Dienstag, 30. April 2013

Gern gespielt im April 2013

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

KAKERLAKAK: Kinder würden es vermutlich lieben – wenn ich sie mitspielen ließe.

RIALTO: Kaum glaubt man, die Ära der Arbeiter-Ernährungs-Spiele hinter sich gelassen zu haben, da verlangen die Häuser plötzlich einen Lohn, damit sie ihren Job machen.

AUF TEUFEL KOMM RAUS: Bemerkenswert, wie viel Witz allein dadurch entsteht, dass es bei den Chips nur volle Zehnerwerte gibt, bei den Kohlen aber auch 25er und 75er.

LIBERTALIA: Der erstaunlich kompetente Schiffsarzt muss wohl so eine Art Doktor Frankenstein sein.

DER HEIDELBÄR: „Dieser Wal ist ein Komponist.“ – „Beethoven!“

HANABI: Ich hatte mir bislang wenig Gedanken darüber gemacht, was meine Lieblingszahl sein könnte. Die 24 kommt aber mittlerweile nicht mehr in Frage.



Sonntag, 28. April 2013

Saint Malo

In die herausragende alea-Reihe mischt sich immer mal wieder auch ein Ausrutscher. Paradoxerweise war es aber ausgerechnet ein sehr gutes Spiel, das mich bewogen hat, alea nicht komplett zu sammeln: ADEL VERPFLICHTET. Das hatte ich nämlich schon.
Ist der Bann erst mal gebrochen, stören weitere Lücken auch nicht mehr: Von den 15 großen alea-Spielen besitze ich zehn, von den fünf kleinen zwei. Und bei den neun mittleren wird SAINT MALO nicht meine Nummer fünf werden.

Wie geht SAINT MALO? SAINT MALO ist ein Würfelspiel mit Thema. Jeder errichtet seine eigene Stadt. Die zentrale Idee dabei: Die Aufschreibtafel wird zum Spielfeld. Es hat eine Bedeutung, wo man sein Ergebnis notiert.
Man würfelt bis zu drei Mal und darf unterwegs rauslegen und auch wieder reinnehmen. Die Würfel zeigen sechs verschiedene Symbole. Jeder Säbel lässt die Gefahr eines Piratenangriffs näher rücken. Zusätzlich sucht sich der Würfler eines der anderen fünf Symbole aus und nutzt die entsprechenden Würfel für einen Stadtausbau. Beispielsweise darf jede gewürfelte Mauer als ein Mauerabschnitt eingezeichnet werden, und vollendete Außenmauern helfen bei der Piratenabwehr. Erwürfelte Kreuze erlauben den Bau einer Kirche. Je mehr Kreuze, desto höherwertiger das Gotteshaus.
Das Spiel endet, wenn jemand seine 45 Stadtfelder gefüllt hat. Zusätzlich zu den bereits mit Personen und Häusern erzielten Punkten zählen nun auch noch Serien von aufsteigend wertvollen Kirchen. Nicht abgewehrte Piratenangriffe bewirken Abzüge.

Was passiert? SAINT MALO scheint verschiedene Optionen zu eröffnen. Beispielsweise das Spielen auf Tempo: Ich fülle die Stadt, bevor irgendwer nennenswerte Personen-Anordnungen oder Kirchen-Kombinationen hinkriegt. Oder aggressiv: Besitze ich frühzeitig Mauern, piesacke ich die anderen, indem ich Säbel herauslege. Oder Qualitätsspiel: Ich besorge mir viel Geld, um ungünstige Würfel auf eine andere Seite drehen zu dürfen, und optimiere meine Stadt.
Das Problem ist jedoch der allgemeine Widerspruch zwischen Strategie und Würfel: Wenn ich eine Kirche bauen möchte, aber im ersten Wurf kein einziges Kreuz erziele, kann ich trotzig dagegen anwürfeln. Langfristig erfolgreich bin ich so vermutlich nicht.
Doch selbst unter taktischen Aspekten sind die Entscheidungen nicht wirklich interessant. Bei allen Symbolen gilt die wenig pfiffige Formel „Je mehr einer Sorte, desto besser“. Das macht das Würfeln und Sammeln eintönig. Und selbst das Malen bringt nicht die erhoffte Variation ins Spiel. Welche Dinge wie angeordnet werden sollten, ist ziemlich offensichtlich. Die Städte ähneln einander.

