ich fand damals, dass man es sagen könne): Ich hatte ganz Hannover tichufiziert! Nach jahrelangem Einsatz an der Spielerfront fühlte es sich so an, als sei TICHU mein Kind.

Und wenn später Leute kamen, die mich nicht kannten, das Kartenspiel in der Hand, das sie für den ultimativen Geheim-Tipp hielten, und mich fragten: „Kennst du TICHU?“, dann konnte ich bei so viel unschuldiger Ahnungslosigkeit nur milde lächelnd die Augenbraue hochziehen!
Selbstverständlich kannte ich TICHU! Ich war der Godfather von TICHU, ich war der Godfather des Spielens in Hannover überhaupt! Ich hatte sogar die Spielemesse erfu... ach nee, das war ich ja gar nicht.

Aber TICHU schon. Oder? Okay, wenn ich vorübergehend ehrlich zu mir selbst war, ahnte ich durchaus, dass ich TICHU vielleicht nicht direkt erfunden hatte. Oder zumindest nicht ich allein. Aber bestimmt kann man sagen, dass ich TICHU entdeckt hatte?
Und zwar in der Fairplay 20 (1992). Die euphorische Rezension von Herbert Heller veranlasste mich, zum Spieleladen am Schwarzen Bären zu pilgern und das Spiel schnurstracks zu erwerben. Und weil kein anderer die Fairplay las und somit kein anderer wusste, welcher Schatz in dieser kleinen transparenten Plastikschachtel steckte, wurde ich zum einzig erleuchteten TICHU-Propheten.

Bis 1995. Da plötzlich erhob sich ein anderes göttliches Spiel: DIE SIEDLER VON CATAN! Und wieder hatte ich es entdeckt! In der Fairplay und in der spielbox. Und wieder las kein anderer diese Zeitschriften und wieder wusste nur ich, welcher Schatz in der roten Quadratbox steckte.

Diesmal gestaltete sich die Missionierung der Heiden allerdings schwieriger. Mit meiner neuen Botschaft, den SIEDLERN, traf ich auf Widerstand. Mir schallte entgegen: „Kennst du TICHU?“ „Wir wollen nur TICHU!“ „TICHU! TICHU! TICHU!“
Und ich zog milde lächelnd die Augenbraue hoch und dachte: „Ihr Ahnungslosen! Sehr bald werdet ihr nur noch nach dem schreien, was ihr jetzt verweigert.“ Und natürlich behielt ich Recht. Na klar. Ich hatte es ja erfunden.

Vor 20 Jahren (24): Auch schon Tichu
Vor 20 Jahren (26): Halma

Dienstag, 20. Januar 2015

Xalapa

In der spielbox 7/2014 war zu lesen, dass Jens Nowotny XALAPA spielt. Einige werden sich nun fragen: Was? Andere vielleicht: Wer? Und die ganz Bösen: Wen?
REZENSIONEN FÜR MILLIONEN ficht das nicht an. Hier sind selbst die Nachrichten von gestern noch aktuell. Frage des Tages also: Was war eigentlich mit XALAPA?

XALAPA ist ein Rätselspiel in der Tradition von ULURU. Pro Runde gelten mehrere zufällige Vorgaben, um Spielsteine auf dem eigenen, sechs mal sechs Felder großen Tableau zu platzieren. Jedes Feld ist schwarz oder weiß und zeigt bis zu zwei Symbole. Obendrein verlaufen über manche Felder gelbe, rote oder blaue Linien.
Aufgaben lauten beispielsweise: „Setze zwei Steine auf Felder mit einem Salamander“. „Setze einen Stein auf ein Feld mit Doppelsymbol“. „Setze gleich viele Steine auf Eckfelder wie auf Felder mit gelber Linie“. Hinzu kommt eine Aufgabe, die eine bestimmte Formation von Steinen verlangt, beispielsweise drei Steine in einer diagonalen Reihe.
Jeder platzierte Stein zählt einen Minuspunkt. Jede missachtete Aufgabe zählt drei Minuspunkte. Pluspunkte gibt es nicht. Der mit den wenigsten Miesen gewinnt.

