Donnerstag, 31. Juli 2014

Gern gespielt im Juli 2014

Was landete am häufigsten auf meinem Spieletisch? Was machte besonders viel Spaß? Und welche alten Schätzchen wurden endlich mal wieder ausgepackt?

DOMINION: Lange Sommerabende wurden für DOMINION erfunden.

RUSSIAN RAILROADS: Neulich habe ich tatsächlich noch eine unerwartete Nuance des Spiels entdecken dürfen: Nämlich dass man sogar gegen einen Anfänger verlieren kann, grrr.

LA GRANJA: Es ist alles schon mal da gewesen, nur noch nicht in demselben Spiel.

KINGDOM BUILDER – CROSSROADS: Wenn ich meine Begabung für KINGDOM BUILDER irgendwie noch auf andere Lebensbereiche übertragen könnte, wär’s perfekt.

FILTHY RICH: „Nobody shops at Shorty’s“? – Das sollen die anderen ruhig glauben. Meine Würfel wissen es besser.

NATIONS: In vielen Partien kriegt irgendeine arme Wurst ganz fürchterlich was auf den Deckel. Deswegen schwanke ich immer noch zwischen „reizvoll“ und „außerordentlich“. Im Laufe des Sommers werde ich hoffentlich zu einer Entscheidung gelangen.

Montag, 28. Juli 2014

Bremerhaven

Moin Moin.

Wie geht BREMERHAVEN? BREMERHAVEN vereint Wirtschafts- und Entwicklungsspiel. Am Schluss multiplizieren die Spieler ihr Geld mit den Prestigepunkten ihres Hafens. Der mit dem größten Produkt gewinnt.
Geld verdienen die Spieler, indem sie Aufträge erfüllen. Dazu brauchen sie Waren, die von Schiffen angeliefert werden. Anfangs kann jeder Hafen nur zwei Aufträge gleichzeitig abwickeln, und nur ein Schiff kann anlanden. Durch Ausbauten lässt sich die Hafenkapazität auf vier Aufträge und drei Schiffe erhöhen.
Hafenausbau ist sinnvoll und notwendig, denn Schiffe und Aufträge haben vorgegebene Liegezeiten und blockieren solange die Plätze. Außerdem benötigen die später ins Spiel kommenden Schiffe mehr Poller, um überhaupt anlegen zu können. Und drittens bestimmen Gebäude und anlegende Schiffe das Prestige eines Hafens. Das Prestige schwankt; für die Schlussrechnung zählt der irgendwann im Laufe der Partie erreichte Höchststand.

Was passiert? Mit fünf Einflusskarten bieten die Spieler reihum und verdeckt auf diverse Aktionen: Aufträge wählen, Schiffe wählen, ein Gebäude mit Sonderfunktion nehmen, ein Baurecht ausüben, Einflusskarten aufwerten und so weiter. Fast immer gilt: Der Meistbietende kriegt’s, die anderen kriegen’s nicht. Ausnahmen sind das Baurecht und die Einflusskarten-Aufwertung: Hier kriegt’s der Höchstbietende kostenlos, die Konkurrenz darf die Aktion bei Zahlung der Differenz zum Höchstgebot ebenfalls ausführen.
Vor allem Baurechte sind begehrt. Ohne Ausbauten ist der Hafen bald lahm gelegt. Theoretisch darf man sogar mehr als ein Baurecht kaufen. Praktisch kommt das selten vor, denn das Höchstgebot definiert die oft sehr hohen Kosten. Zu Beginn des Spiels hat man kaum Geld übrig, gegen Ende spart man seine Münzen lieber als Multiplikator.
Ebenfalls begehrt sind die verbesserten Einflusskarten. Denn wer noch mit seinen Startwerten von 1 bis 5 operiert, während die Konkurrenz Karten von 5 bis 7 besitzt, kriegt bei den Versteigerungen nur noch das, was kein anderer will.
Zwangsläufig bringt der Versteigerungsmechanismus diverse Härten mit sich. Andererseits verkürzt er die Abläufe, was bei BREMERHAVEN auch nötig ist, denn das Konzept der Liegezeiten erfordert eine gewisse Spiellänge, damit es überhaupt greift. Der Auktionsreigen fühlt sich oft determiniert an. Es gibt kaum eine Runde, in der ich es mir leisten kann, auf ein Baurecht zu verzichten. Legt dort jemand eine zweite Karte, lege ich meist auch eine zweite. Sonst wird es zu teuer. Wenn ich dann noch unvermeidlich ein ganz bestimmtes Schiff oder einen ganz bestimmten Auftrag brauche und eigentlich auch noch eine Kartenaufwertung mitnehmen möchte, ist mein Spielraum bereits ausgeschöpft.
Vergleichsweise selten wird auf beispielsweise die Änderung der Spielerreihenfolge geboten. Da man ohnehin nur um eine Stufe aufsteigen darf, erfordert der Marsch von Platz 4 auf Platz 1 drei gewonnene Auktionen. Einmal hat ein Mitspieler das geschafft – und postwendend kam die Ereigniskarte „Meuterei“ und stellte die Reihenfolge wieder auf den Kopf, haha.
BREMERHAVEN wirkt altmodisch, indem es viel Verwaltung und Wiederholung mit recht viel Schicksal kombiniert. Die Spieler sind davon abhängig, dass Schiffe und Aufträge passend ins Spiel kommen. Die Schlussmultiplikation kann für große Verwerfungen sorgen. Eine Partie habe ich (nach 90 Minuten Spielzeit) nur deshalb gewonnen, weil meine beiden Mitspieler in der letzten Runde für die Erfüllung ihrer Aufträge unbedingt ein ganz bestimmtes Schiff benötigten und sich hier gegenseitig überboten, sodass ich leicht die beiden anderen Schiffe einstreichen konnte, deren Ware mich überhaupt nicht interessierte. Diese Schiffe erhöhten mein Prestige um vier. Multipliziert mit 50 Geld waren das 200 Punkte; statt Letzter war ich Erster. Hurra!
Trotz allem übt BREMERHAVEN einen gewissen Reiz auf mich aus. Das Thema als solches trägt, und auch mehrere Mechanismen sind thematisch gut begründet. Und trotz Schicksalhaftigkeit im Detail empfinde ich es als spannend, ob es mir gelingt, Aufträge, Schiffe und Ausbauten zu koordinieren.