Was taugt es? Nach zwei Dritteln der Partie denkt man, es dürfe gerne vorbei sein. Und glaubt man anfangs noch, der Reiz stelle sich ein, sobald man mehr Kniffe herausbekommt, stirbt nach einigen Versuchen auch diese Hoffnung. SAINT MALO wirkt so, als hätten die Macher aus dem Blick verloren, was beim Spielen eigentlich Lust bereitet. Ausgefeilte Regelungen und viele Wege zu Punkten allein bewirken jedenfalls noch keinen Spielspaß. SAINT MALO ist wie nahrhaftes Essen ohne Geschmack.
Dass obendrein die Stifte schmieren, ist bereits hinlänglich kritisiert worden. Es lohnt sich nicht, darauf herumzureiten. SAINT MALO wäre auch mit gut funktionierenden Stiften langweilig.

SAINT MALO von Inka und Markus Brand für zwei bis fünf Spieler, alea.

Mittwoch, 24. April 2013

Vor 20 Jahren (4): Ich bin drin

1998 wurde ich Spielerezensent bei der Fairplay, doch jahrelang fiel das niemandem auf. Außer einem: Ein Leser soll sich am Messestand erkundigt haben, wer hinter dem Pseudonym „Udo Bartsch“ stecke. Dass „Udo Bartsch“ ein Realname sei, wollte der Leser nicht glauben.

Dabei hätte eine gründliche Lektüre aller verfügbaren Spielezeitschriften genügt, um sich mit meinem Namen schon vorher vertraut zu machen. Beispielsweise wurde ich in Fairplay 21 (1992) als der überragende Gewinner des TETRIS-Preisrätsels bekannt gegeben. Nichts anderes hatte ich erwartet. Das Einsenden der Lösung war wie eine Mathe-Arbeit gewesen, bei der ich schon beim Abgeben wusste, ich hatte eine Eins geschrieben.
In dem Rätsel waren nach bestimmten Vorgaben Tetris-Teile anzuordnen, und nachdem ich das theoretische Punktemaximum errechnet hatte, knobelte ich solange herum, bis ich diesen Punktestand auch in der Praxis erreichte. Ich war überzeugt, dass sich kein anderer so viel Mühe gemacht hatte und ich im Großen und Ganzen einen Doktortitel dafür verdiente. Aber im Heft stand dann ganz lapidar: „Aus den richtigen Einsendungen haben wir Udo Bartsch gezogen. Hier ist sein Lösungsweg. Es gab mehr als einen möglichen Weg.“ – Empörend! Und so habe ich den Doktortitel bis heute nicht.

Auch an „Charisma“ beteiligte ich mich. Dieses Postspiel veranstaltete die spielbox sieben Hefte lang von Nummer 4/1989 bis 4/1990. Es ging es um Politik. Nach einem Zocker-Mechanismus konnte man Charisma-Punkte und Wahlstimmen sammeln. Man musste sich einem Bundesland und einer Partei zuordnen, und die Wahlsieger bekamen entsprechend ihrem Charismawert Posten. Bei meinem besten Abschneiden war ich Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Insgesamt fünf Mal erreichte ich ein politisches Amt und somit eine ehrenvolle Erwähnung in der spielbox. Ob das an meinem Genie lag oder ob wegen überschaubarer Teilnehmerzahlen sowieso jeder irgendwann mal erwähnt wurde, weiß ich nicht. Aus heutiger wie auch aus damaliger Sicht würde ich tippen: Es lag am Genie.

Eine unerwartet geringe Teilnehmerzahl war jedoch die Ursache für meine peinlichste Erwähnung in der Fairplay. Die Heftnummer nenne ich absichtlich nicht, nur so viel: Das UM REIFENBREITE-Preisrätsel wurde aufgelöst. Darin hatte jeder Mitspieler 250 Energiepunkte auf fünf Etappen aufteilen sollen. In der ersten Etappe kamen die Fahrer mit den 30 höchsten Werten weiter, dann noch die besten 20, dann zehn, dann fünf, und von den Übrigen gewann der mit den meisten für Etappe 5 aufgesparten Punkten.
Es überstieg damals meine Vorstellungskraft, dass die Auflagenzahl meines Lieblingsmagazins wesentlich niedriger sein sollte als die des Spiegels oder der Bild-Zeitung. Deshalb kam ich zu dem Schluss, der erste Cut müsse der schwierigste sein, und verwendete die größte Portion meiner Energiepunkte auf Etappe 1. Und was las ich später in dem Heft, dessen Nummer nicht genannt werden darf: „Große Resonanz gab es auf das REIFENBREITE-Rätsel. Entsprechend spannend war das Rennen. In der erste Etappe ging das gelbe Trikot an Udo Bartsch mit 81 Punkten, zum Weiterkommen brauchte man mindestens 15 Punkte.“