Was passiert? Alle knobeln um die Wette. Manche beherrschen solche Aufgaben besser, andere weniger gut. Mitspieler der erstgenannten Gruppe gewinnen.
XALAPA ist komplexer als ULURU. ULURU kommt mit acht Feldern aus, und die Schwierigkeit besteht darin, dass die zu platzierenden Vögel verschiedenfarbig sind. Diese Anordnung macht ULURU vergleichsweise klar, während in XALAPA zwar alle Spielsteine identisch aussehen, gleichzeitig aber viel mehr Felder zur Verfügung stehen. Die Unübersichtlichkeit macht aus der Knobel- immer wieder eine Suchaufgabe: Längst hat man ermittelt, dass man seinen Stein auf einem Feld mit Kaktus-Symbol und blauer Linie platzieren muss und dieses Feld nicht auf dem Außenrand liegen darf – aber wo ist ein solches? Gibt es überhaupt eins? Als spielerisch empfinde ich diese Suche nicht.
Für mein Empfinden besteht auch zu oft der beste Weg darin, Fehler in Kauf zu nehmen und sehr wenige Steine zu setzen. Das klappt insbesondere, wenn mehrere Aufgaben des Typs „gleich viele ... wie“ im Spiel sind, deren Lösung durchaus null sein darf. Um einen Anreiz zu schaffen, wenigstens vier Murmeln zu setzen, bevorzuge ich die Formationskarten mit vier erforderlichen Steinen.
Welche Karten verwendet werden, kann man sich zum Glück ziemlich frei aussuchen. Die Spielregel sieht fünf Schwierigkeitsstufen vor. Entsprechend kommen Karten ins Spiel oder fallen raus. Problemlos lassen sich Mischformen verabreden.

Was taugt es? Verglichen mit ULURU und DIMENSION, den anderen mir bekannten Spielen von Lauge Luchau, besitzt XALAPA wenig Charme, ist nüchterner und abstrakter. Und kniffliger. Etliche meiner Mitspieler sind nicht über die unteren Stufen hinausgekommen. In Summe finde ich ULURU um einiges besser als XALAPA. Eine Partie XALAPA würde ich der Herausforderung wegen aber trotzdem nicht ablehnen, was dieses Spiel wiederum klar von DIMENSION abhebt.

XALAPA von Lauge Luchau für einen bis sechs Spieler, HUCH! & friends.

Montag, 12. Januar 2015

Deus

Wenn man der Meinung ist, dass ein gutes Spiel interaktiv sein muss, keine starken Glückselemente enthalten darf und kein Spieler chancenlos zurückfallen sollte, dann ist DEUS kein gutes Spiel.
Im Widerspruch dazu steht, dass mir DEUS viel Spaß macht. Also ist es vielleicht doch ein gutes Spiel? (Oder mir machen schlechte Spiele Spaß.)

Wie geht DEUS? Wir bauen Gebäude, von denen es in den Spielerfarben fünf Typen gibt. Um ein Gebäude zu bauen, benötigt man 1. eine dem Typ entsprechende Karte, 2. einen passenden Gebäudespielstein sowie zur Bezahlung 3. die auf der Karten angegebenen Baustoffe und eventuell Geld. Gebaut wird entweder in Gebiete, die man bereits besitzt, oder angrenzend auf freie Felder. Armeen sind quasi mobile Gebäude und können über den Spielplan marschieren und schnell neues Land erschließen.
Die Baukarte wird in die eigene Auslage gelegt. Ihr Effekt wird nun ausgelöst sowie zusätzlich die Effekte sämtlicher Karten desselben Typs, die bereits in der Auslage liegen. Baue ich beispielsweise mein viertes Schiff, kommen die Effekte der ersten drei Schiffe erneut zur Geltung. Der Effekt des erstgebauten Schiffes wird somit zum vierten Mal ausgelöst. Überwiegend bringen die Gebäude Einkommen: Karten, Baustoffe, Geld, Spielsteine oder Punkte.
Der sechste Gebäudetyp sind die Tempel. Sie bringen Punkte bei Spielende, beispielsweise vier Punkte pro besetztes Ackerland oder zwei Punkte für jedes eigene Gebiet mit mindestens zwei Bauwerken.
Neue Karten erhält man üblicherweise, indem man andere abwirft. Die Hand wird zunächst wieder auf fünf aufgefüllt. Anschließend erhält man einen Gebäudestein des Typs der obersten abgeworfenen Karte sowie (abhängig von der Menge der abgeworfenen Karten) Einkommen, also entweder Baustoffe, Geld, Spielsteine, Punkte oder noch mehr Karten. – Eine sehr elegante Regelung, die das Abzuwerfen von Karten vom traurigen Notbehelf zur taktischen Option aufwertet.