Was taugt es? Mit seinem altmodischen Touch, dem kleinteiligen Material und der etwas zu langen und zu gleichförmig ablaufenden Spielzeit ist BREMERHAVEN von einer Empfehlung ein ganzes Stück entfernt. Thematisch hingegen finde ich es gelungen. Alles in allem erregt BREMERHAVEN bei mir kein Missfallen. Ein echtes Kompliment klingt aber wohl anders.

BREMERHAVEN von Robert Auerochs für einen bis vier Spieler, Lookout Spiele.

Donnerstag, 24. Juli 2014

Vor 20 Jahren (19): Mah-Jongg

Ich sag’s gleich: Ich bin ein MAH-JONGG-Banause. Ich habe das Spiel zwei Mal in meinem Leben gespielt, dabei nur die rudimentärsten Grundsätze begriffen und diese mittlerweile auch schon wieder vergessen. Denn: Meine Partien sind bereits 20 Jahre her – und somit ein klarer Fall für diese Kolumne, die extra dafür geschaffen wurde, uralte Geschichten wie diese aufzukochen.

Mein Lernerfolg bei MAH-JONGG lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die spinnen, die MAH-JONGG-Spieler! – Na gut, das ist vielleicht ein bisschen hart. Sagen wir mal, sie sind seltsam. Etwa ähnlich seltsam wie wir Brettspieler, und wir sind ja bekanntlich schon ziemlich seltsam.

In meinem jetzigen Leben treffe ich alle 14 Tage auf eine kleine MAH-JONGG-Enklave in Form eines Seniorentrupps, der seit einigen Monaten zum Brettspiele-Treff an der Uni kommt. Unter lauter 18- bis 28-Jährigen fallen diese Spieler dadurch auf, dass sie noch viel älter sind als ich, sich immer an demselben winzigen Tisch abseits des restlichen Geschehens verschanzen, ausschließlich MAH-JONGG spielen und mit niemandem Kontakt aufnehmen.

Auf Nachfrage hat einer mir erklärt, sie kämen, um Werbung für ihre Sache zu machen und junge Menschen für MAH-JONGG zu begeistern. Denn letztendlich zögen wir alle, sie und ich, ja an demselben Strang. – Ah ja?! Tun wir das? Wenn ich mir vorstelle, das Uni-Spielen wäre ein Parteitag beispielsweise der Grünen, und die SPD baute dort in einer Ecke ihr Tischlein auf und erklärte, sie wollten hier ein paar Leute abwerben, nichts für ungut, es ginge beiden Parteien doch um dasselbe, nämlich um Politik, frage ich mich, wie die Grünen als Gastgeber in einer solchen Situation wohl reagiert hätten... Aber ich schweife in die irrelevante Gegenwart ab.