Ich fand es gar nicht nett, dass der größte Depp auch noch beim Namen genannt wurde. Vor allem, weil ich es war. Und je länger ich drüber nachdenke: Ähm... vielleicht ist „Udo Bartsch“ doch nur ein Pseudonym.

Samstag, 20. April 2013

Brügge

Feld. – Menzel. – Hans im Glück.
Holla, diese Mitwirkenden lassen wohl eine Jubelrezension erwarten!

Feld. – Menzel. – Hans im Glück. – Bartsch.
Hm. Oder doch nicht?

Wie geht BRÜGGE? Stefan Feld bleibt sich thematisch treu. Wir befinden uns in x und wollen dort viele Punkte sammeln. Wäre jetzt nur noch zu klären, wofür diesmal das x steht. Es steht für Brügge. Logo.
Zu Beginn erhält jeder Spieler fünf Karten. Er zieht sie nach Belieben von zwei verdeckten Stapeln. Die Farbe der Karte ist auf ihrer Rückseite ersichtlich.
Abwechselnd kommen die Spieler nun vier Mal an die Reihe und spielen jeweils eine ihrer Karten aus: um entweder zwei gleichfarbige Gefolgsleute oder Geld zu erhalten, um einen gleichfarbigen Bedrohungsmarker loszuwerden oder um einen gleichfarbigen Kanalabschnitt zu bauen. Alternativ und fünftens lässt sich die Karte auch als Haus nutzen (Baukosten: ein gleichfarbiger Gefolgsmann). Oder sechstens kann die auf der Karte abgebildete Person in ein leeres Haus einziehen. Das kostet Geld, und dem Spieler steht nun die Sofort-, Dauer- oder Spielende-Funktion laut Kartentext zur Verfügung.
Anschließend werden wieder Karten nachgezogen und immer so weiter. Ist ein Stapel leer, läuft der letzte Durchgang. Zwischen Nehmen und Ausspielen der Karten wird allerdings noch mit fünf farbigen Würfeln gewürfelt. Das hat mehrere Effekte: Beispielsweise bestimmen die Augen, wie viel Geld man im laufenden Durchgang für eine Karte der entsprechenden Farbe bekommen kann. Obendrein bescheren jene Würfel, die eine Fünf oder Sechs zeigen, allen Spielern einen Bedrohungsmarker in der Würfelfarbe. Der Empfang des dritten gleichen Bedrohungsmarkers lässt die betroffenen Spieler bluten: Beispielsweise verlieren sie nun all ihr Geld oder all ihre Gefolgsleute.

Was passiert? BRÜGGE ist ein garstiges Spiel. Einerseits weil böse Dinge passieren können, andererseits weil man einen Großteil vieler guter Optionen ungenutzt lassen muss. Um sämtliche Karten als Personen auszuspielen, fehlen Häuser und Geld. Also muss man sich von attraktiven Karten trennen, um profane Dinge damit zu machen, die man auch mit weniger attraktiven Karten hätte machen können.
Das tut weh. Noch mehr aber schmerzt es, wenn einem jemand in die Planung pfuscht. Man hat sich überlegt, welche seiner Karten man wie nutzen muss, um mit Ach und Krach wenigstens eine Person auf den Tisch zu bekommen. Und plötzlich spielt einer den „Dieb“, der allen anderen Spielern drei Gulden wegnimmt. Und nichts klappt mehr.
Auch die Bedrohungsmarker machen BRÜGGE zu einem heißen Pflaster. Natürlich kann man versuchen, sie rechtzeitig loszuwerden, oder alternativ einfach nicht viel von dem zu besitzen, was man im Schadensfall abgeben müsste. Wer immer vorsichtig spielt, verliert aber Tempo. Und in Sicherheit ist man trotzdem fast nie. Zwei ungünstige Würfelwürfe in Folge genügen, um einen harmlosen Marker zur Katastrophe anwachsen zu lassen. Und wenn’s noch nicht reicht, können einem die Mitspieler mit aggressiven Charakteren weitere Marker reindrücken.
Bevor ein falscher Eindruck entsteht: Die meisten Personen wirken sich überhaupt nicht auf die Mitspieler aus, und im Wesentlichen optimiert man für sich. Und im Wesentlichen ärgert man sich auch für sich. Man braucht unbedingt eine blaue Karte (weil man sonst beim Kanal nicht weiterkommt oder um zwei blaue Gefolgsleute zu holen, die das Zahlungsmittel sind, um den dringend ersehnten Effekt einer ausgelegten Person zu aktivieren), aber man kriegt ums Verrecken keine blaue Karte... und in der nächsten Nachziehphase kriegt man wieder keine... und in der übernächsten Nachziehphase auch nicht. Arrrrgh! BRÜGGE überschreitet bisweilen den Grat zwischen Herausforderung und Frust.