Was passiert? Final will ich gewinnen, also will ich Punkte. Unterwegs brauche ich Rohstoffe und Geld und vielleicht auch mehr Karten wegen der besseren Auswahl. Optimalerweise ist die erste gebaute Karte eines Typs eine besonders lukrative, denn sie wird im Lauf der Partie potenziell mehrfach ausgelöst. Attraktiv hört sich zum Beispiel an: Erhalte einen Punkt für jede Schiffskarte in deiner Auslage. Oder: Gewinne vier Geld für jedes Barbarendorf, neben dem eine deiner Armeen steht.
Solche Karten spiele ich natürlich erst, nachdem ich zuvor Schiffe gebaut bzw. Armeen neben Barbarendörfern platziert habe. Tja, und dann fehlt für ein weiteres Schiff vielleicht genau ein Rohstoff, und um ihn zu bekommen, muss ich doch noch mal abwerfen und ziehe plötzlich eine Karte nach, die ebenfalls reizvoll erscheint und zu Gedankenspielen veranlasst, den gesamten Plan wieder umzuwerfen...
Dieser Teil des Spiels ist solitär. Jeder bastelt an seiner perfekten Maschine. Welcher Spieler welche Fähigkeiten erworben hat, überblickt man bald nicht mehr. Dass andere mit am Tisch sitzen, fällt erst dann auf, wenn sie mit ihren Gebäuden den Weg versperren oder genau das Gebiet okkupieren, das man selber kolonisieren wollte. Wer langsam in Gang kommt, kann überdies abgeschnitten werden, und muss entweder mit der Raumbeschränkung leben oder drei Punkte für einen zweiten Startort opfern. Beides nicht schön.
Und so sozialverträglich das Abwerfen von Karten auch abgefedert ist: Die optimalen Karten sofort zu ziehen, ist immer noch die beste Option. Insbesondere gilt dies für die Tempelkarten. Je fortgeschrittener die Partie ist, desto weniger kann man noch dafür tun, dass ein gebauter Tempel viele Punkte zählt, und umso mehr ist man darauf angewiesen, einfach einen passenden zu ergattern.

Was taugt es? Der Versuch, Karten perfekt aufeinander abzustimmen, die Freude am Ausprobieren und Entdecken neuer Kombinationen, das Hoffen auf Glück beim Nachziehen sowie das spannende Ausbreitungs-Wettrennen auf dem Spielplan sind Elemente, die auf mich einen großen Reiz ausüben. Ich glaube zwar nicht, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis aller Karten perfekt stimmt. Und zweifellos gibt es interaktivere Spiele. DEUS punktet aber durch schlanke und stimmige Strukturen. Alles greift sinnvoll ineinander, kein Element ist zu viel. Hinzu kommt der reizvolle Konflikt, sich entweder zu spezialisieren oder (das ist die Voraussetzung, um mehr als einen Tempel bauen zu dürfen) eine Mischstrategie mit sämtlichen Gebäudetypen zu spielen.
Kein Pearl Game hat es mir bisher so sehr angetan wie dieses.

DEUS von Sébastien Dujardin für zwei bis vier Spieler, Pearl Games.

Sonntag, 4. Januar 2015

Patchwork

In einem meiner Grundschulzeugnisse stand allen Ernstes, ich besäße eine besondere Begabung für Handarbeiten. Das weiß ich noch heute, denn nichts könnte falscher sein, und ich frage mich, ob meiner Lehrerin tatsächlich entgangen ist, dass meine Werkstücke komplett von meiner Mutter angefertigt wurden.

