Was stimmt denn nun? In SKULL KING machen die Piraten „Yo-Ho-Ho!“, wenn sie auf einen Beutezug gehen; in PORT ROYAL machen sie es nicht. – Wie soll man als Spieler etwas über die Welt lernen, wenn sich die Informationen so dermaßen widersprechen?
Es ist fast unvorstellbar, aber manchmal kommt mir der schreckliche Verdacht, die Verlage denken sich das alles bloß aus. Vielleicht machen die Piraten gar nicht „Yo-Ho-Ho“, und in der Schmidt-Redaktion klatschen sie sich lachend ab, weil Udo Bartsch und seine Mitspieler in Hannover so bescheuert sind, alberne Schlachtrufe zu skandieren. – Oh Gott! Nicht auszudenken!!
Wie geht nun aber PORT ROYAL? Wir erwerben Karten. Karten kosten Geld. Als Geld dienen die Kartenrückseiten. Erhält man Geld, nimmt man sich einfach die entsprechende Menge Karten vom Stapel. Zahlt man Geld, kommen die Karten ungesehen auf die Ablage. Das hat den schönen Effekt, dass unklar bleibt, welche Kartenmotive im Laufe des Spiels noch auftauchen werden und welche nicht.
Wer am Zug ist, deckt solange Karten auf, wie er will. Meistens will er nicht allzu lange, denn sobald zwei gleichfarbige Schiffe offen liegen, ist die Auslage futsch und der Zug endet. Passiert das nicht, darf anschließend eine der aufgedeckten Karten genutzt werden: Wählt man ein Schiff, überfällt man es und erhält Geld. Wählt man einen Piraten, heuert man ihn an. Das kostet Geld, aber fast alle Piraten zählen Punkte, außerdem bringt jeder einen positiven Effekt. Wollen die Mitspieler ebenfalls eine der aufgedeckten Karten nutzen, müssen sie dem Spieler am Zug eine Geldkarte zahlen.
Einige Piraten zeigen Sammelsymbole. Im Laufe des Spiels können bis zu sechs Expeditionskarten auftauchen, die man mit bestimmten Symbolkombinationen ertauschen darf. Das bringt einen (oft entscheidenden) Punkteschub.
Was passiert? Der Kartenaufdeck-Mechanismus gefällt fast jedem. Braucht man Bares, möchte man solange aufdecken, bis endlich ein lohnendes Schiff offen liegt. Das Risiko des Scheiterns steigt dabei natürlich von Karte zu Karte. Oder man hofft auf bestimmte Piraten. Oder man will ein bisschen Auswahl, um auch den Mitspielern etwas anbieten zu können. Ärgerlicherweise können die Mitspieler Piraten in ihrer Crew haben, die Geld für den Fall ausschütten, dass gar keine oder mindestens fünf Karten im Angebot liegen. Solche Geschenke will man wiederum vermeiden. Kurzum: Der Aufdeckmechanismus ist tricky, interaktiv und zugleich einfach und schnell.
Meines Erachtens übertüncht er galant das, was ich als die Schwächen des Spiels ansehe, nämlich:
1. Die Spieler stecken recht oft in Zwängen. Da man ab zwölf Geld die Hälfte seines Barvermögens als Steuern zahlen muss, falls eine der vier entsprechenden Strafkarten auftaucht, kann man kaum auf bestimmte Piraten sparen, sondern nimmt im Zweifelsfall, was da ist. Noch häufiger kommt es vor, dass man kaum Geld besitzt und nur mit Schiffen etwas anfangen kann. Jetzt geht es beim Aufdecken allein darum, ob ein fetter Brummer angeschwommen kommt oder nicht.
2. Seltsamerweise besteht diese Klippe gleich zu Spielbeginn. Das Startkapital ist so niedrig, dass die Spieler erst mal Schiffe überfallen
müssen. Wer da Pech hat oder sich verzockt, fällt sofort zurück. In den meisten Partien ist früh zu erkennen, wer noch gewinnen kann und wer nicht.
3. Mit etwas Erfahrung weiß man auch, welche Piraten sich lohnen und welche nicht. Es lohnen sich definitiv nicht alle Piraten.
4. Das Spielenende empfinde ich als nicht optimal. Sobald jemand zwölf Punkte hat, läuft die letzte Runde. Und wenn man noch die Chance hat zu gewinnen, deckt man jetzt einfach solange Karten auf, bis die nötige Konstellation da liegt – oder bis alles den Bach runter geht.
Was taugt es? Wie man sieht, fällt meine Beschwerdeliste lang aus. Dem gegenüber stehen aber die vielen gespielten Partien, die ja auch ihren Grund haben müssen.
Von seiner Grundidee her ist PORT ROYAL rund und stimmig, ist spannend und macht Spaß. Für mein Gefühl fehlt allerdings der letzte Schliff, der aus dem attraktiven Rohmaterial ein wirklich tolles Spiel macht.
PORT ROYAL von Alexander Pfister für zwei bis fünf Spieler, Pegasus Spiele.