Was taugt es? In der als angenehm kurz empfundenen Spielzeit von einer Stunde oder etwas länger bietet BRÜGGE viel Raum zum Taktieren: Spiele ich riskant oder weniger riskant? Schaffe ich es, den Kanal schneller zu vollenden als meine Mitspieler? Soll ich eine Person auslegen, die mir mit ihrem Sofort-Effekt aus der Patsche hilft, aber fortan nutzlos ein Haus blockiert?
Der größte Reiz geht von den Charakteren und ihren Wechselwirkungen aus. Man freut sich, wenn man zum perfekten Zeitpunkt eine fulminant starke Karte spielen kann. Und so manche nette Kombination entdeckt man erst nach mehreren Partien: Der „Apotheker“ schont die Nerven, weil fortan erst vier Bedrohungsmarker den Schadensfall auslösen. Richtig nett wird es dann mit dem „Heerführer“, der bei Spielende für die nun hoffentlich reichlich vorhandenen Marker je einen Punkt vergibt.
Die 165 verschiedenen (!) Personen sorgen dafür, dass man selbst nach einer blöd verlaufenen Partie noch neugierig auf die nächste ist. Es könnte ja doch mal irgendwas klappen und etwas ganz Tolles entstehen. Für meinen Geschmack ist der Anteil des Gespielt-Werdens und des Schicksalhaften aber etwas zu hoch, weshalb ich mich in BRÜGGE nie restlos wohl fühle und meine Punkte lieber in einem anderen x sammle.

BRÜGGE von Stefan Feld für zwei bis vier Spieler, Hans im Glück.

Freitag, 12. April 2013

Keyflower

Da ich den lieben langen Tag nichts anderes mache, als das Internet nach meinem Namen zu durchforsten, ist mir meine Erwähnung im Pöppelkisten-Kommentar zum Pfefferkuchel natürlich nicht entgangen. Richtigerweise steht dort, dass ich (wie ja auch die Oberhof-Besucher) TZOLK’IN etwas höher bewerte als TERRA MYSTICA.
Was dort aber nicht steht und auch nicht stehen kann (weil es die Weltöffentlichkeit erst in diesem Augenblick erfährt): Es gibt weitere Spiele der etwas komplexeren Liga, die ich ähnlich gut finde wie TZOLK’IN. Eins davon ist... tatatataaa:

Wie geht KEYFLOWER? Aus Sechseckteilen, die Gebäude und Wege zeigen, baut sich jeder eine kleine dörfliche Industrie auf. Nach vier Durchgängen (Jahreszeiten) zählen einige Gebäude Punkte, insbesondere alle aufgewerteten Gebäude. Ein Plättchen aufzuwerten kostet Rohstoffe, und man muss ein Gebäude aktivieren, welches die Aufwertungs-Aktion erlaubt. Aktiviert werden Gebäude, indem man ein Männchen draufstellt. Alle Spieler, die dasselbe Haus in derselben Jahreszeit ebenfalls nutzen wollen, müssen Männchen derselben Farbe einsetzen, und zwar mindestens eins mehr. Fremde Dörfer dürfen durchaus betreten werden. Allerdings sackt der Dorfbesitzer am Ende des Durchgangs alle eingesetzten Figuren ein, fremde wie eigene.
Neue Plättchen kommen während jeder Jahreszeit ins Spiel. Mit Pöppeln wird darum geboten. Auch hier gilt: Das erste Gebot legt die Farbe für alle weiteren Gebote auf dasselbe Plättchen fest. Und es legt sogar die Farbe für die parallel mögliche Nutzung des Plättchens fest. Ja, tatsächlich: Noch während versteigert wird, können die Spieler Gebäude aktivieren: eigene, fremde und sogar unverkaufte. Pöppel auf den versteigerten Plättchen kauft man hinterher mit ein. Da verlockt es sehr, ein Plättchen mit eigenem Höchstgebot gleich auch noch zu nutzen, weil man den eingesetzten Pöppel später zurückbekommt. Der Schuss kann aber nach hinten losgehen, weil nun vielleicht noch ein anderer Spieler in die Auktion einsteigt, ja, möglicherweise hat der Lump auf diese Gelegenheit nur gewartet.
Wenn alle Spieler in Folge weder einsetzen, noch bieten wollen und somit passen, endet die Jahreszeit, und die ersteigerten Plättchen werden ins Dorf eingebaut. Jeder Spieler erhält einen Pöppelnachschub (worum man zwischendrin ebenfalls bieten muss), und die nächste von vier Jahreszeiten beginnt.