Vor 20 Jahren war ich noch nicht der mit zahlreichen Mitspielern gesegnete, vollkommen übersättigte 24/7-Brettspiel-Nerd von heute, sondern lediglich auf einem viel versprechenden Weg dorthin. Damals nahm ich noch alles mit, was sich mir an Spielmöglichkeiten bot. Und als es hieß: „Hey, lass uns mal MAH-JONGG spielen, das ist ganz toll, und ich habe da einen Koffer mit Spielsteinen, aber keine Mitspieler“ war ich natürlich dabei!

Und zwei andere waren auch dabei. Und wir mühten uns ab. Es war nicht so einfach, denn die Gastgeberin bestand auf der strengen Einhaltung gewisser Riten. Dass die Steine zu einer speziell geformten Mauer geschichtet werden mussten, war für uns Deutsche absolut nachzuvollziehen. Allerdings war auch der Ablauf, wie man diese Mauer zu bauen hatte, exakt festgelegt. An einer ganz bestimmten Stelle musste angefangen, an einer ganz bestimmten Stelle aufgehört werden. Ich meine mich zu erinnern, dass sogar festgelegt war, welche Hand man benutzen durfte.

Vielleicht waren das auch spirituelle Phantasieregeln. Jedenfalls verbrachten wir an diesem Tag mehr Zeit mit dem Einstudieren irgendwelcher spielbegleitender Formalia als mit dem Spiel selbst. Das wiederum hatte das Problem, dass es anscheinend unendlich viele Rufe gab, um die Partie zu gewinnen, die der Erklärerin geläufig waren, uns Novizen aber nicht. Okay, sie hatte uns eine doppelseitige Kopie überreicht, auf der die wichtigsten Sonderregeln aufgelistet waren. Aber während wir noch mit der akkuraten Ausführung sämtlicher Rituale zu kämpfen hatten, war an Spielstrategie nicht zu denken.
Ich nahm den Eindruck mit, MAH-JONGG sei eine Art hyperkompliziertes ROMMÉ, und der Versuch einer Durchdringung ließe ähnlich wie bei SCHACH keinen Raum mehr für andere Spiele. Also war das nichts für mich.

Ist MAH-JONGG tatsächlich so? – Fast möchte ich mich mal an den Seniorentisch setzen, um das zu überprüfen. Aber nur fast. Noch lieber bewahre ich mir meine Vorurteile.

Sonntag, 20. Juli 2014

Enigma

In der Welt der Spiele hat sich herumgesprochen, dass UBONGO und seine Ableger ein toller Verkaufserfolg sind.
Verkaufserfolge will natürlich jeder haben. Aber nicht jeder hat ein UBONGO. Das ist das Problem, muss aber keins bleiben, sofern es gelingt, die geheime UBONGO-Erfolgsformel zu knacken. Ein Spiel ENIGMA zu nennen, ist da schon mal der erste Schritt.

Wie geht ENIGMA? ENIGMA kombiniert zwei Spielebenen: Wir lösen unter Zeitdruck verschiedene Rätsel. Bei Erfolg gewinnen wir das Rätsel-Kärtchen, das auf seiner Rückseite Leitungen und verschiedenfarbige Kammern zeigt und an das große gemeinsame Gebilde angelegt wird.
Was wiederum sehr stark an CARCASSONNE erinnert, denn: Auf eine Kammer des soeben gespielten Plättchens darf eine eigene Figur gestellt werden, sofern in demselben System noch keine andere Figur dieselbe Farbe besetzt. Sobald ein System geschlossen ist, werden die Figuren gewertet und bringen Punkte. Enthält das System beispielsweise vier gelbe Kammern, bringt ein auf Gelb platziertes Männchen vier Punkte und kehrt in den Spielervorrat zurück.
Es gibt vier Arten von Knobelaufgaben: eine TANGRAM-artige, eine UBONGO-artige, eine Rechenaufgabe mit Waagen und eine Konstruktionsaufgabe mit Rohrverbindungen. Der reihum wechselnde Startspieler wählt seine Aufgabenkategorie zuerst, dann folgen die anderen im Uhrzeigersinn. Wer hinten sitzt, muss nehmen, was übrig bleibt. Wer vorne sitzt, wählt entweder seine Lieblings-Kategorie oder was ihm aufgrund von Leitungen und Kammern gut in den Kram passt.