In PATCHWORK muss ich’s dann wohl oder übel doch mal selber machen, zum Glück aber ohne Nadel und Faden. Mit unterschiedlich geformten Pappteilen will jeder Spieler eine neun mal neun Felder große Fläche möglichst komplett füllen. Jede Lücke zählt am Schluss zwei Minuspunkte. Positiv zählen die Knöpfe, die man währenddessen verdient.
Knöpfe sind zugleich eine der beiden Währungen. Jedes Plättchen kostet a) Knöpfe und b) Zeit. Die verbrauchte Zeit wird in Form von Schritten auf einer Laufskala gemessen. Immer der hintere Spieler ist an der Reihe, bis er so viel Zeit ausgegeben hat, dass er nicht mehr der Hintere ist. Neun Mal im Spiel gibt es Knöpfe-Nachschub, nämlich sobald man eine bestimmte Linie auf der Laufstrecke überquert. Jetzt zählt man die auf dem eigenen Patchwork abgebildeten Knöpfe und erhält dieselbe Menge in bar ausbezahlt. Sind beide Spieler im Ziel, endet die Partie.
Das Plättchenangebot bildet einen Rundkurs. Eine von beiden Spielern gesteuerte Figur dreht hier ihre Kreise. Wer am Zug ist, muss eines der nächsten drei Plättchen kaufen. Oder aussetzen und auf der Zeitskala vor den Gegner springen, was so viele Knöpfe bringt, wie Felder dabei zurückgelegt wurden.
Zwei Details sind noch wichtig: 1. Wer zuerst eine sieben mal sieben Felder große Fläche füllt, gewinnt einen Bonus. 2. Auf der Zeitskala lassen sich für den jeweiligen Erstankömmling fünf Mini-Flicken verdienen, die gut geeignet sind, um Löcher zu stopfen.

Was passiert? Wer schon öfter Spiele gespielt hat, kann sich vorstellen, dass es ideale Wunschteile (kosten nichts, passen genau, bringen viel ein) nur in der Phantasie gibt und deshalb Kompromisse vonnöten sind. Plättchen mit Knöpfen sind anfangs begehrter. Um das Auffüllen der Fläche kann man sich später immer noch kümmern. Dem entgegen wirkt allerdings der 7-mal-7-Bonus, indem er einen Anreiz schafft, zumindest etwas schneller auf Ausbreitung zu spielen als der Mitspieler. Obendrein ist der Bonus gut dosiert: reizvoll, aber nicht übermächtig.
Die meisten Entscheidungen sind schnell gefällt. Die erste Abfrage lautet: Welches der drei Teile vor der Figur ist für mich am besten? Manchmal ist das ziemlich offensichtlich, weil ohnehin nur eins bezahlbar wäre. Dann stellt sich bloß noch die Frage: Will ich es oder nicht?
Was mein Mitspieler baut, ist im Detail nicht so wichtig. Entscheidender ist die Position seines Zeitsteines auf der Skala. Die Finanzlage des Gegenübers macht teilweise berechenbar, welches Teil er kaufen wird und wo daraufhin sein Zeitstein landet. Das wiederum wirkt sich auf meine Plättchenwahl aus, denn manchmal möchte ich mich so positionieren, dass ich einen Doppelzug machen kann. Und natürlich möchte ich möglichst viele der geschenkten Mini-Flicken abgreifen.
Meistens sollte man eher zeitsparend spielen. Doch auch Handlungsfähigkeit ist wichtig, um nicht total ausrechenbar zu sein. Und um handlungsfähig zu bleiben, lohnt sich manchmal doch die Anschaffung eines teuren Plättchens, das zwar viele Zeitschritte kostet, aber den eigenen Stein über die nächste Knopfauszahlungsschranke bugsiert und somit Bargeld in die Kasse spült.

Was taugt es? PATCHWORK ist gefühlt leichtgängig, aber trotzdem sehr taktisch. Es besitzt eine abstrakt-mathematische Grundstruktur ohne Zufallsfaktor, was rein äußerlich allerdings hervorragend kaschiert wird. Die thematische Einkleidung ist hier bestens gelungen. Obendrein sieht PATCHWORK sehr schön aus. Lediglich die Zeitskala ist zu klein und unübersichtlich geraten, was mehrfach für Irritationen und Zählfehler gesorgt hat.
PATCHWORK ist ein Spiel, mit dem sich zwei Liebhaber des Mathematischen anspruchsvoll beschäftigen können. Der Intellekt wird hier mehr bedient als die Emotion. Mein Gehirn kommt auf Touren, aber innerlich warm werde ich mit PATCHWORK nicht – was etwas paradox ist, schließlich nähen wir ja eigentlich eine Decke.

PATCHWORK von Uwe Rosenberg für zwei Spieler, Lookout Spiele.