Was passiert? Hach, was waren das lächerliche Zeiten, als man sich in Spielen innerlich zerrissen fühlte, weil man drei Dinge gleichzeitig tun wollte. KEYFLOWER treibt das Konzept auf die Spitze: Jetzt will man zehn Dinge gleichzeitig! Aufwerten, Rohstoffe produzieren, Männchen-Nachschub, Plättchen ersteigern und und und.
Wer sparsam mit seinen Figuren umgeht, kriegt mehr Plättchen als die anderen und kann noch kontern, wenn er überboten wird. Trotzdem gibt es gute Gründe, um zu agieren: Die Erstnutzung eines Gebäudes kostet nur ein Männchen. Das ist preiswert, selbst wenn die Figur hinterher an den Gegner geht. Außerdem macht man alle weiteren Nutzungen teurer. Und legt die Farbe fest.
Meine Lieblingsidee in KEYFLOWER sind die grünen Männchen. Grün kommt erst ins Spiel, wenn es mit Gebäuden produziert wird. Grün ist somit die Edelfarbe. Wenn ich Grün habe und die anderen nicht, zettele ich die Versteigerungen meiner Lieblingsplättchen natürlich in der Farbe grün an – und freue mich. Hihi.
Bei KEYFLOWER fiebere ich die ganze Zeit mit. Ich muss die anderen Spieler beobachten und abschätzen, was sie wohl noch wollen und was sie wohl noch können. Ich muss pokern und hoffen, auch mal mit einem Abstaubergebot etwas Schönes zu bekommen. Und ich muss erkennen, wann es wirklich um die Wurst geht, und entsprechend kompromisslos meine Männchen raushauen.

Was taugt es? KEYFLOWER ist interaktiv und spannend und dauert, wenn man es erst mal beherrscht, zu viert sogar unter 90 Minuten. Es funktioniert auch zu fünft und zu sechst, wird dann aber unübersichtlich und kann sich in die Länge ziehen, weil ja immer erst alle passen müssen, bis ein Durchgang endet. Und dann macht einer doch noch mal was, und das veranlasst den nächsten, sein Gebot auf ein anderes Plättchen zu übertragen, und daraufhin reagiert ein Dritter und so weiter. Und wenn man derjenige ist, der damit überhaupt nichts zu tun hat, sitzt man da und passt und passt und passt.
Am meisten schätze ich an KEYFLOWER die enthaltene Portion Wahnsinn. Mit den Plättchen in meinem Dorf und denen der Mitspieler und denen in der Versteigerung tun sich auf einen Schlag enorm viele Handlungsmöglichkeiten auf. Weil jedes Mal andere Plättchen im Spiel sind, verschieben sich auch die Wertigkeiten. Dieses Spielgefühl ist zweifellos „außerordentlich“.
Trotzdem habe ich gezögert, diese Note zu vergeben. Ich glaube nämlich, dass sich an KEYFLOWER redaktionell noch einiges hätte verbessern lassen. „Verschlankung“ ist das Zauberwort. Beispielsweise werden am Schluss allen Ernstes sogar noch die Reihenfolgeplättchen mitversteigert und ins Dorf eingebaut und zählen dann ein paar Kleckerpunkte.
Für mein Empfinden werden auch zu viele Punkte im Finale generiert. Jetzt kommen Gebäude ins Spiel, die in teilweise erstaunlicher Höhe übrig behaltene Ressourcen belohnen. Die Spielweise, sich nicht vorzeitig festzulegen, nur Sonderangebote mitzunehmen und ansonsten Männchen und andere Dinge zu horten und abzuwarten, welche Plättchen im Winter zu ergattern sind, ist oft erfolgreicher, als ich es mir wünschen würde.