Was passiert? Ob man eine leichte oder schwere Aufgabe erwischt, ist Glückssache. Ich konnte auch keine Korrelation mit dem Leitungsgebilde feststellen, beispielsweise derart, dass Kärtchen, die Systeme abschließen, schwerer wären als Kärtchen mit ausschließlich offenen Enden.
Die Rätsel als solche machen Spaß – sofern man solche Rätsel generell mag. Jeder puzzelt solitär vor sich hin und freut sich, wenn er es schafft, oder ärgert sich, wenn er es nicht schafft. Das Meta-CARCASSONNE-Spiel jedoch hat niemanden je zu fesseln vermocht. Gewiss lässt sich da taktieren: Man kann anderen die Systeme so sehr vergrößern, dass sie auf lange Sicht nicht geschlossen werden. Und man kann sich selbst über Umwege in ein nahezu beendetes Projekt einklinken und Punkte schnorren. Nur interessiert es im Zusammenhang mit den Knobelgaben nicht so richtig.

Was taugt es? Die Rätsel sind unterhaltsam. Das Meta-Spiel fühlt sich aufgesetzt an. Insgesamt wirkt ENIGMA unorganisch und zusammenhangslos. Viele bekannte Elemente werden hier vereint; etwas Neues entsteht nicht daraus.

ENIGMA von Touko Tahkokallio für zwei bis vier Spieler, Zoch.

Samstag, 12. Juli 2014

Fünf Gurken

Ob es fünf sind, sei dahingestellt. Aber Gurken finden sich auch im Œuvre von Friedemann Friese, da muss ich nicht mal lange zurückdenken. FÜNF GURKEN allerdings zählt nicht zu den Frieseschen Gurken. Erstens weil es nicht von Friese stammt. Zweitens weil es keine Gurke ist.

Wie geht FÜNF GURKEN? Pro Durchgang bekommt jeder Spieler sieben Karten. Sämtlich tragen sie dieselbe Farbe, allesamt sind sie gurkengrün. Folglich ist der Ablauf sehr einfach, es geht nicht um die Farbe, sondern nur um die Zahl. Wer an die Reihe kommt, muss entweder mindestens so hoch spielen wie die höchste Karte im Stich. Oder er muss seine niedrigste Karte abwerfen.
Genau die würde man aber gerne behalten, denn erst der allerletzte Stich eines Durchgangs ist der entscheidende: Wer diesen siebten Stich gewinnt, bekommt Strafgurken. Je höher seine Karte, desto vergurkter. Mit sechs oder mehr Gurken scheidet man aus, während die anderen weiterspielen, bis nur noch einer übrig bleibt. Er ist der Gurkenkönig und gewinnt.

Was passiert? Ganz klar gibt es gute und schlechte Blätter. Als sehr nachteilig hat es sich erwiesen, ausschließlich mittlere Werte zu besitzen. Ein solches Blatt bietet keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten; man ist dem Spielverlauf hilflos ausgeliefert. Solche Blätter sind aber die Ausnahme. Und im Regelfall gibt es eben doch Gestaltungsmöglichkeiten, auch wenn sie nur unwesentlich über Zock und Spekulation hinausgehen.
Das eigene Blatt richtig einzuschätzen, kann einige Minuspunkte ersparen. Die entscheidende Frage lautet: Welche Karte glaube ich in den siebten und letzten Stich retten zu können? Ist es die Fünf, dann kann ich ab der Sechs alles abwerfen, sobald ich die Gelegenheit dazu bekomme. Aber wehe, die Fünf geht verloren! Nachdem ich die Sechs und die Neun schon vorwitzig verpulvert habe, hocke ich plötzlich auf einer Zwölf!

Was taugt es? FÜNF GURKEN ist eine flott von der Hand gehende Kartendrescherei, die viel Schadenfreude verbreitet. Bei gerade mal sieben Karten und fast gar keinen Regeln kann ich akzeptieren, dass mir einige Entscheidungen durch Bedienzwänge und andere Gegebenheiten abgenommen werden.
Hauptproblem ist der Eliminierungs-Mechanismus. Als ich bei einer Partie im Essener Hotel gleich zu Beginn rausflog, ging ich aufs Zimmer und packte in aller Ruhe meinen Koffer. Als ich fertig war, spielten drei noch immer verbliebene Gestalten ihren Champion aus.
Merke: Man sollte FÜNF GURKEN besser nicht mit der Maximal-Spielerzahl angehen. Oder weniger Gurken sammeln.

FÜNF GURKEN für zwei bis sechs Spieler, 2-F Spiele.