KEYFLOWER von Sebastian Bleasdale und Richard Breese für zwei bis sechs Spieler, R & D Games / HUCH! & friends.

Sonntag, 7. April 2013

Und weiter wird zurückverlinkt

Planlos, planloser, REZENSIONEN FÜR MILLIONEN: Als ich im November 2012 schrieb, ich hätte noch kein festes Konzept, wohin ich verlinke und wohin ich nicht verlinke, dachte ich insgeheim, ich würde ein solches Konzept sicher bald entwickeln. Zum Glück habe ich diesen Gedanken nicht öffentlich ausformuliert, denn entgegen alle Erwartungen ist zwischenzeitlich keine Idee vom Himmel gefallen. Im Gegenteil stelle ich heute voller Verwunderung fest, dass ich keinen Schritt weiter bin, ja, dass ich nicht mal ernsthaft über die Angelegenheit nachgedacht habe. – Mache ich’s also einfach noch mal so wie damals und liste auf, über welche Websites sich die meisten Leser im abgelaufenen Quartal hierher verirrt haben.

Ganz weit vorne sind wie immer Facebook (Platz 4) und Twitter (6) sowie die Datenbanken Luding (1), Boardgamegeek (3) und Spiele-Check (5). Apropos Spiele-Check: Grundsätzlich halte ich zwar wenig davon, wenn meine Leser noch anderswo Rezensionen lesen. Da ich aber befürchten muss, dass die meisten meine gut gemeinten Verbote übertreten, kann ich es auch gleich legalisieren und eine Empfehlung aussprechen: Auch auf Spiele-Check gibt es lesenswerte Rezensionen. Wegen ihrer Gründlichkeit und Urteilskraft positiv aufgefallen ist mir zuletzt die zu DIE LEGENDEN VON ANDOR.

Bei spielbox-online sind neuerdings auf der Startseite die zahlreichen Blogs der spielbox-Mitarbeiter verlinkt (also Haralds und meiner), und obwohl immer wieder kolportiert wird, die meisten Leser würden direkt ins Forum gehen und die Startseite nicht beachten, hat REZENSIONEN FÜR MILLIONEN von der Neuerung profitiert, und spielbox-online hat Boardgamegeek von Platz 2 meiner Besucherquellen verdrängt. Danke dafür!
Des Weiteren tummeln sich in den Top 12 alte Bekannte wie das Spielbrett Berlin (7), Doppelspielkritik (8), Spielenswert (9), bordspeler (11) und die Fairplay (12).

Da die spielbar-Newsseite aufgrund technischer Probleme momentan nicht aktualisiert wird, hat sich dankenswerterweise Sebastian Wenzel von zuspieler.de (10) der Sache angenommen und listet in seinem Pressespiegel die Neuigkeiten anderer Websites auf. Auch REZENSIONEN FÜR MILLIONEN ist vertreten. Falls jemand zuspieler.de tatsächlich nicht kennt: Das ist endlich mal nicht noch eine Rezensions-Seite mehr. Der Schwerpunkt liegt vielmehr auf Hintergründen und Feuilletonistischem. Selbst Esoteriker, die angeblich mit dem Herzen urteilen, dürfen dort ab und zu ihre Meinung kundtun.
Spielerleben (13) ist eine beachtenswerte Seite mit Video-Rezensionen. Leider gehöre ich bei Video-Rezensionen nicht zur Zielgruppe. Ich bin nämlich ein so ungeduldiger Web-User, dass ich sogar bei Textrezensionen üblicherweise sofort zum Fazit scrolle. Probehalber habe ich mir aber die Spielerleben-Rezension zu LIBERTALIA angesehen und finde die Präsentation sehr sympathisch und unaufgeregt; dem Fazit stimme ich ebenfalls zu. Daumen hoch!

Und schließlich tauchen – wenn auch weiter hinten – noch zwei Seiten in meiner Verweis-Liste auf, von denen ich nie zuvor gehört hatte:
1. jena-chdem hat nicht nur Hanabi für sich entdeckt, was für sich genommen bereits löblich ist, sondern verwies bei der Gelegenheit auch noch auf mein Blog, was ich umso löblicher finde. Weiter so! Ach, und da wir grad bei meinem Lieblingsthema Hanabi sind: Den neuen Strategie-Artikel auf das-spielen.de möchte ich bei der Gelegenheit gleich mal mitloben und allen (!) ans Herz legen.
2. Auf spieleninvierkirchen rangiert REZENSIONEN FÜR MILLIONEN unter „Auch nett“. Jedoch lese ich dort auch, das Tollste an meinem Blog sei Huhni... und da fühle ich mich durchaus auf den Schlips getreten. Mal ehrlich: Huhni lebt rein von seiner medialen Wirkung. Journalistisch leistet er hier überhaupt nichts! Ab und zu schwafelt er davon, eine Kolumne namens „Huhnis Cörner“ aufzumachen. Aber wenn ich konkret nach Texten frage, kommt nur heiße Luft. Huhni muss dann dringend zur Pediküre oder den Enten am Maschsee Autogramme geben. Das ist einfach nur lächerlich. Sorry.

Donnerstag, 4. April 2013

Fremde Federn

Einleitungen zu Spielen von Friedemann Friese gehen locker von der Hand. Um dem Leser mit Insiderwissen zu imponieren, verrät man einfach die beiden größten Szene-Geheimnisse über den Autor: 1. Er hat grüne Haare! 2. Alle seine Spiele fangen mit „F“ an!!! Wenn man dann noch richtig gut drauf ist, kann man zusätzlich ein paar Wortspiele mit „F“ einflechten. Doch REZENSIONEN FÜR MILLIONEN ist nicht gut drauf.

Wie geht FREMDE FEDERN?
FREMDE FEDERN verfogt das Konzept, Mechanismen anderer Spiele zu kopieren und zu einem neuen Ganzen zu fügen. Deckbau und Arbeitereinsatz sind die Hauptbestandteile. Damit niemand übersieht, worauf das anspielt, starten wir wie bei DOMINION mit sieben (selbstverständlich gelben) Geldkarten und drei (selbstverständlich grünen) Punktekarten und spielen auf einem Plan, dessen Einsetz-Felder so angeordnet sind wie bei AGRICOLA und auf dem jede Runde ein Feld mehr zur Verfügung steht. Auch Mechanismen anderer Spiele finden wir wieder.
Anders als bei DOMINION zählen Karten mit Siegpunkten nicht erst bei Spielende, sondern werden wie das Geld in jedem Zug aufgedeckt und addiert. Hohe Punktekarten will man also nicht erst unmittelbar vor Schluss kaufen. Allerdings besteht der Markt wie bei IM WANDEL DER ZEITEN zunächst aus weniger attraktiven Karten, erst später rutschen stärkere nach.
Jeder Zug beginnt mit fünf Karten. Bevor das Geld und die Siegpunkte zählen, setzt jeder Spieler drei oder mehr Arbeiter auf dem Plan ein. Dort verdienen sie weiteres Geld und weitere Punkte oder beeinflussen die Kartenhand, indem Karten nachgezogen, entsorgt oder doppelt genutzt werden dürfen. Auch Aktionskarten können in dieser Phase gespielt werden, zum Beispiel um sich Leiharbeiter zu besorgen.

Was passiert? Wir wollen Punkte. Ein Weg dazu wäre der Erwerb hoher Punktekarten, die man anschließend noch möglichst oft durchs Blatt schleust. Ein schlankes Deck kann dabei helfen, ebenso Aktionskarten, die Kartennachschub bringen. Ganz toll ist es, wenn man dann noch im richtigen Moment Karten kopieren oder ihren Effekt verdoppeln darf oder sogar die Kopie noch verdoppelt. Alternativ lassen sich auch viele Punkte auf einen Schlag beim Erwerb von Doktortiteln herausholen.
FREMDE FEDERN ist also strategisch ausgerichtet. Der Weg zur erhofften Punkte-Explosion beinhaltet zudem viel Taktik: Für unterwegs brauche ich Arbeiter, ich brauche Geld, und wenn ich am Wegesrand ein paar Siegpunkte mitnehmen und den anderen Spielern gute Einsetz-Felder versperren kann, schadet das sicher auch nicht.