Freitag, 4. Juli 2014

Istanbul

Bekanntlich sind CONCORDIA, ISTANBUL und ROKOKO für die Wahl zum Kennerspiel des Jahres nominiert. Wer aus meinen Rezensionen herauslesen möchte, welches der drei ich wähle, dürfte es schwer haben. Denn alle drei, so unterschiedlich sie auch sind, empfinde ich als „reizvoll“. Ätsch! (Außerdem wähle ich sowieso nicht unbedingt nach meinem persönlichen Geschmack. Doppelätsch!)

Wie geht ISTANBUL? Fünf Edelsteine zu besitzen, ist das Ziel. Die Spielfläche besteht aus vier mal vier, also 16 Feldern. Auf fünf davon lassen sich Rubine erwerben: die meisten beim Edelsteinhändler (gegen Geld) und im Sultanspalast (gegen Waren).
In den beiden Moscheen und in der Wagnerei verbessert man (wieder gegen Geld oder Waren) seine Fähigkeiten. Sind diese voll entwickelt, erhält man einen Edelstein hinzu. Mit Ausnahme der Wagnerei gilt: Die Preise / Anforderungen für die Juwelen steigen, je mehr Spieler bereits da waren.
Natürlich bringen auch die elf anderen Felder Vorteile: sei es, dass man Waren erhält, Waren gegen Geld verkauft oder Aktionskarten nimmt.
Jeder Spieler zieht mit einem Turm aus fünf Scheiben, pro Zug ein oder zwei Felder weit. Um eine Aktion ausführen zu dürfen, muss auf dem Feld eine Scheibe zurückgelassen werden. So schmilzt der Turm; und um alle Scheiben wiederzubekommen, muss der Spieler zum Brunnen ziehen – oft ein ärgerlicher Umweg. Auf elegantere Weise liest man seine Scheiben auf, indem man Felder erneut besucht, auf denen bereits eine eigene Scheibe liegt. Diese kommt nun zurück unter den Turm, obendrein darf die Aktion ausgeführt werden. Doch nicht immer und überall muss dies der Königsweg sein. Das Obstlager beispielsweise erlaubt mir, so viele gelbe Waren zu nehmen, wie in meinen Karren passen. Sammle ich im Obstlager meine Scheibe ein, solange der Karren noch voll ist, verschenke ich die Aktion.

Was passiert? Die Herausforderung in ISTANBUL besteht darin, ökonomisch zu spielen und mit möglichst wenigen Zügen ans Ziel zu kommen. Da sich die Felder für jede Partie neu anordnen lassen, muss die Strategie der Ausgangslage angepasst werden. Ein taktisches Element sind die neutralen Figuren und die der Mitspieler: Zum Gouverneur und zum Schmuggler (sie wechseln nach jedem Besuch ihren Ort) zieht man gern, weil sie einen kleinen Vorteil gewähren; zu einem Mitspieler zieht man ungern, weil man ihn dafür bezahlen muss.
ISTANBUL erfordert, das Spielfeld und die Mitspieler zu lesen. Optimalerweise findet man einen individuellen Weg zum Edelsteinerwerb. Wer so spielt, wie die anderen auch spielen, hat es schwerer. Meiner Erfahrung nach sind nicht alle Wege gleichermaßen effizient – müssen sie aber auch nicht sein. Dass der Rubinerwerb beim Edelsteinhändler tendenziell günstiger ist als im Sultanspalast, sieht man ja auch schon daran, dass hier viel mehr Klunker vorrätig sind.
Um den Wiederholungsreiz von ISTANBUL zu erleben, sollte man sich schnell von der Startaufstellung für Anfänger lösen, die vorgeschlagenen Varianten ausprobieren und schließlich das Spielfeld frei aufbauen.

Was taugt es? Bei ISTANBUL werden manche (durchaus wichtige) Dinge per Würfelwurf entschieden. Da eine Partie ohne Erklärung in 45 Minuten zu schaffen ist, finde ich diesen Glücksanteil legitim und nicht störend. Die Kompaktheit von ISTANBUL ist ohnehin der große Pluspunkt: kein Schnickschnack, alles fokussiert auf das Spielziel, jeder Zug beinhaltet eine interessante Entscheidung. Weil ISTANBUL so schnell von der Hand geht, erzeugt es einen Sog. Unterlege Spieler wollen es das nächste Mal besser machen und fordern Revanche.
Was ich in ISTANBUL allerdings vermisse, ist ein Thema oder zumindest die große, leitende, neuartige Idee. Alle Mechanismen sind gut verschraubt auf den Punkt gebracht, doch insgesamt wirkt ISTANBUL eher konstruiert, denn inspiriert.

ISTANBUL von Rüdiger Dorn für zwei bis fünf Spieler, Pegasus Spiele.