Was taugt es? Handwerklich ist FREMDE FEDERN sauber gemacht. Taktisch-strategisch lässt sich einiges herausholen. Doch das allein ergibt noch keinen Wiederspielreiz. Entscheidender wären Mechanismen, an denen man sich reibt. Oder Emotionen, die man wiederholt erleben möchte. Oder Überraschungen, die einen gespannt sein lassen, was in kommenden Partien passiert.
In FREMDE FEDERN beschränken sich die Emotionen auf den Erstkontakt: Die satirische Einkleidung rund um das Thema „politische Karriere“ und die lustige Grafik machen das Spiel sympathisch. Auch die Meta-Ebene macht viel Lust auf FREMDE FEDERN: Man freut sich auf die geliehenen Mechanismen und ist gespannt, wie der Autor sie weiterverarbeitet hat.
Recht bald bleibt davon wenig übrig und FREMDE FEDERN fühlt sich konstruiert und mathematisch an. Den zitierten Mechanismen fehlt der Reiz des Neuen, und sowohl für Deckbau als auch für Arbeitereinsatz gibt es packendere Spiele mit mehr Abwechslung und mehr Atmosphäre. Man muss der Meta-Ebene schon sehr viel abgewinnen können, um FREMDE FEDERN seinen Vorbildern vorzuziehen.

FREMDE FEDERN von Friedemann Friese für zwei bis vier Spieler, 2F-Spiele.

Montag, 1. April 2013

Eilmeldung: Huhni verhaftet!

Schock für alle Huhni-Fans: Heute Morgen, am Ostermontag, also ausgerechnet an einem von Huhnis erklärten Lieblingsfeiertagen, wurde das als Nachwuchsreporter bekannt gewordene Plüschtier von vier Beamten der Hühnerpolizei verhaftet. Behördenangaben zufolge besteht der Verdacht auf Drogenbesitz und Drogenmissbrauch. Nachbarn wollen Huhni am Vortag gesehen haben, wie er im Garten eine weiße Substanz schnüffelte. Huhni schluchzend zu den Vorwürfen: „Ich hab doch nur ein bisschen nach Würmern gegraben, och menno!“ Weitere spontane Stellungnahmen wurden von Huhnis Anwalt Wursti sofort unterbunden.
In einem Exklusiv-Interview mit REZENSIONEN FÜR MILLIONEN versuchte der Anwalt später, die Anschuldigungen zu relativieren: „Man muss Verständnis aufbringen“, erklärte er. „Bis vor einem halben Jahr war Huhni der Weltöffentlichkeit praktisch unbekannt und selbst unter den Kuscheltieren gerade mal die Nummer drei. Dann von einem Tag auf den nächsten: Kikeriki! Bei Gockle an Platz eins, Internet-Auftritte, die Hot Chicks stehen Schlange. Und kaum legt sich der Rummel wieder ein bisschen, entsteht plötzlich eine Leere, wo vorher keine war.“
Ist das bereits ein Schuldeingeständnis? Wursti wehrt ab: „Nein, nein! Ich bin doch Huhnis Anwalt! Natürlich ist an den Vorwürfen überhaupt nichts dran. Aber wenn doch etwas dran wäre, müsste man eben Verständnis haben.“
Die Situation spitzt sich unterdessen weiter zu. Mittlerweile wurde bekannt, dass die Polizei bei einer Durchsuchung von Huhnis Wohnregal direkt neben seinem Presseausweis eine Tüte mit einer auffälligen weißen Substanz fand. „Das ist doch nur Schnee!“ soll Huhni bei der Entdeckung gerufen haben, und seine besorgten Fans werden sich nun fragen, was ihr Lieblingshuhn denn noch so alles raucht, spritzt und einwirft, wenn es bereits diesen spektakulären Fund so leichtfertig als „nur“ Schnee abtut. Eins scheint sicher: Selbst wenn Wursti für seinen Mandanten mildernde Umstände und statt einer Haftstrafe Sozialstunden auf dem Biobauernhof herausschlagen kann: Huhni braucht eine Therapie und wird für längere Zeit von der Bildfläche verschwinden. Die Messe in Essen muss 2013 wohl ohne ihn stattfinden.
Huhnis Verlobte Hahni schickt derweil ein Liebesbekenntnis: „Selbst wenn mein Huhni in den Knast kommt: Ich werde immer auf ihn warten! Und sollte er die Messe verpassen, finde ich das eigentlich gar nicht so schlimm. Weiß doch jeder, dass in diesen Presse-Lounges nur Boxenluder und Schlampenhühner herumlugern.“